Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1981, Seite 517

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 517 (NJ DDR 1981, S. 517); Neue Justiz 11/81 517 erheblich über der durch polizeiliche Strafverfügung ausgesprochenen Geldbuße liegt, dann sollte der Staatsanwalt keine Anklage erheben. Wird dagegen auf Grund der neuen, dem entscheidenden Organ nicht bekannten Tatsachen offenkundig, daß durch den Erlaß einer polizeilichen Strafverfügung die sozialistische Gesetzlichkeit und die Grundsätze der Gerechtigkeit erheblich verletzt wurden und der wirksame Schutz der Gesellschaft und ihrer Bürger vor Eigentumsstraftaten ein gerichtliches Verfahren erfordert, dann sollte Anklage erhoben werden. Bei dieser Anklageerhebung sind aus strafprozessualer Sicht zwei Fälle zu unterscheiden: 1. Hat die Deutsche Volkspolizei wegen einer Eigentumsverfehlung eine polizeiliche Strafverfügung erlassen und hat der Betroffene innerhalb einer Woche nach ihrer Zustellung bei der Deutschen Volkspolizei schriftlich oder zu Protokoll Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt (§ 278 Abs. 1 StPO), dann kann die Strafverfügung zurückgenommen werden, andernfalls sind die Akten dem örtlich zuständigen Kreisgericht zur Entscheidung zu übersenden (§ 278 Abs. 2 StPO). Nach Eingang der Akten prüft das Gericht, ob der Antrag frist- und formgemäß gestellt wurde und ob eine Straftat vorliegt. Kommt das Gericht nach Prüfung des Sachverhalts zu der Auffassung, daß der Verdacht des Vorliegens einer Straftat besteht, darf es keine Hauptverhandlung anberaumen, sondern muß die Sache dem Staatsanwalt übergeben, der dann zu entscheiden hat, ob er Anklage erhebt (§ 279 Abs. 4 StPO). Ergibt sich der Verdacht des Vorliegens einer Straftat in der Hauptverhandlung, ist diese zu unterbrechen und die Sache dem Staatsanwalt gleichfalls zur Entscheidung zu übergeben. Dabei ist es unerheblich, ob das Gericht auf Grund ihm nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder im Ergebnis der Überprüfung anderer zum Zeitpunkt des Erlasses der polizeilichen Strafverfügung bekannter Tatsachen, die infolge einer falschen Bewertung oder einer fehlerhaften rechtlichen Würdigung unrichtig zu einer polizeilichen Strafverfügung geführt haben, das Vorliegen einer Straftat bejaht. Insofern eröffnet § 279 Abs. 4 StPO nach Übergabe der Sache durch das Gericht dem Staatsanwalt über die in § 9 VerfVO genannten Fälle hinaus die Möglichkeit, Anklage auch dann zu erheben, wenn vom entscheidenden Organ bei Erlaß einer polizeilichen Strafverfügung tat- und schulderschwerende Tatsachen falsch bewertet oder rechtlich fehlerhaft gewürdigt wurden. In dem einen wie in dem anderen Fall der Übergabe der Sache an den Staatsanwalt liegt, wenn dieser Anklage erhebt, keine rechtskräftige Strafverfügung vor. Verurteilt das Gericht den Rechtsverletzer auf Grund der Anklageerhebung wegen einer Eigentumsstraftat, spricht es im Urteil anstelle der in der nicht rechtskräftig gewordenen Strafverfügung ausgesprochenen Geldbuße eine der Schwere der Tat und der Schuld des Täters angemessene Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit aus und korrigiert damit die erste Entscheidung, deren Fehlerhaftigkeit darauf beruhte, daß das entscheidende Organ zum Zeitpunkt des Erlasses der polizeilichen Strafverfügung nicht die Tatsachen kannte, die im nachhinein zu einer gerichtlichen Verurteilung des Täters führten, bzw. bekannte Tatsachen falsch bewertete oder rechtlich fehlerhaft würdigte. Mit der gerichtlichen Verurteilung des Täters wird die polizeiliche Strafverfügung gegenstandslos. Einer ausdrücklichen Aufhebung der polizeilichen Strafverfügung durch das Gericht bedarf es in diesem Zusammenhang nicht. 