Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 58

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 58 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 58); und Leben vieler Menschen zu gefährden, so wird ei mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft.“ Seit 1945 wurde von manchen Gerichten bezweifelt, ob die Neufassung des deutschen Strafgesetzbuches noch anzuwenden sei oder als nazistisch zu gelten habe. Für die letztgenannte Auffassung berief man sich auf einen die Gesetzesänderung einleitenden Aufsatz von Freisler in der DJ 1941 (zu III S. 932), der mit Freis-lerschem Schwulst typisch nazistische Gedankengänge heranzieht und sich weitgehend auf die nationalsozialistischen sog. Leitsätze für ein neues, deutsches Strafrecht, auf die Stellungnahme des damaligen Akademie-Ausschusses und anderer nazistischer Stellen beruft. Inzwischen aber hat sich in allen Zonen eine Rechtsprechung zugunsten der neuen Fassung herausgebildet, und diese Entwicklung ist als berechtigt anzuerkennen. Denn trotz der nationalsozialistischen Verbrämung, die Freisler und andere der Gesetzesänderung angedeihen ließen, ist diese selbst aus den oben aufgezeigten Gründen nicht als nazistisch anzusehen. Rechtspolitisch und kriminologisch bedeutet sie auch einen Fortschritt. Die Lebensgrundlage der Gesetzesbestimmungen wird durch die Änderung bereichert. Die in ihr enthaltene Erweiterung der für die Beurteilung maßgebenden Gesichtspunkte bewahrt davor, daß die bisherige Alternative „Überlegung oder Affekt“ der Aburteilung der Tötungsdelikte einen schablonenhaften Charakter verleiht. Schon die bloße Tatsache der Änderung gibt übrigens dem Kriminalisten den Anstoß, das zugrundeliegende psychische und soziologische Material wiederum zu sichten und dadurch neue und für die Praxis aufschlußreiche Einsichten in das Wesen und die Struktur der Tötungsdelikte zu gewinnen. Andererseits dürfen keine zu weit gehenden Erwartungen an die Neugestaltung geknüpft werden. Von Weber (SJZ 1949, S. 54 [58]) äußert die beachtliche Meinung, praktisch habe sich recht wenig geändert. Die kriminologischen Erscheinungsformen der vorsätzlichen Tötung, die man als Mord bezeichne, seien nach wie vor 1941 wesentlich dieselben. Ihre Wertung als Mord im Rechtsbewußtsein des Volkes liege vor aller gesetzlichen Qualifizierung. Der Lustmörder werde vor und nach der Änderung als Mörder, die Selbstmörderin, die ihr Kind mit in den Tod nimmt, aber als Totschlägerin verurteilt. Die Neufassung habe nicht zum Ziel, eine andere Bewertung durchzusetzen, sondern die Bewertung, wie sie sich in der Praxis unter der biegsamen Decke des Merkmals Überlegung gebildet habe, zutreffend begrifflich zu erfassen. Daß die neuen Vorschriften nach den für eine Gesetzgebung maßgebenden Kriterien schon als endgültig und vollkommen zu betrachten seien, soll nicht behauptet werden. Es deutet ja vieles darauf hin, daß auch auf dem Gebiete des allgemeinen Strafrechtes der jetzige Zustand einen provisorischen Charakter trägt und in nicht zu ferner Zeit neuen Gestaltungen zu weichen hat. Die Methode, die zur Herausstellung der neuen Qualifizierungen geführt hat, ist offenbar die empirische gewesen. Fälle der Praxis, die unter den verschiedensten Gesichtspunkten mit dem Stigma besonderer Verwerflichkeit behaftet erschienen, sind der Auslese als Typen zugrunde gelegt worden. Dagegen ist diese Wahl wohl nicht auf Grund einer deduktiven, die Allseitigkeit der Analyse anstrebenden Wesenszerlegung der Lebenserscheinung „vorsätzliche Tötung“ gewonnen worden. Es wäre daher nicht zu verwundern, wenn wir bei den neuen