Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1981, Seite 256

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 256 (NJ DDR 1981, S. 256); 256 Neue Justiz 6/81 Nachträgliche Hauptstrafenbildung gemäß § 64 Abs. 4 StGB RUDI BECKERT und Dr. ROLF SCHRÖDER, Richter am Obersten Gericht Mit seinem Beschluß zur einheitlichen Anwendung des § 64 Abs. 4 StGB vom 7. Januar 1981 (NJ 1981, Heft 2, S. 88) hat das Präsidium des Obersten Gerichts zu einem in der Praxis mehrfach diskutierten Problem Stellung genommen. Dazu gab es, wie aus Veröffentlichungen und Anfragen von Gerichten bekannt ist, teilweise unterschiedliche Auffassungen.1 In Übereinstimmung mit den anderen zentralen Rechtspflegeorganen wurde nunmehr eine verbindliche Orientierung für die Rechtsanwendung gegeben, um jene Sonderfälle einheitlich zu entscheiden, in denen Gegenstand des Strafverfahrens Straftaten sind, die teils vor und teils nach einer früheren Verurteilung begangen worden sind. Mit den verschiedenen Autoren, die sich zu diesem Problem geäußert haben, stimmen wir darin überein, daß die Vorschrift des § 64 Abs. 4 StGB für den speziellen Fall gilt, in dem der Angeklagte verurteilt wurde, jedoch vor dieser Verurteilung begangene strafbare Handlungen nicht mit in das Verfahren einbezogen wurden. Da ohne diesen Sonderfall die Bestimmungen des § 64 Abs. 1 bis 3 StGB anzuwenden gewesen wären, wird mit § 64 Abs. 4 StGB festgelegt, daß sie nachträglich angewandt werden müssen, wenn die vor der früheren Verurteilung begangenen Handlungen später abgeurteilt werden. Dabei ist eine neue Strafe festzusetzen, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind: 1. Die frühere Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe darf noch nicht vollzogen, verjährt oder erlassen sein. 2. Die im nunmehr anhängigen Verfahren zu beurteilende Straftat muß vor der früheren Verurteilung begangen worden sein. 3. Die auszusprechende Verurteilung wegen der im anhängigen Strafverfahren zu beurteilenden Handlung erfordert ebenfalls eine Freiheitsstrafe (nicht also z. B. eine andere Strafe mit Freiheitsentzug). Was die zeitliche Einordnung der früheren Verurteilung i. S. des § 64 Abs. 4 StGB betrifft, wird mit dem hier besprochenen Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts die bisherige Rechtsprechung ausdrücklich aufrechterhalten. Nicht der Zeitpunkt der Rechtskraft, sondern das Datum der Urteilsverkündung ist maßgebend. Werden somit nach der Urteilsverkündung Straftaten begangen, erfüllen sie die zeitlichen Voraussetzungen des § 64 Abs. 4 StGB auch dann nicht, wenn das verkündete Urteil noch nicht rechtskräftig war. Der Auffassung von W. Rößger/J. Troch zu dem weiteren Problem, daß bei einem Widerruf der Verurteilung auf Bewährung (§ 35 Abs. 3 und 4 StGB; § 344 StPO) und einer Umwandlung der Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe (§ 36 Abs. 3 StGB; § 346 StPO) die Bildung einer Hauptstrafe gemäß § 64 Abs. 4 StGB möglich sei, kann nicht uneingeschränkt zugestimmt werden. Das ist auch in der Rechtsprechung durchaus nicht unstrittig. Eine Bedingung für eine neue Hauptstrafe nach § 64 Abs. 4 StGB besteht in einer früheren Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe. Aus dem weiteren Erfordernis, daß diese noch nicht vollzogen, verjährt oder erlassen sein darf, folgt im Umkehrschluß: Es muß sich um eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe handeln. Ist die frühere Verurteilung aber eine Verurteilung auf Bewährung, kann diese folglich nur dann Grundlage der Anwendung des § 64 Abs. 4 StGB sein, wenn sie rechtskräftig den Charakter einer Freiheitsstrafe erlangt hat, d. h wenn der Widerruf wegen Verletzung auferlegter Pflichten (§§ 33 Abs. 4, 35 Abs. 4 Ziff. 2 bis 5 StGB) erfolgt ist. Nur in diesen Fällen wird die widerrufene Bewährungsverurteilung rechtskräftig und damit zu einer Freiheitsstrafe, bevor es zur zweiten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe kommt. Im Unterschied dazu beruht in den Fällen des § 35 Abs. 3 oder Abs. 4 Ziff. 1 StGB der Grund des Widerrufs darauf, daß eine weitere Straftat begangen wurde, die zugleich Gegenstand der erneuten Verurteilung wird. Da in diesen Fällen der Grund des Widerrufs der früheren Verurteilung auf Bewährung und der Grund der erneuten Verurteilung Zusammentreffen, kann der Widerruf der früheren Bewährungsstrafe nicht rechtskräftig werden, bevor die zweite Verurteilung rechtskräftig wird. Die zwingende Bedingung des § 64 Abs. 4 StGB, nämlich das Vorliegen einer früheren, rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, kann demnach nicht gegeben sein. Ein außergewöhnlicher Fall der Anwendung wäre allenfalls gegeben, wenn mit einer Entscheidung auf Freiheitsstrafe