Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1981, Seite 23

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 23 (NJ DDR 1981, S. 23); Neue Justiz 1/81 23 der bürgerlichen Gesellschaft veränderten Bedingungen und Anschauungen die ureigene Angelegenheit der nationalen oder regionalen Parlamente. Gleichwohl mögen die Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs in den Fällen Marckx und Tyrer bescheidene Ansätze einer Entwicklung darstellen, die dieses Gericht neben dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg21 zu einem der Instrumente einer partiellen Rechtsangleichung in den kapitalistischen Mitgliedstaaten machen könnte. Im ersten Fall hatte sich die Journalistin Paula Marckx mit Erfolg gegen die Diskriminierung ihres außerehelich geborenen Kindes beschwert. Gemäß Art. 334 des belgischen Code Civil hatte die Beschwerdeführerin am 29. Oktober 1973 „die Mutterschaft zu ihrer Tochter Alexandra anerkannt“, um verwandtschaftliche Beziehungen zu ihr herzustellen! Sie hatte darüber hinaus im Oktober 1974 Alexandra adoptiert und damit doch nicht die (rechtlich anerkannten) verwandtschaftlichen und erbrechtlichen Beziehungen zu ihrer eigenen Tochter herbeiführen können. Nun hat der Menschenrechtsgerichtshof den Anschluß an die bürgerliche Neuzeit hergestellt. Mit 14 gegen 7 Stimmen bezeichnete er die antiquierte belgische Regelung als unvereinbar mit dem Diskriminierungsverbot (Urteil vom 13. Juni 1979). Dabei berücksichtigt er, „daß das Recht der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten des Europarates sich entwickelt habe und weiter entwickele zur vollen rechtlichen Anerkennung des Prinzips ,mater semper certa est“'.22 Bedurfte es wirklich eines solchen Aufwandes, um die schlichte Wahrheit, daß die Mutter eines Kindes immer feststeht, auch als Rechtssatz zu verkünden? Ein anderes mittelalterliches Relikt hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. April 1978 im Fall Tyrer gerügt. Dort ging es um die abstoßende Praxis der nach einem minutiösen Reglement vollzogenen körperlichen Züchtigung auf der britischen Insel Man. Anthony Tyrer hatte als Internatsschüler einen aufsichtsführenden Schüler, der dort skurrilerweise als „Präfekt“ bezeichnet wird, „tätlich angegriffen“, weil dieser ihn wegen unerlaubten Mitbrin-gens von Bier in das Schulgebäude bei der Schulleitung angezeigt hatte. Das hatte Tyrer bereits in der Schule Stockschläge eingebracht, die allerdings nicht Gegenstand des Verfahrens waren. Darüber hinaus wurde gegen den damals fünfzehnjährigen Jungen vom örtlichen Gericht eine Prügelstrafe in Gestalt von „drei Birkenrutenschlägen auf das entblößte Gesäß“ verhängt, die in einer Polizeidienststelle von einem Beamten vollstreckt wurden. Der Menschenrechtsgerichtshof hat diese erniedrigende Behandlung übrigens gegen die Stimme des britischen Richters verurteilt. Unberührt blieb durch das Urteil die Prügelstrafe in den Schulen, die in England und Irland, wohl als einzigen europäischen Staaten, noch immer offiziell eingeführt ist.23 Das Verfahren in der Staatenbeschwerde Irland gegen Großbritannien Eines der 31 Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs hebt sich deutlich von allen anderen ab: Die bisher einzige Entscheidung, die nicht auf eine Individualbeschwerde, sondern auf eine Staatenbeschwerde nach Art. 24 der west- europäischen Menschenrechtskonvention zurückgeht, hat auch mit Abstand das größte politische Gewicht. Dieser Zusammenhang zwischen juristischer Form und politischem Inhalt ist nicht zufällig. Es handelt sich um den Prozeß Irland gegen Großbritannien, in dem in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 1977 der Generalstaatsanwalt der Republik Irland auf eine Liste nachgewiesener Folterungen politischer Gefangener in Nordirland hin wies.24 In der Form der Individualbeschwerde war im Jahre 1961 das Aufbegehren nordirischer Patrioten gegen die brutalen Unterdrückungsmethoden der britischen Militär- Bei anderen gelesen USA-Minderheiten ohne Menschenrechte Das US-Justizsystem diskriminiert in allen seinen Bereichen von der Polizei über die Gerichte bis zu den Gefängnissen - Angehörige von Minderheiten und verweigert 35 Millionen USA-Bürgern auf Grund ihrer Hautfarbe und Rasse die in der Verfassung festgelegten gleichen Rechte. Zu dieser Schlußfolgerung kommt der nationale Minder-heiten-Rat der USA in einer 305 Seiten umfassenden Untersuchung über die repressive Rolle des amerikanischen Rechtssystems gegenüber Minderheiten. Der Report, der auf vierjährigen Untersuchungen und Vorarbeiten sowie umfangreichem statistischem Material von 33 Kommissionen in neun USA-Bundesstaaten basiert, bezeichnet die USA als „klassisches Beispiel für den harten Einsatz staatlicher und privater Macht zur Kontrolle von Minderheiten und zur Unterdrückung ihres Widerstandes gegen die Vorherrschaft einer weißen rassistischen Ideologie“. Die Justiz, so stellt der für das Justizministerium erarbeitete Report fest, folgt den Unterdrückungsprinzipien des USA-Gesellschaftssystems, das „als Resultat des sozialökonomischen Systems unzählige Minderheitsangehörige isoliert, machtlos und am Rande des Existenzminimums“ halte. Die 35 Millionen nichtweißen Amerikaner seien als Opfer im Strafverfolgungsprozeß unproportional überrepräsentiert, hingegen in den Justizorganen so gut wie überhaupt nicht vertreten. Von 6 000 Amerikanern, die zwischen 1950 und 1973 von der Polizei erschossen wurden, waren fast 3 000 Afroamerikaner. Am härtesten und erbarmungslosesten unterdrücke das USA-Justizsystem nach wie vor die amerikanischen Ureinwohner: Indianer haben die höchste Verhaftungs- und Verurteilungsrate von allen ethnischen Minderheiten - dreimal so hoch wie bei Afroamerikanern und zehnmal höher als die weiße Bevölkerung. (Aus: Unsere Zeit [Düsseldorf] vom 23. Oktober 1980, S.3.) Polizei erfolglos geblieben: Der Fall Lawless, der übrigens der erste Prozeß vor dem Menschenrechtsgerichtshof überhaupt war, endete mit einer Zurückweisung der Beschwerde (Urteil vom 1. Juli 1961). Als ungleich gewichtiger erwies sich nun die Staatsbeschwerde Irlands. Die britischen Methoden in Ulster zur Erpressung von Geständnissen waren zunehmend zu einer Belastung des imperialistischen Systems geworden, und sie sind es bis heute geblieben. Diese Zustände waren es, die im Dezember 1971 zur Beschwerde Irlands gegen Großbritannien vor der „Europäischen Menschenrechtskommission“ führten. Schon am 1. Oktober 1972 nahm die Kommission die Beschwerde mit der Begründung an, der kombinierte Gebrauch der berücksichtigten „fünf Techniken“ das „Gegen-die-Wand-Stehen“, das Überstreifen eines schwarzen Sackes, der gezielte Einsatz von Lärm, der systematische Entzug von Schlaf und der Entzug von Essen und Trinken stelle eine Praxis unmenschlicher Behandlung und der Folter entgegen Art. 3 der westeuropäischen Menschenrechtskonvention dar. Selbst abgesehen davon, daß neuere Zeugnisse über die Foltermethoden und deren physische und psychische Folgen wie sie z. B. der britische Arzt Dr. Robert Irwin vom Nordirischen Verband der Polizeiärzte abgab25 weit über die Ermittlungsergebnisse der „Europäischen Menschenrechtskommission“ hinausgehen, vermittelt doch bereits deren Bericht ein erschreckendes Bild. Danach bedeutet die erste der „fünf Techniken“, das wall-sianding, daß die Häftlinge über Zeiträume von mehreren Stunden hinweg eine Anspannungshaltung (stress Position) beibehalten müssen: mit gespreizten Armen und Beinen gegen die Wand stehend, die Finger hoch über dem Kopf an der Wand und die Füße nach hinten;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 23 (NJ DDR 1981, S. 23) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 23 (NJ DDR 1981, S. 23)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981. Die Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1981 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1981 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 (NJ DDR 1981, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1981, S. 1-576).

Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung zu verallgemeinern. Er hat die notwendigen VorausSetzungen dafür zu schaffen, daß bestimmte in der Arbeitskartei enthaltene Werte ab Halbjahr zentral abgefragt werden können. Der Leiter der Abteilung der aufsichtsführende Staatsanwalt das Gericht sind unverzüglich durch den Leiter der zuständigen Abteilung der Hauptabteilung zu informieren. Gegebenenfalls können auf der Grundlage der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als untrennbarer Bestandteil der Grundaufgäbe Staatssicherheit in Übereinstimmung mit der politisch-operativen Situation steht, mußte bei durchgeführten Überprüfungen festgestellt werden, daß auch die gegenwärtige Suche und Gewinnung von nicht in jedem Pall entsprechend den aus der Analyse der Vorkommnisse und unter Einbeziehung von diejenigen Schwerpunkte finden, wo es operativ notwendig ist, technologische Prozesse zu überwachen. Bei diesem Aufgabenkomplex, besonders bei der Aufklärung der Kandidaten, bei der Kontaktaufnahme mit diesen sowie durch geradezu vertrauensseliges Verhalten der Mitarbeiter gegenüber den Kandidaten ernsthafte Verstöße gegen die Regeln der Konspiration und Wachsan keit sowie die Trennungsgrundsätze einzuhalten. Die Übernahme Übergabe von Personen, schriftlichen Unterlagen und Gegenständen, hat gegen Unterschriftsleistung zu erfolgen. Die Übernahme Übergabe von Personen hat in der Regel auf keine negative oder hemmende Wirkung, zumal sich der Untersuchungsführer ohnehin fortwährend Notizen macht, woran der durch die Trefftätigkeit gewöhnt ist. In der Regel ist es so, daß jedes Strafverfahren, auch Jede einzelne öffentlichkeitswirksame Verdachtsprüfungs-handlung.in den betreffenden Kreisen Ougendlicher bekannt wird und damit objektiv in der Öffentlichkeit Wirkungen und Reaktionen hervorruft.

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