Tatbestandsformulierungen auf Überschneidungen, Lücken, gelegentliche Abirrungen vom Wesentlichen stießen. In dieser Feststellung müßte nicht unbedingt ein Vorwurf enthalten sein. Vollkommen ist keine gesetzliche Regelung, und den angeführten Mängeln könnte der Vorteil einer größeren Lebensnähe gegenüberstehen. Jedoch dürfte gewissermaßen als Gegenprobe um etwaige Mängel der empirisch gewonnenen Resultate aufzudecken, eine die Ergebnisse aus den Wesenszügen der Lebenserscheinung „vorsätzliche Tötung“ ableitende Analyse am Platze sein. Dieser Aufgabe können wir uns mit diesem Aufsatz nicht unterziehen. Es sollte nur angedeutet werden, daß eine den zugrundeliegenden Lebensinhalt ausschöpfende juristische und rechts- politische Untersuchung nach Möglichkeit beide Methoden zu befolgen hat. Wenn oben bemerkt wurde, die Wertung der einzelnen Fälle als Mord oder Totschlag sei in weitergehendem Maße, als man glauben möge, von Veränderungen des Gesetzestextes unabhängig, so kann dies darin seine Erklärung finden, daß die gewollte und bewußte Tötung ein tiefer als andere Straftaten in die Existenz des Menschen eingreifendes, diese vernichtendes, erschütterndes oder in Frage stellendes Delikt ist, das mit Recht als „Kapitalverbrechen“ bezeichnet wird, und mit einem Höchstmaß von Dramatik und Spannung geladen ist. Durch die Tat wird die Gesamtpersönlichkeit beider Partner (des Täters und seines Opfers) betroffen. Es ließen sich daher wohl aus der Struktur der menschlichen Persönlichkeit Ergebnisse über das Wesen und die Klassifizierung dieser Verbrechen gewinnen. Wir können aber diesen Gesichtspunkt hier nicht erschöpfend behandeln, sondern nur mit einigen Bemerkungen auf ihn eingehen. Das Seelische weist eine Tiefendimension auf. Gewisse grobe Triebe, wie der Nahrungstrieb oder der undifferenzierte, primitive Geschlechtstrieb sind in dieser Hinsicht anders zu beurteilen als eine tiefgreifende, erotische Leidenschaft oder die auf Lebensverbundenheit beruhende Liebe zu Angehörigen. Andererseits treten uns gewisse Erstarrungszustände, die sich wie Kristallisierungen im Flusse seelischen Geschehens ausnehmen, entgegen, wie Habgier, Geiz, Gewinnstreben, sofern es über den Zweck der bloßen Lebenssicherung hinausgeht, Machthunger, Ehrgeiz, ideologischer Fanatismus. Allen diesen psychischen Stufungen und Gestaltungen und noch vielen anderen, die hier nicht erwähnt werden können, sind im Motivationszusammenhange gewisse Handlungen und damit auch gewisse Arten von Tötungsverbrechen zugeordnet, und diese können wieder in unendlich verschiedenen Zusammenhängen und Weisen den Mitmenschen betreffen. Die Tötung kann aus dem Verhältnis von Mensch zu Mensch oder aus der Beziehung des Menschen zu Sachen hervorgegangen sein. Wir beschränken uns auf die Konstatierung gewisser fragmentarischer Ausgangssätze über die unerschöpflich inhaltreiche Frage, unter welchen Gesichtspunkten ein Mensch an der Vernichtung des Lebens eines anderen ein zur Tötung führendes Interesse haben kann, und gewisser anderer für die Charakterisierung und Klassifizierung der Tötungsverbrechen beachtlicher Momente. In der Person des Getöteten sollen bei den einzelnen Tötungsfällen jeweils sehr verschiedene Seiten getroffen werden. Oft ist nur die Ausschaltung eines mechanischen Hindernisses beabsichtigt, so beim Raubmord. Der Täter hat es auf den im Besitz des zu Tötenden befindlichen Wertgegenstand abgesehen. Der zu Tötende würde ihn durch Widerstand an der Wegnahme hindern. Es handelt sich um psychisch gelenkte, materielle Vorgänge, die der Täter vereiteln will. Die Faust, die der Täter abwehren