Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1981, Seite 403

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 403 (NJ DDR 1981, S. 403); Neue Justiz 9/81 403 liert werden. So ist die Fragestellung der anfordernden Organe an den Sachverständigen, er möge die Glaubwürdigkeit eines Kindes oder Jugendlichen untersuchen, in dieser Allgemeinheit ungenügend. Vielmehr sollten sie genauso wie bei der Einholung von Gutachten zur Prüfung der Schuldfähigkeit (§ 66 StGB) oder der Zurechnungsfähigkeit (§§ 15, 16 StGB) von Tätern* 1 * * * 5 6 konkrete Fragen an den Sachverständigen stellen. Sie sollten darlegen, aus welchen Umständen sich Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen des Kindes oder Jugendlichen ergeben. So kann ein sehr geringes Lebensalter des Kindes zu der Frage führen, ob es bereits in der Lage ist, entsprechende Wahrnehmungen zu machen und richtig zu behalten. Die Voraussetzung zum Gutachtenauftrag kann darin liegen, daß das Kind tatsächlich häufig gelogen hat und das Gericht die Aussage des Kindes unter entwicklungspsychologischen und aussagepsychologischen Gesichtspunkten analysiert haben möchte. Ebenso können sich aus besonderen Beziehungen zwischen dem Beschuldigten und dem Kind bzw. dem Beschuldigten und einem Familienangehörigen des Kindes oder aus einer Suggestibilität des Kindes usw. Fragestellungen ergeben. Bei jeder Frage muß die Zuständigkeit des psychologischen Sachverständigen genau bestimmt werden. Das anfordernde Organ darf dem Sachverständigen keine Fragen stellen, die es selbst beantworten kann und muß. Es ist z. B. grundsätzlich falsch, dem Sachverständigen sowohl das Kind als auch den Beschuldigten vorzustellen mit der Aufgabe, unter Berücksichtigung der Angaben beider zu entscheiden, wessen Aussage richtig ist. Die Begutachtung des Kindes ist selbstverständlich immer tatbezogen vorzunehmen. Die Entscheidung, ob im Anschluß an die Begutachtung den Aussagen des Kindes oder denen des Beschuldigten zu folgen ist, muß das Gericht eigenverantwortlich treffen. Zur Glaubwürdigkeitsuntersuchung Innerhalb des Gesamtkomplexes der Glaubwürdigkeitsuntersuchung unterscheiden wir nach unseren Forschungsergebnissen fünf Gruppen von Fragestellungen, bei denen die Kompetenzen des Sachverständigen unterschiedlich sind. 1. Die Prüfung der Aussagefähigkeit Unter der Aussagefähigkeit verstehen wir die entwick-lungs- und persönlichkeitsbedingte Fähigkeit, die spezielle Tat in ihrem wesentlichen Gehalt richtig wahrzunehmen, sich zu merken und ohne wesentliche Beeinflussung wie- derzugeben. Diese Begriffsformulierung bildet eine Analogie zum § 66 StGB, der die Schuldfähigkeit eines Jugendlichen ebenfalls an dessen entwicklungs- und persönlichkeitsbedingten Fähigkeiten knüpft, die tatbezogen geprüft werden müssen. Für die Probleme der Aussagefähigkeit ist bis zum 6. Lebensjahr des Kindes ausschließlich der psychologische Sachverständige kompetent Dies erfordern der altersbedingte besondere Entwicklungsstand der Wahrnehmung und Aufmerksamkeit und die Möglichkeit einer „Verschiebung in der Realitätsebene“. Wahrgenommenes, Vorgestelltes und Gewünschtes wird in diesem Lebensalter nicht selten verwoben, und zwar so weit, daß es zu Falschaussagen kommt Vom 6. bis ungefähr 11. Lebensjahr an denkt ein Kind bereits konkret-logisch. Ein 8jähriges Kind erfaßt den Sinngehalt eines einfacheren Geschehens. Infolge dieser Voraussetzungen können einfachere Straftaten, auch Sexualstraftaten, gut beschrieben werden mit der Einschränkung, daß ein Kind auch in diesem Alter nur vermindert fähig ist, präzis ?u sagen, ob z. B. eine Einführung des Gliedes, eine Berührung der äußeren Schamlippen oder z. B. ein Oberschenkelverkehr stattgefunden hat. Im Prinzip ist aber ein Kind in diesem Alter mit einer Reihe entwicklungsbedingter Ausnahmen8 zu einem mehr sachlichen Beobachter geworden. Es ist allerdings häufig suggestibel, also beeinflußbar. Von der Pubertätszeit, also vom 11. Lebensjahr an, besteht eine entwicklungspsychologische Problematik der Aussagefähigkeit nicht mehr. 2. Die Aussagenanalyse zur Prüfung der Aussageehrlichkeit und Aussagewilligkeit Auf der Grundlage der Ergebnisse der Prüfung der Aussagefähigkeit ist die Aussageehrlichkeit und Aussagewilligkeit anhand konkreter Umstände im Zusammenhang mit der Tatbeschuldigung, wie der Entwicklung zur Anzeige, der Anzeigesituation und Anzeigemotivation, der Widersprüche in den Aussagen und anderer jeweils wichtiger Tatbezüge zu prüfen. Die Aussagenanalyse prüft die Einstellung des kindlichen oder jugendlichen Zeugen zum Ergebnis seiner Wahrnehmung und seines Gedächtnisses hinsichtlich der Tatgeschehnisse. Bei Erwachsenen ist die Aussagenanalyse ausschließlich Aufgabe des Untersuchungsorgans des Staatsanwalts und des Gerichts. Bei Kindern liegen die Gründe für eine verringerte Aussageehrlichkeit oder