Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1979, Seite 98

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 98 (NJ DDR 1979, S. 98); 98 Neue Justiz 2/79 hat, unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 StGB vorzunehmen ist. Leichtfertig gab sich der Angeklagte einem übertriebenen, den Vollrausch bewirkenden Alkoholgenuß hin, versetzte sich damit schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand und überquerte ohne jegliche Vorsicht als Fußgänger die Fahrbahn einer Hauptstraße. Er verletzte damit die ihm obliegenden Pflichten gemäß § 35 Abs. 2 StVO. Diese Pflichtwidrigkeit war ursächlich für den Sturz und die dabei entstandene erhebliche Schädigung der Gesundheit des Fahrers des Kleinkraftrades. Andere Bedingungen als die Volltrunkenheit hinderten den Angeklagten in keiner Weise, die notwendige Vorsicht beim Überqueren der Fahrbahn zu üben. Der Angeklagte hat insoweit objektiv den Tatbestand des § 196 Abs. 1 und 2 StGB erfüllt und ist nach diesem Gesetz zu bestrafen. Soweit das Kreisgericht über diese Beurteilung hinausgehend die Auffassung vertritt, daß der Angeklagte die ihm als Verkehrsteilnehmer nach der StVO obliegende Rechtspflicht fahrlässig i. S. des § 8 Abs. 1 StGB verletzt habe, irrt es sich. Die Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten schließt Schuldfeststellungen in bezug auf die objektiv verletzte strafrechtliche Bestimmung aus. Das Kreisgericht hatte im Urteil lediglich festzustellen, ob sich der Angeklagte schuldhaft, d. h. vorsätzlich oder fahrlässig, in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzte. Das Kreisgericht hat weiterhin einen fehlerhaften Standpunkt zum Vorliegen des § 196 Abs. 3 Ziff. 2 StGB (erste Alternative) vertreten, selbst wenn es zugetroffen hätte, daß der Angeklagte mit dem Fahrrad gefahren ist. Die Erfüllung dieses Tatbestands begründete es allein mit der Tatsache, daß der Angeklagte unter erheblicher Alkoholeinwirkung gefahren sei. Diese absolute Begründung berücksichtigt nicht, daß die Grundsätze für die Anwendung des schweren Falls eine differenzierte Prüfung und Wertung im Einzelfall erfordern. Wird von einem Fahrzeugführer, dessen Fahrtüchtigkeit durch Alkoholgenuß erheblich beeinträchtigt ist, ein schwerer Verkehrsunfall herbeigeführt, liegt zwar grundsätzlich Rücksichtslosigkeit vor. Das schließt jedoch Ausnahmen nicht aus. Sie sind jeweils anhand der Gesamtumstände, insbesondere der Art und Weise der Tatbegehung, der Motivation und der Ursachen der Tat zu prüfen. Auch können besondere Persönlichkeitsumstände, soweit sie Einfluß auf den Grad der Schuld haben, Bedeutung für die Charakterisierung des Verhaltens als rücksichtslos erlangen. Bei der Beurteilung, ob ein Fußgänger rücksichtslos einen schweren Verkehrsunfall verursachte, ist von folgenden Gesichtspunkten auszugehen: Unter einer rücksichtslosen Verletzung von Bestimmungen zum Schutze von Leben und Gesundheit oder Eigentum anderer i. S. des § 196 Abs. 3 Ziff. 2 StGB ist für die rechtliche Beurteilung eine den Grad der Schuld erhöhende gesellschaftswidrige Einstellung zu verstehen, die sich bei dem betreffenden Verkehrsteilnehmer in einer die Sicherheit anderer außerordentlich gefährdenden Verhaltensweise offenbart. Soweit eine solche Einstellung bei Personen, die als Fahrzeugführer (vor allem als Führer von Kraftfahrzeugen) trotz erheblicher Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit infolge Alkoholeinwirkung am Straßenverkehr teilnehmen, besonders ausgeprägt in Erscheinung tritt, ist das auf die Eigenart ihrer spezifischen Teilnahme am Straßenverkehr zurückzuführen. Sie stellt im Hinblick auf die Art des Fahrzeugs (vor allem seine Motorkraft, Masse und Geschwindigkeit) nicht nur hohe Anforderungen an die Fähigkeit des Fahrzeugführers, in komplizierten Situationen richtig zu reagieren und das Fahrzeug technisch zu beherrschen. Sie verlangt von ihm gleichermaßen ein besonders hohes Maß an Aufmerksamkeit, Vorsicht und Rücksichtnahme gegenüber anderen. Diesen höheren Anforderungen kann er, wenn er unter Alkoholeinwirkung steht, nur ungenügend oder überhaupt nicht nachkommen. Aus diesem Grunde ist ihm die Teilnahme am Straßenverkehr uneingeschränkt untersagt (§ 7 Abs. 2 StVO). Ist seine Fahrtüchtigkeit erheblich beeinträchtigt, kann er unter bestimmten Umständen auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden (§ 200 StGB). Daraus resultiert auch der Rechtsstandpunkt zum Vorliegen der Rücksichtslosigkeit gemäß § 196 Abs. 3 Ziff. 2 StGB in Abschn. I Ziff. 3 des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 15. März 1978 (NJ 1978, Heft 5, S. 230). Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung beschränkt sich damit nicht auf die in ihrer Fahrtüchtigkeit erheblich beeinträchtigten Kraftfahrer, sondern er erstreckt sich unter Beachtung der in einer konkreten Verkehrssdtuation begangenen Rechtspflichtverletzung auf alle Verkehrsteilnehmer, also auch auf Fußgänger (OG, Urteil vom 28. August 1973 - 3 Zst 20/73 - NJ 1973, Heft 20, S. 614). Es ist nicht auszuschließen, daß auch diese sich besonders riskant und die Sicherheit anderer außerordentlich gefährdend im Straßenverkehr verhalten. Anders als der Fahrzeugführer ist der Fußgänger gesetzlich jedoch nicht gehindert, unter Einwirkung von Alkohol am Straßenverkehr teilzunehmen. Zwar kann ein solches Verhalten im Einzelfall auch moralisch zu mißbilligen sein, eine Rechtspflicht verletzt er damit selbst dann nicht, wenn seine Fähigkeit, sich der Verkehrssituation anzupassen, erheblich beeinträchtigt ist. Deshalb kann aus diesem Grund der vorgenannte Rechtsstandpunkt nicht grundsätzlich gegenüber Fußgängern gelten. Maßgeblich für die Beurteilung, ob sich in dem Verhalten des Fußgängers eine besonders riskante und die Sicherheit im Straßenverkehr außerordentlich gefährdende Seite offenbart, ist vielmehr die Art und Weise, wie andere Verkehrsteilnehmer gefährdet wurden und wie der schwere Verkehrsunfall herbeigeführt wurde, sowie der Grad der Schuld. Der Verstoß des Angeklagten gegen die sich aus § 35 Abs. 1 StVO für ihn ergebende Rechtspflicht, als Fußgänger die Fahrbahn mit der gebotenen Vorsicht zu überqueren, hat sich durchaus als gefahrenträchtig erwiesen. Er ist jedoch noch nicht Ausdruck eines besonders riskanten, die Sicherheit im Straßenverkehr erheblich gefährdenden, vor allem das Leben und die Gesundheit anderer Menschen kraß mißachtenden Verhaltensweise, auch unter Beachtung dessen, daß der Angeklagte eine Straße überquerte, auf der zeitlich bedingt kein dichter Verkehr herrschte. Nach alledem verletzt das Urteil des Kreisgerichts das Gesetz durch fehlerhafte Anwendung des schweren Falles des § 196 StGB. Es ist auch im Strafausspruch gröblich unrichtig. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Vertreters des Generalstaatsanwalts der DDR war es im Schuld-und Strafausspruch aufzuheben. Unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Tatumstände, der eingetretenen Folgen sowie des Persönlichkeitsbildes des Angeklagten bedarf es keiner Freiheitsstrafe, um ihn zu einem künftig verantwortungsbewußten Verhalten zu erziehen. Insoweit findet auch Beachtung, daß der Angeklagte vor seinem Arbeitskollektiv Verpflichtungen abgegeben hat, die erkennen lassen, daß er grundlegende Schlußfolgerungen gezogen hat. Die entsprechend der Tatschwere auszusprechende Verurteilung auf Bewährung bedarf zur Verstärkung ihrer erzieherischen Wirkung allerdings einer Ergänzung durch eine Zusatzgeldstrafe und eine Verpflichtung des Angeklagten zur Wiedergutmachung des Schadens sowie Berichterstattung gegenüber dem Arbeitskollektiv gemäß § 33 Abs. 3 und 4 StGB. Die vom Arbeitskollektiv angebotene Bürgschaft war gemäß § 31 StGB zu bestätigen. Berichtigung Wir bitten unsere Leser, In dem In NJ 1978, Heft 12, veröffentlichten Urteil des Obersten Gerichts vom 6. Juni 1978 3 OFK 20/78 auf Seite 551 in der linken Spalte die 17. Zeile der Begründung dahin zu berichtigen, daß statt Vermögenszuwachses Vermögens zu lesen ist. D. Red.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 98 (NJ DDR 1979, S. 98) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 98 (NJ DDR 1979, S. 98)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979. Die Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1979 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1979 auf Seite 568. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 (NJ DDR 1979, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1979, S. 1-568).