erkannt, zugleich eine zuvor ausgesprochene Bewährungsverurteilung widerrufen wurde und nach Rechtskraft dieser Entscheidung erneut Anklage wegen einer Straftat erhoben wird, die vor den früheren Verurteilungen begangen worden ist. Nach rechtskräftiger Umwandlung der Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe (§ 36 Abs. 3 StGB; § 346 StPO) sind die Voraussetzungen für die Bildung einer neuen Hauptstrafe gegeben, wenn der späteren Verurteilung zu Freiheitsstrafe Straftaten zugrunde liegen, die vor der Verurteilung zu der Geldstrafe begangen worden sind. Allerdings gibt es hier die Besonderheit, daß nach § 36 Abs. 3 StGB das Gericht die Möglichkeit hat, vom Vollzug der Freiheitsstrafe abzusehen, wenn der Verurteilte bis zum Strafantritt die Geldstrafe bezahlt. Erst nach diesem Zeitpunkt ist dies nicht mehr zulässig.2 Durch die Festsetzung einer Strafe nach § 64 Abs. 4 StGB kann der Verurteilte faktisch ebenfalls nicht mehr den Vollzug abwenden, weil diese neue Hauptstrafe nicht rückgängig zu machen ist. Das Gericht verneint also im Ergebnis damit, daß die Geldstrafe noch nachträglich gezahlt werden kann. Es ist unter diesen Umständen sehr problematisch, wenn das Gericht deshalb zunächst abwar-ten soll, ob die Geldstrafe gezahlt wird, um dann, wenn dies nicht geschieht, nachträglich eine Hauptstrafe gemäß § 355 StPO zu bilden. Allerdings bedarf diese Frage noch weiterer Erörterungen, die den Rahmen dieses Beitrags überschreiten. Der Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts hebt das rechtspolitische Anliegen des § 64 Abs. 4 StGB hervor und betont die zusammenhängende Bewertung der vor einer früheren Verurteilung begangenen Straftaten entsprechend den Grundsätzen der Strafzumessung. Hier wird vor allem deutlich, daß die in §§ 61 ff. StGB formulierten Grundsätze immer in ihrer Einheit und Zielsetzung zu betrachten sind. Das betrifft u. a. den Grundsatz, bei mehrfacher Gesetzesverletzung alle Strafrechtsnormen anzuwenden, die den Charakter und die Schwere des gesamten strafbaren Handelns kennzeichnen. Diese in § 63 Abs. 1 StGB enthaltene Forderung wird in § 64 StGB unter den dort genannten Voraussetzungen weiter präzisiert. Ihre Prinzipien gelten demnach auch für die Sonderregelung des § 64 Abs. 4 StGB. Hier kommt die verantwortungsvolle Aufgabe des Gerichts noch hinzu, bei der neu festzusetzenden Freiheitsstrafe von einem bereits festgestellten Sachverhalt und von einer rechtskräftigen Maßnahme der;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981. Die Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1981 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1981 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 (NJ DDR 1981, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1981, S. 1-576).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der ökonomischen Störtätigkeit und der schweren Wirtschaftskriminalität über den Rahmen der notwendigen strafrechtlichen Aufklärung und Aufdeckung der Straftaten eines Straftäters und dessen Verurteilung hinaus zur Unterstützung der Politik der Partei zu leisten. Besondere Aufmerksamkeit erfordertendabei !X - die strikte Durchsetzung der uchung rinzip ien und dei Qualität und ekt itä Untersuchungsarbeit unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Im Einsatzplan sind auszuweisen: die Maßnahmen der Alarmierung und Benachrichtigung die Termine und Maßnahmen zur Herstellung der Arbeits- und Einsatzbereitschaft die Maßnahmen zur Sicherung der gerichtlichen Hauptverhandlung sind vor allem folgende Informationen zu analysieren: Charakter desjeweiligen Strafverfahrens, Täter-TatBeziehungen und politisch-operative Informationen über geplante vorbereitete feindlich-negative Aktivitäten, wie geplante oder angedrohte Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der gemeinsamen Festlegungen den Vollzug der Untersuchungshaft so zu organisieren, damit optimale Bedingungen für die Entlarvung des Feindes während des Ermittlungsverfahrens und seine Bestrafung in der gerichtlichen Hauptverhandlung abgespielt. Diese positive Tendenz in der Arbeit mit Schallaufzeichnungen verdeutlicht eine konkrete Methode zur Sicherung elnephohen Qualität der Beweisführung und zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung strikt duroh-gesotzt und im Interesse einer hohen Sicherheit und Ordnung bei Vorführungen weiter vervollkommnet werden. Die Absprachen und Informationsbeziehnngen, insbesondere zur Effektivierung einzuleitender SofortoaSnah-men und des für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit der DDR. Die politisch-operativen, tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft.

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