Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1979, Seite 309

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 309 (NJ DDR 1979, S. 309); Neue Justiz 7/79 309 mittlung, Leitung des Ermittlungsverfahrens, Erhebung und Vertretung der Anklage, Rechtsprechung), die einen wesentlichen Einfluß auf die Erkenntnistätigkeit ausüben. Sowohl der Untersuchungsführer als auch der Staatsanwalt und der Richter prüfen Be- und Entlastendes (§§ 1, 8, 87, 101, 220, 222 usw. StPO). Die Schwierigkeit des strafprozessualen Erkenntnisprozesses, Be- und Entlastendes gleichermaßen zu berücksichtigen, die Verstärkung der Garantie, daß jeder Schuldige, aber kein Unschuldiger strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird, haben dazu geführt, die Funktionen des Richters, des Anklägers und des Verteidigers voneinander zu trennen. Die Trennung der Funktionen geht logisch von der Einheitlichkeit der Zielstellung des Strafverfahrens und von der Bedeutung jeder einzelnen Funktion aus. Eine wesentliche Garantie der Gesetzlichkeit besteht darin, daß der Angeklagte in dem gegen ihn geführten Verfahren die Stellung eines selbständigen Prozeßsubjekts und damit das Recht zur Mitwirkung hat (§§ 8 Abs. 2, 15 StPO). Die Wirksamkeit dieser Garantie wird durch die Teilnahme des Verteidigers erhöht, und zwar durch seine Kenntnisse und die Tatsache, daß er im Unterschied zum Angeklagten persönlich von dem Verfahren nicht betroffen ist. Um Fehlentscheidungen möglichst auszuschließen, bedarf es einer Stimme im Strafverfahren, die nur der Entlastung des Angeklagten dient. Sonst sind Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit nicht so gewährleistet, wie es den sozialistischen Prinzipien des Strafrechts entspricht. Diese Tatsache ist sowohl theoretisch als auch in der Praxis erwiesen. Im Grunde geht es um die Bedingungen, die am zuverlässigsten die Gewinnung wahrer Erkenntnisse im Strafverfahren sichern, um die Berücksichtigung der materialistischen Dialektik im Erkenntnisprozeß: Es geht um den humanistischen Inhalt unseres sozialistischöl Rechts. Verteidigung ist Erfüllung des gesellschaftlichen Bedürfnisses nach Garantie der Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit, das mit den persönlichen Bedürfnissen der Bürger voll übereinstimmt. Die Aufnahme des Rechts auf Verteidigung in die Verfassung (vgl. Art. 102 Abs. 2) zeigt die Bedeutung dieser Gesetzlichkeitsgarantie für die Gesellschaft, speziell für das Verhältnis zwischen dem Bürger und seinem sozialistischen Staat. Wenn man die Funktion der Verteidigung inhaltlich anders charakterisiert als die übrigen im Strafverfahren auszuübenden Funktionen, indem ihre Existenzberechtigung lediglich von der Erfüllung persönliche- Bedürfnisse abgeleitet wird, während die anderen Funktionen mit der Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse verbunden werden, würde die Bedeutung der Verteidigung entwertet und damit ihre potentielle Wirksamkeit geschmälert. Zur Bedeutung der Bestimmung des Inhalts der Verteidigung Die richtige Bestimmung des Inhalts der Tätigkeit des Verteidigers hat große Bedeutung für seine praktische Arbeit und für die Strafrechtspflege überhaupt. Wer das Wesen der Verteidigertätigkeit nur in der Erfüllung persönlicher Bedürfnisse des Angeklagten erblickt, wird andere Erwartungen an den Verteidiger richten als derjenige, der die Funktion der Verteidigung als Ausdruck des Bedürfnisses der Gesellschaft und ihrer Bürger nach Feststellung der objektiven Wahrheit und Wahrung der Gesetzlichkeit auffaßt. Der Verteidiger als Auftragnehmer LS. der §§187 ff. ZGB wäre kein selbständiges Organ der Rechtspflege mehr. Er wäre in jedem Fall an die mit seinem Auftraggeber getroffenen Vereinbarungen bei der Ausführung der Dienstleistung gebunden (§198 ZGB), und er könnte über das „Wie“ der Verteidigung nicht selbst entscheiden und hätte es insoweit auch nicht zu verantworten. Maßstab für die Qualität der Arbeit wäre allein der Grad der Befriedigung der Bedürfnisse des Auftraggebers. Mit einer solchen Bindung an den Auftraggeber, die diese Konzeption mit sich bringt, würde jedoch unausweichlich die Wirksamkeit des Verteidigers eingeschränkt. Würde sich die Auffassung durchsetzen, daß der Verteidiger die Bedürfnisse seines Auftraggebers (getrennt von den gesellschaftlichen Bedürfnissen) durch persönliche Dienstleistung befriedigt, dann hätte dies u. E. zur Folge, daß das Vorbringen des Verteidigers an Gewicht verliert. Man gibt dem Bürger also nicht einen „besseren“ Verteidiger, wenn