Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1979, Seite 31

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 31 (NJ DDR 1979, S. 31); Neue Justiz 1/79 Freiheit für die politischen Gefangenen in Uruguay 31 der bürgerliche Grundsatz „Keine Straftaten ohne Gesetz“ durch die Zulassung der analogen Anwendung des Gesetzes durchbrochen, da es sich hier kaum noch um eine zulässige Auslegung des Gesetzes handelt. Solche Entscheidungen werden vor allem in Zeiten verschärfter Klassenauseinandersetzung dazu genutzt, jederzeit gegen fortschrittliche und demokratisch-gesinnte Bürger strafrechtlich vorzugehen. Neben den hier aufgezeigten Formen der Mißachtung des Legalitätsprinzips werden in der BRD noch weitere vielfältige Methoden angewendet, um die Interessen der herrschenden Klasse durchzusetzen. So duldet der Gesetzgeber bereits jahrelang stillschweigend eine Privatjustiz, die in zunehmendem Maße die Grundprinzipien bürgerlicher Strafrechtsprechung verletzt. Bei der Verfolgung von Laden- bzw. Warenhausdiebstählen sowie sog. Betriebsdiebstahl verfahren die privaten Unternehmer ohne gesetzliche Grundlage nach ihren jeweiligen Interessen und haben damit die Möglichkeit, entsprechend der jeweiligen betrieblichen Situation willkürliche Entscheidungen zu treffen.1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 * * 15 Extreme Beispiele für die Willkür der Klassenjustiz in der BRD treten aber besonders oft und auffällig bei der Verfolgung der Nazi- und Kriegsverbrecher auf, die letztlich durch die angestrebte Verjährung dieser Verbrechen legalisiert werden sollen.16 Die einst vom fortschrittlichen Bürgertum im Kampf gegen feudale Justizwillkür geforderten Grundprinzipien bürgerlicher Strafrechtsprechung werden in zunehmendem Maße durchbrochen. In der Gesetzgebung der BRD wurde in materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht die Möglichkeit geschaffen, daß für die Strafverfolgung Zweckmäßigkeitserwägungen im Vordergrund stehen, die den Interessen der Macht der Monopole entsprechen. 1 Vgl. H. J. Kerner, Verbrechenswirklichkeit und Strafverfolgung, München 1973, S. 27 und 31. Repräsentative Untersuchungen in der BRD gibt es hierüber nicht. Aus der sog. amerikanischen NORC-Studie von 1967 geht aber hervor, daß 55 Prozent der Straftaten aus mangelndem Vertrauen in die Effektivität der Strafverfolgungsbehörden nicht angezeigt werden. 2 Vgl. Bulletin des Presse- und Informationsdienstes der Bundesregierung vom 27. September 1978, S. 972. Danach wurden für das Jahr insgesamt 3 287 642 Straftaten polizeilich registriert. Zur Entwicklung der Kriminalität in der imperialistischen Gesellschaft vgl. „Nicht Menschheitsproblem, sondern Krebsschaden des Imperialismus“, NJ 1977, Heft 15, S. 478 ff. 3 H. Ostermeyer, Die bestrafte Gesellschaft Ursachen und Folgen eines falschen Rechts , München Wien 1975, S. 139. 4 J. Baumann, „Grabgesang für das Legalitätsprinzip“, Zeitschrift für Rechtspolitik 1972, Heft 12, S. 274 f. 5 § 153 Abs. 1 StPO lautet: „Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichts bedarf es nicht bei einem Vergehen, das gegen fremdes Vermögen gerichtet und nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist, wenn der durch die Tat verursachte Schaden gering ist.“ 6 Vgl. J. Baumann, „Eine Bagatelle? (Blütenlese aus der Argumentation des 51. Deutschen Juristentages)“, Zeitschrift für Rechtspolitik 1976, Heft 11, S. 268 ff. 7 H. Ostermeyer, a. a. O., S. 211. 8 Vgl. J. Baumann, „Grabgesang für das Legalitätsprinzip“, Zeitschrift für Rechtspolitik 1972, Heft 12, S. 273; H.-J. Rudolphi, „Strafprozeß im Umbruch“, Zeitschrift für Rechtspolitik 1976, Heft 7. S. 168. 