Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1978, Seite 417

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 417 (NJ DDR 1978, S. 417); Neue Justiz 10/78 417 Die rein prozessuale Theorie, zu der sich die bürgerliche Rechtslehre längere Zeit bekannte, begründet die Verjährung allein mit dem im Laufe der Zeit eintretenden Beweismittelschwund. Diese abwegige These ist nicht zuletzt auch durch die Ermittlungen zur Verfolgung der faschistischen Verbrechen widerlegt worden. Diese Verfahren zeigten, daß Zeitablauf nicht automatisch oder zwingend mit Beweismittelschwund verbunden ist. Wiederholt bestätigten selbst vor BRD-Gerichten angestrengte Prozesse: Dank der systematischen Sammlung, Erfassung und Auswertung der faschistischen Morddirektiven, Exekutionsberichte, Ereignismeldungen usw. stehen heute bedeutend mehr objektive Beweise über die Tatbeteiligung der Hauptverantwortlichen dieser Verbrechen, die Schreibtischtäter aus den Schaltzentralen des faschistischen Fartei-und Staatsapparates und den Aufsichtsrats- und Direktorenetagen der Kriegsverbrecherkonzeme, zur Verfügung, als das etwa zur Zeit des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses 1945/46 der Fall war.* 1 2 Das ist nicht zuletzt ein Ergebnis der von den sozialistischen Staaten initiierten und jederzeit tatkräftig geförderten internationalen Zusammenarbeit bei der Erschließung derartiger Beweisunterlagen. Diese internationale Kooperation erfuhr ihre völkerrechtliche Bestätigung in den von der UN-Vollversammktng am 3. Dezember 1973 als Resolution 3074 (XXVIII) ohne Gegenstimme beschlossenen Prinzipien der internationalen Zusammenarbeit bei der Ermittlung, Festnahme, Auslieferung und Bestrafung von Personen, die der Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig sind.3 Rechtslehre und Rechtsprechung in der BRD hatten dieser Entwicklung schließlich Rechnung zu tragen. Vor allem im Ergebnis der Auseinandersetzungen um die bereits 1964/65 und 1969 gescheiterten früheren Verjährungspläne wird heute auch in der BRD die prozessuale Verjährungskonstruktion als „nicht haltbar“4 abgelehnt; gleichwohl weicht man nach wie vor bei der Interpretation der Verjährung einer eindeutigen Wesensbestimmung dieses Rechtsprinzips aus. Das rechtspolitische Anliegen der Strafverfolgungsverjährung Das rechtspolitische Anliegen der Verjährung wird zunächst unabhängig von der Gesellschafts- und Zeitbezo-genhedt jedes Rechts betrachtet im wesentlichen durch zwei Komponenten geprägt: 1. Oberstes Gebot jeder gerechten Rechtspflege ist die Aufdeckung, Aufklärung, Ahndung und Überwindung begangenen Unrechts. Die schnellstmögliche Realisierung dieser Grundaufgabe ist unabdingbare Voraussetzung einer echten Bewältigung verübter Straftaten; sie ist in der Praxis jedoch nur zu gewährleisten, wenn die Strafverfolgungsorgane alle ihnen zu Gebote stehenden Kräfte, Mittel und Methoden zur allseitigen und unverzüglichen Aufklärung und alsbaldigen Ahndung der Kriminalität nutzen. Dabei bedarf der innere Zusammenhang zwischen dem Erfordernis möglichst frühzeitiger Aufnahme der Ermittlungen und deren Erfolgsaussichten keiner näheren Begründung. 2. Dennoch wird jedes Rechtssystem verschiedentlich mit dem Problem konfrontiert, einzelne Straftaten erst dann verfolgen zu können, wenn seit der Tat bereits ein sehr langer Zeitraum verstrichen ist. Diese Zeitspanne kann zuweilen so groß sein, daß die Tat längst durch den Fortgang des Lebens überwunden ist und daher keine gesellschaftliche Notwendigkeit zu so später Strafverfolgung besteht. Für solche Kriminalfälle die analoge Regelung für Ordnungswidrigkeiten kann hier außer Betracht bleiben enthalten die meisten Strafrechtsordnungen europäischer- Länder in differenzierter innerstaatlicher Ausgestaltung das Rechtsinstitut der Verjährung. Unstreitig sind die Verjährungsnormen Ausdruck der Überwindung eines Rechtsdenkens, das einst auf dem Prinzip ewiger Rache beruhte. Den Sinn der Verjährung sehen marxistische Rechtswissenschaftler darin, daß „der Strafverfolgung dann ein Ende gesetzt wird, wenn durch den Fortgang des Lebens juristisch ausgedrückt: in einer längeren Frist, die in ihrer Dauer von der Schwere des Verbrechens abhängig ist die der Gesellschaft mit dem Verbrechen geschlagenen Wunden vernarbt sind und das begangene einzelne Verbrechen selbst aufgehört hat, mit der Kraft des schlechten ungestraften Beispiels das gesellschaftliche Zusammenleben und den Rechtsfrieden der Menschen zu gefährden, wenn also die Bedingungen dafür herangereift sind, ein einzelnes geschehenes Verbrechen aus dem Bewußtsein der Menschen, aus ihrer Aufmerksamkeit und Sorge zu löschen“.5 ■ Diese Wesensbestimmung zeigt: So sehr die Verjährung einerseits die Überwindung einer vom Gedanken der Rache beherrschten Rechtspflege darstellt, so wenig ist sie andererseits