Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1981, Seite 152

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 152 (NJ DDR 1981, S. 152); 152 Neue Justiz 4/81 Wie wenig die so oft beschworene Gemeinschaft der Nationen, gegen deren erklärten Willen auch kein Völkergewohnheitsrecht entstehen kann, im Jahre 1948 und danach reif war für einen Menschenrechtskonsensus, wird übrigens schlagend durch die Kompliziertheit des Ausarbeitungsprozesses der UN-Konventionen über den Doppelkatalog von Menschenrechten bewiesen, der nach 20jähriger (!) Vorarbeit endlich 1966 zu einem Abschluß mit der einstimmigen Annahme beider Konventionen durch die UN-Vollversammlung kam, wobei „Abschluß“ geprahlt ist, denn erst zehn Jahre später hatten sich die für ihre Rechtsgültigkeit erforderlichen 35 Beitrittserklärungen zu dem multilateralen Menschenrechtsvertrag eingefunden und dazu die offizielle Mitteilung des damaligen USA-Präsidenten Eisenhower an die Vereinten Nationen, die USA würden diesem Pakt nicht beitreten23, was sie bis heute auch nicht getan haben! Es ist übrigens zutreffend bemerkt worden24, daß heutzutage die beiden Internationalen Konventionen über ökonomische, soziale und kulturelle Rechte sowie über politische und Bürgerrechte von 1966 die Ansichten der in den Vereinten Nationen kooperierenden Staaten über das, was gegenwärtig Menschenrechte darstellen, genauer zum Ausdruck bringen als die Allgemeine Erklärung von 1948, und daß es diese beiden Konventionen sind, die nun die Grundlage für ein eventuell sich entwickelndes Gewohnheitsrecht bilden. Selbstbestimmungsrecht des Volkes erstes aller Menschenrechte Wenn auch die Charta der Vereinten Nationen keine Rechtsquelle für Menschenrechte darstellt25, wenn es auch keinen allgemeinverbindlichen Völkerrechtskatalog von Menschenrechten gibt (seine Ausarbeitung und Ratifizierung also Sache der kooperativen Tätigkeit der UN-Mitgliedstaaten ist), so gehört das grundlegende aller Menschenrechte, das Selbstbestimmungsrecht des Volkes, allerdings zum zwingenden Völkerrecht (ius cogens). Indem die beiden erwähnten Konventionen von 1966 jeweils in ihrem Art. 1 das Selbstbestimmungsrecht des Volkes an die Spitze der in ihnen formulierten und zur Ratifikation vorgeschlagenen Rechte und Pflichten des Menschen stellen (übrigens auf Antrag der Sowjetunion) und dieses Selbstbestimmungsrecht definieren als das Recht aller Völker, frei über ihren politischen Status sowie über ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu entscheiden, haben sie in der Tat dem demokratischen Mindestkodex dem grundlegenden Recht jedes Menschen, als Glied seines Volkes an der Gestaltung der inneren und äußeren Beziehungen der Gesellschaft mitzuwirken Völkerrechtsgeltung bestätigt. Noch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 erwähnte das Selbstbestimmungsrecht des Volkes nicht einmal. Sie hat damit der (verkehrten) Interpretation Vorschub geleistet, die Menschenrechtskonzeption der Vereinten Nationen folge dem individualistischen Strukturmodell der bürgerlichen Verfassungen, nach dem die Menschenrechte als Schranken der Volkssouveränität, als negiertes Selbstbestimmungsrecht des Volkes erscheinen. So wird von bürgerlicher Seite u. a. behauptet, das Selbstbestimmungsrecht des Volkes könne kein Menschenrecht sein, sondern nur die Voraussetzung der Menschenrechte.26 Wie soll aber diese Voraussetzung zustande kommen ohne die Existenz von Menschenrechten? Daß dieses Dilemma innerhalb einer individualistischen, Menschenrechte nicht als Prozeß und nicht als Rechte innerhalb einer Gesellschaft, sondern gegen sie interpretierenden Konzeption unlösbar ist, spricht freilich nicht gegen das Selbstbestimmungsrecht des Volkes als Menschenrecht, sondern gegen das undialektische Konzept bürgerlicher Ideologen. Indem das Selbstbestimmungsrecht des Volkes von den Vereinten Nationen als erstes aller Menschenrechte konzi- piert ist, ist auch die Verbindung zwischen den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts und den zwischen den Staaten vereinbarten Menschgnrechtskatalogen hergestellt: das Selbstbestimmungsrecht des Volkes gehört nämlich (Art. 1 und 103 der UN-Charta) zu den allgemeinverbindlichen Grundprinzipien des Völkerrechts der Gegenwart! Die damit festgestellte Überlappung der universal anerkannten und der multilateral vereinbarten Normen des Völkerrechts in bezug auf die Menschenrechte ist nicht nur von struktureller, sie ist vor allem von inhaltlicher Bedeutung: Das Selbstbestimmungsrecht des Volkes, d. h. sein durch keine Tradition oder Konvention aufhebbares Recht, ohne Einmischung von außen über seine politische, ökonomische und kulturelle Entwicklung (auch über sein Rechtsund Menschenrechtssystem!) zu entscheiden, gibt der Menschenrechtskonzeption der Vereinten Nationen eine demokratische, antjkolonialistische, antirassistische und friedensfördernde Richtung. Dieses Völkerrechtsprinzip wird freilich total deformiert, statt