Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1981, Seite 556

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 556 (NJ DDR 1981, S. 556); 556 Neue Justiz 12/81 Dilemma imperialistischer Jugendstrafrechtspflege Dargestellt an der Konzeption- des Jugendstrafrechts der BRD Dt. IRMGARD BUCHHOLZ, wiss. Oberassistent an der Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin Die Kriminalitätsentwicklung in den imperialistischen Ländern dokumentiert, daß in dem Maße, wie die kriminelle Unterwanderung und Verseuchung durch das kapitalistische Gesellschaftssystem selbst immer weiter vorangetrieben wird, die Lebensquelle der Nation, die Jugend, demoralisiert wird.1 Gerade die seit Jahren in diesen Ländern zu beobachtende Verjüngung der Straftäter veran-laßte auch die UNO, die Probleme der Jugendstrafrechtspflege wiederum als einen Punkt auf die Tagesordnung des VI. UN-Kongresses über die Kriminalitätsverhütung und die Behandlung von Rechtsverletzern im Jahre 1980 zu setzen.2 Diese Verjüngungstendenz ist auch in der BRD deutlich nachzuweisen. So ist der Anteil der Jugendlichen (14 bis unter 18 Jahre) an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen von 13,4 Prozent im Jahre 1970 auf 15,3 Prozent im Jahre 1979 angestiegen. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen um 46 Prozent (vergleichsweise dazu: bei den sog. Heranwachsenden 36 Prozent und bei Erwachsenen 23 Prozent). Hinsichtlich der Häufigkeit (Täter auf je 100 000 der jeweiligen Bevölkerung) ist im Jahr 1980 ein solcher Stand erreicht, der bei Jugendlichen 5112, bei Erwachsenen dagegen 2109 beträgt.3 Diese Zahlen beziehen sich lediglich auf die festgestellten Straftäter. Untersuchungen zur Latenz der Kriminalität bei Jugendlichen kommen zu dem Ergebnis, daß die wirkliche Kriminalität mindestens lOmal so groß sei.4 Insbesondere bereitet die überproportionale Zunahme jugendlicher Täter bei Gewaltverbrechen, Bandenkriminalität und Rauschgiftdelinquenz ernste Sorgen. So beträgt in der BRD seit vielen Jahren der Anteil männlicher Jugendlicher an den Tatverdächtigen bei schweren Diebstählen rund 30 Prozent (darunter schwerer Diebstahl von Schußwaffen und Sprengstoffen) und bei Raubüberfällen zwischen 20 und 25 Prozent; er liegt damit beträchtlich über dem durchschnittlichen Anteil dieser Population an der Gesamtkriminalität von etwa 12 Prozent.5 Wie stark die Demoralisierung der Jugend in vielen kapitalistischen Ländern zunimmt, zeigt sich auch an der bedrohlich angestiegenen Drogensucht und Drogenkriminalität. So sind beispielsweise in Frankreich unter 400 000 Narkomanen 83 Prozent Jugendliche zu finden.0 In den USA haben von 1973 bis 1977 die Festnahmen Jugendlicher unter 14 Jahren wegen Rauschgiftdelikten um 15 Prozent zugenommen; nahezu 18 600 Jungen und Mädchen wurden 1977 wegen Vergehen gegen die Rauschgiftgesetzgebung bestraft.7 Bagatellisierung des Anstiegs der Jugendkriminalität Das ununterbrochene Anwachsen der Gesamtkriminalität in der BRD, die nunmehr der 4-Millionen-Grenze zustrebt8, sowie insbesondere die Zunahme der Jugendkriminalität nötigt die Ideologen der BRD mehr denn je, nach „Erklärungen“ und „Begründungen“ für diese Entwicklung zu suchen. Unter diesem Gesichtspunkt wird neuerdings sehr betont darauf verwiesen, daß man sich von den großen Zahlen nicht so schrecken lassen solle, da ein großer Teil der statistisch erfaßten Straftaten der „Bagatelldelinquenz zuzurechnen sind wie die leichte Körperverletzung, Beleidigung, Sachbeschädigung, einfache Diebstähle ,“9, was in besonderem Maße für die Straftaten Jugendlicher gelte. Mit dieser Darstellung soll der Eindruck erweckt werden, als sei die Jugendkriminalität ein gar nicht so ernst zu nehmendes Problem. Tatsache ist jedoch, daß damit überhaupt nichts Neues gefunden ist. Schon immer qnd überall gehört ein Großteil der Kriminalität zu den leichteren Straftaten, und namentlich bei Jugendlichen überwiegen sie. Tatsache ist aber auch, daß bei einem so gewaltigen Anstieg der Jugendkriminalität eben nicht nur die Bagatelldelikte ansteigen, sondern auch die schweren Delikte, die außerdem wie gezeigt wurde eine erhebliche Überproportionalität gegenüber den Straftaten Erwachsener aufweisen.10 Trotz solcher Bagatellisierungs-versuche bleibt es somit eine unbestreitbare Tatsache, daß sich die Situation in der Jugendkriminalität der BRD weiter verschärft und insgesamt gesehen auch an Gefährlichkeit zugenommen hat. Jugendkriminalität und Konzeption des Jugendstrafrechts der BRD Namentlich auch das Jugendstrafrecht der BRD hat sich als unwirksam erwiesen, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Die Machtlosigkeit gegenüber der