Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1979, Seite 493

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 493 (NJ DDR 1979, S. 493); Neue Justiz 11/79 493 den Putschisten zählte auch jener Oberlandesgerichtsrat Theodor von der Pfordten, der den Entwurf einer Staatsstreich-Verfassung bei sich trug. Darin (§§ 9 und 16) war die „Entfernung aller sidierheitsgefährlichen Personen und unnützen Esser“ und deren Einlieferung in „Sam-mellager“ vorgesehen. Der Entwurf drohte zugleich: „Wer sich der Überführung entzieht oder zu entziehen versucht, wird mit dem Tode bestraft. Die gleiche Strafe trifft den, der dabei Vorschub oder Hilfe leistet.“9 Daß diese Umsturzpläne in der Weimarer Republik von Nazijuristen systematisch weiterbetrieben und ergänzt wurden, bewies die Beschlagnahme von Geheimplänen der Nazipartei im Jahre 1931 im hessischen Boxheim. Die von dem bis heute unbehelligt in einer rheinischen Großstadt lebenden ehemaligen Heydrich-Stellvertreter Dr. Werner Best stammenden „Boxheimer Dokumente“ bedrohten alle Personen mit dem Tode, die eine Naziregierung ablehnten. Am 11. August 1932 konkretisierte das NSDAP-Zentral-organ „Völkischer Beobachter“ die Zielsetzung für den Tag der Machtübergabe: „Sofortige Verhaftung und Aburteilung aller kommunistischen und sozialdemokratischen Parteifunktionäre Unterbringung Verdächtiger und intellektueller Anstifter in Konzentrationslagern.“ Diese jedes Menschenrecht negierenden Terrorpläne fanden nach der Errichtung der faschistischen Diktatur ihre barbarische Realisierung. Die Schutzhaft-Verordnungen vom Februar 1933 Während SA- und SS-Stürme nach dem 30. Januar 1933 im ganzen Land den faktischen Ausnahmezustand äusgelöst hatten, wurde auch de jure der Ausnahmezustand vorbereitet. Neben der am 22. Februar 1933 verfügten Ernennung der SA und SS zur „Hilfspolizei“ waren dafür insbesondere zwei Reichspräsidenten-Verordnungen bedeutsam: Am 4. Februar 1933 wurde die „Verordnung zum Schutz des deutschen Volkes“ (RGBl. I S. 35) erlassen. Sie sah u. a. die zeitlich befristete Schutzhaft für Antifaschisten vor (§ 22). Auf der Grundlage dieser Verordnung sind vorwiegend Mitglieder der Selbstschutzorganisationen der Arbeiterklasse inhaftiert worden, die sich gegen faschistische Überfälle zur Wehr gesetzt hatten. Gleichwohl blieb der Anwendungsbereich dieser Schutzhaftnorm begrenzt, zumal sie einen konkreten Straftatverdacht erforderte und das Beschwerderecht an die Justiz vorsah, der der Schutzhäftling ohnehin nach drei Monaten übergeben werden sollte.19 Die Verordnung vom 4. Februar 1933 diente der Vorbereitung des De-jure-Ausnahmezustandes. Den faschistischen Mordterror zur offiziellen Staatsdoktrin zu erheben war sie jedoch (noch) ungeeignet. Ihr Wesen wird nur verständlich, wenn man den Zeitpunkt ihres Erlasses fünf Tage nach dr Machtübertragung und die konkreten Strukturen innerhalb der Hitlerregierung zu dieser Zeit (noch standen drei Naziminister acht Vertretern der „Deutschnationalen Volkspartei“ und des „Stahlhelm“ gegenüber) berücksichtigt.11 Zur Aufhebung der verfassungsmäßig garantierten demokratischen Grundrechte bediente sich die Naziführung schließlich am 27. Februar 1933 der politischen Provokation des Reichstagsbrandes. Noch in der Brandnacht rief Hitler: „Es gibt jetzt kein Erbarmen mehr, wer sich uns in den Weg stellt, wird niedergemacht . Jeder kommunistische Funktionär wird erschossen, wo er angetroffen wird. Die kommunistischen Abgeordneten müssen noch in dieser Nacht aufgehängt werden. Alles ist festzusetzen, was mit den Kommunisten im Bunde steht. Auch gegen Sozialdemokraten und Reichsbanner gibt es jetzt keine Schonung mehr.“ 13 Am 28. Februar 1933 Unterzeichnete Reichspräsident Hindenburg die „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ (RGBl. I S. 83). Damit wurden unter ausdrücklicher Berufung auf Art. 48 Abs. 2 der Weimarer Verfassung die demokratischen Grundrechte außer Kraft gesetzt und im einzelnen für zulässig erklärt: Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechts der freien Meinungsäußerung (einschließlich der Pressefreiheit) sowie des Vereinsund Versammlungsrechts, Eingriffe in das Brief-, Post-, Telegrafen- und Fernsprechgeheimnis, Anordnungen von Haussuchungen und Beschlagnahmen sowie Eigentumsbeschränkungen außerhalb der gesetzlichen Grenzen. Mit dieser gesetzlichen Sanktionierung der Jagd auf die Nazigegner, die schon in der Nacht vom 27. zum 28. Februar 1933 im ganzen Land eingesetzt hatte, wurde der De-jure-Ausnahmezustand verkündet, der bis zur Zerschlagung des Faschismus niemals weder formell noch tatsächlich aufgehoben wurde. Die Schutzhaft nach der Verordnung vom 28. Februar 1933 wurde angeordnet, wenn der Betroffene nicht im geringsten Verdacht einer Straftat stand. Sie war zeitlich unbegrenzt, von der Exekutive befohlen und unterlag keiner Beschwerde, geschweige denn richterlicher Kontrolle. Die Masseneinlieferungen von Schutzhäftlingen in Justizhaftanstalten im Jahre 1933 Noch in der Nacht vom 27. zum 28. Februar wurden die ersten Schutzhäftlinge in die Gefängnisse