Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1981, Seite 347

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 347 (NJ DDR 1981, S. 347); Neue Justiz 8/81 347 zum Grundlagenvertrag mit dem Grundgesetz festgestellt was, gestützt auf Art. 25 GG, ohne weiteres möglich gewesen wäre , sondern es hat in seiner Entscheidungsformel ausgesprochen: „Das Gesetz zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1972 ist in der sich aus den Gründen ergebenden Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar.“45 In den Urteilsgründen geht das Gericht jedoch nicht von den allgemeinen Regeln des Völkerrechts aus, die nach Art. 25 GG den Gesetzen Vorgehen, sondern macht den Versuch, selbst zu entscheiden, was in den Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten Völkerrecht ist und welchen Inhalt es hat, z. B. in Fragen der Staatsbürgerschaft. „Die völlig eindeutigen Grenzen der Befugnisse innerstaatlicher Organe, die sich aus der Bindung der Staaten an die für sie geltenden Völkerrechtsnormen ergeben und die ausschließen, daß Staatsorgane eines Staates einseitig mit Wirkung für andere Staaten Völkerrechtssätze gestalten oder auslegen können, hat das Bundesverfassungsgericht in dem hier behandelten Urteil in schwerwiegender Weise überschritten.“4® Völkerrechtliche Verantwortlichkeit der BRD für völkerrechtswidrige Rechtsprechung der BRD-Gerichte Da in den Beziehungen zwischen der DDR und der BRD Völkerrecht gilt, kann das Verhalten der Organe der BRD gegenüber der DDR nur völkerrechtlich bewertet werden. Es kann kein Zweifel bestehen, daß es sich bei der Begründung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetz über den Grundlagenvertrag und bei der Festlegung der Staatsorgane der BRD auf interventionistische Praktiken gegenüber der DDR um eine Völkerrechtsverletzung handelt, für die die BRD nach Völkerrecht verantwortlich ist47 Das ergibt sich eindeutig aus dem Entwurf der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (ILC) über die Verantwortlichkeit der Staaten4® für Völkerrechtsverletzungen, in dem in Übereinstimmung mit dem geltenden Völkergewohnheitsrecht sowohl die Organe bezeichnet werden, für deren Verhalten der zugehörige Staat haftet, als auch der Rechtsbruch definiert wird. Art. 6 des ILC-Entwurfs lautet: „Das Verhalten eines Staatsorgans wird im Völkerrecht als eine Handlung des Staates angesehen, unabhängig davon, ob dieses Organ zur verfassungsgebenden, legislativen, exekutiven, richterlichen oder einer anderen Gewalt gehört, ob seine Funktionen internationalen oder inneren Charakter tragen und ob es eine übergeordnete oder eine untergeordnete Stellung in der Organisation des Staates einnimmt“ Danach ist' das Bundesverfassungsgericht ohne Zweifel ein Organ, für dessen Handeln die BRD völkerrechtlich verantwortlich ist. Der Rechtsbruch wird im ILC-Entwurf wie folgt definiert: „Eine staatliche Handlung stellt eine Verletzung einer völkerrechtlichen Verpflichtung dar, wenn sie nicht mit dem übereinstimmt, was die Verpflichtung erfordert.“ Die Ausrichtung der Staatsorgane der BRD auf die völkerrechtswidrige Interpretation des Grundlagenvertrags durch das Bundesverfassungsgericht ist eine solche Völkerrechtsverletzung. Das gilt auch für jede dem Urteil nachfolgende Handlung von Staats- und Justizorganen der BRD und insoweit auch für das Urteil des 3. Strafsenats des BGH vom 26. November 1980. Diese Erkenntnis hat auch in die strafrechtliche Diskussion zum Geltungsbereich des Strafrechts der BRD Eingang gefunden. So weist beispielsweise P. K1 o s e zu Recht darauf hin, daß damit die BRD ihr Staatsangehörigkeitsrecht entgegen den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts auf Angehörige eines anderen souveränen Staates mit eigener Staatsangehörigkeit erstreckt49 Das Urteil des BGH vom 26. November 1980 stellt also eine völkerrechtswidrige Handlung, eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR dar. „Wenn es dabei bleibt, daß ein Deutscher ist, wer von der BRD-Gesetzgebung dazu bestimmt wird, daß BRD-Gerichte darüber befinden sollen, wer außerhalb der BRD und weshalb bestraft wird, daß man gegenüber Bürgern anderer Staaten eine ,Obhutspflicht' wahrzunehmen hat und daß die einheitliche Staatsbürgerschaft faktisch die der BRD das Band wäre, das alle Deutschen umschließt, dann ist das in der Tat verhängnisvolle Kontinuität imperialistischer Eroberungspolitik, die sich in unrealen Macht- und Gebietsansprüchen äußert und die Souveränitätsrechte anderer Staaten ignoriert.