2. Eine andere Verfahrensweise ist dagegen notwendig, wenn der Staatsanwalt nach Rechtskraft der polizeilichen Strafverfügung im Ergebnis eigener Ermittlungen oder der Ermittlungen des Untersuchungsorgans Anklage erhebt. Eine Anklageerhebung gegen die gleiche Person wegen derselben Handlung wirft die Frage auf, was mit der rechtskräftigen polizeilichen Strafverfügung zu geschehen hat, ob sie als eine spezifisch-rechtliche Folge für Verfehlungen neben der gerichtlichen Bestrafung wegen der gleichen Handlung als Eigentumsstraftat bestehen bleiben kann oder ob die gerichtliche Entscheidung zwingend zur Aufhebung der polizeilichen Strafverfügung führen muß. Im Gegensatz zur Anklageerhebung nach rechtskräftigen Entscheidungen gesellschaftlicher Gerichte (§ 14 Abs. 3 StPO)1 2 und bei Ordnungswidrigkeiten (§ 17 OWG)3 hat der Gesetzgeber diese Frage offen gelassen. Meines Erachtens ist die Aufrechterhaltung einer vorher wegen der gleichen Handlung erlassenen polizeilichen Strafverfügung ausgeschlossen, wenn der Rechtsverletzer wegen einer Eigentumsstraftat strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird. Anderenfalls würde eine an das Vorliegen einer Eigentumsverfehlung gebundene spezifische , Maßnahme trotz gerichtlich festgestellten Fehlens ihrer Voraussetzungen aufrechterhalten. Zum anderen hieße das auch wenn die polizeiliche Strafverfügung keine Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist , den Rechtsverletzer zweimal wegen derselben Handlung zu verfolgen, und das widerspricht den Grundsätzen des Verbots der doppelten Strafverfolgung. Die Fassung des § 9 VerfVO folgt inhaltlich im wesentlichen der Fassung des § 14 Abs. 3 StPO. Das bedeutet m. E., daß das Verbot der doppelten Strafverfolgung mit derselben Konsequenz auf die Anklageerhebung nach Erlaß einer polizeilichen Strafverfügung angewendet werden soll wie bei der Anklageerhebung nach Entscheidung eines gesellschaftlichen Gerichts. Wird der Rechtsverletzer wegen einer Eigentumsstraftat, die zuvor in Unkenntnis bestimmter Tatsachen als Verfehlung gewertet und mittels Strafverfügung geahndet wurde, verurteilt, hat das Gericht im Urteil ausdrücklich die polizeiliche Strafverfügung aufzuheben. Der Staatsanwalt sollte in diesen Fällen in seiner Anklageschrift das Gericht durch einen sachbezogenen Antrag auf die Notwendigkeit der Aufhebung der polizeilichen Strafverfügung aufmerksam machen. Ferner sollte er gleichfalls nach Abschluß der gerichtlichen Beweisaufnahme in seinem Schlußvortrag zur polizeilichen Strafverfügung Stellung nehmen und deren Aufhebung beantragen. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung über diesen Antrag des Staatsanwalts in der gerichtlichen Hauptverhandlung entsprechend § 222 Abs. 1 StPO und Abschn. III Ziff. 1 Buchst a der Beweisrichtlinie des Plenums des Obersten Gerichts vom 16. März 1978 (GBl. I Nr. 14 S. 169) die Unterlagen über den Erlaß der polizeilichen Strafverfügung zum Gegenstand der Beweisaufnahme zu machen, da letztlich nur das Gegenstand der Urteilsfindung sein kann, was im Ergebnis der Hauptverhandlung festgestellt wurde (§ 241 Abs. 2 StPO). Auf der Grundlage des in der gerichtlichen Beweisaufnahme festgestellten Sachverhalts entscheidet das Gericht im Urteil über die Aufhebung der polizeilichen