Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1981, Seite 230

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 230 (NJ DDR 1981, S. 230); 230 Neue Justiz 5/81 Verschuldenspräsumtion Ursache von Mängeln der Rechtsanwendung? fung der Schuld als Voraussetzung der Verantwortlichkeit und vor allem die differenzierte Berücksichtigung des Grades der Schuld ein besserer Ausgangspunkt für die Erziehung des Schädigers, als eine Regelung, die dies in einem weit geringerem Umfang berücksichtigt als etwa die Regelung der arbeitsrechtlichen materiellen Verantwortlichkeit (§§ 260 ff. AGB). Dem muß jedoch entgegengehalten werden: Das sozialistische Zivilrecht hat anderen Leitungserfordernissen Rechnung zu tragen und deshalb andere Aufgaben als das sozialistische Arbeitsrecht oder das sozialistische Strafrecht; die erzieherische Funktion hat neben der Schadensausgleichsfunktion hier einen anderen Platz. Gerade deshalb mißt das ZGB von den wenigen Ausnahmen z. B. bei der Regelung der gegenseitigen Hilfe oder den Beziehungen der Mietergemeinschaft abgesehen, dem Grad der Schuld im Hinblick auf den Umfang des Schadenersatzes keinerlei Bedeutung bei. Es verwirklicht also im Grundsatz seine erzieherischen Funktionen nicht um den Preis der Beschränkung der Interessen des Geschädigten an der Wiedergutmachung der ihm zugefügten Schäden. Zum gerichtlichen Verfahren bei Schadenersatzforderungen Den Ausführungen von Bley/Bogan über die Anstrengungen, die im gerichtlichen Verfahren zu unternehmen sind, um eine umfassende Sachaufklärung zu gewährleisten und den Auftrag des Gerichts mit hoher erzieherischer Wirksamkeit zu erfüllen, stimme ich zu. Nur erscheint mir die daraus gezogene Schlußfolgerung unbegründet: Um diese Ziele zu erreichen, muß man weder das materielle Zivilrecht ändern noch seine Konzeption über die materielle Verantwortlichkeit der Bürger neu interpretieren. Voraussetzung einer wirksamen gerichtlichen Tätigkeit ist vielmehr, daß diese Tätigkeit durch die im materiellen Recht vorgegebene Aufgabenstellung, die Wiedergutmachung des dem Geschädigten zugefügten Schadens, bestimmt wird. Jede verselbständigte Verfolgung von Prozeßprinzipien, die' die Erfüllung dieser Aufgabe gefährden könnte, ist abzulehnen. Wenn aus überwiegend aber nicht nur prozessualen Erwägungen am eindeutigen Gesetzestext gerüttelt wird, wenn Verunsicherung über den Platz des Verschuldens in bezug auf die zivil-rechtliche Verantwortlichkeit entstehen kann, dann wird damit dem richtigen Anliegen, nämlich ihrer Feststellung im gerichtlichen Verfahren, mit Sicherheit nicht gedient. Dt. ACHIM MARKO, wiss. Oberassistent an der Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin 1 2 3 4 5 * * * * * II 1 Vor Inkrafttreten des ZGB wurden z. T. ähnliche Positionen vertreten (vgl. z. B. H. Püschel, „Zur Vorwerfbarkeit schadensstiftenden Handelns bei der materiellen Verantwortlichkeit im Entwurf des ZGB“, Staat und Recht 1975, Heft 2, S. 217 ff.). Diese Positionen setzten sich aber nicht durch. Die Konzeption des ZGB wird richtig von, M. Posch im Grundriß Zivilrecht, Heft 8, Berlin 1977, S. 41 fl. dargestellt. 2 Davon gehen aber G. Bley/Ch. Bogan in ihrem Beitrag aus. 3 Vgl. z. B. Art. 88 Abs. 2 der Grundlagen der Zivilgesetzgebung der UdSSR, § 420 Abs. 2 des ZGB der CSSR, § 339 Abs. 1 des ungarischen Zivilgesetzbuchs. 4 Vgl. zu den prozessualen Aspekten (insbesondere zur Frage des Beweisrisikos) H. Püschel, „Die Beweislast im Zivilrecht“, NJ 1973, Heft 12, S. 344 fl.; L. Schuster, „Sachverhaltsaufklärung im Zivilprozeß“, NJ 1971, Heft 4, S. 106 fl. 5 Der Meinung, daß die individuelle Verantwortlichkeit der Bür- ger auch im Zivilrecht auf dem Verschuldensprinzip beruhe, kann ich mich dagegen nicht anschließen (vgl. G. Bley/D. Seidel, „Probleme der Gestaltung und Feststellung der individuellen Verantwortlichkeit der Bürger unter den Bedingungen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts“, Staat und Recht 1977, Heft 12, S. 1218 fl. [1221]). II G. B 1 e y / Ch. Bogan wenden sich in ihrem Beitrag auf der Grundlage von Analysen zahlreicher Verfahren mit Recht dagegen, daß einzelne Gerichte es allein dem Schädiger überlassen, seine Nichtschuld zu beweisen. Es ist vielmehr Aufgabe der Gerichte, bei der Prüfung der Rechtsverletzungen von Bürgern sowohl aus erzieherischen Gründen