Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1981, Seite 533

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 533 (NJ DDR 1981, S. 533); Neue Justiz 12/81 533 blik aber mit dem neuen Regime bekam der Richter nicht den neuen Geist . Der alte Richter konnte den Geist auch da nicht wechseln, wo der Wechsel vielleicht viel für sich gehabt hätte. Der Richter ist konservativ.“5 So bedeutete auch der Hitler-Faschismus keinen Bruch in der Haltung der deutschen Richter: „Vorbehaltlos und konsequent steht dann das Reichsgericht in der Zeit von 1933 bis 1945 hinter der Nazidiktatur.“6 In dem vorliegenden Sonderdruck greift F. K. Kaul einen Komplex auf, der sowohl im Klassenrecht als auch im imperialistischen Klassengericht enthalten ist: die „Gesinnung“ als Anlaß strafrechtlicher Verfolgung einerseits und als Anlaß strafrechtlicher Begünstigung andererseits. An die Spitze seines Vorworts stellt er einen Satz von Karl Marx: „Gesetze, die nicht die Handlung als solche, sondern die Gesinnung des Handelnden zu ihrem Hauptkriterium machen, sind nichts als positive Sanktionen der Gesetzlosigkeit.“7 In einem sehr komprimierten Gedankengang legt F. K. Kaul dar, daß die gegen die Kommunisten gerichtete Gesinnungsverfolgung dem deutschen Imperialismus immanent ist, da sie ohne Unterbrechung vom Kaiserreich bis hin in die Nazidiktatur reicht. Dabei konzentriert sich F. K. Kaul auf die Rolle der Gesinnung in der Klassenjustiz des deutschen Imperialismus vor allem in den Jahren 1925 bis 1933. Er zeigt den Weg vom offenen Terror der Klassenjustiz der Sonder- und Militärgerichte in der revolutionären Periode zur „getarnten Gesetzlosigkeit“ nach dem Machtantritt Hindenburgs (1925), bis nach 1933 wieder der offene Terror herrschte. Gekennzeichnet wird die „getarnte Gesetzlosigkeit“ der Weimarer Republik durch § 86 des Reichsstrafgesetzbuchs, wonach jede „ein hochverräterisches Unternehmen vorbereitende Handlung“ unter Strafe gestellt war, und durch § 7 Ziff. 4 des Gesetzes zum Schutze der Republik vom 21. Juli 1922 mit einer Strafandrohung für die Teilnahme „an einer geheimen oder staatsfeindlichen Verbindung , die die Bestrebung verfolgt, die verfassungsmäßig festgestellte republikanische Staatsform zu untergraben“. Als „staatsfeindlich“ in diesem Sinne galt gemäß § 129 des Reichsstrafgesetzbuchs „eine Verbindung, zu deren Zwecken oder Beschäftigungen gehört, Maßregeln der Verwaltung oder die Vollziehung von Gesetzen durch ungesetzliche Mittel zu verhindern oder zu entkräften“. F. K. Kaul steckt mit der Periode der „getarnten Gesetzlosigkeit“ von 1925 bis 1933 gleichsam den Zeitraum ab, in dem die Wertung der Gesinnung als strafbegründendes Element offiziell in das Instrumentarium der deutschen Klassenjustiz einbezogen wurde, deren oberster Repräsentant das Reichsgericht war und dessen Richter sich ihrer „konservativen Haltung“ rühmten. „Zentrales Element des Nazistaates war das Feindbild des Kommunismus, mit dessen Hilfe die kommunistische Gesinnung als strafrechtlich zu ahndendes Delikt verfolgt wurde“ (S. 9) ein Feindbild, das bereits von der Konterrevolution im Jahre 1919 geprägt war. Als Beispiel für Gesinnungsverfolgung schildert F. K. Kaul fünf Strafverfahren wegen Hoch- bzw. Landesverrats, die teils vor dem Reichsgericht, teils vor dem Staatsgerichtshof zum Schutz der Republik durchgeführt worden waren. Der Sachverhalt, der diesen Verfahren zugrunde lag, soll hier nicht im einzelnen wiedergegeben werden. Aber konnte man sich bei dem Dichter Johannes R. Becher, bei dem Schriftsteller Heinrich Wandt und bei dem Schauspieler Rolf Gärtner noch vorstellen, daß ihre Gesinnung unmittelbar in ihrer künstlerischen Betätigung deren Freiheit die Weimarer Reichsverfassung allerdings garantiert hatte in die Tat umgesetzt worden war, so war es schon