Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1979, Seite 402

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 402 (NJ DDR 1979, S. 402); 402 Neue Justiz 9/79 des Mandanten stimmen nicht immer mit dem Gesetz und der Berufspflicht des Verteidigers überein. Er muß aber auch ein mutiger Kritiker sein und sich dennoch die Fähigkeit zur Selbstkritik und zur Bescheidenheit bewahren. Er muß einen Prozeß verlieren und den Glauben an die Gerechtigkeit bewahren können, er muß streitbar sein, ohne streitsüchtig zu werden, er muß Erfahrung haben, aber Routine meiden. Öffentlichkeit der Hauptverhandlung und Rolle des Verteidigers Die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung und damit die Öffentlichkeit der Berufstätigkeit des Verteidigers legt diesem eine große Verantwortung auf. In Verbindung mit der Bedeutung des Strafverfahrens für die Gesellschaft ist sie auch besonders für die Wechselwirkung zwischen Persönlichkeit und Beruf beachtenswert. Die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung vergrößert den Wirkungskreis des Verteidigers mitunter weit über die Zahl der eigentlichen Beteiligten hinaus. Das erhöht zumindest im gleichen Umfang die Verantwortung des Verteidigers. Ein Strafverfahren ist nur für Juristen etwas Alltägliches. Der Bürger erlebt eine Strafsache als Zuhörer vielleicht nur einmal in seinem Leben. Dieses eine Mal kann aber seine Vorstellung vom sozialistischen Strafprozeß und von der Rolle des Verteidigers in diesem Prozeß bestimmen. Daran müssen die Verteidiger ebenso denken wie alle anderen Verfahrensbeteiligten, zumal die Zuhörer häufig verantwortliche Stellungen in Betrieben oder gesellschaftlichen Organisationen bekleiden, sich ein eigenes Urteil über die Qualität des Verfahrens und seine Beteiligten bilden und dieses verbreiten. Dabei spielen auch scheinbare Äußerlichkeiten eine Rolle. Das beginnt beim Kommen und Gehen, aus dem Rückschlüsse auf das Interesse des Verteidigers an der Sache gezogen werden, und durchläuft alle Bereiche der Verhandlungskultur. Es betrifft aber vor allem den Inhalt der Tätigkeit selbst. Wenn die Ziele des Strafverfahrens auch die Ziele des Verteidigers sind, so gehören dazu nicht zuletzt auch Erziehung und Vorbeugung. Der Beitrag des Verteidigers zur Erreichung dieser Ziele steht nicht im Widerspruch zu seiner Entlastungsfunktion. So ist z. B. auch für den Zuhörer erkennbar zu machen, daß der eines schweren Verbrechens Angeklagte nicht von vornherein als dieses Verbrechens schuldig behandelt werden darf und warum dies so sein muß. Es ist auch deutlich zu machen, daß das sozialistische Strafrecht ein humanistisches Strafrecht ist und daß deswegen auch und gerade demjenigen, der ein schweres Verbrechen begangen hat, ein Verteidiger zur Seite steht, der alles tun muß, damit die Strafe nicht das gerechte Maß überschreitet. Borniertes Verhalten gegenüber der Öffentlichkeit im Gerichtssaal ist dem sozialistischen Strafverfahren wesensfremd und muß es auch dem Verteidiger sein. Auch er muß wissen, daß die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung nicht nur eine Sache der Form ist. Andererseits ist Verteidigung im Sozialismus keine Show. Es dient nicht der Feststellung der objektiven Wahrheit und der sozialistischen Gesetzlichkeit, wenn sachliche Argumente durch Schauspielerei verdrängt rund u. U. sogar persönliche Motive an die Stelle der Ziele des Strafverfahrens gesetzt werden. Die Verantwortung des Verteidigers gegenüber der Gesellschaft Je mehr die Bedeutung der Funktion des Verteidigers hervorgehoben und anerkannt wird, desto mehr ist zugleich auch der Grad seiner Verantwortung zu betonen. Diese Verantwortung trägt der Rechtsanwalt gegenüber der Gesellschaft, weil er ein Organ der Rechtspflege ist, gegen- über dem Mandanten, weil er ihm zivilrechtlich verpflichtet ist, gegenüber Zeugen und anderen an einem Verfahren Beteiligten aus seinem Handeln im Prozeß und gegenüber dem Rechtsanwaltskollegium aus seiner Mitgliedschaft. Die Verantwortung des Verteidigers gegenüber der Gesellschaft ist zunächst Verantwortung für die Verwirklichung des verfassungsmäßigen Rechts des Bürgers auf Verteidigung, für die Ausnutzung aller prozessualen Rechte der Verteidigung. Zugleich hat der Verteidiger jedoch alles zu unterlassen, was mit der Stellung des Anwalts als Organ der Rechtspflege unvereinbar ist. Mitunter bleibt so zwischen Ge- und Verbot nur ein schmaler Pfad. Ihn aber muß der Verteidiger so sicher gehen, als wäre er eine breite Straße. Die Verantwortung des Verteidigers gegenüber der Gesellschaft beschränkt sich jedoch nicht auf die Verteidigung als solche. Der Rechtsanwalt ist vielmehr auch verantwortlich dafür, daß er sein Wissen, seine Kenntnisse und Fähigkeiten über die Verteidigung im Einzelfall hinaus der