Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1981, Seite 561

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 561 (NJ DDR 1981, S. 561); Neue Justiz 12/81 561 Konsequenz der Erstbestrafung besondere Bedeutung zu. Als ein wesentliches rückfallrelevantes Moment sehen wir deshalb die der Tatschwere angemessene und tatbezogene Reaktion auf die erstmalige Straffälligkeit an. Besondere Probleme liegen jedoch bei Tätern, deren Einstellungssystem erheblich deformiert ist, so daß sie ihre Schuld kaum erleben. Entsprechend akzeptieren sie auch ihre Strafe kaum. Diese wird von ihnen vielmehr erkenn* bar gleichgültig aufgenommen (charakteristisch für besserungsgleichgültige, haltlos-asoziale Täter) oder gar zurückgewiesen (charakteristisch für die erzieherische Einflüsse bewußt negierenden Täter). Insbesondere der mit der „Umkehrung“ der gesellschaftsgemäßen Wertinhalte einhergehende Verlust der Fähigkeit zu selbstkritischer Beurteilung der eigenen Persönlichkeit und des sozialen Status behindert die Wirksamkeit einer Sanktion. Außerdem führt die (für den individuellen Rückfallprozeß) festgestellte Verlagerung der verhaltensdeterminierten Potenz von den äußeren Bedingungen auf die inneren Bedingungen der Persönlichkeit dazu, daß diese inneren Bedingungen in vielen Fällen zunehmend von äußeren Einflüssen (auch Sanktionen) unabhängig in die Verhaltensdetermination eingreifen bzw. Einwirkungen von außen (auch Sanktionen) zunehmend auswählen, umbewerten oder gar zurückweisen. Aus diesen personalen Tatsachen, die die Wirksamkeit der Strafe einschränken, folgt u. E. das Erfordernis, im Maße ihrer Ausprägung die Täterorientiertheit der Strafe (in dem von der Tatschwere bestimmten Rahmen) zu erhöhen, sie einzubetten in weitere (täterorientierte) strafrechtliche, administrative und gesellschaftlich-erzieherische Maßnahmen, und die anderen, außerhalb des Täters liegenden individuell-erzieherischen Bedingungen zu intensivieren. U. Dähn/H. Weber verweisen ebenfalls auf die Tatsache, daß die Strafe gegenüber bestimmten Tätern nur sehr begrenzt persönlichkeitsändernd wirkt bzw. wirken kann. Das bezieht sich vor allem auf die Freiheitsstrafe, die hauptsächlich bei Rückfälligen angewendet wird. Ein erheblicher Teil aller Rückfalltäter ist mit Freiheitsstrafe vorbestraft (verständlicherweise zu den Mehrfachrückfälligen hin noch zunehmend). Aus den dargestellten personalen Besonderheiten erklärt sich die Tatsache, daß auch eine steigende Anzahl der Freiheitsstrafen als Vorstrafen die Gefahr eines erneuten Rückfalls oft nicht verringern kann. Mit dieser Tatsache werden nicht die Wirksamkeit der Freiheitsstrafe „an sich“ oder ihre bevorzugte Anwendung gegenüber Rückfalltätern in Frage gestellt. Die Freiheitsstrafe wird primär tatbezogen (nicht täterbezogen!) und tatschwereangemessen (bei Rückfalltätern also entsprechend der durch die Vorbestraftheit erhöhten Schuld-bzw. Tatschwere) angewendet. Nur sekundär berücksichtigt wird die verminderte Fähigkeit und Bereitschaft dieser Täter, Lehren aus der Bestrafung zu ziehen und sich elementaren Normen gemäß zu verhalten.7 Dazu kommt, daß in diesen Fällen die Strafe neben der individuellen Erziehung in stärkerem Maße auch Schutzerfordernisse und generalpräventive Wirkungen realisieren muß. Die tatproportionale Freiheitsstrafe ist gegenüber diesen Tätern unverzichtbar. Daraus ergibt sich u. E. jedoch folgendes Problem: Die derzeitigen strafrechtlichen (bzw. vom Strafverfahren ausgehenden) Möglichkeiten der täterorientierten Gestaltung der sozial-erzieherischen Bedingungen im unmittelbaren Anschluß an den Strafvollzug sind trotz ihrer ansonsten bewährten Breite und Vielfalt begrenzt und nicht immer ausreichend für die Verhütung erneuter Rückfälligkeit derjenigen Täter, deren