“50 Das BGH-Urteil vom 26. November 1980 bezeichnet es als denkbar, daß die BRD den „Strafschutz für alle Deutschen“ ganz generell hätte in Anspruch nehmen können, und als ein Entgegenkommen des BRD-Gesetzgebers, wenn er den Schutz „aller Deutschen“ auf die „Deutschen in der DDR“ begrenzt. Zudem behauptet der BGH in seinem Urteil, daß die Schutzgewährung für Staatsbürger eines anderen souveränen Staates keine Verletzung der Hoheitsrechte, der Unabhängigkeit und Selbständigkeit dieses Staates darstelle. Eine solche Behauptung weckt schlimme Befürchtungen. Es besteht kein Zweifel an dem völkerrechtswidrigen Charakter eines solchen Anspruchs. Es widerspricht allen völkerrechtlichen Grundsätzen, für Bürger eines anderen Staates den strafrechtlichen „Schutz“ zu übernehmen. Unvergessen bleibt, daß der angeblich notwendig werdende Schutz von „Deutschen im Ausland“ als wesentlicher Anlaß für die Auslösung des zweiten Weltkrieges hatte herhalten müssen. Geltungsbereichsprinzipien als Interventionsinstrument In diesem Zusammenhang bedarf eine von H. Woesner 1976 vertretene Auffassung der zusätzlichen, jedoch nicht weniger prinzipiellen Anmerkung. Woesner schlägt für die Strafrechtsanwendung im Verhältnis zur DDR eine Kombination von Territorialitäts- und Schutzprinzip vor.51 Hier wird eine spezielle Variante der Strafhoheitsanmaßung der BRD gegenüber der DDR, der Einmischung der BRD in die inneren Angelegenheiten der DDR angeboten. Woesner gesteht großzügig zu, die Strafhoheit der DDR, also die Souveränität der DDR, zu respektieren, wenn diese nach seiner Meinung „den Rechtsgüterschutz selbst hinreichend gewährleistet“. In diesem Umfange sei die BRD bereit, sich nicht in die inneren Angelegenheiten der DDR einzumischen. Ein nach seiner Meinung hinreichender Rechtsgüterschutz sei jedoch in der DDR nicht immer gegeben. Woesner plädiert daher dafür, „daß das Territorialitätsprinzip im Verhältnis zur DDR eine ähnliche punktuelle Einschränkung erfahren muß, wie der Gesetzgeber sie in § 6 StGB für erforderlich gehalten hat“, also in Anwendung des sog. Weltrechtsprinzips. In Verbindung mit dem Schutzprinzip des § 7 Abs. 1 StGB der BRD für alle „Deutschen“ meditiert Woesner über die Frage, „ob ein Schutz wenigstens dort gewährt werden muß, wo der Rechtsgüterschutz der DDR aus westlicher Sicht ,versagt'“. Sich selbst beruhigend meint er, daß dagegen nichts einzuwenden sei, „solange ein umfassender Geltungsanspruch des westdeutschen Strafrechts gegenüber dem der DDR vermieden wird“. Hier handele „es sich um einen eigenständigen, vom westdeutschen Strafrecht gewährten Schutz, nicht um eine Stellvertretung für die DDR“, also nicht um eine Form der stellvertretenden Strafrechtspflege. Der Vorschlag Woesners ist nichts anderes als ein auf die BRD und ihre Wertmaßstäbe zugeschnittenes spezielles Interventionsinstrument, das mit dem Universalitätsprinzip des internationalen Strafrechts nichts gemein hat und das weder den allgemeingültigen Regeln des Völkerrechts noch dem internationalen Vertragsrecht entspricht. Soweit der BRD-Gesetzgeber nicht selbst eine räumliche oder personelle Beschränkung vorgenommen hat, soll nach Woesner das Gericht der BRD wegen des angeblich „besonderen Schutzanspruchs“ nach seinem Ermessen entscheiden, ob die DDR den Rechtsgüterschutz für die Staatsbürger der DDR hinreichend gewährleistet hat. Das ist angemaßte „Vormundschaft“ gegenüber der DDR, die in ihrer politischen Stoßrichtung aggressiv ist;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 347 (NJ DDR 1981, S. 347) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 347 (NJ DDR 1981, S. 347)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981. Die Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1981 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1981 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 (NJ DDR 1981, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1981, S. 1-576).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und der sozialistischen Gesellschaft. Die Strategie zur weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft schließt daher strategische Aufgaben für die weitere Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen und zur Erziehung entsprechend handelnder Personen, die Strafgesetze oder andere Rechtsvorschriften verletzt haben. Als ein Kernproblem der weiteren Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit erweist sich in diesem Zusammenhang die Feststellung bedeutsam, daß selbst in solchen Fällen, bei denen Bürger innerhalb kurzer einer Strafverbüßung erneut straffällig wurden, Einflüsse aus Strafvollzug und Wiede reingliederung nur selten bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Erlangung von Beweismitteln und deren Einführung in das Strafverfahren. Da in den Vermerken die den Verdachtshinweisen zugrunde liegenden Quellen aus Gründen der Gewährleistung der Konspiration inoffizieller und anderer operativer Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit in der Beweisführung im verfahren niederschlagen kann. Es ist der Fall denkbar, daß in der Beweisführung in der Untersuchungsarbeitdie absolute Wahr- heit über bestimmte strafrechtlich, relevante Zusammenhänge festgestellt und der Vvahrheitsivcrt Feststellungen mit Gewißheit gesichert werden kann, die Beweis führu im Strafverfahren in bezug auf die Fähigkeit der Schutz- und Sicherheitsorgane; die Sicherheit des Staatesund die Geborgenheit der Bürger zu gewährleisten, führen. Daraus folgt, daß für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen.

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