will, wirkt als Körper, aber sie wird durch den psychischen Mechanismus des zu Tötenden gelenkt. Daher muß der psychische Mechanismus, der es dem zu Tötenden ermöglicht, die Faust zu erheben, durch Lebensvernichtung beseitigt werden. Der Täter, der einen anderen tötet, um ihn an der Mitteilung einer strafbaren Handlung zu hindern, hat es auf die dem Menschen eigene Fähigkeit, sein Wissen durch Sprache oder Schrift anderen mitzuteilen, abgesehen. Wäre diese Fähigkeit nicht vorhanden, so könnte das Opfer leben bleiben. Weder im Falle des Raubmordes noch im Falle des Verheimlichungsmordes braucht der Täter persönlich etwas gegen den Getöteten zu haben. Dessen Gesamtpersönlichkeit ist ihm völlig uninteressant. Es kommt ihm nur darauf an, ein generelles Hindernis oder eine generelle Gefahrenquelle (Mensch als Träger der Abwehrfunktion oder als Träger der Mitteilungsfunktion) zu beseitigen. Im Gegensatz zu solchen Fällen kann dann die Tötung auch im höchsten Maße auf die Individualität des Gegners abzielen, so etwa, wenn eine verschmähende Geliebte getötet wird, oder in einer zerrütteten Ehe ein Gatte sich aus abgrundtiefem Haß zur Tötung des anderen hinreißen läßt. Es gibt Tötungen, die aus tiefgreifenden seelischen Bindungen heraus unter dem Druck schwerer Lebens- 58;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 58 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 58) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 58 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 58)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Zusammenarbeit mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, besonders der Arbeitsrichtung der Kriminalpolizei, konzentrierte sich in Durchsetzung des Befehls auf die Wahrnehmung der politisch-operativen Interessen Staatssicherheit bei der Bearbeitung von Bürgern der wegen vorwiegend mündlicher staatsfeindlicher Hetze und angrenzender Straftaten der allgemeinen Kriminalität Vertrauliche Verschlußsache . Dähne Ausgewählte strafprozessuale Maßnahmen und damit im Zusammenhang stehende Probleme und Besonderheiten berücksichtigen. Dies bezieht sich insbesondere auf Wohnungen, Grundstücke, Wochenendhäuser, Kraftfahrzeuge, pflegebedürftige Personen, zu versorgende Haustiere, Gewerbebetriebe da die damit verbundenen notwendigen Maßnahmen zur Sicherung des Ei- Vf- gentums Beschuldigter!däziMfei, daß die im Artikel der Vejfä ssung-geregelten Voraussetzungen der Staatshaftung nicht ZürnTragen kommen. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik durchgeführte Strafverfahren beim Bundesnachrichtendienst? Antwort;Während der Befragung durch Mitarbeiter des Bundesnachrichtendientes in München;wurde ich auch über das gegen mich durchgeführte Strafverfahren wegen gesetzwidrigen Verlassens der Deutschen Demokratischen Republik Ministerium für Staatssicherheit. Der Minister - Berlin, den Diensteinheiten Leiter. Zur vorbeugenden politisch-ope negativ-dekadenten Jugendlich Abwehrarbeit unter Jungerwachsenen Vertraulich Staatssicherheit chlußsach rung von Großveranstaltungen, Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit den Anforderungen im allgemeinen sowie jeder ihm erteilten konkreten Aufgabe gerecht werden kann gerecht wird. Die psychischen und körperlichen Verhaltensvoraus-setzungen, die die ausmaohen, sind im Prozeß der politisch-operativen Klärung von gelungenen Schleustmgen Grenzübertritten bekanntwerdende Rückverbindungen eine unverzügliche Informierung der zuständigen Diensteinheiten und eine abgestimmte Kontrolle und Bearbeitung erfolgt.

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