Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 304

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 304 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 304); fassung auf dem Fuße zu folgen haben werde. Hieran möge denken, wer in dem neuen Gesetz gewohnte Einzelheiten organisatorischer Natur vermißt oder wer der Meinung ist, die hauptsächliche Funktion des Obersten Gerichts als Kassationshof (§ 6 Abs. 1 Buchstabe b des Gesetzes) reiche nicht aus, um die wesentliche Aufgabe der höchsten Instanz, die Wahrung der Rechtseinheit, in befriedigendem Umfang zu erfüllen. Solange der Gesamtaufbau des Instanzenzuges nicht feststeht, dessen organischen Abschluß das Oberste Gericht darstellt, solange kann nicht endgültig entschieden werden, ob und welche weitere Zuständigkeit ihm etwa zu geben ist. „Man kann nicht“, so erklärte der Abg. Prof. Steiniger bei der Diskussion dieser Frage im Rechtsausschuß der Volkskammer, „das oberste Stockwerk eines Gebäudes vollständig ausbauen, bevor die unteren Stockwerke fertiggestellt sind“ das gilt für die Frage der Revisionstätigkeit des Obersten Gerichts ebenso, wie für andere Fragen, die das Gesetz bewußt offen gelassen hat. Jedoch mag schon jetzt darauf hingewiesen werden, daß die Auffassung, ein nach dem Kassationsprinzip ausgestaltetes Rechtsmittel könne die Erhaltung der Rechtseinheit nicht in gleichem Maße gewährleisten, wie ein dem Revisionsprinzip folgender Rechtsbehelf, offensichtlich das Wesen der Kassation verkennt. Man hat in Deutschland durch die jahrzehntelange Gewöhnung an die Revision als das letzte Rechtsmittel vielfach den Blick dafür verloren, daß diese nur eine von vielen Möglichkeiten ist und zudem die ungebräuchlichste. Außer Deutschland und Österreich kennt kaum ein anderes Land die Revision als letztes Rechtsmittel, zum mindesten nicht in der Form unserer Zivilprozeßordnung, die jeder die Streitwertgrenze überschreitenden Sache, auch wenn sie rechtlich ganz uninteressant ist, den Zugang zum höchsten Gericht ermöglicht und damit eine, vom Standpunkt der Wahrung der Rechtseinheit gesehen, ganz unnötige Belastung dieses Gerichts verursacht. An Stelle des Revisionsprinzips kann für die Ausgestaltung des letzten Rechtsmittels auch das Berufungsprinzip maßgebend sein, wie das z. B. in den skandinavischen Staaten der Fall ist. Diese Variante belastet das Oberste Gericht in noch höherem Maße als die vorhergehende, indem sie es auch mit Tatfragen befaßt und kommt daher nur für Länder mit geringer Einwohnerzahl in Frage. Eine weitere Möglichkeit ist der Ausbau des letzten Rechtsmittels nach dem sog. Grundsatzprinzip, das vor allem im angelsächsischen Rechtsgebiet vorherrscht1). Hier wird die Zulassung des Rechtsmittels von einer besonderen im allgemeinen durch den iudex a quo zu erteilenden Erlaubnis abhängig gemacht, die nur gegeben wird, wenn dem höchsten Gericht eine bisher noch nicht entschiedene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorgelegt werden soll. Die Entlastung des Obersten Gerichts von allen Prozessen nicht grundsätzlicher Natur wird dadurch erreicht, aber die damit einhergehende Bindung an die Präjudizien steht der Fortentwicklung des Rechts durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichts, die neben der Wahrung der Rechtseinheit seine weitere wichtige Aufgabe sein sollte, in einer uns untragbar erscheinenden Weise im Wege. Die vierte Möglichkeit schließlich, nach der das letzte Rechtsmittel geformt werden kann, ist das Prinzip der Kassation, das in verschiedenen Modifikationen am weitesten verbreitet ist. Ihm folgen in der einen oder anderen Gestalt die Sowjetunion, fast alle romanischen Länder, insbesondere Frankreich, Italien und die iberischen Staaten, mit wenigen Ausnahmen die südamerikanischen Länder, ferner die Schweiz, Belgien, Holland, Griechenland u. a. Diejenige Form der Kassation, die ausschließlich zum Schutze der Einheitlichkeit der Rechtsprechung geschaffen worden ist, ist die vom französischen Recht ausgebildete Kassation „dans l’interet de la loi“ (daneben kennt das französische Recht noch weitere Arten der Kassation); ihrem Zweck entsprechend ist sie an die normalen Rechtsmittelfristen nicht gebunden und kann nur vom Generalstaatsanwalt eingelegt werden1 2). 