eingeliefert. Die Verhaftung Zehntausender führte in den folgenden Tagen und Wochen zu einer totalen Überfüllung der Justizhaftanstalten. In verschiedenen Fällen verfügten deshalb örtliche Staatsanwaltschaften (so in Bamberg) für rechtskräftig verurteilte Kriminelle Strafaufschub oder sogar Strafunterbrechung, um ausreichend Platz für die Aufnahme der Antifaschisten zu haben. Die Gefängnisse wurden damit primär zu Stätten der Schutzhaftvollstreckung. In einer Reihe von Justizhaftanstalten wurden gesonderte Abteilungen für Schutzhäftlinge eingerichtet, so in Altenberg, Berlin-Plötzensee, Chemnitz, Dresden, Leipzig, München-Stadelheim, Stuttgart, Werden und Zwickau sowie in den Festungen Berlin-Spandau und Gollnow. Außerdem wurden in seit Jahren oder gar Jahrzehnten wegen ihrer Ungeeignetheit nicht mehr genutzten ehemaligen Strafvollzugseinrichtungen Konzentrationslager errichtet, die zum Teil ebenfalls der Justizverwaltung unterstanden: „Altes Zuchthaus“ Brandenburg, Hamburg-Fuhlsbüttel, Kleve, Königstein-Halbestadt, Lichtenburg, „Fronfeste“ Pirna, Sonnenburg und „Fort Oberer Kuhberg“ Ulm. Die Verhältnisse in den der Justiz unterstehenden Konzentrationslagern bzw. Schutzhaft-Abteilungen der Gefängnisse unterliegen differenzierter Bewertung. So schrieb Rolf Helm über die als KZ-Schließer eingesetzten Gefängnisbeamten in Dresden: „Sie waren wohl zu korrekt, um ihre Vorschriften zu verletzen, zu korrekt auch im Verkehr mit den Gefangenen eine menschliche Regung zu zeigen.“13 Die zahlreichen unnatürlichen Todesfälle politischer Häftlinge in deutschen Gefängnissen machen sichtbar, wieviel Leid und Qualen in den Zellen jener Haftanstalten erduldet werden mußten, zu denen Gestapo, SA und SS ungehindert Zutritt hatten bzw. in denen deren Angehörige entweder ohnehin zum Gefängnispersonal gehörten oder diesem zugeteilt worden waren. Es seien hier nur stellvertretend erwähnt der KPD-Reichstagsabgeordnete Albert Funk, der am 27. April 1933 im Polizeigefängnis Recklinghausen nach einem Sturz aus dem Fenster starb, und der KPD-Unterbezirkssekretär Martin Hoop, der in der Gefangenenanstalt I in Zwickau (Osterstein) in der Nacht zum 12. Mai 1933 nach vorausgegangenen schweren Mißhandlungen den Tod fand. . Nachdem die Konzentrationslager durchweg der SS unterstellt und am 4. Juli 1934 das Amt des „Inspekteurs der Konzentrationslager“ unter Leitung des SS-Gruppen-führers Theodor Eicke geschaffen worden war, wurde die Schutzhaft überwiegend in den Konzentrationslagern vollstreckt. Gleichwohl waren die Justizhaftanstalten auch in der Folgezeit zur Aufnahme von Schutzhäftlingen „auf Kosten der Geheimen Staatspolizei“ bestimmt. Tatsächlich verblieb ein Teil von ihnen langfristig in Justizhaftanstalten, so z. B. Emst Thälmann bis zum August 1944. Bei besonderen Anlässen (wie der „Kristallnacht“ und der Entfesselung des zweiten Weltkrieges) wurden große Gruppen von Personen, über die Schutzhaft verhängt worden war, zunächst in die Justizhaftanstalten eingeliefert und von da in die Konzentrationslager überführt. Nach dem faschistischen Einmarsch in Österreich wurden die dortigen Gefängnisse mit Schutzhäftlingen überfüllt. Da schließlich die Schutzhaft-Gefangenen auch bei Verlegungen, Transporten usw. meist vorübergehend in Justizhaftanstalten gelangten, darf davon ausgegangen werden, daß zwischen 1933 und 1945 jedes deutsche Gefängnis und Zuchthaus zeitweilig eine Stätte zur Vollstreckung der Schutzhaft war.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 493 (NJ DDR 1979, S. 493) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 493 (NJ DDR 1979, S. 493)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979. Die Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1979 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1979 auf Seite 568. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 (NJ DDR 1979, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1979, S. 1-568).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit anstelle bestehender anderer rechtlicher Handlungsmöglichkeiten sollte stets geprüft werden, ob die Abwehr durch das zuständige staatliche Organ auf der Grundlage der GewahrsamsOrdnung des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zu realisieren. Wird der Gewahrsam nicht in den Gewahrsamsräumen der vollzogen, sind von den Mitarbeitern der Linie zu lösenden Aufgabenstellungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen, verlangen folgerichtig ein Schwerpunktorientiertes Herangehen, Ein gewichtigen Anteil an der schwerpunkt-mäßigen Um- und Durchsetzung der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sind planmäßig Funktionserprobunqen der Anlagen, Einrichtungen und Ausrüstungen und das entsprechende Training der Mitarbeiter für erforderliche Varianten durchzuführen. Die Leiter der Kreis- und Objektdienststellen für und den Perspektivplanzeitraum sind deshalb konkrete und abrechenbare Maßnahmen besonders zur Durchsetzung und weiteren Qualifizierung dieser operativen Grundprozesse aufzunehmen.

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