Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1978, Seite 498

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 498 (NJ DDR 1978, S. 498); 498 Neue Justiz 11/78 ger zu unterlaufen, sind jedoch bei den Verantwortlichen auf taube Ohren gestoßen. Im Gegenteil: Besonders in der juristischen Literatur der BRD ist zu beobachten, daß die Betriebsjustiz und die Praktiken des Werkschutzes nicht nur fast durchweg bejaht, sondern im Unterschied zu früher30 sogar als Ausdruck der Demokratisierung der Rechtspflege glorifiziert werden. Zwar kommen einige Autoren nicht umhin, den „Mangel von rechtsstaatlichen Sicherungen“31 bzw. das Fehlen „rechtsstaatlicher Garantien, die den Arbeitnehmer schützen, das Opfer unkontrollierter Herrschaft zu werden“,32 einzuräumen, doch hindert sie dies nicht, zu behaupten, mittels der Betriebsgerichtsbarkeit werde dem Bestreben moderner Kriminalpolitik nach Resozialisierung in besonders geeigneter Weise Rechnung getragen, und die Betriebsjustiz als demokratisch zu lobpreisen.33 Diese die Tatsachen auf den Kopf stellende Kennzeichnung des lediglich am Betriebsinteresse orientierten Hausrechts der Unternehmer offenbart ein doppeltes Dilemma der Ideologen der Bourgeoisie: Zum einen sehen sie sich gezwungen, der Herausforderung und Ausstrahlungskraft des realen Sozialismus auch auf dem Gebiet wirksamer Kriminalitätsbekämpfung, insbesondere der umfassenden Einbeziehung der Werktätigen als Ausdruck der sozialistischen Demokratie, zu begegnen. Dabei negieren sie die in der sozialistischen Gesellschaft auf Grund der Herrschaft der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten existierenden Garantien für die Tätigkeit der gesellschaftlichen Gerichte, die der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Erhöhung der Rechtssicherheit verpflichtet ist. Zum anderen spiegelt die Rechtfertigung der Betriebsgerichtsbarkeit die tiefe Krise wider, in der sich auch die staatliche Justiz der BRD seit langem befindet. Weil immer offenkundiger wird, daß die staatliche Justiz außerstande ist, eine wirksame, demokratische, resozialisierungsfreundliche Kriminalitätsbekämpfung zu garantieren, wird nach Wegen gesucht, die zur Erreichung dieser Zielvorstellung beitragen könnten. Hiergegen ist selbstverständlich nichts einzuwenden, denn es liegt nicht im Interesse der Werktätigen in der BRD, daß bei geringfügigen Strafrechtsverletzungen stets der Justizapparat in Gang gesetzt wird und es zu einer gerichtlichen Verurteilung kommt, die mit ihrer brandmarkenden Wirkung dem „Vorbestraften“ nur allzu oft den Weg in das kriminelle Abseits weist. Solange indessen der Charakter der Betriebsjustiz durch die Willkür der Monopole geprägt wird, die Betriebsjustiz als Mittel der Unterdrückung und Einschüchterung fortschrittlicher Werktätiger dient, keinerlei Garantien für eine demokratische Mitgestaltung durch die Arbeiter und Angestellten und damit für eine gerechte Entscheidungsfindung existieren, solange besteht nicht der geringste Grund, der Betriebsgerichtsbarkeit in der BRD „Qualitäten einer funktionalen Alternative für die ordentliche Rechtspflege“34 anzudichten. Den Weg zur Demokratisierung des Rechtslebens weist die DKP in ihrem vom Mannheimer Parteitag am 21. Oktober 1978 beschlossenen Programm.35 Er führt über die von den progressiven Kräften in der BRD zu erzwingende Erweiterung der sozialen und demokratischen Rechte der Werktätigen und die Zurückdrängung der Macht des Monopolkapitals. Dabei ist das entscheidende Element des Kampfes der DKP für mehr Demokratie das Eintreten für Mitbestimmung und demokratische Kontrolle in allen gesellschaftlichen Bereichen. 1 1 Veröffentlicht in: Recht und Politik (Berlin [West]) 1976. Heft 1, S. 62. 2 G. Kaiser („Kriminologische Aspekte der Kriminalität in Betrieben“, in: Betriebskriminalität, Kriminologische Schriftenreihe der Deutschen Kriminologischen Gesellschaft, Bd. 63, Hamburg 1976, S. 26) berichtet von Erhebungen, wonach auf einen betrieblich registrierten Diebstahl 35 der Betriebsleitung unbekannt bleibende Delikte entfielen. 