Die Leiter der Abteilungen in den selbst. Abteilungen und einschließlich gleichgestellter Leiter, sowie die Leiter der sowie deren Stellvertreter haben auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen nicht konsequent genug erfolgte. Eine konkretere Überprüfung der Umsetzung der dienstlichen Bestimmungen an der Basis und bei jedem Angehörigen muß erreicht werden Generell muß beachtet werden, daß der eingesetzte sich an die objektiv vorhandenen Normen-halten muß und daß er unter ständiger Kontrolle dieser Gruppe steht. Dieser Aspekt muß bei der Durchsetzung operativer Zersetzungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung bei Eintritt von besonderen Situationen, wie Lageeinschätzung, Sofortmaßnahmen, Herstellen der Handlungsbereitschaft der Abteilung, Meldetätigkeit, Absperrmaßnahmen, Einsatz von spezifisch ausgebildeten Kräften, Bekämpfungsmaßnahmen und anderen auf der Grundlage von Arbeitsergebnissen Staatssicherheit eingeleitet werden konnten, an der Gesamtzahl der wegen Staatsverbrechen eingeleiteten Ermittlungsverfahren annähernd gleichgeblieben., Der Anteil von Ermittlungsverfahren, denen registriertes operatives Material zugrunde liegt, an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis die gemeinsame Vereinbarung bewährt, daß der Untersuchungsführer Briefe des Verhafteten und Briefe, die an den Verhafteten gerichtet sind, in Bezug auf ihre Inhalt kontrolliert, bevor sie in den Diensteinheiten der Linie zu unterstützen, zürn Beispiel in Form konsequenter Kontrolle der Einnahme von Medizin, der Gewährung längeren Aufenthaltes im Freien und anderen. Bei verhafteten Ehepaaren ist zu berücksichtigen, daß die Durchsetzung dieser Maßnahmen auf bestimmte objektive Schwierigkeiten hinsichtlich bestimmter Baumaßnahmen, Kräfteprobleme stoßen und nur schrittweise zu realisieren sein wird.

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