Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 99

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 99 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 99); gäbe des „normalen Friedensrechts“ beschränken will, eng an das System des Handelsgesetzbuches, während L. den Versuch macht, das Gesellschaftsrecht als einen Sondergegenstand des privaten Wirtschaftsrechtes zu sehen und sich von der Gesetzessystematik unabhängiger zu machen. Gliedert H., eine Einleitung über die Grundlagen des Gesellschaftsrechts vorausschickend, nach Personalgesellschaften und Körperschaften, so läßt L. diesen Abschnitten noch je einen über Mischformen (Sondergebilde, wohin er auch die KGaA stellt) und über Umwandlung der Gesellschaftsformen folgen und stellt an die Spitze den dankenswerten Versuch eines Allgemeinen Teils des Gesellschaftsrechtes, der freilich, gebunden an ein positives Recht und von Rechtsvergleichung und historischer Vertiefung absehend, nicht sonderlich ergiebig ist und nicht bedeutend viel mehr bringt, als was H. in seiner Einleitung bietet. Inhaltlich weisen beide Darstellungen große Ähnlichkeiten auf. Beide versichern, Vollständigkeit nicht anzustreben. Der Fortbildung des Gesetzesrechts durch Rechtsprechung und Lehre wird in beiden hinreichend Rechnung getragen, bei L. in etwas ausgedehnterem, im Zitieren von Reichsgerichtsurteilen vielleicht schon übersteigertem Maße. Ausblicke über die juristischen Formen hinaus auf die wirtschaftliche Wirklichkeit eröffnet L. öfter als H. Hinweise auf ausländisches Recht werden nur von H. gelegentlich gegeben. Was die pädagogische Eindringlichkeit der beiden Studienbücher anlangt, so ist hier die eine, dort die andere Formulierung und Beweisführung mehr gelungen, reizvoll übrigens die Verfechtung gegensätzlicher Standpunkte wie zur Kaufmannseigenschaft des Kommanditisten, zur Haftung bei Übertragung des Kommanditanteils, zur Treuepflicht des Aktionärs, zur „faktischen" Gesellschaft. Im ganzen dürfte wohl auch im Hinblick auf die reichere Untergliederung die Darstellung von L. als anregender empfunden werden. Verfehlt ist es, wenn L., der ja anders als H. auch das Kriegsmaßnahmenrecht und Nachkriegsrecht einigermaßen einbeziehen will, zwar bei der GmbH die kriegsverordnete Befreiung des Geschäftsführers von der Konkursanmeldepflicht erwähnt übrigens ohne ihre Bedeutung zu erläutern , dagegen das Entsprechende bei der AG und der e. Gen. unterläßt. Dem ausführlicheren Sachverzeichnis bei L. steht dort das Fehlen des von H. gebrachten Gesetzesregisters, das dem Studierenden als Kommentarersatz wertvoll sein kann, gegenüber. Auffallen muß bei dem Buch von L., das ja die selbstauf-erlegte Beschränkung des H.schen Buches nicht mitmacht, daß es zwar auf die neuere Rechtsgestaltung in den Westzonen hier und da eingeht, daß es aber die sowjetische Besatzungszone ganz mit Stillschweigen übergeht (einzige unbedeutende Erwähnung S. 230; die Exemplifizierung auf die „Gothaer Leben" S. 272 ist nur irreführend). Das ist zu bedauern. Man lehrt gesamtdeutsches „normales Friedensrecht" in der Hoffnung, es werde sich bald irgendwie wieder einstellen, und schweigt die Wirklichkeit tot. Die deutsche Rechtseinheit ist aber nur wieder zu erringen, wenn man den Rechtsbeflissenen ständig die Realität der deutschen Rechtszersplitterung und die heutigen wirtschaftlichen Gegebenheiten vor Augen stellt. Was soll der Schüler des Rechts damit anfangen, wenn ihm von L. gesagt wird, den Auflösungsbeschluß des § 288 Akt.G fasse an Stelle des „Reichsverwaltungsgerichts“ heute „die an seine Stelle getretene Ver-waltungs b e h ö r d e“, was mit dem Hinweis, daß Adressat der richterlichen Mitteilung des einzutragenden Vereins „in Preußen Landrat, in Sachsen Amtshauptmann“ sei? Das Deutsche Beamtengesetz, die Marktordnung des Reichsnährstandes werden herangezogen, das neue Beamtenrecht in den Ländern der Westzonen, sein gänzlicher Wegfall in der Ostzone nicht berührt. L. sowohl wie H. bringen dankenswerterweise eine Statistik von 1938 über Verteilung der Unternehmungen auf die verschiedenen Gesellschaftsformen. Den Wandlungen, die in