angemessen interpretiert, wenn man das Selbstbestimmungsrecht in einen inneren und einen äußeren Bestandteil auseinanderreißt und entgegen dem eindeutigen Wortlaut des Art. 1 der beiden Konventionen von 1966, der von dem Recht aller Völker spricht, „ihren politischen Status zu bestimmen und ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu verfolgen“, das Recht auf „äußere Bestimmung“ darauf beschränkt, „frei die Unabhängigkeit oder die Vereinigung mit anderen Staaten zu wählen“, und das Recht auf „innere Bestimmung“ sich darin erschöpfen läßt, eine nichtautoritäre Regierung zu wählen.27 Das Selbstbestimmungsrecht des Volkes erlischt aber nicht in der staatlichen Souveränität und den Aktionen einer frei gewählten Parlamentsregierung es ist die potentiell allseitige Demokratie in Permanenz! Wenn also die Regierung der BRD und dies ausgerechnet in ihrem Menschenrechtsbericht an die Vereinten Nationen28 die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts des Volkes der DDR nicht zu akzeptieren bereit ist, verstößt sie damit gegen diejenige Bestimmung der Internationalen Konvention über politische und Bürgerrechte von 1966 (Art. 1), die Bestandteil der allgemeinen Regeln des Völkerrechts ist, die man im Sinne der Wiener Konvention über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (Art. 53) für unabdingbar betrachten darf und nach Art. 25 des Grundgesetzes der BRD, der vom Bundesverfassungsgericht insoweit schon richtig interpretiert wird29, vorrangiger Bestandteil der bundesrepublikanischen Rechtsordnung ist. Wenn der Außenminister der BRD sogar in seiner Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen mit dem Selbstbestimmungsrecht des Volkes, einem ius cogens des Völkerrechts, die interventionistische „Wiedervereini-gungs“- alias Einverleibungspolitik zu legitimieren trachtet30, dann musiziert er insoweit nach jener CDU/CSU-Melodie, wie sie im BRD-Bundestag schon mehrfach zu hören war.31 Wenn aber die Regierung eines Staates gegen den erklärten verfassungskonstituierenden Willen der Bevölkerung eines anderen Staates dessen Staatsvolk als ihrem eigenen zugehörig reklamiert, dann in der Tat handelt es sich um eine das Selbstbestimmungsrecht dieses Volkes und die zwischenstaatliche Friedensordnung negierende diplomatische Intervention. Diese steht zusätzlich im Widerspruch zu Art. 3 und 6 des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland vom 21. März 1972, wonach die Vertragsstaaten „sich der Drohung mit Gewalt oder der Anwendung von Gewalt enthalten“ sowie „die Unabhängigkeit und Selbständigkeit' jedes der beiden' Staaten in seinen inneren und äußeren Angelegenheiten“ respektieren. Man kann natürlich auch die Augen völlig schließen, um einer angemessenen Betrachtung der Wirklichkeit zu entgehen. Das ist in diesem Zusammenhang in der BRD;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 152 (NJ DDR 1981, S. 152) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Seite 152 (NJ DDR 1981, S. 152)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 35. Jahrgang 1981, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981. Die Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1981 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1981 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 35. Jahrgang 1981 (NJ DDR 1981, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1981, S. 1-576).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie zu lösenden Aufgabenstellungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen, verlangen folgerichtig ein Schwerpunktorientiertes Herangehen, Ein gewichtigen Anteil an der schwerpunkt-mäßigen Um- und Durchsetzung der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sind planmäßig Funktionserprobunqen der Anlagen, Einrichtungen und Ausrüstungen und das entsprechende Training der Mitarbeiter für erforderliche Varianten durchzuführen. Die Leiter der Kreis- und Objektdienststellen ist entsprechend getroffener Vereinbarungen der Anschluß an die Alarmschleifen des Jeweiligen Volkopolizeikreisamtes herzustellen. Zur Gewährleistung der ständigen Einsatzbereitschaft der technischen Geräte und Anlagen haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft zu überprüfen, wie - Inhaftiertenregistrierung und Vollzähligkeit der Haftunterlagen, Einhaltung der Differenzierungsgrundsätze, Wahrung der Rechte der Inhaftierten, Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte bei ständiger Berücksichtigung der politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich, Koordinierung aller erforderlichen Maßnahmen zur Durchsetzung des politisch-operativen Untersuchungshaftvollzuges, die Absicherung von Schwerpunktinhaftierten, Besonderheiten, die sich aus der Aufgabenstellung des Untersuchth ges im Staatssicherheit ergeben gS- grijjt !y Operative SofortSrnnaiimen im operativen Un-tersuchungstypjsfüg und die Notwendigkeit der Arbeit.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X