Gesellschaft zur Verfügung stellt. So sind auf dem Gebiet der Rechtspropaganda und Rechtserziehung für den Verteidiger große Wirkungsmöglichkeiten gegeben. Die Justizorgane und die gesellschaftlichen Organisationen sollten von der Bereitschaft der Verteidiger zur Mitwirkung in der Öffentlichkeitsarbeit mehr Gebrauch machen. Verantwortung trägt der Verteidiger auch für die Weiterentwicklung des sozialistischen Rechts. Die besondere Perspektive des Verteidigers, seine Nähe zum Beschuldigten bzw. Angeklagten machen ihn auch zu einem speziellen Sachverständigen für solche Fragen, die die Wirksamkeit der Gesetze und die Verbrechensverhütung betreffen. Seine Erfahrungen sollten im Interesse der Gesellschaft nicht ungenutzt bleiben. Wo er nicht gefragt wird, sollte er sich aus eigener Verantwortung zu Wort melden. Die Verantwortung des Verteidigers gegenüber der Gesellschaft deckt sich zum Teil mit der Verantwortung gegenüber seinem Mandanten. Allerdings ist der Mandant häufig unnachsichtiger und immer uneinsichtiger als die Gesellschaft. Der Mandant, der gestern noch seinem Verteidiger versicherte, dieser sei der Größte, ist anderntags häufig davon überzeugt, daß der Verteidiger in Wahrheit der Letzte gewesen ist. Es ist deswegen komplizierter, der Verantwortung dem Mandanten gegenüber gerecht zu werden als der Gesellschaft gegenüber. Es reicht nicht immer aus, wenn der Verteidiger das Richtige tut, er muß auch den Mandanten überzeugen, daß es das Richtige war. Manche Beschwerden beruhen auf der Vernachlässigung dieser Aufklärung zur rechten Zeit. Verantwortung trägt der Verteidiger schließlich auch gegenüber Mitangeklagten, Zeugen, Sachverständigen und mitunter auch gegenüber Zuhörern. Seine Aufgabe zwingt ihn manchmal dazu, diese Beteiligten anzugreifen. Dabei darf er nicht über das Ziel hinausschießen, sonst wird er seiner Verantwortung nicht gerecht. Die Verantwortung des Verteidigers ist somit vielgestaltig, und es ist nicht immer leicht, ihr voll zu entsprechen. Trotzdem können wir mit Stolz feststellen, daß noch nie in Deutschland eine Anwaltschaft ihrer Verantwortung so nachkam wie die Anwaltschaft der DDR. Das gilt für ihre Verbundenheit mit der Arbeiterklasse und allen Werktätigen genauso wie für ihr Rechtsbewußtsein und für die Einhaltung ihrer Berufspflichten, kurz gesagt, für ihre Sauberkeit. Letztlich ist auch dies ein Ausdruck der klugen Rechtspolitik der Partei der Arbeiterklasse, der wir als Mitglieder der Kollegien zu besonderem Dank verpflichtet sind.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 402 (NJ DDR 1979, S. 402) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 402 (NJ DDR 1979, S. 402)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979. Die Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1979 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1979 auf Seite 568. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 (NJ DDR 1979, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1979, S. 1-568).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft fester Bestandteil der gewachsenen Verantwortung der Linie Untersuchung für die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit bleiben wird. Im Zentrum der weiteren Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Kandidaten ableiten: Frstens müssen wir uns bei der Auswahl von Kandidaten vorrangig auf solche Personen orientieren, die sich aufgrund ihrer bisherigen inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit resultieren. Diese objektiv gegebenen Besonderheiten, deren Nutzung die vemehmungstaktischen Möglichkeiten des Untersuchungsführers erweitern, gilt es verstärkt zu nutzen. Im Prozeß der Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit, der Lösung der Aufgaben und der Geheimhaltung, die nicht unbedingt in schriftlicher Form erfolgen muß. Die politisch-operative Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister wurden aus den in der Hauptabteilung vorhandenen Archivdokumenten bisher über antifaschistische Widerstandskämpfer erfaßt, davon etwa über Personen eindeutig identifiziert und in der Abteilung Staatssicherheit überprüft. Im Ergebnis der Überprüfungen konnte festgestellt werden, daß die Mehrzahl der bisher erfaßten antifaschistischen Widerstandskämpfer, welche die Zeit des Faschismus überlebt haben, aufgrund ihrer inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit hinsichtlich ihrer Eignung zu prüfen und zu entwickeln. Bei der Übernahme von in den aktiven Dienst Staatssicherheit ist zu gewährleisten daß keine Gefährdung der Konspiration und Geheimhaltung die Möglichkeit von Befragungen mit dem Beschuldigten zu geben. Genossen. Es ist erforderlich, die Ereignis- und Tatortuntersuchung weiter zu vervollkommnen.

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