dieser Beziehung im letzten Jahrzehnt eingetreten sind, wird nicht nachgegangen. Und doch sind Tatsachen wie das Vorgehen gegen die wirtschaftlichen Zusammenballungen und die Konzernentflechtung bestimmend dafür, worauf bei Darstellung des Gesellschaftsrechtes der Nachdruck zu legen ist und welche Problemstellungen besondere Berücksichtigung in der Gegenwart verlangen. Deshalb durfte auch an den Sozialisierungstfendenzen in West und Ost bei einer allgemeinen Darstellung des Gesellschaftsrechtes nicht vorübergegangen werden. Die Tatsache, daß neben den Privatpersonen und dem auf die privatrechtliche Ebene tretenden Staat oder Kommunalverband nunmehr auch das „Volk“ vom bürokratischen Staat scharf geschieden und als „Gesellschaft" umfassendster Art gedacht als Träger von wirtschaftlichen Unternehmungen erscheint, die es als Sondervermögen und beschränkte Haftungsunterlage einbringt und durch Organisationen eigener Art treuhänderisch verwalten läßt, und daß es sich mit ihnen von der staatlich-fiskalischen Strandregion hinweg auf das freie Meer des Wettbewerbs mit den privaten Einzelwirtschaften nach den Spielregeln des privaten und Handelsrechts ohne Inanspruchnahme hoheitlicher Funktionen begibt, ist doch bedeutsam genug, um in einer Darstellung der privaten wirtschaftlichen Opganisationsformen mindestens gestreift zu werden. L. erwähnt weder die in Hessen angestrebten Sozial- gemeinschaften, noch die volkseigenen Betriebe, Kommunalwirtschaftsunternehmen, Handelsorganisationen, wie sie in der Ostzone zumeist freilich in der Rechtsform von Anstalten des öffentlichen Rechts wirken. L. weist selbst darauf hin, daß es Mischgebilde gebe, bei denen privates und öffentliches Verbandsrecht ineinander fließen, und behandelt solche Mischgebilde mit Recht. Das private Gesellschaftsrecht ist ja ohne Eingehen auf seine öffentlich-rechtlichen Bestandteile (z. B. Konzessionssystem, Gesellschaftsaufsicht) überhaupt nicht recht darstellbar. Deshalb kann man auch neue Organisationen auf dem Wirtschafts- und Handelsgebiet, die ihr Entstehen vom öffentlichen Recht herschreiben, nicht aus dem Spiele lassen, wenn es darum geht, die juristischen Möglichkeiten gesellschaftlicher Verbandsbildung zwecks wirtschaftlicher Betätigung vollständig darzustellen und zu werten, was gerade L. sich zum Ziel setzt. Schon das Verhältnis, in dem der öffentliche Sektor der Wirtschaft zum privaten steht, bestimmt die Bedeutung der verschiedenen Formen des privaten Zusammenschlusses. Ballungen sozialisierter Wirtschaft werden beispielsweise Gesellschaftsformen wie Aktiengesellschaft, GmbH mehr in den Hintergrund treten lassen, während sie personalgesellschaftlichen und genossenschaftlichen Vereinigungen erweiterten Spielraum geben. Das muß sich auch auf die Anwendung des positiven Rechts auswirken. Rechtsanwendung und Rechtsauslegung muß sich auch gerade auf dem Gebiet des Handelsgesellschaftsrechts verschieden gestalten, je nachdem, ob das wirtschaftliche Leben vom Prinzip der Planwirtschaft oder der freien Wettbewerbswirtschaft oder einem Kompromiß zwischen beiden beherrscht wird. Es ist deshalb zu bedauern, daß L. vor die Entwicklungen der Wirtschaft, wie sie sich in der Ostzone ergeben haben, den Vorhang des Schweigens gelegt hat und auch entsprechende Tendenzen, die sich in Ländern der Westzonen zeigen, ganz übergeht. Vergeblich wird man in L.s Buch auch Antworten auf einschlägige aktuelle Fragen suchen, die sich aus dem Nebeneinander der Zonen ergeben, wie Doppelsitz von Handelsgesellschaften, Spaltung absoluter Rechte wie Firmenrecht, Wirkung der Enteignung auf Rechtsfähigkeit und Bestand von Gesellschaften, Tragweite der Anteilsenteignung, interlokales Gesellschaftsrecht im deutschen Raum und seine gefährliche Tendenz, zu einem „internationalen“ etwa mittels des ordre public im Landesmaßstab zu werden. So bleibt auch das Buch von L. im wesentlichen nur eine Darstellung des „normalen Friedensrechts“, wie es das von H. zugeständlich ist. E. Meyer F. W. Jerusalem, Kritik der Rechtswissenschaft. Frankfurt a. M.: Verlag Josef Knecht Carolusdruckerei, 1948. 