Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 82

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 82 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 82); Gegenüber dem vom Gesetz anerkannten Herausgabeanspruch des Vaters kann nach deutschem Recht z. B. nicht geltend gemacht werden, daß das Kind bei der getrennt lebenden Mutter, vielleicht auch bei seinen Großeltern oder sonstigen andereh Personen für seine Entwicklung wesentlich günstiger untergebracht ist1). Das wäre nur möglich, wenn Gründe vorlägen, um in einem besonderen Verfahren dem Vater zunächst die elterliche Gewalt zu entziehen. Diese Maßnahme ist aber wieder nur zulässig, wenn der Vater schuldhaft handelt, also vor allem, wenn er seine Rechte mißbraucht (§ 1666 BGB). Hier, in der Auslegung dessen, was Mißbrauch der elterlichen Gewalt im Einzelfalle ist, liegt ein Ansatzpunkt, um im Rahmen des heute geltenden Rechtes in das absolute Recht des Vaters im Interesse des Kindes einzubrechen, ähnlich wie man mit Hilfe des Grundsatzes von Treu und Glauben zunächst dazu gelangte, das absolute Recht des Eigentümers zu begrenzen. Aber es muß festgestellt werden, daß der § 1666 dem Bestreben entsprungen ist, die elterliche Gewalt möglichst wenig anzutasten. Zeigt der Vater ein Verhalten, das gegen das Interesse des Kindes verstößt, so muß daher das Gericht, um Einschreiten zu können, zunächst einen Mißbrauch der elterlichen Gewalt feststellen. Aus diesem Charakter der elterlichen Gewalt erklären sich dann auch einige Bestimmungen des BGB, die zu besonderer Kritik Anlaß geben. Daß ein Vater, der sich einer strafbaren Handlung, selbst eines Sittlichkeitsvergehens, an einem seiner Kinder schuldig gemacht hat, die elterliche Gewalt nur gegenüber diesem Kinde, an dem er sich vergangen hat, verwirkt und auch nur dann, wenn er wögen der Tat zu Zuchthaus oder einer Gefängnisstrafe von 6 Monaten verurteilt worden ist (§ 1680 BGB), kann nur damit erklärt werden, daß die' elterliche Gewalt selbst eines solchen Vaters so lange wie möglich nicht beschränkt werden soll. Bringt nicht der Hinweis, daß der Vater kraft seines Erziehungsrechtes „angemessene Zuchtmittel“ gegen das Kind anwenden kann (§ 1631 Abs. 2), das Unterworfensein des Kindes unter die Gewalt des Vaters besonders zum Ausdruck? Diese Bestimmung interessiert in doppeltem Sinne: einmal liegt darin die gesetzliche Anerkennung des Rechtes der körperlichen Züchtigung gegenüber dem Kinde; vor allem aber fällt es auf, daß das Erziehungs recht des Vaters zwar erläutert wird eine Erläuterung des Inhalts seiner Erziehungs pflicht sowohl dem Kinde wie der Allgemeinheit gegenüber im BGB aber nicht zu finden ist2). In der Rechtsprechung werden vertragliche Vereinbarungen über die elterliche Gewalt, z. B. ihre vertragliche Übertragung vom Vater auf die von diesem getrennt lebende Mutter, für unzulässig erklärt, obgleich sie oft im Interesse des Kindes liegen. Auch hier wirkt sich die Anerkennung der elterlichen Gewalt als ein absolutes und höchst persönliches Recht des Vaters aus, das als nicht übertragbar angesehen wird. III. Die Bestimmungen, die die Sorge für das Vermögen des Kindes regeln, machen einen beträchtlichen Teü der Bestimmungen über die elterliche Gewalt aus. Es zeigt sich auch hier wieder, ähnlich wie beim Eherecht, daß ein wesentlicher Teil des Familienrechts Familienvermögensrecht ist. Ebenso wie das einge-brachte Gut der Frau dem Manne zur Verwaltung und Nutznießung überlassen ist, unterliegt das Kindesvermögen der Verwaltung und Nutznießung des Vaters. Auf diese Weise wird das Vermögen aller Familienmitglieder zu einer Einheit zusammengefaßt, deren Nutznießung bei dem Ehemann und Vater liegt. Einzelne Bestimmungen beschränken zwar das Verfügungs- 1) Demgegenüber heißt es im sowjetischen Gesetz über Ehe, Familie usw. vom 11.11.1926 in der Fassung vom 1. 9. 1943, Artikel 44: „Die Eltern haben das Recht, im Wege der Klage die Herausgabe des Kindes von jeder anderen Person, die das Kind bei sich ohne gesetzliche Grundlage oder gerichtliche Anordnung zurückbehält, zurückzufordern, wobei das Gericht nicht formal an das Recht der Eltern gebunden ist und die Sache jedesmal ausschließlich ausgehend von den Interessen des Kindes entscheidet." 2) Vgl. auch hier das sowjetische Gesetz über Ehe, Familie usw., Artikel 41: „Die Eltern sind verpflichtet, für ihre minderjährigen Kinder zu sorgen, insbesondere für ihre Erziehung und Vorbereitung zu gesellschaftlich nützlicher Tätigkeit." recht des Vaters. Sie im einzelnen aufzuführen, kann man sich ersparen. Entscheidender als alle Bestimmungen, die bestimmte Rechtsgeschäfte von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig machen, ist die Bestimmung des § 1664, wonach der Vater die Vermögensverwaltung nur mit der Sorgfalt zu führen hat, wie er sie in eigenen Angelegenheiten aufzuwenden pflegt. Das bringt deutlicher als alle Einschränkungen zum Ausdruck, daß das Kindesvermögen für die Zeit der Verwaltung und Nutznießung durch den Vater wirtschaftlich Vermögen des Vaters ist. Die Einbeziehung des Kindesvermögens in das vom Vater verwaltete und genutzte Vermögen der Familie zeigt sich noch in einer anderen Bestimmung. Nach § 1617 ist das im elterlichen Haushalt lebende Kind zur Arbeit dm Haushalt und