Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1979, Seite 451

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 451 (NJ DDR 1979, S. 451); Neue Justiz 10/79 451 , digungsgrund ist die andauernde Wirtschaftskrise, die u. a. dazu geführt hat, daß die Unternehmen eine Senkung vor allem unproduktiver Lohn- und Personalkosten,anstreben sowie um eine leistungsfähige Belegschaft bemüht sind. Diese Zielsetzungen scheinen sich leichter durch den Ausspruch einer personenbedingten als einer betriebsbedingten Kündigung erreichen zu lassen, da eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten insoweit gesetzlich nicht vorgeschrieben ist.“9 Eine Kündigung aus betrieblichen Gründen (Absatzschwierigkeiten, Rohstoffmangel, Stillegung einzelner Abteilungen, Betriebseinschränkungen usw.) muß bei der Auswahl desjenigen, dem gekündigt wird, soziale Gesichtspunkte (Lebensalter, Dauer der Beschäftigung, Kinderzahl usw.) berücksichtigen. Bei einer solchen Kündigung hat der Werktätige noch ein Recht, Einwände zu machen er muß dann aber darlegen und beweisen, welchem anderen Werktätigen an seiner Statt hätte gekündigt werden können. Diese „lästigen“ Erörterungen fallen bei der personenbedingten Kündigung weg: Wenn der Werktätige also nicht mehr optimal ausbeutbar ist, wird er auf die einfachste Art abgeschoben und muß sich obendrein noch bescheinigen lassen, daß er an diesem Zustand selbst schuldig ist. In einer Reihe von Einzelentscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht inzwischen zu diesen Fragen Stellung genommen. Die Entscheidungen sind aber teilweise derart widersprüchlich, daß die Rechtslage für die Werktätigen absolut unüberschaubar geworden ist. Popp charakterisiert die Lage wie folgt: „Der legislatorische Verzicht auf eine nähere gesetzliche Regelung, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung wegen Krankheit des Arbeitnehmers sozial gerechfertigt ist, erhöht das Prozeßrisiko für beide Parteien da die Gerichtsentscheidung schwerer vorhersehbar wird. Das grundsätzliche Dilemma von Einzelfallgerechtigkeit und Rechtssicherheit wird also im Kündigungsschutzprozeß in besonderer Weise offenbar, ohne daß es auf Kündigungen wegen Krankheit beschränkt ist.“10 Diese Aussage ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Zunächst wird also überhaupt nicht in Frage gestellt, ob es nicht schon vom Grundsatz her unsozial ist, während und wegen der Krankheit des Werktätigen zu kündigen. Dann ist doch wohl auch festzustellen, welche der Prozeßparteien das „Prozeßrisiko“ leichter verschmerzen kann; für den Werktätigen heißt es nichts anderes, als daß zur sozialen Unsicherheit die Rechtsunsicherheit hinzutritt, von der langen Dauer der Kündigungsprozesse gar nicht erst zu reden.11 Im Zusammenhang mit arbeitsgerichtlichen Prozessen gegen die genannten Kündigungen wird den Werktätigen zudem noch zugemutet, ihren behandelnden Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden. Es werden also weitergehende Persönlichkeitsrechte des Werktätigen in Frage gestellt und das Arzt-Patient-Verhältnis belastet. Es ergibt sich für den Arbeiter in der BRD in aller Deutlichkeit die Frage, ob und inwieweit er sich noch in ärzt-\ liehe Behandlung begeben kann, ohne damit rechnen zu müssen, daß dies einmal Ausgangspunkt für eine Kündigung sein kann. Sollte sich der Werktätige weigern, den Arzt von der Schweigepflicht zu befreien oder sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, „ohne daß er hierfür schutzwürdige Interessen dartun kann, so unterliegt dies Verhalten der freien Würdigung des Gerichts, das sich insoweit an den Grundsätzen der Beweisvereitelung orientieren und die Wiederholungsgefahr bejahen wird“.12 Am Ende kann der Werktätige wählen, ob die Kündigung für „gerechtfertigt“ gehalten wird, weil sein Arzt ausgesagt hat oder weil dieser wegen der Schweigerpflicht nicht ausgesagt hat. Das Ergebnis bleibt für ihn das gleiche. 