man ihn enger an den Auftraggeber bindet und ihn wie A. Persike das will 5 in eine Reihe mit dem Friseur oder dem Tanzlehrer stellt. Weniger Pflichten für den Rechtsanwalt was sich aus einer derartigen These ergibt bedeutet auch weniger Wirksamkeit. Zwischen Verteidiger einerseits sowie Gericht und Staatsanwalt andererseits wird eine Grenze gezogen. In ihren Auswirkungen richtet sich Göhrings Auffassung von ihm gewiß ungewollt gegen die Bemühungen, die sozialistische Verteidigung weiter zu entwickeln, ihre Wirksamkeit und Verantwortlichkeit zu erhöhen. Zur Rechtsnatur des Anwaltsvertrags Wir werden folglich gerade durch die Darlegungen von Göhring noch mehr in unserer Auffassung bestätigt, daß mit den Bestimmungen der §§ 197 ff. ZGB der Anwaltsvertrag nicht unmittelbar geregelt wird. Die Verträge zwischen Bürgern und Rechtsanwälten sind ihrem Inhalt nach sehr unterschiedlich. Der Auftrag, einen Vertrag zu entwerfen, ist u. E. anders zu beurteilen als eine Verteidigung in einem Strafverfahren oder eine Vertretung in .einer Verwaltungsangelegenheit. In allen Fällen hat jedoch der Rechtsanwalt eine eigene Verantwortung: Immer ist seine Tätigkeit eine Form der Rechtspflege, die zumindest nach dem gegenwärtig herrschenden Verständnis nicht dem aus der Sphäre der Ökonomie stammenden Begriff der Dienstleistung zugeordnet werden kann. Hieraus folgt, daß die Verträge zwischen Bürger und Rechtsanwalt genausowenig im ZGB geregelt sind wie die Verträge zwischen Bürger und Arzt. Es handelt sich also um atypische Verträge oder um Verträge sui generis®, für die die Regelungen der Verträge über persönliche Dienstleistungen analog herangezogen werden können, soweit sie nicht der Natur des Anwaltsvertrags insbesondere der Unabhängigkeit des Rechtsanwalts widersprechen. So können die Bestimmungen der §§ 198, 199, 202 und 203 und teilweise auch die Bestimmungen des § 200 ZGB analog angewendet werden. Dagegen sind die allgemeinen Bestimmungen der §§ 162, 163 ZGB und die Bestimmungen der §§ 200 Abs. 1, 201 ZGB auch analog nicht anwendbar. Insoweit müssen soweit dies erforderlich ist entstehende Probleme in Übereinstimmung mit § 48 Abs. 1 ZGB (Gültigkeit der allgemeinen Bestimmungen über Verträge auch für Vertragsverhältnisse, die nicht im ZGB geregelt sind) gelöst werden. , 1 2 3 4 5 6 1 Vgl. J. Göhring, „Die Tätigkeit des Rechtsanwalts als persönliche Dienstleistung“, NJ 1978, Heit 7, S. 300 ft. Siehe auch J. Göhring, Dienstleistungen, Gemeinschaften von Bürgern, Gegenseitige Hilfe und Schenkung, Grundriß Zlvlrecht, Heft 6, Berlin 1977, S. 57, und J. Göhring/K. Schumann, „Die Regelung der Dienstleistungen, insbesondere hauswirtschaftiiehe Dienstleistungen und Reparaturen“, NJ 1974, Heft 23, S. 699 ft. (701). 2 J. Göhring, Die Tätigkeit des Rechtsanwalts als persönliche Dienstleistung, a. a. O., S. 300. 3 Ebenda. 4 Vgl. Lehrbuch Strafverfahrensrecht, Berlin 1977, S. 86 f. 5 Vgl. A. Persike, ' „Persönliche Dienstleistungen“, NJ 1974, Heft 23, S. 706. 6 Vgl. M. Posch, Allgemeines Vertragsrecht, Grundriß Zivilrecht, Heft 3, Berlin 1977, S. 19.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 309 (NJ DDR 1979, S. 309) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 309 (NJ DDR 1979, S. 309)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979. Die Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1979 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1979 auf Seite 568. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 (NJ DDR 1979, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1979, S. 1-568).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß bereits der kleinste Fehler den späteren Einsatz erheblich gefährden oder gar in Frage stellen kann. Das alles begründet die Notwendigkeit, die Erziehung und Befähigung der durch die Mitarbeiter richten muß. Es ist weiterhin notwendig, die wichtigsten Aufgaben zu charakterisieren, die zu lösen sind, um diese Ziele in der täglichen Arbeit stets gewachsen zu sein. Durch die politisch-ideologische und tschekistische Erziehungsarbeit muß den ein reales und konkretes Feindbild vermittelt werden. Das bezieht sich sowohl auf die Vorbereitung und Durchführung als auch auf den Abschluß von Untersuchungshandlungen gegen Angehörige Staatssicherheit sowie auf weiterführende Maßnahmen, Ausgehend vom aufzuklärenden Sachverhalt und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens haben die Untersuchunqsabtoilungen Staatssicherheit die Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X