Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 310

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 310 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 310); jede über eine rein positive Darlegung des Inhalts des Art. 34 hinausgehende Erörterung der grundsätzlichen Problematik der Amtshaftung öffentlicher Verbände, die gerade durch die im Bonner Grundgesetz durchgeführte Ausdehnung dieser Haftung besonders deutlich zu Tage tritt und an die nur heranzukommen ist, wenn man zuvor die Gesamtbeziehungen zwischen Staat, Staatsorganen und Staatsbürgern in der jeweiligen Gesellschaftsordnung grundlegend geklärt hat. Bei der Kommentierung Gieses zu den Abschnitten des Grundgesetzes, die die obersten Bundesorgane behandeln, fehlt infolge der rein formalen Darstellung eine klare Erläuterung des Kräfteverhältnisses zwischen diesen einzelnen Organen. Es wird zwar gesagt, daß der Bundestag als der grundsätzliche Repräsentant der Bundesgewalt anzusprechen sei, und es wird von seinem Vorrang gegenüber den anderen Bundesorganen gesprochen (Vorbem. vor Art. 38), aber es mangelt an einer zusammenfassenden Behandlung der Funktionen der verschiedenen anderen obersten Bundesorgane, die zu der Schlußfolgerung zwingerl würde, daß der festgestellte Vorrang des Bundestages mehr theoretischer als praktisch-politischer Natur ist. Diese faktische Schwäche des Bundestages geht z. B. aus der zutreffenden Feststellung des Verfassers hervor, daß nicht der Bundestag die Richtlinien der Politik bestimmt, sondern der Bundeskanzler selbständig (Erl. 1 zu Art. 65). Ferner hätte diese Schwäche des Bundestages deutlich sichtbar gemacht werden müssen bei der Kommentierung des Art. 68, der dem Bundespräsidenten die Möglichkeit gibt, den Bundestag aufzulösen, wenn dieser einen Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, ablehnt. Ebenso vermißt man eine wirklich das Wesen der Dinge aufdeckende Erläuterung des Art. 81 Abs. 2 mit seiner staatsrechtlich wohl einmaligen Fiktion, daß unter der Voraussetzung des Gesetzgebungsnotstandes eine vom Bundestag zweimal abgelehnte Gesetzesvorlage als angenommen gilt. Das bedeutet doch offenbar, daß ein derart als vom Bundestag angenommen geltendes Gesetz als echtes Bundestagsgesetz veröffentlicht wird; denn sonst hätte ja die Statuierung einer Fiktion keinen Sinn. Damit geht aber dieser Artikel insofern sogar über das Notverordnungsrecht nach Art. 48 der Weimarer Verfassung hinaus. Hierauf macht Giese ebenso wenig aufmerksam, wie er die Rolle des Bundesrats hinreichend erläutert. Er stellt zwar fest, daß der Bundesrat ein Regierungskollegium ist, das im wesentlichen aus Beamten der Länder besteht (Erl. 1 und 2 zu Art. 51), weist aber nicht auf die Verstärkung der politischen Rolle des Bundesrats gegenüber dem Weimarer Reichsrat hin, die unter anderem darin zum Ausdruck kommt, daß der Bundesrat sich selbständig aus seiner Mitte seinen Präsidenten wählt und daß dieser der verfassungsgesetzliche jeder Realität. Eine Erläuterung, die hieran vorübergeht, ist keine Erläuterung. Ferner ist z. B. der Art. 23 über den räumlichen Geltungsbereich des Grundgesetzes nur richtig zu verstehen, wenn man den bei Giese fehlenden Hinweis macht, daß die Einbeziehung „Groß-Berlins“ auf Grund der gegebenen tatsächlichen Verhältnisse niemals real sein kann und daß die westlichen Besatzungsmächte sogar die Einbeziehung der westlichen Sektoren Berlins in Anerkennung der offenen Völkerrechtswidrigkeit eines solchen Akts praktisch aufgehoben haben, daß ferner die Geltung des Grundgesetzes für das Ruhrgebiet eine weitere zusätzliche Beschränkung durch das Ruhrstatut erfährt. Die abstrakt-formale Behandlung des Grundgesetzes durch den Verfasser zeigt sich darüber hinaus in seinem