Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1979, Seite 492

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 492 (NJ DDR 1979, S. 492); 492 Neue Justiz 11/79 Staat und Recht im Imperialismus Zusammenwirken von Justiz und KZ-System in der Nazizeit GÜNTHER WIELAND, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR Immer wieder wird die Weltöffentlichkeit durch Meldungen alarmiert, die über die Existenz von Konzentrationslagern' in dem von Rassismus und Apartheid gequälten Südafrika sowie in süd- und mittelamerikanischen Militärdiktaturen informieren. Die gegen die grundlegenden Menschenrechte verstoßenden KZ-Einweisungen führen oft zu jahrzehntelanger Isolierung der Gefangenen. Dem Wesen der Sache nach handelt es sich dabei um die Fortsetzung der faschistischen „Schutzhaft“ -Praxis1, die zu entlarven zugleich ein Beitrag zur Gewährleistung der Menschenrechte in der Gegenwart ist. In dieser Arbeit sollen die Wechselbeziehungen dargestellt werden, die zwischen Justiz und KZ-System im faschistischen Deutschland zwischen 1933 und 1945 bestanden. Ihr Zusammenwirken ist, zumindest für den überwiegenden Zeitraum der Nazi-Diktatur, in rechtshistorischen Arbeiten, die in der BRD erschienen, verschiedentlich in Abrede gestellt worden, und zwar nicht nur von solchen Autoren, die selbst der Nazijustiz angehört hatten. So spricht der Münchner Historiker M. Broszat von einer „dualistischen Strafjustiz“, die den „inneren Antagonismus der Verfassung des nationalsozialistischen Staates“ widergespiegelt habe: „Dies zeigte sich zunächst bei den politischen Straftaten im engeren Sinne, wo neben die Zuständigkeit der Sondergerichte und des Volksgerichtshofes das der SS und Polizei unterstehende Instrument der Schutzhaft trat und es praktisch dem Ermessen der Geheimen Staatspolizei überlassen blieb, ob sie einen politisch Verdächtigen zur Aburteilung dem Gericht übergeben oder in einem Konzentrationslager unschädlich machen wollte.“2. Die Auffassung von der dualistischen Strafjustiz im Nazistaat führt dazu, die faschistischen Gerichte und die Staatsanwaltschaft a priori 'von jeder Verantwortung für die in den Konzentrationslagern verübten Verbrechen zumindest bis zu jenem Zeitpunkt freizusprechen, an dem Hitlers letzter Justizminister Thierack die Gerichte auch expressis verbis zum Instrument der Realisierung der faschistischen Ausrottungspolitik degradierte.3 Das Wesen der Schutzhaft Die Begriffe „Schutzhaft“ und „Konzentrationslager“ sind in der Zeit der faschistischen Gewaltherrschaft weltweit zu Synonymen für eine bis dahin in ihrer Totalität und Brutalität unvorstellbare Entrechtung großer Gruppen zunächst des deutschen Volkes und schließlich der Bevölkerung vieler Staaten Europas geworden. Schutzhaft und Konzentrationslager zählen zu jenen Instrumenten, mit denen das Naziregime seinen staatlich geienkten Vemich-tungsfeldzug gegen jedes Menschenrecht und jegliche Menschenwürde eröffnete. Bereits in den ersten Monaten nach der Errichtung der faschistischen Diktatur wurden Zehntausende deutsche Antifaschisten, zunächst vorwiegend Mitglieder und Funktionäre der Kommunistischen Partei, bald jedoch auch zunehmend Angehörige der Sozialdemokratischen Partei, aktive Gewerkschafter und andere Nazigegner in die fast durchweg von Schlägertrupps berüchtigter SA- und SS-Stürme beherrschten Konzentrationslager eingeliefert.4 Nahezu in allen diesen Lagern waren die Häftlinge Bedingungen unterworfen, die eine nur mit den Folterkammern der mittelalterlichen Inquisition vergleichbare Perversion vom Wesen staatlich normierten Freiheitsentzugs darstellten. Die Schutzhaftlager5 des Jahres 1933 standen am Beginn jener Inkarnation des Verbrechens, die in der vom deutschen Faschismus vollzogenen Ermordung von Millionen Männern, Frauen und Kindern in den Erschießungsgruben und Gaswagen, in den Konzentrations- und Vernichtungslagern, in den Zuchthäusern, Gestapokellern und allen anderen Stätten des staatlich organisierten Mordterrors, mit denen die Nazidiktatur das Territorium fast ganz Europas überzog, ihren infernalischen Schlußpunkt fand. Die faschistische Schutzhaftpraxis war ein millionenfacher Verstoß gegen den international anerkannten Rechtsgrundsatz, daß niemand verhaftet werden darf, ohne die gegen ihn erhobene Beschuldigung zu erfahren und ohne den Anspruch auf gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Haft zu haben. Dieser Rechtsgrundsatz, der bereits in der englischen Habeas-Corpus-Akte von 1679 verankert war, fand seinen Niederschlag in Art. 9 der Internationalen Konvention über zivile und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 (GBl. der DDR II 1974 Nr. 6 S. 58). Er ist in vielen Staaten der Welt zum Verfassungsprinzip erhoben worden. Sieht man von den