557 S. Preis 25 DM. Nach der Erschütterung des bürgerlichen Rechtsbewußtseins durch den Zusammenbruch des Faschismus versucht die bürgerliche Rechtswissenschaft durch die Wiederbelebung des Naturrechts dem verfallenden geltenden Recht eine höhere Weihe zu geben. Im Naturrecht, als der im 17. und 18. Jahrhundert wirksamsten Waffe des dritten Standes im Kampf gegen die sterbende feudale Gesellschaftsform, wurde sich das Bürgertum als neue Klasse bewußt, in ihm und mit ihm entwickelte sich sein Klassenbewußtsein, das nach dem Sieg der bürgerlichen Revolution zum Rechtsbewußtsein wurde. Heute dient die Berufung auf die „göttlichen“, überzeitlichen formalen Prinzipien des Naturrechts der Verewigung des geltenden bürgerlichen Rechts und damit der kapitalistischen Produktionsweise; der reale Inhalt seiner „überzeitlichen“ Formen ist das kapitalistische Privateigentum und damit das ganze materielle und kulturelle Elend des sich zersetzenden Kapitalismus. Jerusalem geht einen anderen Weg zu dem gleichen Ziel, den Verfallsprözeß der kapitalistischen Gesellschaftsform durch Verteidigung des geltenden Rechts aufzuhalten. Er will durch eine „soziologische Betrachtungsweise“ erreichen, was andere bürgerliche Gelehrte mit der Wiederbelebung des Naturrechts erstrebten. Für ihn ist „die Soziologie das Naturrecht unserer Zeit“ (5). Nach Jerusalem führt die allgemeine Entwicklung „vom Zeitalter des Kollektivismus zu dem des Individualismus und zurück" (32), überschritt das individualistische Denken „mit der Mitte des 18. Jahrhunderts seinen Höhepunkt“ (479), wurde das „neokollektivistische Denken“ (479) durch Rousseau eingeleitet, „aber seitdem wieder durch ein individualistisches abgelöst“ (479). Jerusalem unterscheidet unechten und echten Positivismus: „Die individualistische Betrachtungsweise“ (213) des unechten Positivismus sieht die „Wirklichkeit des sozialen Lebens in einem bloßen Nebeneinander souveräner Individuen“ (184), sie „negiert Gemeinschaft und Gemeingeist“ (185); für die „kollektivistische Grundauffassung“ (184), für den echten Positivismus, sind „Gemeingeist und Gemeinschaft" (184) das Wesen der sozialen Wirklichkeit. Der Gemeingeist bestimmt „das Verhalten der Genossen“ (9) im kollektivistischen Zeitalter, im individualistischen bestätigt und legitimiert er es (8). Der „Geist" ist die alleinig wirkende Ursache der Formen des sozialen Lebens (in Übernahme und Ausdeutung einer Formulierung Voßlers, S. 185). Zur sozialen Wirklichkeit gehört neben dem Gemeingeist der „Individualgeist“ (241) des „echten Individuums“ (194), das zu sein, „einer kleinen Zahl überlegener Persönlichkeiten“ (215) Vorbehalten ist. Der Mensch als echtes Individuum ist „Trä- 99;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 99 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 99) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 99 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 99)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ein wirksames Mittel zur Kontrolle über die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Fristen, die im Zusammenhang mit der Verhaftung und Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften sind grundsätzlich von den zuständigen Untersuchungsführern, nach vorheriger Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie gemäß den Festlegungen in dieser Dienstanweisung zu entscheiden. Werden vom Staatsanwalt oder Gericht Weisungen erteilt, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung wird auf die versivitäten von Untersuchungs- und traf gef angaan hingerissen, die durch feindlich-negative, diskriminierter oder aufwiegelnde Handlungen die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten aber auch der staatlichen Ordnung ist der jederzeitigen konsequenten Verhinderung derartiger Bestrebungen Verhafteter immer erst- rangige Sedeutunq bei der Gestaltung der Führunqs- und Leitungstätigkeit zur Gewährleistung der Ordnung und Sauberkeit - besonders im Winterdienst -sind diese durch die Diensteinheiten im erforderlichen Umfang mit Kräften und technischen Geräten zu unterstützen.

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