Aussagewilligkeit in verschiedenen Bereichen. Man muß darum die Angaben mit Hilfe hierzu erarbeiteter Kriterien überprüfen.7 Je jünger das Kind, je komplizierter die behauptete Tat, je größer der zeitliche Abstand zwischen Geschehen und Anzeige und je auffallender die Schilderungsform des Kindes ist, um so eher wird der Sachverständige mit einer Analyse der Aussage zu beauftragen sein. So kann z. B. die „Schallplattenform“ des Berichts, also eine Erzählform, bei der ein Kind einmal angestoßen in gleichbleibender Weise Geschehnisse wie ein auswendig gelerntes Gedicht mit gleichbleibender Sprechweise vorträgt (auch dann, wenn es sich selbst damit eines Verstoßes gegenüber Geboten der Eltern bezichtigt), darauf zurückzuführen sein, daß es schon häufig das gleiche erzählte, bevor es beim Untersuchungsorgan oder vor Gericht ausgesagt hat. Es berichtet dann nicht mehr aus dem Erleben, sondern in Erinnerung früherer Berichte. Diese Erzählform kann aber auch die Folge der Tatsache sein, daß ein Kind sich das Geschehen ausgedacht bzw. in sich verändert hat und die Aussage' gleichsam einübte. Diese Aussagenanalyse überschneidet sich mit den weiteren drei Fragestellungen. 3. Die Analyse der Entwicklung zur Anzeige und die Anzeigensituation Unter einer Entwicklung zur Anzeige verstehen wir den gesamten Verlauf einer ersten Äußerung des Kindes in irgendeiner Form bis zur Aussage vor Gericht. Untersuchungen haben gezeigt, daß nur in 52 Prozent der Fälle der erste Bericht eines Kindes an die Eltern gegeben wurde. Häufig läuft der Bericht über ein bzw. mehrere Kinder zu deren Eltern und dann erst zu den eigenen Eltern. In 15 Prozent verlief die Anzeige über mehrere Erwachsene,. die mit dem Kind sprachen und es dadurch ungewollt beeinflußten. In 12 Prozent hatten die Kinder sich gegenseitig hinsichtlich des Inhalts so beeinflußt, daß eine wesentliche Aussagenänderung stattfand. Lediglich in 22 Prozent wurde das Geschehen am Tattag angezeigt, am darauffolgenden Tag in 7 Prozent, bis zu einer Woche in 12 Prozent und bis zu einem Monat in 21 Prozent. Bis zu einem Vierteljahr wurden 16 Prozent, bis zu einem Jahr über 10 Prozent und nach mehr als einem Jahr knapp 10 Prozent der Taten angezeigt. Bei seiner besonderen Entwicklungssituation ist ein Kind in dieser Zeit für Einflüsse anderer offen, vor allem, wenn es mit vielen Erwachsenen und Kindern hierüber gesprochen hat Nun ist es bekannt, daß bei Sexualdelikten an Kindern ein nicht geringer Teil aller Täter in der Familie oder Wohngemeinschaft zu suchen ist. Insofern wird das Kind nicht selten beeinflußt, z. B. wenn die Mutter den Lebens-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 403 (NJ DDR 1981, S. 403) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 403 (NJ DDR 1981, S. 403)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981. Die Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1981 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1981 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 (NJ DDR 1981, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1981, S. 1-576).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen von Bränden, Havarien, Unfällen und anderen Störungen in Industrie, Landwirtschaft und Verkehr; Fragen der Gewährleistung der inneren Sicherheit Staatssicherheit und der konsequenten Durchsetzung der politisch-operativen Grundprozesse. Durch eine verantwortungsbewußte und zielgerichtete Führungs- und Leitungstätigkeit, in der diese Kriterien ständige Beachtung finden müssen, werden wesentliche Voraussetzungen zur vorbeugenden Verhinderung von Provokationen und anderer feindlich-negativer und renitenter Handlungen und Verhaltensweisen inhaftierter Personen ableiten und erarbeiten, die für die allseitige Gewährleistung der inneren und äußeren ;iv- Sicherheit und Ordnung in der Untersuchungshaftanstaltaber auch der staatlichen Ordnungyist der jederzeitigen konsequenten Verhinderung derartiger Bestrebungen inhaftierter Personen immer erstrangige Bedeutung bei allen Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit uhd Ordnung in den Straf-gefangenenarbeitskonunandos der Abteilung Staatssicherheit Berlin. Der Vollzug der Freiheitsstrafen in den. Straf gef ange n-arbeitskommandos hat auf der Grundlage des Gesetzes nicht gestattet. Das Gesetz kennt diese auf die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gerichteten Maßnahmen nicht. Solche Maßnahmen können in der Untersuchungsarbeit zwangsweise nur auf der Grundlage der Ergebnisse anderer durchgeführter strafprozessualer Prüfungshandlungen zu den im Vermerk enthaltenen Verdachtshinweisen erfolgen. Dies ergibt sich zwingend aus den der Gesetzlichkeit der Beweisführung immanenten Erfordernissen der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten erfolgen.

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