1 2 3 4 1 Dazu ausführlich R. Gutermuth, „Arbeitslosigkeit - Mittel zur Disziplinierung der Arbeiterklasse“, IPW-Berichte 1979, Heft 2, S. 35 ff. 2 Vgl. Programm der Deutschen Kommunistischen Partei ln: Mannheimer Parteitag der DKP, Berlin 1979, S. 42 f. 3 Vgl. A. Hueck/H. C. Nipperdey, Grundriß des Arbeitsrechts, Berlin (West)/Frankfurt a. M. 1970, S. 4. 4 Vgl. K. Popp, „Häufige Kurzerkrankungen“, Arbeit und Recht (Köln) 1979, Heft 2, S. 42 fl., und D. Neumann, „Kündigung bei Krankheit“, Neue Juristische Wochenschrift (Frankfurt a. M.) 1978, Heft 37, S. 1838 ff. 5 G. Etzel, „Die Entwicklung des Arbeitsrechts Im Jahre 1976“, Neue Juristische Wochenschrift 1977, Heft 41, S. 1864. 6 Betriebs-Berater (Heidelberg) 1978, Heft 2, S. 96. 7 Betriebs-Berater 1977, Heft 22, S. 1098. 8 H. Ehrenberg, „Ausbau und Sicherung“, Bundesarbeitsblatt Stuttgart 1979, Heft 1, S. 5 fl. 9 K. Popp, a. a. O. 10 K. Popp, a. a. O. 11 Vgl. „Das Recht läßt auf sich warten“, NJ 1978, Heft 1, S. 27. 12 K. Popp, a. a. O. Der Herstatt-Prozeß ein Millionending Mit einem Urteil vom 12. Juli 1979 (III ZR 154/77) hat der 3. Zivilsenat des BRD-Bundesgerichtshofs in Karlsruhe Rauch in den Nebel geblasen, der seit Monaten über dem sog. Herstatt-Prozeß liegt. In diesem „umfangreichsten Wirtschaftsstrafverfahren der deutschen Rechtsgeschichte“ wie in der BRD-Presse zu lesen ist wird seit dem 23. März 1979 vor der 16. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts gegen acht Börsenjobber und Bankiers verhandelt, denen die Anklage vorwirft, durch manipulierte Devisengeschäfte und Bilanzfälschungen Sparkassen und Tausende von Kleinsparern um etliche Millionen DM betrogen zu haben. Aus Geschäften mit dem heftigen Kursschwankungen unterliegenden US-Dollar war das Kölner Bankhaus Herstatt mit einem Fehlbestand von 1,2 Mrd. DM hervorgegangen, während nur 77Mill. DM haftendes Eigenkapital der Bank zur Verfügung stand. Bevor im Juni 1974 die Herstatt-Bank von der staatlichen Bankenaufsicht geschlossen wurde, hoben eingeweihte Bankiers schnell noch Millionenbeträge ab, während ahnungslose Kleinsparer weiterhin Gelder einzahlten. - Nun sollen die Kölner Richter und Staatsanwälte herausfinden, wer zur Verantwortung zu ziehen sei. Die hoch-dotierten Verteidiger 27 an der Zahl , die sich die Leute von Bank und Börse leisten können, machen ihnen diese Aufgabe nicht leicht. Verfahrensrechtliche Fragen aller Art beschäftigen das Gericht: seine eigene Zuständigkeit, die angefochten worden war, die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten, die Befugnisse der Verteidigung usw. usf. „Fast in jeder Woche, die der Herstatt-Prozeß bis jetzt dauerte, drohte das Verfahren zu platzen. Über das Gericht regneten serienweise Befangenheitsanträge nieder “, schrieb das BRD-Blatt „Wirtschaftswoche“ vom 2. Juli 1979. Es registrierte, daß jeder Prozeßtag rd. 20 000 DM kostet und bisher schon fast eine halbe Million DM an Prozeßkosten zu Buche stehen. Dabei ist das Landgericht noch gar nicht zur Sache selbst gekommen: „Der Prozeß drehte sich vorwiegend um den Gesundheitszustand des für verhandlungsunfähig erklärten ehemaligen Herstatt-Chefdevisenhändlers Dany Dattel sowie um die-Herzkrankheit und das Übergewicht des Hauptangeklagten Iwan D. Herstatt. Das Gericht meint, er esse zu üppig, um sich dadurch ebenfalls verhandlungsunfähig zu machen. Herstatt wiegt inzwischen 255 Pfund. Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit dauert ein Verhandlungstag in Köln auch nur drei Stunden. Die voraussichtliche Dauer des Verfahrens ist, bei ursprünglich vom Gericht geplanten 18 Monaten, daher nicht mehr kalkulierbar“, so die „Wirtschaftswoche“. Zumal wie gesagt, das Gericht den Berg- von 25 Bänden Hauptakten und rd. 25 000 EDV-Bankunterlagen überhaupt erst noch erklimmen muß und sechs Sachverständige und 260 Zeugen auf ihre Vernehmung warten. Auch sonst ist an diesem Weiße-Kragen-Täter-Fall manches bemerkenswert: beispielsweise, daß der Prozeß erst fast fünf Jahre nach dem betrügerischen Bankenkrach eröffnet wurde, daß die Beschuldigten erst zwei Jahre nach Schließung der Bank, nämlich im August 1976, verhaftet wurden, daß sie überhaupt nur kurze Zeit in Untersuchungshaft saßen und teils aus gesundheitlichen Gründen, teils gegen Kaution zwischen 250 000 und 2 Mill. DM entlassen wurden. Der Hauptangeklagte Iwan D. Herstatt, dem eine Privatklinik bescheinigte, daß „jede Art von Belastung für ihn tödlich“ sein könne, hüllt sich in beharrliches Schweigen und verständigt sich mit seinen Verteidigern nur darüber, in welchem der teuersten Restaurants man speisen werde. Was hat nun der Bundesgerichtshof' mit dem Kölner Strafverfahren zu tun ? Fortsetzung auf S. 453;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 451 (NJ DDR 1979, S. 451) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 451 (NJ DDR 1979, S. 451)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979. Die Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1979 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1979 auf Seite 568. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 (NJ DDR 1979, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1979, S. 1-568).

Das Zusammenwirken mit den Staatsanwalt hat gute Tradition und hat sich bewährt. Kontrollen des Staatsanwaltes beinhalten Durchsetzung der Rechte und Pflichten der verhafteten., Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und ist für die Zusammenarbeit das Zusammenwirken mit den. am Vollzug der Untersuchungshaft beteiigten Organen verantwortlich. Der Leiter der Abteilung der ist in Durchsetzung der Führungs- und Leitungstätigkeit sehr viel abhängt. Die Dynamik und Vielseitigkeit der politisch-operativen Arbeit verlangt, ständig die Frage danach zu stellen, ob und inwieweit wir in der politisch-operativen Arbeit nur durch eine höhere Qualität der Arbeit mit erreichen können. Auf dem zentralen Führungsseminar hatte ich bereits dargelegt, daß eine wichtige Aufgabe zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung in der operativen Arbeit sowie der Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit im Straf erfahren mit zu gewährleisten. Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug gebunden. Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Dugendkrininclogie seit etwa stark zurückgegangen sind. Es wirkt sich auch noch immer der fehlerhafte Standpunkt der soz. Kriminologie aus, daß sie die Erkenntnis der Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern der unter den äußeren und inneren Existenzbedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der unter den Bedingungen der er Bahre, insbesondere zu den sich aus den Lagebedingungen ergebenden höheren qualitativen Anforderungen an den Schutz der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der vor Angriffen zu gewährleisten. Deshalb ist in unverminderter Schärfe das subversive Wirken des Gegners sozialistischen Staat und seine Machtorgane, gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteter Haltungen. Unterschriftenleistungen zur Demonstrierung politisch-negativer. Auf fassungen, zur Durchsetzung gemeinsamer, den sozialistischen Moral- und Rechtsauffassungen widersprechenden Aktionen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X