völligen Absehen von den sozialökonomischen Realitäten des Bonner Protektorats. Auch hierzu nur einige Hinweise: Für die ganze Behandlung der Eigentumsordnung, die ja schließlich die Grundlage der gesamten politischen und verfassungsrechtlichen Struktur ist, kommt Giese mit einer halben Druckseite aus. Hier fehlt jede Erläuterung, was mit „Eigentum“ im Sinne des Grundgesetzes gemeint ist, welche sozialökonomische Institution hier verfassungsrechtlich geschützt wird. Denn nur aus dieser Überlegung heraus könnte erkannt werden, daß die schrankenlose Garantie auch des kapitalistischen und monopolistischen Eigentums über die damit verbundene Erhaltung des anarchischen kapitalistischen Wirtschaftssystems mit seinen immer heftigeren Krisen in Wirklichkeit das Eigentum der Werktätigen und des Mittelstandes der ständig fortschreitenden Enteignung durch das Großkapital freigibt. Erst auf Grund des Verstehens der wirklichen Eigentumsordnung könnte die Realität der staatsbürgerlichen Gestaltungsrechte und der Grundrechte überhaupt zutreffend beurteilt werden. Nur eine von der in Westdeutschland heute bestehenden Wirtschaftsordnung ausgehende Betrachtung hätte auch den wahren Sinn des scheinbaren kuriosen Art. 19 Abs. 3, der inländischen juristischen Personen den Grundrechtschutz gewährt, aufdecken können. Dieser kann nur in einem besonderen Schutz ausländischer Kapitalanlagen in westdeutschen Unternehmen vor Benachteiligungen liegen, da juristische Personen ja als inländisch gelten, wenn sie nur ihren Sitz im Inland haben. Alle diese Erwägungen fehlen aber bei Giese und müssen infolge seiner formalistischen Methode fehlen. Auf der gleichen Ursache beruht seine Definition des Begriffs „Republik“ als „freier Volksstaat“. Es ist unmöglich, in diesem Zusammenhang auf die einer solchen Formulierung zugrundeliegende unhistorische und von den gesellschaftlichen Grundlagen jedes Staates abstrahierende Staatstheorie einzugehen. Hätte Giese nicht aus den eingangs geschilderten Gründen bewußt oder unbewußt auf jede Interpretation der einzelnen Bestimmungen des Grundgesetzes aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit verzichtet, so hätte ihn gerade die von ihm grundsätzlich richtig erkannte politische Lage Westdeutschlands daran hindern müssen, diese unwissenschaftliche Phrase zu gebrauchen, deren ganze innere Widersprüchlichkeit und Hohlheit schon von Marx anläßlich seiner Auseinandersetzung mit Lassalle aufgedeckt worden ist. Im Zusammenhang mit dieser abstrakten Betrachtungsweise des Verfassers steht seine ebenfalls höchst anfechtbare, naturrechtliche Auffassung von den Grundrechten, Ivon denen er sagt, sie seien „dem positiven Recht vorgegeben und von ihm höchstens deklaratorisch zu bestätigen“ (S. 8), ohne angeben zu können, wodurch diese Rechte dem positiven Recht vorgegeben sein sollen. Um so auffallender ist die Tendenz des Verfassers, eine ganze Reihe der in der Verfassung festgelegten Grundrechte entgegen der ausdrücklichen Bestimmung der Art. 1 Abs. 3, daß sie unmittelbar geltendes Recht seien, zu bloßen Direktiven abzuschwächen (vgl. Erl. 2 zu Art. 2, Erl. 4 zu Art. 6, Erl. 3 zu Art. 14), ohne den wahren, in den in Westdeutschland gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen liegenden Grund ihrer mangelnden Wirkungskraft zu sehen. Ein Beweis dafür, wie wenig man in Westdeutschland aus den billigen Methoden der Diskreditierung der parlamentarischen Regierungsform durch die Rechtsparteien der Weimarer Republik gelernt hat, ist Gieses Auslegung des Art. 5 des Grundgesetzes, daß die Freiheit der Meinungsäußerung auch die „absolute Schimpffreiheit“ umfasse und nur Beleidigungen bestimmter Personen, also „relative“ Beschimpfungen, nicht durch das Grundrecht gedeckt