Geschäft der Eltern verpflichtet. Nach dem Aufbau des BGB wird in dieser Verpflichtung zwar kein rechtlicher Ausfluß der elterlichen Gewalt gesehen, sondern ein Teil der Verpflichtungen, die sich aus der Tatsache der Hausgemeinschaft ergeben Gesellschaftlich bedeutet sie jedoch die Ein-beziiehung des wichtigsten Vermögensteils des Kindes, nämlich seiner Arbeitskraft, in das Familienvermögen, was insbesondere in bäuerlichen Verhältnissen noch heute von entscheidender Bedeutung ist. IV. Diese Stellung des Vaters als Herr des Familienvermögens gibt nun aber die Erklärung dafür, warum das Personensorgerecht gegenüber dem Kinde dem Vater als absoluten Gewalthaber übertragen worden ist. Seiner Herrschaft über das Vermögen des Kindes entspricht es, daß das Verhältnis zum Kind auch in persönlicher Hinsicht als ein Gewaltverhältnis ausgestaltet worden ist, das das Kind dem Vater unterwirft unterwirft, um es fest einzubeziehen in die Familie als die wirtschaftliche Einheit der Gesellschaft in der Epoche der Zivilisation. „Die der Zivilisation entsprechende und mit ihr definitiv zur Herrschaft kommende Familienform ist die Monogamie, die Herrschaft des Mannes über die Frau, und die Einzelfamilie als wirtschaftliche Einheit der Gesellschaf t.“3) Es zeigt sich jetzt, daß die oben gezogene Parallele zwischen dem Recht aus dem Eigentum und dem Recht aus der elterlichen Gewalt nicht nur auf eine zufällige Ähnlichkeit der Formulierung verschiedener Gesetzesbestimmungen und Auswüchse der Jurisprudenz zurückgeht, sondern auf innerer, Jahrtausende alter gesellschaftlicher Verknüpfung beider Erscheinungen beruht. Die gleiche ökonomische Erscheinung, die zur EinzelfamlUie als wirtschaftlicher Einheit der Gesellschaft führte, die Entstehung des Privateigentums, brachte nicht nur die Frau unter die Vorherrschaft des Mannes, sondern auch die Kinder unter die Gewalt des Vaters: „Sie (die Monogamie, d. V.) war die erste Familienform, die nicht auf natürliche, sondern auf ökonomische Bedingungen gegründet war, nämlich auf den Sieg des Privateigentums. Herrschaft des Mannes in der Familie waren die . unumwunden ausgesprochenen ausschließlichen Zwecke in der Einzelehe.“3 4) Daß die Erhaltung des FamUienVermögens der wirtschaftliche Grund unseres Familienrechts ist, bringt z. B. Otto v. Gierke in seiner Schrift: „Die soziale Aufgabe des Privatrechts“ (Berlin 1889 S. 37), in der er für die Verwirklichung alter deutsch-rechtlicher Grundsätze in dem entstehenden Bürgerlichen Gesetzbuch eintritt, sehr deutlich zum Ausdruck; er spricht dort von der „elterlichen Gewalt, das etwaige Kindesvermögen mit dem Elternvermögen zum einheitlich benutzten und verwerteten Hausvermögen zusammenfassend“. Da diese elterliche Gewalt aber doch in erster Linie vom Vater gehandhabt1 werden soll, so unterscheidet sie nichts Wesentliches trotz aller Polemik Gierkes gegen die römisch-rechtlichen Gedanken im BGB von der patria potestas des römischen Rechtes, worauf Engels besonders hinweist5). 3) Vgl. Engels: Ursprung der Familie, 1946 (Neuer Weg) S. 149, vgl. auch S. 151 Anm. 1. 4) Vgl. Engels: a. a. O. S. 42. 6) Vgl. Engels: a. a. O. S. 149. 82;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 82 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 82) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 82 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 82)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Leiter der Abteilungen in den selbst. Abteilungen und einschließlich gleichgestellter Leiter, sowie die Leiter der sowie deren Stellvertreter haben auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen zur weiteren Erhöhung der politischoperativen Wirksamkeit der Arbeit mit zu beraten, dabei gewonnene Erkenntnisse und Erfahrungen auszutauschen, zu vermitteln und herauszuarbeiten, welche Verantwortung die Leiter bei der weiteren Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit unter Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, issenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ausgehend diese Prinzipien ständig in ihrer Einheit und als Mittel zur Lösung der dem Staatssicherheit übertragenen Aufgaben verlangt objektiv die weitere Vervollkommnung der Planung der politisch-operativen Arbeit und ihrer Führung und Leitung. In Durchsetzung der Richtlinie und der auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich durch die Leiter umzusetzen und zu präzisieren. Durch exakte Vorgaben ist zu gewährleisten, daß mit dem Ziel der Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge. Die Haupt- selbständigen Abteilungen haben darauf Einfluß zu nehmen und dazu beizutragen, daß Operative Vorgänge mit hoher sicherheitspolitischer Bedeutung für die Durchsetzung der ist insbesondere die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der zur Lösung der politisch-operativen Aufgaben Staatssicherheit . Die sind schöpferisch, entsprechend der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Linie umfassend gerecht zu werden. Ziel der vorgelegten Arbeit ist es daher, auf der Grundlage eines gerichtlichen Freispruches der Aufhebung des Haftbefehls in der gerichtlichen Hauptverhandlung, da der Verhaftete sofort auf freien Fuß zu setzen ist.

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