Dokumentation DDR - Neue Justiz (NJ), 32. Jahrgang 1978 (NJ 32. Jg., Jan.-Dez. 1978, Ausg.-Nr. 1-12, S. 1-556)DDR Deutsche Demokratische -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Seite 300 (NJ DDR 1978, S. 300); ?300 Neue Justiz 7/78 Zur Diskussion Die Taetigkeit des Rechtsanwalts als persoenliche Dienstleistung Prof. Dr. sc. JOACHIM GOeHRING, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universitaet Berlin In ihrem Beitrag ?Das Recht auf Verteidigung im sozialistischen Strafverfahren? (Staat und Recht 1978, Heft 2, S. 144 ff.) befassen sich H. Luther /F. Wolff auch mit den Beziehungen zwischen dem Verteidiger und seinem Mandanten. Es werden Aussagen zur staatlich-rechtlichen Leitung dieser Beziehungen sowie zur Begruendung und Ausgestaltung des nach Erteilung des Mandats entstehenden Rechtsverhaeltnisses gemacht. Ausgehend davon, dass die Entscheidung darueber, ob ein Rechtsanwalt und welcher beauftragt wird und wie lange er fuer seinen Mandanten taetig sein soll, grundsaetzlich eigenverantwortlich vom Mandanten zu treffen ist, sprechen sich Luther/Wolff fuer die Begruendung und Ausgestaltung des Rechtsverhaeltnisses durch einen zivilrechtlichen Vertrag aus, den sie als Anwaltsvertrag bezeichnen. Dabei soll es sich um einen speziellen Vertragstyp handeln, der mit den im ZGB geregelten Vertragstypen, insbesondere mit dem Vertrag ueber persoenliche Dienstleistungen (?? 197 bis 203 ZGB), nicht identisch sein soll. Die Verfasser wenden sich damit gegen eine Auffassung, die sowohl waehrend der Erlaeuterung des Entwurfs des ZGB als auch nach seinem Inkrafttreten einheitlich vertreten wurde.1 Zur Begruendung ihres Standpunkts fuehren Luther/Wolff an: ?Die Verteidigung ist keine Dienstleistung. Verteidigung ist in der Verfassung fixierte Rechtspflegetaetigkeit.? Dieser Argumentation muss entgegengehalten werden, dass sie darauf verzichtet, die Verteidigung bzw. die generelle Taetigkeit des Rechtsanwalts zunaechst als gesellschaftliche Erscheinung zu untersuchen und sich erst dann der Frage zuzuwenden, wie die so entstehenden Beziehungen staatlich-rechtlich zu leiten sind. Wenn auch zwischen diesen beiden Fragenkomplexen vielfaeltige Zusammenhaenge bestehen, so bedarf es doch einer jeweils gesonderten Untersuchung, um Fehlschluessen vorzubeugen.2 Es geht folglich zunaechst um das Recht auf Verteidigung, das jedem Buerger in der Verfassung, im StGB und in der StPO garantiert wird und um die Moeglichkeit, zur eigenen Unterstuetzung und Vertretung bei anderen RecHts-angelegenheiten einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Weiterhin geht es um das damit eng zusammenhaengende, aber doch deutlich zu unterscheidende Innenverhaeltnis zwischen Rechtsanwalt und Buerger sowohl in den Faellen der Verteidigung als auch in denen der Vertretung und um die zivil-rechtliche Leitung dieser Beziehungen. Zum Begriff der Dienstleistungen Alle Bemuehungen, sich zur gesellschaftlichen Erscheinung ?Dienstleistung? zu aeussern, koennen vom Hauptwerk von K. Marx, Das Kapital, ausgehen. In ihm sind sowohl grundsaetzliche Aussagen enthalten als auch solche zu Detailfragen. Am Anfang steht die Charakterisierung der Dienstleistung unter Hervorhebung der Taetigkeit. Marx formuliert: Dienst, was ueberhaupt nichts als ein Aus- druck fuer den besoendren Gebrauchswert ist, den die Arbeit leistet wie jede andere Ware; aber spezifischer Ausdruck fuer den besoendren Gebrauchswert der Arbeit, soweit diese nicht als Sache Dienste leistet, sondern als Taetigkeit.?3 Anknuepfend an diese Aussage kommen sowjetische Oekonomen zu folgender Formulierung: ?Die Dienstleistung ist ein gesellschaftliches Verhaeltnis in bezug auf die nuetz- liche Wirkung einer Arbeit, die als Taetigkeit konsumiert wird.?* Es wuerde den Rahmen dieses Beitrags uebersteigen, sollte versucht werden, auf die Vielzahl von Problemen einzugehen, die sich aus der angefuehrten Bestimmung der Dienstleistungen ergeben, z. B. zum Verhaeltnis der Dienstleistungen, die in Kooperationsbeziehungen der Betriebe untereinander erbracht werden5, zu den Dienstleistungen, die fuer die individuelle Konsumtion bestimmt sind, zum Verhaeltnis der Dienstleistungen zur Sphaere der materiellen Produktion einerseits und der nichtproduktiven Sphaere andererseits usw. Eine Frage muss jedoch unbedingt beruehrt werden, naemlich die, ob jede Taetigkeit, die nicht Produktionsmittel oder Konsumtionsgueter produziert, stets Dienstleistungen erzeugt.? Diese Frage wird von verschiedenen Autoren sozialistischer Laender bejaht.7 Fuer sie rechnen folglich Dienstleistungen mit produktiver Zweckbestimmung, individuelle Dienstleistungen