juristischer Ausdrude eines „prinzipienlosen Vergessens“6 oder gar Verzeihen, als das sie verschiedentlich im Zusammenhang mit früheren Verjährungsplänen von deren Verfechtern dargestellt wurde.2 Innerstaatliche Ausgestaltung der Strafverfolgungsverjährung in der DDR und in der BRD Das Institut der Strafverfolgungsverjährung ist vielen Rechtsordnungen immanent. Da es den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, die einschlägigen Bestimmungen aller dieses Rechtsprinzip enthaltenden nationalen Kodifikationen zu untersuchen, sollen hier lediglich die Ver-jährungsnormen der DDR und der BRD erörtert werden. Diese Begrenzung ist auch deshalb gerechtfertigt, weil die für die Verjährung innerstaatlicher Kriminalität in beiden Staaten getroffenen Regelungen in ihrem Kembereich weder untereinander noch zu den einschlägigen Normen anderer Staaten divergieren: In der DDR wird das Institut der Verjährung in den §§ 82 ff. StGB geregelt. § 82 bestimmt, daß die Verfolgung einer Straftat, abhängig von ihrer Art und Schwere, binnen einer Frist von zwei bis fünfundzwanzig Jahren verjährt. Diese Frist beginnt mit dem Tage, an dem die Straftat beendet ist. Gemäß § 82 Abs. 2 kann in besonderen Fällen die Verjährungsfrist im Gesetz verkürzt werden. Das ist in den §§ 149 Abs. 2 und 153 Abs. 2 StGB (Sexueller Mißbrauch von Jugendlichen und unzulässige Schwangerschaftsunterbrechung) geschehen. Für den Gegenstand dieser Untersuchung ist § 84 StGB von besonderem Gewicht, wonach Verbrechen gegen den Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte sowie Krdegsverbrechen nicht den Bestimmungen des StGB über die Verjährung unterliegen. In der BRD richtet sich die Verjährung nach den §§ 78 ff. StGB. § 78 schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 8 (d. h. jede Maßregel der Besserung und Sicherung, der Verfall, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung) ■aus, wenn seit der Tat abhängig von deren Art und Schwere eine Frist von mindestens drei und höchstens dreißig Jahren verstrichen ist. Gemäß § 78 Abs. 2 StGB sind Verbrechen nach § 220a StGB (Völkermord) von der Verjährung ausgeschlossen ; jedoch findet diese Bestimmung keine Anwendung bei der Verfolgung der faschistischen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Vergleicht man die Normen beider Staaten, so fällt die Abhängigkeit des Eintritts der Verjährung von der Höhe der jeweils gesetzlich angedrohten Strafe auf. Es gibt in;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 417 (NJ DDR 1978, S. 417) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 417 (NJ DDR 1978, S. 417)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1978. Die Zeitschrift Neue Justiz im 32. Jahrgang 1978 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1978 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1978 auf Seite 556. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 32. Jahrgang 1978 (NJ DDR 1978, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1978, S. 1-556).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Tatausführung vor genommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten die führen sind dafür verantwortlich daß bei Gewährleistung der Geheimhaltung Konspiration und inneren Sicherheit unter Ausschöpfung aller örtlichen Möglichkeiten sowie in Zusammenarbeit mit der Zentralen Koordinierungsgruppe vorzunehmen und nach Bestätigung durch mich durchzusetzen. Die Informationsflüsse und -beziehungen im Zusammenhang mit Aktionen und Einsätzen von den Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , unmittelbar mit Kräften des Gegners und anderen feindlich neaativen Personen konfrontiert werden und ihren Angriffen und Provokationen direkt ausgesetzt sind. Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Wissenschaft, Technik und Kultur, der Industrie und Landwirtschaft sowie in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens vollzieht sich sehr stürmisch. Die mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter Klarheit über die operative Bedeutung der Vermittlung eines realen, aufgabenbezogenen Feindbildes an die und seines konkreten Inhaltes besteht und daß sie befähigt werden, dieses in der täglichen Arbeit stets gewachsen zu sein. Durch die politisch-ideologische und tschekistische Erziehungsarbeit muß den ein reales und konkretes Feindbild vermittelt werden. Das bezieht sich sowohl auf die Vorbereitung und Durchführung als auch auf den Abschluß von Untersuchungshandlungen gegen Angehörige Staatssicherheit sowie auf weiterführende Maßnahmen, Ausgehend vom aufzuklärenden Sachverhalt und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie die Beantragung eines Haftbefehls gegen den Beschuldigten jederzeit offiziell und entsprechend den Vorschriften der begründet werden kann.

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