wesentlich schwieriger, sich dies bei dem Buchhändler Fritz Schälike (dem späteren langjährigen Leiter unseres Dietz Verlages) vorzustellen, der ja keineswegs Kenntnis vom Inhalt aller Bücher und Broschüren zu haben brauchte, die er verkaufte. Bei anderen gelesen Eigentum .verpflichtet' die Kosten trägt der Mieter ln Hamburg Ist folgender Fall vor dem Amtsgericht verhandelt worden: Ein Physiker wollte einem afrikanischen Freund, der keine Bleibe fand, ein Zimmer seiner Wohnung untervermieten. Der Hausbesitzer machte die notwendige Erlaubnis aber von einer Mieterhöhung von 7 auf 9 DM pro Quadratmeter, also um 29 Prozent, für die 65-Quadrat-meter-Wohnung abhängig. Damit war der Mieter natürlich nicht einverstanden und bot eine maximale Erhöhung der Miete um 2P DM an. Der Besitzer erwiderte telefonisch, daß er die Erhöhung unbedingt haben wolle, da er bei Abschluß des Mietvertrags vergessen habe, die Miete gegenüber der des Vormieters zu erhöhen. Daraufhin klagte der Mieter auf Untermietererlaubnis. Welches Urteil aber fällte nun das Gericht? Die Klage wird abgewiesen, weil nur nahe Angehörige größten Schutz genießen, und bei der „angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt sind fast immer Freunde vorhanden, die aus dringenden persönlichen Gründen Wohn-raum brauchen. Die Not eines für den Vermieter unkontrollierbaren Personenkreises könnte dann zu einem berechtigten Interesse und damit zu einem Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Untermietererlaubnis führen". Für die prinzipielle Bereitschaft des Vermieters, gegen die enorme Mieterhöhung die Erlaubnis zu erteilen, hat das Gericht nur folgende fast zynische Antwort übrig: „Auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß dem Beklagten, der sich moralisch nicht verpflichtet fühlte, Herrn als Untermieter in seinem Hause aufzunehmen, die Mög-’lichkeit zugebiiligt werden mußte, von der ihm günstigen Rechtslage Gebrauch zu machen. Es geht nicht an, daß der Beklagte einzig auf Grund des fehlgeschlagenen Versuchs, einen finanziellen Vorteil durch die Erteilung der Untermietererlaubnis zu erlangen, schlechter dastehen soll, als wenn er aus sonstigen Gründen, die vielen nicht als bllligens-wert erscheinen würden, die aber nicht offenbart worden sind, von vornherein die Erlaubnis versagt hätte." Fazit: Das Eigentum verpflichtet, von der bei uns günstigen Rechtslage Gebrauch zu machen, es auf Kosten Wohnungssuchender zu vermehren I (Aus: Unsere Zeit [Düsseldorf] vom 17. September 1981, S. 3) Im Urteil des Staatsgerichtshofs gegen Schälike hieß es: „Der Angeklagte ist seit Jahren Kommunist ., ein intelligenter Mann, mit der Parteiliteratur der KPD besonders vertraut und ein erfahrenes und leidenschaftliches Mitglied der Partei.“ Mit anderen Worten: „Die Geeignetheit der fraglichen Broschüren als Mittel der Vorbereitung zum Hochverrat ergibt sich daraus, daß Schälike als ,ein leidenschaftliches Mitglied der Partei“ sie für den Verlag bzw. zum Vertrieb angenommen hat“ (S. 43). Damit wird das „an sich strafrechtlich wertneutrale objektive Geschehen durch subjektive Empfindungen sprich Gesinnung in einen strafrechtlich relevanten Tatbestand gewandelt“ (S. 43/44). Hierzu zitiert F. K. Kaul den Hamburger Strafrechtslehrer M. Liepmann, der die Begründung des Staatsgerichtshofs als „Scheinargument“ bezeichnet, denn „Schuld im Strafrechtssinn ist, wie seit Überwindung von Ketzer- und Hexenprozessen als juristisches Allgemeingut angesprochen werden muß, niemals die bloße innere Gesinnung; das wäre der Standpunkt des Beichtstuhls, niemals aber eine Schuldbegründung für die Rechtsprechung“.8 Bemerkenswert ist auch der Fall Hermann Makover. Makover stammte aus einer angesehenen, politisch rechtsstehenden Juristenfamilie und hatte selbst Nationalökonomie und Rechtswissenschaft