3 Vgl. z. B. H.-J. Kerner, Verbrechenswirklichkeit und Strafverfolgung, München 1973, S. 34; W. Zöllner, „Betriebsjustiz“, Zeitschrift für Zivilprozeß (Köln/Berlin[West]/Bonn/München) 1970, Heft 4, S. 384; O. Liesenborghs, „Tatort Betrieb“, in: Betriebskriminalität, a. a. O., S. 19. 4 Vgl. G. Kuhlmann, „Betriebsjustiz und Werkschutz“, Zeitschrift für Rechtspolitik (Frankfurt am Main) 1977, Heft 12, S. 298; O. Liesenborghs, a. a. O., S. 19. 5 Vgl. G. Metzger-Pregizer, „Betriebsjustiz und Betriebskriminalität“, Zeitschrift für Rechtspolitik 1974, Heft 7, S. 167 ff. 6 Vgl. D. Rössner, „Strafrechtsreform durch partielle Entkrimi-nalisderung“, Zeitschrift für Rechtspolitik 1976, Heft 6, S. 144. Die von J. Feest („Soziale Kontrolle und abweichendes Verhalten in Betrieben“, Kriminologisches Journal [München] 1971, Heft 3/4, S. 229 ff.) in Auswertung der Forschungsarbeiten verschiedener WissenschafUer veröffentlichten Zahlen bewegen sich zwischen 200 und 5 500 Straftaten auf 100 000 Betriebsangehörige. 7 Statistisches Jahrbuch der BRD 1974, S. 184 f. 8 Aus Raumgründen kann hier nur angemerkt werden, daß Bemühungen einer Reihe von BRD-Strafrechtslehrem, der Betriebsjustiz eine gesetzliche Grundlage zu verschaffen, bisher scheiterten. Das gleiche trifft auch für den Versuch zu, die ebenfalls verbreitete Hausjustiz der Geschäftsinhaber gegenüber Kunden, die beim Warendiebstahl ertappt werden, einer rechtlichen Regelung zu unterwerfen, um die vielfach praktizierten Methoden der Einschüchterung, Korrumpierung, Nötigung, Erpressung und des Betruges seitens der Warenhäuser zu unterbinden. Diesbezügliche Entwürfe von Gesetzen zur Regelung der Betriebsjustiz bzw. gegen den Ladendiebstahl, die von einem Arbeitskreis von Strafrechtsprofessoren aus der BRD und der Schweiz in den Jahren 1974 und 1975 veröffentlicht wurden und vorsahen, das Strafrecht durch den Ausbau anderer Formen rechtlicher Verantwortlichkeit zurückzudrängen, stießen bei der herrschenden Klasse auf entschiedene Ablehnung. Als Argumente gegen eine solche gesetzliche Regelung werden der Gleichheitsgrundsatz, das Legalitätsprinzip sowie das „verfassungsrechtlich abgesicherte Rechtsprechungsmonopol der Gerichte“ ins Feld geführt. Eine große Rolle spielte auch der Einwand, „allgemeingültige ethische Wertvorstellungen“ geböten es, daß ein Diebstahl von wenigen Mark unverrückbar auch Diebstahl bleibe. Vgl. dazu J. Baumann, „Eine Bagatelle? (Blütenlese aus der Argumentation des 51. Deutschen Juristentages)“, Zeitschrift für Rechtspolitik 1976, Heft 11, S. 268 ff. Zur begründeten Kritik am Entwurf des Gesetzes zur Regelung der Betriebsjustiz, dessen Hauptschwäche in der Illusion betrieblicher Harmonie und Sozialpartnerschaft besteht, vgl. auch H. M. Pfarr, „Der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Betriebsjustiz“, Zeitschrift für Rechtspolitik 1976, Heft 10, S. 233 ff. 9 M. Benjamin, „Betriebsgerichtsbarkeit in Westdeutschland“, Staat und Recht 1966, Heft 11, S. 1836 ff. (1839). 10 J. Renneberg/L. Frenzel/R. Dähn, Die historischen Grundlagen der westdeutschen Strafrechtsreform und die Funktion ihrer Schuld- und Verantwortungsdoktrin bei der Integration des Strafrechts in die innere Staatsreform, Aktuelle Beiträge der Staats- und Rechtswissenschaft, Heft 54, Bd. 1, Potsdam-Babelsberg 1970, S. 58. 11 Nach der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 1976 betrug die Aufklärungsquote bei Diebstahl (insgesamt) lediglich 29,7 Prozent. Vgi. Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 3. Juni 1977, S. 541. 12 Vgl. G. Kaiser, a. a. O., S. 33. 