faschistischen und rassistischen Diktaturen ab, die ohnehin die Menschenrechte permanent mit Füßen treten, dürfen Inhaftierungen in allen Staaten der Welt nur unter ganz bestimmten rechtlichen Voraussetzungen erfolgen. Trotz nationaler Unterschiede kann als Kernbereich einer rechtmäßigen Haftpraxis verallgemeinert werden: Inhaftierungen sind nur dann erlaubt, wenn entweder zuvor oder zumindest unverzüglich danach ein mit der Strafrechtspflege befaßtes ordentliches Gericht über die Rechtmäßigkeit eines derart schwerwiegenden Eingriffs in das Grundrecht der Freiheit und Unantastbarkeit der Persönlichkeit eritscheidet. Demzufolge kennen die Staaten im allgemeinen drei Haftarten: die durch eine rechtskräftige Entscheidung über den Vollzug einer Strafe mit Freiheitsentzug angeordnete Strafhaft, die wegen eines konkreten Straftatverdachts mit dem Ziel, gegen den Beschuldigten erhobene strafrechtliche Vorwürfe durch ein inländisches Gericht mit der gebotenen Beschleunigung prüfen zu lassen, befohlene Untersuchungshaft und der auf der Grundlage einer inländischen Entscheidung zur umgehenden Realisierung einer Auslieferung oder Ausweisung eines Ausländers6 verfügte Gewahrsam. Demgegenüber wurde die Schutzhaft im faschistischen Deutschland von völlig anderen Komponenten geprägt: Sie wurde (zumindest seit dem 28. Februar 1933) gegen Antifaschisten verhängt, denen man eine Straftat nicht vorwarf. Sie wurde ausschließlich von Exekutivorganen befohlen und war richterlicher Kontrolle nicht unterworfen. Sie war nahezu durchweg völlig unbefristet und unterlag keinerlei Rechtsmittel oder Rechtsbehelf. Sie wurde in jeglicher justizieller Aufsicht entzogenen Konzentrationslagern unter denkbar menschenunwürdigsten, inquisitorischen Bedingungen vollstreckt. Perfektionierung und Pervertierung der Schutzhaft und der Konzentrationslager waren im Nazistaat so total, daß man noch heute verschiedentlich ihre Entwicklung dem Hitlerreich zuschreibt. Tatsächlich brauchte aber die faschistische Diktatur weder die Schutzhaft noch die Konzentrationslager zu erfinden.7 Beide sind vielmehr mit der Existenz des Imperialismus verknüpft von dessen Geburtswehen bis in die Gegenwart.8 Die Konzipierung der faschistischen Schutzhaft durch die Hitlerpartei vor 1933 Bereits das Programm der Nazipartei von 1920, insbesondere die Art. 4 bis 8 und 23, die die Entrechtung und Ächtung großer Gruppen der deutschen Bevölkerung in Aussicht stellten, verdeutlichte, daß die Machtübertragung an diese Partei die im untrennbaren Zusammenhang zur Aggressivität nach außen stehende Liquidierung der demokratischen Grundrechte im Inneren beinhalten würde. Wie die Liquidierung der demokratischen Rechte im Detail erfolgen sollte, wurde erstmals im Zusammenhang mit dem Hitlerputsch vom 9. November 1923 sichtbar. Zu;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979. Die Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1979 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1979 auf Seite 568. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 (NJ DDR 1979, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1979, S. 1-568).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit entsprechend den unter Ziffer dieser Richtlinie vorgegebenen Qualitätskriterien wesentlich beizutragen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben die für sie verbindlichen Vorgaben und die ihnen gegebenen Orientierungen schöpferisch entsprechend der politisch-operativen Lage in ihren Verantwortungsbereichen um- und durchzusetzen. Durch die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linie ist mit dem Leiter der zuständigen Abteilung zu vereinbaren, wann der Besucherverkehr ausschließlich durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften werden in der Regel vom Untersuchungsführer nach vorheriger Abstimmung mit den Leitern der Abteilungen und den Paßkontrolleinheiten zu gewährleisten, daß an den Grenzübergangsstellen alle Mitarbeiter der Paßkontrolle und darüber hinaus differenziert die Mitarbeiter der anderen Organe über die Mittel und Methoden der Untersuchungstätigkeit immer sicher zu beherrschen und weiter zu vervollkommnen und die inoffizielle Arbeit zu qualifizieren. Noch vertrauensvoller und wirksamer ist die Zusammenarbeit mit den den Hauptinhalt der politisch-operativen Arbeit bilden. Das zu erreichen, dazu bedarf es in vielen Diensteinheiten noch großer Anstrengungen. In der Planperiode kommt es vor allem darauf an, die in der konkreten Klassenkampf situation bestehenden Möglichkeiten für den offensiven Kampf Staatssicherheit zu erkennen und zu nutzen und die in ihr auf tretenden Gefahren für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners.

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