studiert. Bei ihm mußte seine einzige Funktion, die durchaus legale eines Mieterobmannes, dem der Schutz wirtschaftlich schwacher Mieter gegenüber Vermieterwillkür oblag, zur Verurteilung wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Teilnahme an einer staatsfeindlichen Verbindung herhalten. Wörtlich lautete es im Urteil des 4. Senats des Reichsgerichts: „Die KPD verfolgt auch mit dem Eingreifen in die Mieterbewegung und deren Organisation letzten Endes ihre hochverräterischen Pläne, indem sie dadurch die Mieter zu sich hinüberzuziehen und ihren Bestrebungen gefügig zu machen sucht. Die KPD in ihrem Funktionärskörper war in der fraglichen Zeit als eine staatsfeindliche Verbindung i. S. des § 7 Ziff. 4 des Republikschutzgesetzes und des § 129 StGB anzusehen“ (S. 60). F. K. Kaul hebt die Dialektik der Strafbarkeit der Gesinnung hervor: Kann die Gesinnung Schuld begründen,;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 533 (NJ DDR 1981, S. 533) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 533 (NJ DDR 1981, S. 533)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981. Die Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1981 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1981 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 (NJ DDR 1981, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1981, S. 1-576).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit im Zusammenhang mit dem Abschluß von Operativen Vorgängen gegen Spionage verdächtiger Personen Vertrauliche Verschlußsache - Lentzsch. Die qualifizierte Zusammenarbeit zwischen der Abteilung und anderer operativer Diensteinheiten unter dem Aspekt der zu erwartenden feindlichen Aktivitäten gesprochen habe, ergeben sic,h natürlich auch entsprechende Möglichkeiten für unsere. politisch-operative Arbeit in den Bereichen der Aufklärung und der Abwehr. Alle operativen Linien und Diensteinheiten felgende Hauptaufgaben im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren entsprechend den gewachsenen Anforcerungen der Dahre zu lösen, wofür die ständige Gewährleistung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ergeben sich zugleich auch aus der Notwendigkeit, die Autorität der Schutz-, Sicherheits- und Justizorgane als spezifische Machtinstrumente des sozialistischen Staates bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, im folgenden auch als Mißstände bezeichnet, ist mannigfach verw oben mit dem sozialen Erbe der Vergangenheit und dem erreichten Entwicklungsstand der sozialistischen Gesellschaft in der Das Auftreten von subjektiv bedingten Fehlhaltungen, Mängeln und Unzulänglichkeiten. Das Auftreten von sozial negativen Erscheinungen in den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungobedingungen. Die Rolle der Persönlichkeit beim Zustandekommen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Zur Notwendigkeit der Persönlichkeitsanalyse bei feindlich negativen Einstellungen und Handlungen Grundfragen der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens unter dem Aspekt der Herausbildung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die empirischen Untersuchungen im Rahmen der Forschungsarbeit bestätigen, daß im Zusammenhang mit dem gezielten subversiven Hineinwirken des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins in die bei der Erzeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungensowoh bei großen Teilen der Bevölkerung als aucti bei speziell von ihm anvisierten Zielgruppen oder Einzelpersonen, besonders zum Zwecke der Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit dienenden Druckerzeugnisse zu beschlagnahmen und einzuziehen, so auch die im Ausland gedruckte sogenannte Schubladenliteratur von Dissidenten und anderen Feinden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X