13 „Die Organe der Strafverfolgung wie der Strafgerichtsbarkeit laufen Gefahr, in einem Meer von Bagatellkriminalität zu ertrinken“, schätzt R. Wassermann („Rechtspolitische Aspekte der Betriebsjustiz“, in: Betriebskriminalität, a. a. O., S. 57) ein. Auch J. Baumann (a. a. O., S. 269 f.) unterstreicht, daß „die Strafjustiz zusammenbräche, wenn alle Fälle entdeckten Klein-diebstahls justiziell . aufgearbeitet werden müßten“. Und er stellt die Frage: „Funktioniert unser Rechtssystem nicht einfach gerade deshalb noch, weil sein wirkliches Funktionieren gar nicht in Anspruch genommen wird?“. 14 Vgl. O. Liesenborghs. a. a. O., S. 19; R. Wassermann, a. a. O., S. 59; G. Kaiser, a. a. O., S. 23. 15 Vgl. J. Feest/G. Metzger-Pregizer, „Betriebskriminalität und Betriebsjustiz“, Kriminologisches Journal 1972, Heft 2, S. 89. 16 G. Kaiser, a. a. O., S. 23. 17 G. Kaiser, a. a. O., S. 32. 18 R. Wassermann, a. a. O., S. 57. 19 J. Feesit/G. Metzger-Pregizer (a. a. O., S. 89) ermittelten, daß etwa die Hälfte der entlassenen Tater zur Anzeige gebracht wird. 20 R. Wassermann, a. a. O., S. 58. 21 Vgl. G. Metzger-Pregizer, a. a. O., S. 169. 22 Zur Entstehung und Entwicklung des Werkschutzes, der vor allem in Großbetrieben der BRD fest verankert ist und den Charakter einer dem Kapitalinteresse dienenden paramilitärischen Organisation hat, vgl. M. Benjamin, a. a. O,. S. 1838 f. Im Zusammenhang mit der Betriebsjustiz vereinigt der Werkschutz regelmäßig in sich „.die Funktionen der Polizei, des Anklagevertreters und oft auch eines Zeugen“ (J. Kuhlmann, a. a. O., S. 298). 23 J. Kuhlmann, a. a. O. 24 H. Schäfer, „Der Werkschutz als Sicherheitsfaktor“, Die Polizei (Köln/Berlin[West]/Bonn/München) 1977, Heft 5, S. 153 ff. (154 f.). 25 O. Liesenborghs, a. a. O., S. 17 f. 26 O. Liesenborghs, a. a. O., S. 18. 27 M. Premßler, „Die Betriebsjustiz legalisiertes Hausrecht der Unternehmer“, Arbeit und Arbeitsrecht 1977, Heft 14, S. 441 ff. 28 Vgl. G. Wallraff, 13 unerwünschte Reportagen, Reinbek 1975, S. 145 ff. 29 So W. Hoffmann-Riem, „Übergang der Polizeigewalt auf Private?“ Zeitschrift für Rechtspolitik 1977, Heft 11, S. 277 ff. 30 Vgl. dazu M. Benjamin, a. a. O., S. 1837. 31 G. Kaiser, a. a. O., S. 32. 32 R. Wassermann, a. a. O., S. 55. 33 G. Kaiser, a. a. O., S. 33 f. 34 G. Kaiser, a. a. O., S. 34. 35 Vgl. UZ (Düsseldorf) vom 25. Oktober 1978.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 498 (NJ DDR 1978, S. 498) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 498 (NJ DDR 1978, S. 498)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1978. Die Zeitschrift Neue Justiz im 32. Jahrgang 1978 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1978 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1978 auf Seite 556. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 32. Jahrgang 1978 (NJ DDR 1978, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1978, S. 1-556).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und damit den Einfluß von erkannten personellen Stützpunkten des Gegners auf weitere Gleichgesinnte und andere negative Kräfte wirksam zu unterbinden. Sie sind zur ständigen Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in den StrafVollzugseinrichtungen sowie Untersuchungshaftanstalten und bei der Erziehung der Strafgefangenen sind Ausbrüche, Entweichungen, Geiselnahmen, andere Gewalttaten xind provokatorische Handlungen sowie im Anschluß daran vorgesehene Angriffe gegen die Staatsgrenze der und landesverräterischen Treuebruch begingen und die deshalb - aber nur auf diese Delikte bezogen! zurecht verurteilt wurden. Die Überprüfungen haben ergeben, daß es sich bei diesem Geschehen run eine Straftat handelt, das heißt, daß die objektiven und subjektiven Merkmale eines konkreten Straftatbestandes verletzt wurden. Die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege vorliegen, ist die Sache an dieses zu übergeben und kein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Der Staatsanwalt ist davon zu unterrichten.

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