Persönlichkeit als Ganzes (ihr Einstellungssystem) so deformiert ist, daß ihre Fähigkeit und Bereitschaft zur sozialen Einordnung, zur Selbsterziehung sowie ihre Bereitschaft zum Akzeptieren erzieherischer Einwirkung gering sind oder fehlen und deren soziale Bindungen auffällig schwach oder negativ sind. Der Widerspruch zwischen den wachsenden Ansprüchen unserer Bürger an Gesetzlichkeit, Rechtssicherheit sowie an die moralische Sauberkeit ihrer Umwelt und den destruktiven Wirkungen, die von solchen Personen ausgehen, verlangt und erlaubt ein wirksames Bemühen um deren soziale Reintegration. Dabei ist auch zu beachten, daß bei sofortiger Rückkehr bestimmter Personen im un- mittelbaren Anschluß an den Strafvollzug in normale Umweltbedingungen die Möglichkeit der gesellschaftlicherzieherischen Einwirkung oft noch nicht den eigentlichen Erfordernissen einer zumindest minimalen Einstellungsänderung entsprechen kann. Besondere (sozialpädagogische) Formen der Vorbereitung des Übergangs vom Strafvollzug in die normale Lebensumwelt wären daher u. E. zu erwägen. 1 Diese Unterscheidung ist in der allgemeinen Wirkungstheorie des sozialistischen Rechts noch nicht hinreichend bewältigt. (Vgl. Autorenkollektiv, „Objektive Gesetze Recht Handeln“, Berlin 1979, S. 48 f.) Sie wird für das Recht als Ganzes in anderer Weise vorgenommen als für die rechtlichen Sanktionen im besonderen. (Vgl. Autorenkollektiv, „Zur Wirksamkeit rechtlicher Sanktionen bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft“, Berlin 1978, S. 73 f.) In spezifischer Weise werden schließlich die Wirkungsbedingungen (-ebenen) der Strafe differenziert. Vgl. E. Buchholz, „Fragen der Wirksamkeit sowie der Ziele der Strafe und des Strafrechts“, Staat und Recht 1974, Heft 12, S. 2014, wo er eine personale, täterbezogene oder individuelle Wirkungsebene von einer allgemeinvorbeugenden unterscheidet, nachdem er vorher (S. 2008) auf die grundlegende Relevanz der herrschenden Gesellschaftsverhältnisse verwiesen hatte. An anderer Stelle unterscheidet er allgemeine Bedingungen (grundlegende gesellschaftliche Verhältnisse, gesellschaftlich-subjektive Faktoren, Persönlichkeit des Täters, Tätigkeit der Strafjustiz) und spezifische Bedingungen (Unabwendbarkeit, Unverzüglichkeit, Gesetzlichkeit des Verfahrens, Publizität der. Strafpraxis, Gerechtigkeit, Einheitlichkeit und Stetigkeit der Strafpolitik und Strafpraxis, Individualisierung). Vgl. E. Buchholz, „Zur Erforschung der Bedingungen der Wirksamkeit von Strafrecht und Strafe im Sozialismus“, Staat und Recht 1975, Heft 11/12, S. 1515 ff. 2 Nach unserer Auffassung werden auch die Kriterien, an denen die Wirksamkeit zu messen ist, ungenügend deutlich von den Bedingungen unterschieden, von denen die Wirksamkeit abhängig ist. 3 Vgl. E. Buchholz/D. Seidel, „Die Differenzierung strafrechtlicher Verantwortlichkeit und Schuld bei Rückfalltätern“, NJ 1978, Heft 1, S. 7. 4 K. Marx, „Debatten über das Holzdiebstahlsgesetz“, in: Marx/ Engels, Werke, Bd. 1, S. 114; vgl. dazu auch E. Buchholz, „Fragen der Wirksamkeit sowie der Ziele der Strafe und des Strafrechts“, Staat und Recht 1974, Heft 12, S. 2007 f. 5 Vgl. dazu z. B. H. Wolf/K. Backhaus, „Die Kollektivberatung eine wichtige Form der Mitwirkung der Werktätigen am Strafverfahren“, NJ 1976, Heft 8, S. 225 ff.; H. Weber, „Gesellschaftliche Erziehung von Strafrechtsverletzern durch Arbeitskollektive“, NJ 1976, Heft 9, S. 249 ff. 6 Selbst von den von uns befragten Mehrfachrückfalltätern erklärten 85 Prozent, daß ihnen das Arbeitskollektiv nach ihrer Entlassung aus dem Strafvollzug geholfen habe. 7 Vgl. E. Buchholz/H. Dettenborn, „Fähigkeit und Bereitschaft des Straftäters zu künftig verantwortungsbewußtem Handeln“, NJ 1979, Heft 10, S. 440 ff.; dieselben, „Berücksichtigung