Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1982, Seite 212

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 36. Jahrgang 1982, Seite 212 (NJ DDR 1982, S. 212); 212 Neue Justiz 5/82 strafrechtliche Verantwortlichkeit kann und darf sich nur auf eine Aussage gründen, die frei von Zweifeln ist. Es muß (u. U. mit Hilfe von Sachverständigen) die Feststellung begründet werden, daß eine bestimmte Tätigkeit oder Nichttätigkeit, vermittelt über diese oder jene andere Erscheinung, mit der strafrechtlich relevanten Folge in kausalem Zusammenhang steht. Diese Frage darf nicht mit in einigen Sachverständigengutachten noch anzutreffenden Formulierungen von „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ verwechselt werden. In Wirklichkeit geht es dabei auch gar nicht um die philosophische Kategorie Wahrscheinlichkeit, sondern eigentlich nur um den Grad des Zweifels des Gerichts oder eines Experten, ob ein kausaler Zusammenhang vorliegt oder nicht. Können solche Zweifel nicht ausgeräumt werden, dann darf nach den Regeln unseres Beweisrechts keine Verurteilung erfolgen. Dies kann im Einzelfall unbefriedigend erscheinen, weil auch Umstände für einen Zusammenhang sprechen und das zu beurteilende Verhalten politisch-moralisch verwerflich gewesen sein mag. Die sozialistische Strafrechtsprechung hat hingegen keinen Grund, darüber zu meditieren, welches Maß an Zweifeln über die Exaktheit einer Kausalitätsfeststellung noch zulässig ist und welches nicht. Der objektive Kausalzusammenhang des Einzelfalls muß zweifelsfrei nachgewiesen sein. So hatte z. B. ein dreijähriges Kind ein starkes rezeptpflichtiges Herzmedikament eingenommen. Die Mutter, die davon erfuhr, war selbst für die sorglose Aufbewahrung des Medikaments nicht verantwortlich. Sie erkannte aus dem im Röhrchen verbliebenen Rest, wieviel ihr Kind zu sich genommen haben mußte. Obwohl das Kind bewußtlos wurde, unternahm sie nichts, weil sie letztlich seinen Tod wollte. Erst als sie meinte, es werde gleich sterben, rief sie ihren Ehemann. Die danach veranlaßten ärztlichen Rettungsmaßnahmen waren ohne Erfolg. Das Problem bestand darin, den kausalen Zusammenhang zwischen den rechtlich gebotenen notwendigen und möglichen, aber unterlassenen Maßnahmen und den tödlichen Folgen zu begründen. Nach den medizinischen Gutachten waren die Überlebenschancen bis zum Beginn intensiv-medizinischer Maßnahmen, angesichts des damaligen Kenntnisstandes über die Wirkung des eingenommenen Medikaments und der konkreten Möglichkeiten, zu einem früheren Zeitpunkt Gegenmaßnahmen zu ergreifen, ungünstig. Es war wenig wahrscheinlich, daß das Kind überhaupt gerettet werden konnte. Derartige Zweifel mußten entsprechend den Prinzipien unseres sozialistischen Strafrechts (§ 6 Abs. 2 StPO, Art. 4 StGB) zugunsten der Angeklagten gewertet werden. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der Unterlassung durch die Mutter des Kindes und dem eingetretenen Tod war nicht nachgewiesen. Als sie den Tod des Kindes wollte und deshalb keine Hilfe herbeiholte, wirkten die Medikamente bereits tödlich. Daß das Kind sie einnehmen konnte, ist auf eine von der Angeklagten nicht zu vertretende andere Ursache zurückzuführen. In diesem Fall ist jedoch die Mutter dennoch strafrechtlich verantwortlich, denn als sie festgestellt hatte, was geschehen war, unternahm sie nichts, um den Eintritt des Todes bei ihrem Kind zu 'verhindern, weil sie ihn wollte. Sie wurde wegen versuchten Mordes bestraft.11 Kausalitätsprüfung bei Unterlassungsdelikten Bei der Kausalitätsprüfung im Strafverfahren ergeben sich für Delikte, bei denen die relevanten Ereignisse durch ein Unterlassen herbeigeführt wurden, bestimmte Schwierigkeiten, deren Klärung von prinzipieller Bedeutung ist. Die Schwierigkeiten knüpfen an den im Strafrechtslehrbuch, Allgemeiner Teil, aufgestellten (logischen) Satz an, das Unterlassen einer bestimmten Tätigkeit sei dann kausal im Sinne der Anforderungen an die strafrechtliche Ver- antwortlichkeit, wenn für den Verantwortlichen eine Pflicht bestanden habe, das eingetretene Ereignis durch ein bestimmtes Handeln abzuwenden (Erfolgsabwendungspflicht), der Betreffende diese Pflicht verletzt habe und wenn ferner dieses Ereignis nicht eingetreten wäre, falls er seiner entsprechenden Pflicht nachgekommen wäre.12 Zunächst ist festzustellen, daß sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit für ein eingetretenes strafrechtlich relevantes Ereignis (Folge) auf einen objektiv nachweisbaren, exakt festzustellenden kausalen Zusammenhang zwischen Tätigkeit oder Untätigkeit und dem Ereignis stützt. Dabei sind hinsichtlich der „natürlichen“ Seite des Geschehens alle verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber heranzuziehen, ob eine lückenlose Kausalkette zwischen den Elementen des gesamten Geschehens unter den gegebenen Bedingungen vorhanden war. Spekulationen und subjektivistische Konstruktionen haben keine Gültigkeit und sind als Verletzung der Regeln des Beweisrechts zu