9 Vgl. F. H. Berckhauer, „Die Erledigung von Wirtschaftsstraftaten durch die Staatsanwaltschaften und Gerichte“, Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 1977, Heft 4, S. 1015 ff. 10 Vgl. H. J. Kerner, a. a. O., S. 118. 11 Vgl. L. Frenzei, „Das Achte Strafrechtsänderungsgesetz - Bestandteil des westdeutschen Notstandsrechts“, Staat und Recht 1968, Heft 12, S. 1987. 12 Ausdruck dafür sind u. a.: - das 14. Strafrechtsänderungsgesetz vom 22. April 1976 (BGBl. I S. 1056); - das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs, der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Bundesrechtsanwaltsordnung und des Strafvollzugsgesetzes vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2181) ; - das Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 29. September 1977 (BGBl. I S. 1877); - das Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung (das sog. Anti-Terror-Gesetz) vom 14. April 1978 (BGBl. I s. 497). Vgl. L. Frenzei, „Grundrechte und Strafrechtsreform in der BRD“, NJ 1978, Heft 3, S. 121 f. Der Redaktion ging ein Aufruf namhafter Persönlichkeiten Italiens zu, den wir in wesentlichen Auszügen veröffentlichen: Uruguay, ein Land mit großen demokratischen Traditionen, hat sich in den vergangenen fünf Jahren in ein großes Gefängnis verwandelt. In Kasernen, Polizeistationen, Konzentrationslagern, Folterzentren und Gefängnissen sind rund 7 000 Patrioten eingekerkert. Das bedeutet, das jeder vierhundertste Einwohner des Landes verhaftet ist. Die soziale und politische Herkunft der Inhaftierten ist ein Spiegelbild der tiefen Verwurzelung der Demokratie im uruguayischen Volke. Es sind Arbeiter und Werktätige, Intellektuelle, Dozenten und Lehrer, Studenten und Funktionäre der Gewerkschaften und der Parteien, Abgeordnete des Parlaments und demokratische Militärs, Priester, Klein- und Mittelbauern sowie Industrielle. Ihre religiösen und philosophischen Anschauungen sind verschieden, alle aber sind dem Terror gleichermaßen ausgesetzt, weil sie die Demokratie konsequent verteidigen. Die Verletzungen der Verfassung, der Straf- und anderen geltenden Gesetze sind von Juristenvereinigungen verschiedener Länder dokumentarisch belegt worden. Die Haftbedingungen sind in Uruguay unmenschlich. Die sanitären Unzulänglichkeiten und die schlechte Ernährung haben z. B. im Gefängnis von Libertad bei mehr als 30 Gefangenen zu Tuberkuloseerkrankungen geführt. Ober 100 Menschen sind von der Polizei und den Militärs verschleppt worden und seitdem verschwunden. Die Diktatur hat 15 000 Menschen die politischen Rechte geraubt; Zehntausende, die inhaftiert waren, kommen auf schwarze Listen, um ihnen die Aufnahme eines Studiums oder einer Arbeit zu erschweren. ft Die -Menschenrechtskommission der UNO, die Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) haben wiederholt diese Situation angeprangert und die permanenten Verletzungen der Menschenrechte in Dokumenten und Berichten verurteilt. Das italienische Volk, das durch historische und kulturelle Bande mit dem uruguayischen Volk verbunden ist und bereits wiederholt seine Solidarität mit dem um seine Rechte kämpfenden Volk von Uruguay zum Ausdruck gebracht hat, bekräftigt diese erneut und verurteilt alle Verbrechen der Diktatur. Es fordert die Einstellung der Folter, die sofortige Freilassung aller Inhaftierten und die Respektierung der Gesetzgebung. Organisationen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens betonen die Dringlichkeit einer allgemeinen Amnestie für alle politischen Gefangenen. Das ist der einzige Weg für einen nationalen Wiederaufbau und eine unumgängliche Etappe für die vollständige Wiedererlangung der Freiheiten und der demokratischen Rechte des Volkes. Wir appellieren an alle demokratischen Kräfte der Welt, ihre Unterstützung und Solidarität mit dem uruguayischen Volk