der Fähigkeit und Bereitschaft des Straftäters zu künftig verantwortungsbewußtem Verhalten bei der Strafzumessung“, NJ 1980, Heft 3, S. 109 ff.; G. Kräupl/L. Reuter/W. Müller, „Fähigkeit und Bereitschaft des Täters zu künftig verantwortungsbewußtem Verhalten als Strafzumessungskriterium“, NJ 1980, Heft 9, S. 414 ff. * S. Fortsetzung von S. 558 22 Vgl. W. Dallinger/K. Lackner, Jugendgerichtsgesetz, Kommentar, München/Berlin (West) 1955, S. 193. A. Fräbel, „Zum Charakter des westdeutschen Jugendstrafrechts“, NJ 1959, Heft 12, S. 417 ff. 23 Dallinger/Lackner, a. a. O., S. 191. 24 Vgl. Ch. Pfeiffer, „Das Projekt der Brücke e. V. München Ein Beitrag zur ,inneren Reform* des Jugendkriminalrechts und zur Sanktionsforschung im Bereich der Weisungen und Zuchtmittel“, Kriminologisches Journal (Wuppertal) 1979, Heft 4, S. 261 f. Zu weiteren Fragen der Anwendung der verschiedenen Sanktionen gegenüber Jugendlichen (Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel, Strafen) vgl. F. Schaffstein, „Jugendkriminologische und rechtspolitische Bemerkungenn zur Verurteiltensta-tistik 1977“, Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 1979, Heft 5, S. 272 ff. 25 Vgl. H. Hauser, „Der Jugendrichter Idee und Wirklichkeit“, Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform (Köln) 1980, Heft 1, S. 15. 26 Ch. Pfeiffer, a. a. O., S. 269. 27 Vgl. J. Junger-Tas, „Strukturen des Jugendgerichts: Probleme und Dilemmas“, Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt (Köln) 1980, Heft 8, S. 367. 28 Vgl. Ch. Pfeiffer, a. a. O., S. 261 ff. Inzwischen gibt es ähnliche Projekte auch in einigen anderen Großstädten der BRD. 29 Ebenda, S. 267. 30 O. Wilke, „Soziale Trainingskurse“, Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt 1980, Heft 8, S. 431. 31 Vgl. ND vom 3. September 1981, Ausg. B, S. 1. 32 Der Jugendbericht der BRD-Regierung (Bundestags-Drucksache 8/3685, S. 63, vom 20. Februar 1980) verweist darauf, daß die tatsächlichen Daten „kein wirklichkeitsgetreues Bild vom tatsächlichen Ausmaß der Jugendarbeitslosigkeit“ vermitteln. „Es gibt Vermutungen, daß sich die Zahl der offiziell als arbeitslos Registrierten verdreifachen würde, wenn alle Gruppen von jugendlichen Arbeitslosen in der Statistik auf tauchten.“ 33 Vgl. H. Hauser, a. a. O., S. 19. 34 Vgl. J. Junger-Tas, a. a. O., S. 366.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 561 (NJ DDR 1981, S. 561) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 561 (NJ DDR 1981, S. 561)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981. Die Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1981 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1981 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 (NJ DDR 1981, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1981, S. 1-576).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt auf der Grundlage der Hausordnung über ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Die erfolgte Belehrung ist aktenkundig zu machen. Inhaftierte Personen unterliegen bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt verfügten und diei linen bei Besuchen mit Familienangehörigen und anderen Personen übergeben wurden, zu garantieren. Es ist die Verantwortung der Diensteinheiten der Linie zu prüfen, wie diesen Problemen vorbeugend und offensiv begegnet werden kann. Ein Teil der Beschwerden kann vermieden werden, wenn die innerdienstlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Unter uchungshaf ans alten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung überarbeitet und konkretisi ert werden, Die Angehörigen der Linie die militärische Ausbildung politisch-operativen-faehlic durch Fachschulungen und ielgerichtet zur Lösung der.

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