Strafverfügung. Zugleich hat es in Wahrnehmung seiner Verantwortung für die Durchsetzung und Realisierung seines Urteils (§ 340 Abs. 2 Satz 1 StPO) dem Organ, das die Strafverfügung erlassen hat, deren Aufhebung mitzuteilen. Dt. KARL-HEINZ RÖHNER, Staatsanwalt beim Staatsanwalt des Kreises Borna 1 Zu den Kriterien der Eigentumsverfehlung, vgl. BG. Halle, Urten vom 1. November 1968 - Kass. S 6/68 - (NJ 1969, Heft 10, S. 315); Stadtgericht BerUn, Urteil vom 9. Mal 1972 104 BSB 78/72 - (NJ 1973, Heft 8, S. 244); BG HaUe, Urteil vom 17. November 1975 - 2 BSB 174/75 - (NJ 1976, Heft 18, S. 562); Fragen und Antworten, NJ 1977, Heft 5, S. 149. 2 Vgl. J. Troch, „Zum Verbot der doppelten Strafverfolgung und zu den Voraussetzungen der Anklageerhebung nach Entscheidung eines gesellschaftlichen Gerichts“, NJ 1973, Heft 12, S. 355 fl.; R. Herrmann, „Nochmals: Zum Verbot der doppelten Strafverfolgung und zu den Voraussetzungen der Anklageerhebung nach Entscheidung eines gesellschaftlichen Gerichts“, NJ 1973, Heft 13, S. 389 ff.; R. KudernatsCh, „Voraussetzungen der Anklageerhebung nach Entscheidung eines gesellschaftlichen Gerichts“, NJ 1973, Heft 16, S. 477 ff. 3 Vgl. J. Troch, „Voraussetzungen der gerichtlichen Entscheidung (Iber Ordnungsstrafmaß nahmen“, NJ 1981, Heft 1, S. 36 ff.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981. Die Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1981 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1981 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 (NJ DDR 1981, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1981, S. 1-576).

Durch die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linie ist mit dem Leiter der zuständigen Abteilung zu vereinbaren, wann der Besucherverkehr ausschließlich durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen umgesetzt. Die zentrale Erfassung und Registrierung des Strafgefangenenbestandes auf Linie wurde ter-miriund qualitätsgerecht realisiert. Entsprechend den Festlegungen im Befehl des Genossen Minister gebildeten Referate war neben der Vorkommnisuntersuchung die Durchsetzung der vom Leiter der Hauptabteilung auf der ienstkonferenz gestellten Aufgaben zur Vertiefung des Zusammenwirkens mit den Rechtspflegeorganen Entwicklung der Bearbeitung von Unter- suchungsvorgängen Entwicklung der Qualität und Wirksamkeit der Untersuchung straftatverdächtiger Sachverhalte und politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse Entwicklung der Leitungstätigkeit Entwicklung der Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten, mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane sowie des Zusammenwirkens mit den an-deren Sicherheitsorganen. Die Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten hat kameradschaftlich unter Wahrung der Eigenverantwortung aller daran beteiligten Diensteinheiten zu erfolgen. Bevormundung Besserwisserei und Ignorierung anderer Arbeitsergebnisse sind zu unterbinden. Operative Überprüfungsergebnisse, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß die vom Betreffenden im Wiederholungsfall begangene gleiche Handlung in der Regel nicht anders als die vorangegangene bewertet werden kann. Die Realisierung der von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit gestellten Forderungen durch den Betreffenden kann sowohl durch Staatssicherheit als auch im Zusammenwirken mit anderen staatlichen oder gesellschaftlichen Organen erfolgen.

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