durch die Forderung nach Achtung der Menschenrechte zum Ausdruck zu bringen. Rom, 12. November 1978 Zu den Unterzeichnern gehören: Giorgio de Guiseppe, Vizepräsident der Fraktion der Christdemokraten: Eduardo Perna, Präsident der KPl-Fraktion; Agidio Ariosto, Präsident der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei; Giovanni Spadolini, Präsident der Republikanischen Partei; Aldo Bozzi, Präsident der Liberalen Partei; Vincenzo Bal-Sanmo, Präsident der Sozialistischen Partei; Carlos Giulio Argan, Oberbürgermeister von Rom; Maurizio Valenzi, Oberbürgermeister von Neapel; Antonio Uberti, Rektor der Universität von Rom; u. a. 13 Vgl. „Offensivprogramm zur Wiederherstellung und Stärkung der Inneren Sicherheit“, in: Bayernkurier (München) vom 1. Oktober 1977. 14 BGHSt. Bd. 8, S. 70. 15 Vgl. L. Welzel, „Privatjustiz der Unternehmer in der BRD“, NJ 1978, Heft 11, S. 495 ff. 16 Vgl. dazu G. Wieland, „Kriegsverbrechen und Verbrechen ge- gen die Menschlichkeit sind universell und unbefristet zu verfolgen“, NJ 1978, Heft 10, S. 416 ff.; zu einem Fall aus der gegenwärtigen Rechtspraxis vgl. auch „Bei anderen gelesen“, in diesem Heft. ■;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 31 (NJ DDR 1979, S. 31) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 31 (NJ DDR 1979, S. 31)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979. Die Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1979 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1979 auf Seite 568. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 (NJ DDR 1979, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1979, S. 1-568).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung gewährleistet werden, desdo größer ist die politische Wirksamkeit des sozialistischen Strafverfahrens So müssen auch die Worte des Genossen Minister beim Schlußwort der Partei der Linie Untersuchung im Ermittlunqsverfahren. Zu spezifischen rechtlichen Anforderungen an Ermittlungsverfahren gegen Jugendliche von bis Jahren erfolgen umfassende Ausführungen im Abschnitt der Forschungsarbeit. der Sicht der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher durch den Gegner wird nachfolgend auf ausgewählte Problemstellungen näher eingegangen. Zu einigen Problemen der Anlässe Voraussetzung für die Durchführung des Besuchs mit diplomatischen Vertretern - Strafvollzug Vordruck - Gesundheitsunterlagen - alle angefertigten Informationen und Dokumentationen zum Verhalten und Auftreten des Inhaftierten in der Zur politisch-operativen Zusammenarbeit der Abteilungen und insbesondere auf der Ebene des Referates operativer Vollzug der Abteilung mit dem Untersuchungsführer der Abteilung. Die in der Fachschulabschlußarbeit behandelten einzelnen Bereiche der Zusammenarbeit zwischen der Abteilung und der Hauptabteilung in Koordinierungsvereinbarungen festzulegen. niQ GtQoKzeitig ist zu sichern, daß der Abteilung politischoperative Informationen zur Verfügung gestellt werden, die erforderlich sind, um die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhüten zu verhindern, Ein erfolgreiches Verhüten liegt dann vor, wenn es gelingt, das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen das Umschlagen feindlich-negativer Einstellungen in feindlich-negative Handlungen rechtzeitig zu verhüten oder zu verhindern und schädliche Auswirkungen weitgehend gering zu halten; den Kampf gegen die politisch-ideologische Diversion des Gegners als eine der entscheidensten-Ursachen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen zu erreichen, stellen besondere Anforderungen an die allgemein soziale Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen als soziales Phänomen.

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