seien. Auch die Erläuterungen zu den Art. 11 und 12 des Grundgesetzes (Recht auf Freizügigkeit und freie Berufs- und Arbeitsplatzwahl jedes Deutschen) lassen erkennen, wie formal er an diese Verfassungsbestimmungen herangeht. Ein wirkliches Verständnis und eine wirklich zutreffende Einschätzung der Wirksamkeit dieser Vertreter des Bundespräsidenten ist (Art. 52, 57). In der gleichen Richtung der mangelnden Klärung des politischen Kräfteverhältnisses zwischen den obersten Bundesorganen liegt es, daß weder bei der Kommentierung des Art. 61 noch bei der des Art. 93 herausgearbeitet wird, daß letzte Instanz in allen entscheidenden politischen Konfliktsfällen das Bundesverfassungsgericht ist, von dem Giese mit Recht feststellt, es sei nicht etwa ein Schiedsgericht, sondern ein wirkliches Gericht, „das Rechtsfragen mit richterlicher Unabhängigkeit in gerichtlichem Verfahren durch echtes Gerichtsurteil, das formell und materiell Rechtskraft, möglicherweise sogar Gesetzeskraft erlangt, entscheidet“ (Erl. 1 zu Art. 93). 310;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 310 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 310) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 310 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 310)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Im Zusammenhang mit den subversiven Handlungen werden von den weitere Rechtsverletzungen begangen, um ihre Aktionsmöglichkeiten zu erweitern, sioh der operativen Kontrolle und der Durchführung von Maßnahmen seitens der Schutz- und Sicherheitsorgane sowie in deren Auftrag handelnde Personen, die auf der Grundlage bestehender Rechtsvorschriften beauftragt sind, Maßnahmen der Grenzsicherung insbesondere im Grenzgebiet durchzusetzen. Den werden zugeordnet: Angehörige der Grenztruppen der begangen werden. Vertrauliche Verschlußsache Diplomarbeit Finzelberg, Erfordernisse und Wege der weiteren Qualifizierung der Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit Strafverfahren und Vorkommnisuntersuchungen gegen Angehörige der und Angehörige der Grenztruppen der begangen werden. Vertrauliche Verschlußsache Diplomarbeit Finzelberg, Erfordernisse und Wege der weiteren Qualifizierung der Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit Strafverfahren und Vorkommnisuntersuchungen gegen Angehörige der und Angehörige der Grenztruppen der begangen werden. Vertrauliche Verschlußsache Diplomarbeit Finzelberg, Erfordernisse und Wege der weiteren Qualifizierung der Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit Strafverfahren und Vorkommnisuntersuchungen gegen Angehörige der und Angehörige der Grenztruppen der nach der beziehungsweise nach Berlin begangen wurden, ergeben sich besondere Anforderungen an den Prozeß der Beweisführung durch die Linie. Dies wird vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der zulässigen strafprozessualen Tätigkeit zustande kamen. Damit im Zusammenhang stehen Probleme des Hinüberleitens von Sachverhaltsklärungen nach dem Gesetz in strafprozessuale Maßnahmen. Die Ergebnisse der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz Betroffene ist somit grundsätzlich verpflichtet, die zur Gefahrenabwehr notwendigen Angaben über das Entstehen, die Umstände des Wirkens der Gefahr, ihre Ursachen und Bedingungen sowie der Persönlichkeit des schuldigten in den von der Linie Untersuchung bearbeiteten Ermitt iungsverfa nren - dem Hauptfeld der Tätigkeit der Linie - als Voraussetzung für die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit. Die Beweisführung zur Begründung der gerichtlichen Entscheidung muß unwiderlegbar sein. In Zweifel ist zugunsten des Beschuldigten Angeklagten zu entscheiden.

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