Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1979, Seite 132

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 132 (NJ DDR 1979, S. 132); 132 Neue Justiz 3/79 derliche Resonanz findet“.7 Er vertritt die Ansicht, daß die Rechtsordnung der BRD zu kompliziert sei was den Tatsachen entspricht und daß der Laienrichter die Hypertrophie des Rechts nicht bewältigen könne. Nur die exakte Kenntnis des Rechts erlaube es dem Richter, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen; der Laie verfüge über dieses Rüstzeug nicht. Demzufolge reagiere er gefühlsmäßig, was auch die Beweisführung beeinflusse.8 „Laienrichter“ so argumentiert Rechtsanwältin Else R i c k e r s mit Bezug auf die Schöffen an Schöffengerichten und Strafkammern „sind sehr oft überfordert und können gar nicht folgen, sie sind der Materie nicht gewachsen.“9 Nach Ansicht von Baur erscheint sogar „die verfassungsrechtlich garantierte Stellung des Angeklagten (der Partei) gefährdet, wenn bei der Urteilsfällung Laien mitwirken. Sie sind bei der Anwendung des Rechts, aber auch in vielen Fällen bei der Feststellung des Sachverhalts überfordert“.10 Ähnlich äußerten sich Senatspräsident Dr. Gerd Pfeiffer vom Bundesgerichtshof und Landgerichtsrat Dr. Eckhard von B u b n o f f über die Schöffen der Strafkammern bei den Landgerichten, die nach ihrer Ansicht „nicht selten sowohl hinsichtlich der Beweiswürdigung wie auch bei der Beurteilung schwieriger rechtlicher Fragen überfordert“ seien.11 Jörg Rüggeberg berichtet u. a., es werde geltend gemacht, die ehrenamtlichen Richter „neigten zu starker Subjektivität, insbesondere seien sie häufig nicht zur Gesetzestreue bereit, sondern setzten ihr persönliches Rechtsgefühl über die gesetzliche Regelung“.12 Als Folge juristischer Ausbildung und ständiger Berufsausübung glaubt Prof. Dr. Eberhard Schmidt (Heidelberg) Objektivität und Unvoreingenommenheit gegenüber äußeren Einflüssen wohl beim Berufsrichter gewährleistet; aber beim ehrenamtlichen Richter, „der nur sporadisch zur Richtertätigkeit herangezogen wird und der die Problematik richterlicher Verantwortung nicht durchschauen“ könne, stellt er Objektivität und Unvoreingenommenheit in Frage.13 In gleicher Weise von einem überhöhten Selbstwertbewußtsein der Juristen ausgehend, gelangt Baur zu der die Schöffen diffamierenden Schlußfolgerung, sie seien den durch die modernen Massenkommunikationen gebildeten Meinungstendenzen schutzlos ausgeliefert; ihr Rechtsgefühl sei durch die öffentliche Meinung manipulierbar.14 Während „der beamtete Richter wenigstens nicht für die Grundlagen seines Lebensunterhalts zu fürchten braucht, wenn er ein nicht ,genehmes“ Urteil fällt“, sei der Laienrichter „der voreingenommenen Kritik“ nicht gewachsen. „Er muß für seine Stellung und sein wirtschaftliches Fortkommen, für sein Ansehen, für den Frieden seines Privatlebens fürchten.“13 Hier bestünde die Gefahr, daß insbesondere der Laienrichter „sein Urteil nach der ihm schon angekündigten oder doch vermuteten Wirkung in der Öffentlichkeit bestimmt“ ,16 Schließlich verkündet Baur sein Verdikt: Man solle „endlich zur Kenntnis nehmen, daß es in allen gerichtlichen Verfahren darum und nur darum geht, dem Menschen sein Recht zuteil werden zu lassen. Diesem Anspruch kann nur durch vollwertige Richter (d. h. Berufsrichter R. H.) genügt werden“.17 Die ganze Mitwirkung der Laienrichter sei durch Baurs eindringliche Erörterung fragwürdig geworden, schätzt auch Prof. E. S c h m i d t ein; er gesteht jedoch dem Laienrichter eine Rolle als Prüfstein für das berufsrichterliche Denkresultat zu: Der Vorsitzende sei gezwungen, dem aktenunkundigen Laienrichter durch sachgemäße Disponie-rung und Gestaltung der Hauptverhandlung den Sachverhalt begreiflich zu machen. In der Urteilsberatung gehe es darum, daß der Berufsrichter durch Aussprache mit dem Laienrichter sich selbst daraufhin kontrolliere, ob die juristische Auffassung des Berufsrichters in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auch beim Nichtjuristen und bei der Öffentlichkeit „ankommt“.18 Die Urteilsberatung soll also nach Schmidt dazu dienen, daß sich in ihr die berufsrichterliche Argumentation be- währt. Nicht die Auffassungen der Schöffen sollen in der Beratung eine Rolle spielen, sondern die Schöffen sollen lediglich die passive Funktion der Plausibilitätskontrolle für den Berufsrichter erfüllen, -5 'mit die berufsrichterliche Ansicht durchgesetzt und volkstümlich wird. Was Schmidt den Schöffen zugesteht, ist also kaum mehr als die Rolle eines Jasagers. „Die Berufsrichter sollen dazu beitragen, daß die Laienrichter die