und auch die Leistungen der Staatsorgane unterschiedslos zu den Dienstleistungen. Schliesst man sich diesen Auffassungen an, die gleichfalls an bestimmte Formulierungen von Marx anknuepfen8, so wuerde auch die Rechtspflegetaetigkeit in ihrer Gesamtheit zu den Dienstleistungen zu zaehlen sein, die Taetigkeit der Rechtsanwaelte waere dann automatisch eingeschlossen. In Uebereinstimmung mit Darstellungen von Oekonomen der DDR aus juengster Zeit kann man sich dieser extremen Position m. E. nicht anschliessen. Als Dienstleistungen sollten vielmehr nur die Leistungen der produzierenden Bereiche sowie der Bereiche Volksbildung, Kultur, Gesundheitswesen usw. angesehen werden, nicht jedoch jene Leistungen, die sich mit dem sozialen Organismus der Gesellschaft insgesamt befassen und unmittelbar gesellschaftliche Beduerfnisse befriedigen.9 Bereits die Anfuehrung der Bereiche macht deutlich, dass es sich hier um keine starren Grenzen handelt, sondern bestimmte Gewichtungen eine Rolle spielen. Natuerlich befriedigen auch die Bereiche Volksbildung, Kultur, Gesundheitswesen gesellschaftliche Beduerfnisse, allerdings in der Art, dass ganz konkrete individuelle Beduerfnisse der Buerger erfuellt werden. Demgegenueber steht bei den Staatsorganen insgesamt und im speziellen bei den Organen der Landesverteidigung, des Innern und der Justiz die unmittelbare Befriedigung gesellschaftlicher Beduerfnisse im Vordergrund. Damit ist jedoch keineswegs ausgeschlossen, dass immer dann, wenn durch Leistungen dieser Organe konkret in Erscheinung tretende individuelle Beduerfnisse der Buerger befriedigt werden, diese Leistungen ihrem Wesen entsprechend als Dienstleistungen einzuordnen sind. Eine solche Situation ist gerade fuer die anwaltliche Taetigkeit charakteristisch. Auch die richtigerweise von Luther/Wolff betonte Einordnung der anwaltlichen Taetigkeit in die Rechtspflegetaetigkeit schliesst nicht aus, dass durch sie ganz konkret in Erscheinung tretende individuelle Beduerfnisse der Buerger auf Wahrnehmung ihrer Interessen in Zivil-, Familien-, Arbeits- oder Strafsachen befriedigt werden. Entschliesst sich ein Buerger, zur eigenen Unterstuetzung einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, so erfuellt dessen auf den konkreten Einzelfall bezogene Taetigkeit alle Merkmale einer Dienstleistung. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass voellig unabhaengig davon, wie weit der Dienstleistungsbegriff verstanden wird, in jedem Fall die auf die Befriedigung individueller Beduerfnisse einzelner Buerger gerichtete anwaltliche Taetigkeit den Charakter einSr Dienstleistung traegt, wobei mit dieser Aussage noch nichts zur staatlichrechtlichen Leitung dieser Beziehungen gesagt sein soll.;
Dokument Seite 300 Dokument Seite 300

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 32. Jahrgang 1978, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1978. Die Zeitschrift Neue Justiz im 32. Jahrgang 1978 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1978 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1978 auf Seite 556. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 32. Jahrgang 1978 (NJ DDR 1978, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1978, S. 1-556).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Spitzengeheimnisträger in staatlichen und bewaffneten Organen, in der Volkswirtschaft, in Forschungseinrichtungen einschließlich Universitäten und Hochschulen; Einschätzung der Wirksamkeit der politisch-operativen Aufklärung, Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen schenhande angefallenen Bürger intensive Kon- takte und ein großer Teil Verbindungen zu Personen unterhielten, die ausgeschleust und ausgewiesen wurden legal in das nichtsozialistische Ausland bestünden. Diese Haltungen führten bei einer Reihe der untersuchten Bürger mit zur spätereri Herausbildung und Verfestigung einer feindlich-negativen Einstellung zu den verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der angegriffen werden bzw, gegen sie aufgewiegelt wird. Diese ind konkret, detailliert und unverwechselbar zu bezeichnen und zum Gegenstand dee Beweisführungsprozesses zu machen. Im Zusammenhang mit der Bestimmung der Zielstellung sind solche Fragen zu beantworten wie:. Welches Ziel wird mit der jeweiligen Vernehmung verfolgt?. Wie ordnet sich die Vernehmung in die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlih-keit und Gesetzlichkeit die Möglichkeit bietet, durch eine offensive Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen den Beschuldigten zu wahren Aussagen zu veranlassen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X