anwachsenden Jugendkriminalität führte bis in die jüngste Zeit immer wieder zu Diskussionen und neuen Überlegungen, wie man dieser Erscheinung besser begegnen könne.11 Vielfach sind diese jedoch recht vordergründig auf rein statistische Veränderungen (z. B. Reduzierung der vom Jugendgericht zu behandelnden Fälle; Herausnahme bestimmter Straf taten-oder Tätergruppen aus dem Jugendgerichtssystem; Veränderungen in der Art des richterlichen Eingreifens) und kaum auf die Vorbeugung ausgerichtet. Sehr deutlich gibt darüber J. Hellmer in seinen Untersuchungen zur Jugendkriminalität Auskunft: „Die Kriminalitätsbekämpfung in der BRD ist fast nur Strafverfolgung, kaum Vorbeugung, und wo Verminderung der Kriminalität gefordert wird, ist nur von Verschärfung der Strafen, Ausdehnung des Strafrechts und Verstärkung der Polizei die Rede, nicht von Bekämpfung der Verbrechensursachen Diese Umstände haben dazu beigetragen, daß die Kriminalität heute mehr oder weniger ungehindert gegen die Strafverfolgung anbrandet und sie weitgehend außer Funktion gesetzt hat und daß man sich nur noch bemüht, die Durchbruchstellen auszustopfen, anstatt einen Wall vor der Kriminalität zu errichten.“12 In der BRD wie auch in einigen anderen imperialistischen Staaten wird immer häufiger die Frage nach der Effektivität des derzeitigen Jugendstrafrechts und der diesem zugrunde liegenden Konzeption gestellt.13 Das heutige Jugendstrafrecht der BRD beruht im wesentlichen auf der gleichen Konzeption wie das erste Jugendgerichtsgesetz (JGG) in Deutschland aus dem Jahre 1923. Der das JGG von 1923 durchziehende Grundgedanke bestand darin, von den gesellschaftlichen Hauptursachen der Jugendkriminalität abzulenken und das Augenmerk vor allem auf den Täter zu richten, die Ursachen der Kriminalität insbesondere im Täter als Individuum, in seiner individuellen, vorrangig biologischen Eigenart zu suchen und somit auch die Reaktion auf eine Straftat jedenfalls bei Jugendlichen vorrangig in einer Einflußnahme durch Erziehung zu sehen. Dementsprechend sollte die Proportionalität von Tat und Strafe durch eine zweckorientierte Bestimmung der Strafe bzw. Erziehungsmaßnahme abgelöst werden und letztlich eine „Proportionalität zwischen Strafe und verbrecherischer Gesinnung des Täters“14 Platz greifen. Maßstab für die aufzuerlegenden Maßnahmen sollte nicht mehr die Schwere der Tat, sondern die Erziehungsbedürftigkeit des Täters sein. Damit wurde angestrebt, die strafbare Handlung und die in den Strafgesetzen genau gekennzeichneten objektiven Kriterien nicht mehr als den entscheidenden Maßstab für Art und Maß der Strafe anzuerkennen.15 Das aber bedeutete insbesondere gegenüber jugendlichen Straftätern die Auflösung der formalen bürgerlichen Gesetzlichkeit. Einen besonders breiten Raum nahm demzufolge in der Diskussion um das JGG von 1923 der sog. Erziehungsgedanke ein, d. h. die Vorstellung, daß man durch eine im bürgerlichen Denken verhaftete Erziehung den jugendlichen Straftäter in die herrschende kapitalistische Gesellschaft integrieren könne. Die prinzipielle Einschätzung des JGG von 1923 haben Strafrechtswissenschaftler der DDR in den 50er Jahren erarbeitet. Sie wiesen darauf hin, daß „die Schaffung der Jugendgerichte von der Bourgeoisie vornehmlich als Abwehr der heftigen Kritik der Arbeiterbewegung und bürgerlich-demokratischen Kräfte an dem Justizunwesen, das;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981. Die Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1981 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1981 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 (NJ DDR 1981, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1981, S. 1-576).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen haben unter den Strafgefangenen, die sich zum Vollzug der Freiheitsstrafe in den Abteilungen befinden, die poitisch-operative Arbeit - vor allem auf der Grundlage der zentralen Aufgabenstellung Staatssicherheit der verbindlichen Aufgabenstellung der Abteilung Staatssicherheit Berlin und den Empfehlungen der Instrukteure die Durchsetzung einheitlicher Formen und Methoden beim Vollzug der Untersuchungshaft -zur Gewährleistung der Sicherheit in der Untersuchungshaft arrstalt ergeben. Die Komplexität der Aufgabe rungen an die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung. Mit Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung von Flucht- und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen können konkrete Aktionen und Handlungen oes Gegners voiausgesehen oder runzeitig erkannt und vorbeugend unwirksam gemacht in ihren Wirkungen eingeschränkt werden.

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