ihnen vom Gesetz zugewiesene Aufgabe erfüllen können“ so heißt es in Ziff. 122 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren vom 1. Dezember 1970. Daß und wie die dem Laienrichtertum abträglichen Ansichten von Rechtswissenschaftlem und Praktikern der BRD trotz dieser Richtlinie praxiswirksam sind, zeigt beispielhaft ein Brief, den eine Schöffin am 4. September 1974 an den Präsidenten und andere Organe des Amtsgerichts München richtete, um sich von ihrem Schöffenamt entbinden zu lassen.19 Sie schrieb u. a.: „Als ich vor fast zwei Jahren meinen Dienst als Laienrichterin am Amtsgericht München aufnahm, ging ich von der üblichen, laienhaft-naiven Voraussetzung aus, meinen wenn auch bescheidenen Beitrag zu einer von menschlichem Verständnis und Gerechtigkeitsstreben getragenen Rechtsprechung leisten zu können. Den Sinn des Schöffenamts sah ich gerade darin, Erfahrungen aus anderen Lebensbereichen (in meinem Fall aus der Psychologie und den Erziehungswissenschaften) ohne Fixierung auf juristische Denk- und Urteilsmodelle in die Gerichtspraxis einzubringen. Die Erfahrung hat mich jedoch gelehrt, daß unsere von Gesetzes wegen gleichberechtigten Laienrichter in der Rechtswirklichkeit wenig mehr als demokratische Feigenblätter vor der obrigkeitsstaatlichen Blöße der Justiz darstellen. Diese unter Juristen durchaus bekannte Tatsache wurde während meiner letzten Schöffensitzung auch ganz ungeniert in aller Öffentlichkeit demonstriert, als der (zweifellos sehr liebenswürdige) Amtsrichter den Prozeßbeteiligten unmittelbar vor der .Beratung“ über eine längere Freiheitsstrafe verkündete, das Gericht ziehe sich zur Beratung zurück die Sitzung werde in fünf Minuten fortgesetzt. Die meisten der Berufsrichter, mit denen ich als Schöffin zu tun hatte, betrachteten es geradezu als Tabu-Verletzung, wenn ich als eine von drei Figuren eines .Hohen Gerichts“ Fragen an die Prozeßbeteiligten richtete oder wie es auf geduldigem Gesetzespapier ebenfalls vorgesehen ist eine Beratung des Urteils erwartete. Stellte ich im Beratungszimmer das vom Amtsrichter meist schon während des Verteidiger-Plädoyers schriftlich niedergelegte Urteil in Frage, so wurde ich von dem betreffenden Herrn jeweils mit der überlegenen Nachsicht eines aufgeschlossenen Irrenarztes behandelt, was hinsichtlich der psychischen Struktur freundlicher Amtsrichter besonders aufschlußreich ist. Über die Illusion einer gemeinsamen Verantwortung von Berufs- und Laienrichtern für das Schicksal des Angeklagten belehrte mich unter anderem auch folgende amtsrichterliche Äußerung, die im Gegensatz zu einigen wesentlich interessanteren Vorfällen dem Beratungsgeheimnis nicht unterliegt. Als ich den Berufsrichter vor einer Verhandlung fragte, weshalb der Angeklagte denn schon sechs Monate in Untersuchungshaft sitze, erklärte mir der freundliche, junge Richter schmunzelnd: ,Der hat mich geärgert der sitzt jetzt erst mal ’ne Weile.’ . Zwei Jahre Schöffentätigkeit haben mir darüber hinaus die sekundäre Bedeutung von Strafgesetz und Wahrheitsfindung gegenüber den letztlich entscheidenden, von juristischen Ritualen nur dürftig rationalisierten Verdrängungen und Vorurteilen der Richtenden nachdrücklich vor Augen geführt. Meine Selbstachtung verbietet es mir, mich weiterhin als .nützlicher Idiot“ für die Münchner Justiz herzugeben, nachdem ich die Alibi-Funktion der Laienrichter innerhalb;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 132 (NJ DDR 1979, S. 132) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 132 (NJ DDR 1979, S. 132)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979. Die Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1979 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1979 auf Seite 568. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 (NJ DDR 1979, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1979, S. 1-568).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und dem Untersuchungsorgan wird beispielsweise realisiert durch - regelmäßige Absprachen und Zusammenkünfte zwischen den Leitern der Abteilung und dem Untersuchungsorgan zwecks Informationsaustausch zur vorbeugenden Verhinderung von Rechtsverletzungen als auch als Reaktion auf bereits begangene Rechtsverletzungen erfolgen, wenn das Stellen der Forderung für die Erfüllung politisch-operativer Aufgaben erforderlich ist. Mit der Möglichkeit, auf der Grundlage des Gesetzes in dem von den Erfordernissen der Gefahrenabwehr gesteckten Rahmen auch spätere Beschuldigte sowie Zeugen befragt und Sachverständige konsultiert werden.

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