Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1982, Seite 173

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 36. Jahrgang 1982, Seite 173 (NJ DDR 1982, S. 173); Neue Justiz 4/82 173 Diskriminierung von Aktivitäten für die DKP Zweitens verstößt das Bundesdisziplinargericht gegen bedeutsame Grundrechtsnormen, wenn es Hans Peter sein besonders aktives Verhalten als DKP-Mitglied vorwirft und daraus den Schluß zieht und hier wird nun jegliche Rücksicht aufgegeben , daß er damit seine „politische Treuepflicht“ rechtlich relevant verletze. Im Urteil heißt es zunächst, „daß ein Beamter durch eine bloß inaktive Mitgliedschaft in der DKP als einer Partei, deren Ziele mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar sind, noch nicht die Grenze zu einer disziplinarrechtlich relevanten Verletzung seiner politischen Treuepflicht überschreitet“. Aber dann führt das Gericht aus: „Dagegen überschreiten die dem Beamten Peter vorgeworfenen besonderen Aktivitäten für die DKP, die darin liegen, daß er eine Parteizeitschrift herausgab, ein Parteiamt übernahm und für die DKP bei Landtags- und Kommunalwahlen kandidierte, die Grenze zur disziplinarrechtlich relevanten Treuepflichtverletzung Daß der Beamte sich auch insoweit im Rahmen der allgemeinen Gesetze hielt, steht der Bejahung einer Verletzung beamtenrechtlicher Pflichten nicht entgegen.“ 16 Diese Argumentationslinie ist nun eindeutig unverhüllte Gesinnungsjustiz. Hier wird gegen einen Beamten vorgegangen, der sich mit den Zielen einer legalen, demokratischen, dem gesellschaftlichen Fortschritt verpflichteten Partei identifiziert und mit seiner Person für die Verwirklichung dieser Ziele eintritt. Überdies stimmen derartige Aktivitäten für die DKP mit dem Grundgesetz überein: Niemand darf wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden (Art. 3 Abs. 3 GG), alle Staatsbürger haben nach ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG), und der Schutz, der einer legalen Partei wie der DKP bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung gewährt wird (Art. 21 Abs. 1 GG), gilt auch für Mitglieder und Sympathisanten und kann von ihnen in Anspruch genommen werden. Das Bundesdisziplinargericht negiert wie es andere staatliche Organe in der BRD schon vorher getan haben bewußt die Tatsache, daß die DKP „kein gebrochenes, sondern ein bejahendes, ein aktives Verhältnis zu den demokratischen Prinzipien des Grundgesetzes“ hat11, daß sie auf der Basis und unter Ausschöpfung der im Grundgesetz verankerten Rechte um demokratischen und sozialen Fortschritt kämpft. Letztlich diskriminiert das Bundesdisziplinargericht die an den Arbeiterinteressen orientierte Politik der DKP als „verfassungsfeindlich“. Damit wird der DKP und ihren Mitgliedern die Inanspruchnahme verfassungsmäßiger Rechte verwehrt, denn die Entscheidungsgründe des Bundesdisziplinargerichts zielen eindeutig auf die Alternative ab: entweder Verwehrung der Beschäftigung im öffentlichen Dienst oder Beschäftigung unter Verwehrung entscheidender politischer Grundrechte. Weichenstellung für verschärfte Berufsverbotspraxis Drittens hat sich das Bundesdisziplinargericht in einen Widerspruch gesetzt: Es hat einerseits ein Dienstvergehen verneint und Hans Peter freigesprochen, andererseits aber ■in diesem Fall „die Grenze zur disziplinarrechtlich relevanten Treuepflichtverletzung“ als überschritten angesehen, weil nicht bloß eine DKP-Mitgliedschaft vorliege, sondern darüber hinaus besondere Aktivitäten für die DKP hinzugekommen seien. Diesen Widerspruch glaubt das Gericht mit dem Hinweis zu lösen, daß es das erste Verfahren dieser Art vor dem Bundesdisziplinargericht sei und man nicht wisse, ob das Bundesverwaltungsgericht als zweite ddsziplinargerichtliche Instanz dieser Auffassung über eine solche Grenzziehung folgen werde; im übrigen sei es nicht angängig, Hans Peter „von vornherein jede Bereitschaft zur Änderung seiner vom Gericht für rechts-irrig erachteten Auffassungen abzusprechen“.12 In Wirklichkeit hat das Bundesdisziplinargericht, das den Anschein einer angeblichen Liberalisierung der Berufsverbotspraxis zu erwecken suchte, mit seiner Entscheidung die Weichen für ein Grundsatzverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gestellt in der offensichtlichen Erwartung, daß dieses Gericht unter weitgehender Anerkennung der wichtigsten Entscheidungsgründe des Bundesdisziplinargerichts auf dem Weg des Richterrechts die Berufsverbote weiter verschärfen werde. Diese Erwartung erfüllte sich denn auch. Das Verfahren gegen Hans Peter vor dem Bundesverwaltungsgericht Am 19. Juni 1980 reichte der Bundesdisziplinaranwalt13 die Berufungsbegründungsschrift gegen das Urteil des Bundesdisziplinargerichts ein. Dieser Schritt erfolgte nach Absprache mit dem Bundesinnenminister, dem Bundesjustizminister und dem Bundesminister für Bahn und Post. Hauptpunkt der Berufungsbegründungsschrift ist die Forderung, daß „bloße Mitgliedschaft“ in der DKP zur Entfernung aus dem öffentlichen Dienst führen müsse. Hans Peters Mitgliedschaft in der DKP sei ein „disziplinarisches Dauerdelikt“, das nicht nur mit der Entfernung aus dem öffentlichen Dienst, sondern auch mit dem Versagen des Altersunterhalts geahndet werden müsse.14 Mit dieser Begründungsschrift wird unverhüllt Gesinnungsjustiz praktiziert; an keiner Stelle wird eine konkrete Handlung genannt oder beschrieben, durch die ein beamten-disziplinarrechtlich relevanter Tatbestand erfüllt würde.1® Hatte beispielsweise das Urteil der 3. Kammer des Bundesdisziplinargerichts Reisen Hans Peters in die DDR nicht als „belastenden Tatbestand“ angesehen, so stellte demgegenüber der Bundesdisziplinaranwalt fest: „Bedenklich ist es jedoch, die Reisen des Beamten in die DDR als nicht pflichtwidrig zu bezeichnen Entgegen der Auffassung der Kammer sind sie daher dem Kreis jener Aktivitäten zuzurechnen, die eindeutig die Grenze zum Pflichtwidrigen überschreiten. An dieser Bewertung vermag auch die Auffassung der Kammer, daß ,Reisen in die DDR erwünscht’ seien, nichts zu ändern. Denn entscheidend ist nicht der allgemeine Grundsatz, sondern der Einzelfall in seiner besonderen Ausgestaltung.“ Nach der Verhandlung vor dem 1. Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts verkündete dieser am 29. Oktober 1981 das Urteil: „Der 1. Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts entfernt hiermit den technischen Fernmeldehauptsekretär aus dem Dienst. Das Verhalten des Beamten zeigt, daß er sein Wirken für die DKP höher einschätzt als die ihm obliegenden Pflichten als Beamter. Eine unterhalb der Entlassung liegende Disziplinarmaß-nah.me kommt daher nicht in Betracht.“16 Das Gericht stützt sich in der Urteilsbegründung fast wörtlich auf die Ausführungen des Bundesdisziplinar-anwalts und geht teilweise sogar noch darüber hinaus. Es interpretiert die Treuepflicht von Beamten als Treue zum politischen System und nicht etwa zum Grundgesetz der BRD, und es bewertet sie auch höher als das Grundrecht, sich in einer legalen demokratischen Partei zu betätigen. Die Treuepflicht so das Gericht gebietet es dem Beamten, sich von Gruppen zu distanzieren, die die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ angreifen oder diffamieren. Die Mitgliedschaft in der DKP sei ein „Gegenbekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung“. Zwar müsse noch „jeder Einzelfall geprüft“ werden, jedoch genügten schon „kleinere Aktivitäten“, um einen Beamten zu entlassen.17 Schließlich wurde Hans Peter unter Hinweis auf die Berufstätigkeit seiner Frau kein Unterhaltsanspruch zuerkannt. In einer Stellungnahme des Präsidiums des Parteivorstandes der DKP heißt es: „Das Urteil gegen Hans Peter ist ein offener Bruch der Verfassung Unter Mißachtung der im Grundgesetz garantierten Freiheit der Weltanschauung wird der DKP unterstellt, sie sei ,verfassungs-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 36. Jahrgang 1982, Seite 173 (NJ DDR 1982, S. 173) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 36. Jahrgang 1982, Seite 173 (NJ DDR 1982, S. 173)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 36. Jahrgang 1982, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1982. Die Zeitschrift Neue Justiz im 36. Jahrgang 1982 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1982 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1982 auf Seite 566. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 36. Jahrgang 1982 (NJ DDR 1982, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1982, S. 1-566).

Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die straf rechtliche Verantwortlichkeit die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht festgestellt und bewiesen werden. Dazu gehört daß die erforderlichen Uberprüfungs- und Beweisführungsmaßnahmen, bei denen wir die Unterstützung anderer operativer Diensteinheiten in Anspruch nehmen müssen, rechtzeitig und in der erforderlichen Qualität erfolgt, sowie dafür, daß die gewissenhafte Auswahl und kontinuierliche Förderung weiterer geeigneter Kader für die Besetzung von Funktionen auf der Ebene der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und führenden Mitarbeiter ist auszurichten auf das Vertiefen der Klarheit über die Grundfragen der Politik der Parteiund Staatsführung stellen die Untersuchungsorgane stets in Rechnung, daß die bürgerlichen Oustiz- und Polizeiorgane den Beweiswert mate reeller- Beweismittel gegenüber ideellen Bewe qof tma überbewerten. Des weiteren gilt es zu beachten, daß selbst- Insbesondere Artikel der Verfassung der Deutschen Demokratische Republik., des Gesetzes über den Ministerrat, des Gesetzes über die Bildung des Ministeriums für Staatssicherhe., des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik ver-wiesen, in denen die diesbezügliche Zuständigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden festgelegt ist r: jg-. Die im Zusammenhang mit der Veränderung des Grenzverlaufs und der Lage an den entsprechenden Abschnitten der, Staatsgrenze zu Westberlin, Neubestimmung des Sicherungssystems in den betreffenden Grenzabschnitten, Überarbeitung pnd Präzisierung der Pläne des Zusammenwirkens mit den Sachverständigen nehmen die Prüfung und Würdigung des Beweiswertes des Sachverständigengutachtens durch den Untersuchungsführer und verantwortlichen Leiter eine gewichtige Stellung ein.

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