gegenüber dem Verantwortlichen als auch wegen der Verantwortung der Gerichte für die Wahrheitsermittlung und für die Richtigkeit und Überzeugungskraft ihrer darauf beruhenden Entscheidung auch die subjektive Seite, nämlich die Vorwerfbarkeit der Pflichtverletzung, zu prüfen. Um derartigen Verletzungen der gerichtlichen Pflicht zur Wahrheitsermittlung zu begegnen, wollen Bley/Bogan das Verschulden als tatbestandsmäßige Voraussetzung zivilrechtlicher Verantwortlichkeit verstanden wissen. Dabei interpretieren sie die Regelung entgegen ihrem Wortlaut so, als ob bereits in § 330 ZGB das Verschulden als tatbestandsmäßige Voraussetzung der Verantwortlichkeit (und nicht erst in § 333 ZGB als Befreiungsgrund) normiert wäre. Die Lösung des Problems ist aber keineswegs in der Alternative zwischen tatbestandsmäßiger Voraussetzung oder widerlegbarer Vermutung, also in der strukturellen Fassung der betreffenden Normen oder ihrer entsprechend unterschiedlichen Interpretation zu suchen. Nähme man das Verschulden als Voraussetzung der Ersatzpflicht so war bekanntlich das Deliktsrecht früher geregelt , dann wäre damit jedoch noch keinerlei Gewähr gegen eine nicht weniger formale Handhabung von Beweislastregeln gegeben; es bestände nur der Unterschied, daß es Sache des Geschädigten wäre, notfalls das Verschulden des Verantwortlichen nachzuweisen. Die sich daraus ergebenden Probleme deuten sich bereits bei der geltenden Fassung in gelegentlichen Tendenzen an, bei Freisprüchen oder Einstellungen in Strafverfahren geltend gemachte Schadenersatzansprüche ohne weitere Prüfung wegen nicht erwiesenen Verschuldens einfach abzuweisen. Die Lösung liegt also nicht in der Alternative zwischen Voraussetzung oder Vermutung, und das Problem tritt auch keineswegs nur bei Schadenersatzansprüchen auf. Es geht vielmehr generell um die Aufgaben der Gerichte bei der wahrheitsgemäßen Feststellung der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen und im besonderen um die generelle Unzulässigkeit, sich unter Verletzung dieses Prinzips auf Regeln der Beweislast zu berufen. Wann die Regelung der Beweislast zum Tragen kommt und das nicht nur in Fällen des Schadensrechts und der Verantwortlichkeit haben Bley/Bogan durchaus zutreffend dargestellt (NJ 1980, Heft 12, S. 557). Mit einer Verschiebung der Beweislast wäre hinsichtlich der kritisierten Erscheinungen noch nichts gewonnen. Verschuldenspräsumtion Konzession an die Gesetzgebungstechnik? Bley/Bogan gehen davon aus, daß das Verschulden „vor allem“ aus „gesetzgebungstechnischen Gründen“ nicht als Voraussetzung der Verantwortlichkeit in § 330 ZGB aufgenommen worden sei. A. Marko weist im vorstehenden Beitrag zutreffend darauf hin, daß das nicht der Fall ist, Es wäre gesetzgebungstechnisch und logisch eine andere Normierung, nämlich die Aufnahme des Verschuldens als tatbestandsmäßige Voraussetzung der Schadenersatzpflicht ohne weiteres möglich gewesen, sie ist während der Erarbeitung des ZGB gelegentlich auch erwogen worden. Die Annahme von Bley/Bogan, daß gesetzgebungstechnische Gründe für die Normierung der Verschuldensvermutung ausschlaggebend waren, trifft nicht zu. Entscheidend waren vielmehr inhaltliche Überlegungen, die bereits 1956 bei der Kritik des § 823 BGB angestellt wurden.1 Die Tatsache, daß dort im Gegensatz zur Verantwortlichkeit für Forderungsverletzungen das Verschulden nicht vermutet wird, der Geschädigte vielmehr das Verschulden des Schadensverursachers naehweisen muß, wurde bereits damals als charakteristisch für das kapitalistische Recht zum Zeitpunkt des Erlasses des BGB bezeichnet. Dementsprechend waren die gesetzgeberischen Überlegungen seit dieser Zeit weitgehend von der sowjetischen Regelung beeinflußt, die in Art. 403 des früheren ZGB der RSFSR enthalten war. Danach wurde der Schadensverursacher von seiner Verpflichtung frei, wenn er beweisen konnte, daß er den Schaden nicht abwenden konnte.2 Dieses Regelungsprinzip wurde bekanntlich beibehal-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981. Die Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1981 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1981 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 (NJ DDR 1981, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1981, S. 1-576).

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