verwerfen. In diesem Zusammenhang ist die Frage zu klären, ob man nicht den Boden der Wirklichkeit und Wissenschaftlichkeit verläßt, wenn bei einem Unterlassungsdelikt die Kausalität begründet wird. Bekanntlich wird nicht nur bei strafrechtlichen Sachverhalten gefragt, welche Auswirkungen es hat, wenn im System bestimmter Bedingungen ein bestimmtes Ereignis ausbleibt. Diese Frage tritt ebenso bei anderen gesellschaftlichen Ereignissen und in den Bereichen der Natur und Technik auf. Sie bereitet dort nicht solche Schwierigkeiten, wie sie mitunter auftreten, wenn Probleme des strafrechtlich relevanten Unterlassens diskutiert werden. So kommt z. B. niemandem ein Zweifel, wenn festgestellt wird, daß eine Mißernte in unseren Breiten die Folge einer Dürreperiode ist, die wiederum ihre Ursache darin hat, daß der jahreszeitlich in unserem ökologischen und klimatischen System übliche Regen ausgeblieben ist. Hier ist das Ausbleiben des Regens d. h. die zu niedrige Feuchtigkeit, die Trockenheit die Ursache der Dürre und der Mißernte. Uber diesen realen kausalen Zusammenhang kann nun auch ein „hypothetisches Urteil“ gefällt werden, daß die Mißernte nicht eingetreten wäre, wenn die üblichen und erwarteten Regenfälle stattgefunden hätten. Das ist indessen lediglich eine „logische Umkehr“ bzw. „logische Ableitung“ des gesamten objektiven Kausalzusammenhangs. Daß eine Mißernte auch andere Ursachen haben kann, wird dem nicht entgegengehalten, weil das objektiv reale Geschehen hier eindeutig ist. Auch im Strafrecht beruht vereinzelt auftretende Unsicherheit nicht darauf, daß die als kausal zu -beurteilenden Vorgänge nicht objektiv real und mit wissenschaftlichen Methoden nachprüfbar wären. Vielmehr wird die Frage nach der Kausalität des Unterlassens mitunter fehlerhaft beantwortet. Die Wirklichkeit bedarf jedoch dialektisch-materialistischer und systemtheoretischer Methoden, um erkannt zu werden. Besonders bei den durch Unterlassen herbeigeführten Folgen tritt eine weitere Frage auf: Welche Sicherheit muß das hypothetische Urteil zum Ausdruck bringen, um nachzuweisen, daß die pflichtwidrig unterlassene Tätigkeit den „Erfolg“ verhindert hätte, wäre sie real ausgeführt worden? Logisch gesehen geht es darum, über die Kausalität von Bedingungen zu urteilen, die gar nicht gesetzt worden sind die zu setzen jedoch der Verantwortliche rechtlich verpflichtet war (objektive Erfolgsabwendungspflicht), um die Auswirkungen eines gefährlichen Kausalprozesses abzuwenden. Haben wir es mit naturwissenschaftlich-technisch exakt feststellbaren Vorgängen (z. B. einer Explosion) zu tun, und ist es zu einem solchen Ereignis gekommen, weil ein auf Grund naturwissenschaftlich-technischer Erkenntnisse nachweisbares notwendiges Sicherheitsverhalten pflichtwidrig ausgeblieben ist, so werden die Urteile darüber entsprechend exakt sein und zweifelsfreie Aussagen enthalten. Bei einigen anderen Straftaten (z. B. auch;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 36. Jahrgang 1982, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1982. Die Zeitschrift Neue Justiz im 36. Jahrgang 1982 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1982 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1982 auf Seite 566. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 36. Jahrgang 1982 (NJ DDR 1982, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1982, S. 1-566).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit gestellten Forderungen kann durch Staatssicherheit selbst kontrolliert werden. Das Gesetz besitzt hierzu jedoch keinen eigenständigen speziellen Handlungsrahmen, so daß sowohl die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden individuellen Einsatzrichtungen der und zu realisieren, der Qualität der übergebenen und GMS. In Systemen sind entsprechend Befehlen und Weisungen nur überprüfte und für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister Weiterentwicklung der Leitungstätigkeit. Zur Qualität der Auswertung und Durchsetzung der Parteibeschlüsse, der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Befehle, Weisungen und Orientierungen des Genossen Minister und die darauf basierende Anweisung. In Durchsetzung der Richtlinie des Genossen Minister hat sich die Zusammenarbeit der Linie mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , um die operativen Belange Staatssicherheit zu sichern; Gewährleistung der erforderlichen Informationsbeziehungen, um bei Fahndungserfolgen in dem von mir dargelegten Sinne die auftraggebenden operativen Linien und Diensteinheiten darauf, bereits im Stadium der operativen Bearbeitung mit den-Mitteln und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit daran mitzuwirken, die gegnerischen Pläne und Absichten zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit dienenden Druckerzeugnisse zu beschlagnahmen und einzuziehen, so auch die im Ausland gedruckte sogenannte Schubladenliteratur von Dissidenten und anderen Feinden.

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