1) Vgl. hierzu Strauß, „Die Oberste Bundesgerichtsbarkeit“, Heidelberg 1949, S. 22. „ . 2) Vgl hierzu Magnus, „Die höchsten Gerichte der Welt , Berlin 1929, S. 202. Dieser Form der Kassation kam bisher das entsprechende Rechtsmittel des sowjetischen Rechts am nächsten; nunmehr ist ihm auch die Kassation zu vergleichen, über die der neue Oberste Gerichtshof zu entscheiden haben wird. Wie ein Vergleich der obigen Ausführungen mit den Einzelheiten des Gesetzes zeigt, hat daneben die deutsche Kassation gewisse Stücke aus anderen Rechtsmittelprinzipien entnommen und auf diese Weise eine besondere Variante geschaffen; so ist das Verfahren im wesentlichen das der Revision, und die Möglichkeit, nach § 9 Abs. 1 Buchstabe a in gewissem Umfange auch die Entscheidung von Tatfragen dem Obersten Gericht zu unterbreiten, entstammt dem Berufungsprinzip. Immerhin führen, wie schon in der Bezeichnung zum Ausdruck gebracht wird, die wesentlichen Elemente der deutschen Regelung auf das Kassationsprinzip zurück. Dieses Rechtsmittel ist, wie betont werden muß, keine dritte Instanz; es ist nicht im Interesse der Partei geschaffen worden, sondern ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit; gerade darum aber kann es seinen Zweck der Wahrung der Rechtseinheit, der Beseitigung falscher Urteile und der Fortentwicklung des Rechts nicht schlechter, sondern im Gegenteil unvergleichlich viel besser erfüllen als die Revision in der bisherigen Form. HI. Daß das Gesetz dem Obersten Gericht auch die Zuständigkeit zur Entscheidung gewisser Strafsachen in erster und letzter Instanz verleiht, ist dem Prinzip nach nichts Neues; man erinnere sich nur an den nunmehr obsoleten § 134 GVG, der dem Reichsgericht in erster und letzter Instanz die Entscheidung in den Fällen des Hoch- und Landesverrats übertrug. Neu hingegen ist die Art der Begrenzung der Straftatbestände, die der Aburteilung durch das Oberste Gericht unterliegen sollen. Das Gesetz hat die Bindung der Zuständigkeit des Obersten Gerichts an bestimmte, paragraphenmäßig festgelegte Deliktstatbestände aufgegeben und dafür eine elastische Regelung eingeführt, kraft deren das oberste Gericht die Zuständigkeit zur Aburteilung aller Straftaten „von überragender Bedeutung“ erhält. Die Bestimmung darüber, welche Sache von so überragender Bedeutung ist, daß sie unmittelbar vor den Obersten Gerichtshof gebracht werden muß, trifft der Generalstaatsanwalt der Republik dadurch, daß er vor diesem die Anklage erhebt. Zwei Gründe waren für die Wahl dieses Weges ausschlaggebend. Selbstverständlich soll das Oberste Gericht nur mit der Verhandlung solcher Strafsachen befaßt werden, deren Aburteilung für die Existenz und den Aufbau unserer Gesellschaft von wirklich elementarer Bedeutung ist. Hierunter fallen z. B. unter den heutigen Verhältnissen gewisse schwerstwiegende Wirtschaftsdelikte, wie sie etwa das Gesetz über die Bestrafung von Spekulationsverbrechen unter Strafe stellt. Bei der raschen Entwicklung unseres Aufbaus und unserer Wirtschaft läßt sich jedoch nicht von vornherein sagen, ob nicht Deliktstatbestände, die gegenwärtig von besonders hoher Bedeutung erscheinen, innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit an Bedeutung einbüßen, und ebensowenig läßt sich Vorhersagen, welche neuen Tatbestände dann an ihrer Stelle in den Vordergrund getreten sein werden. Um also zu vermeiden, daß vielleicht schon in naher Zukunft das Oberste Gericht die zuständige Instanz für, die Entscheidung von Strafsachen ist, die ihrer Bedeutung nach nicht mehr dorthin gehören, daß andererseits Sachen, die durch die wirtschaftliche und staatliche Entwicklung eine überragende Bedeutung gewinnen, der Jurisdiktion des Obersten Gerichts entzogen sind, war es erforderlich, eine Formel zu finden, die die Möglichkeit 'gibt, mit der Entwicklung mitzugehen. Dazu kommt, daß in der gegenwärtigen Zeit des verschärften politischen und wirtschaftlichen Kampfes in besonders hohem Maße eine unterschiedliche Wertung von Delikten, die unter das gleiche Strafgesetz fallen, erforderlich ist; je nach dem Zusammenhang und den individuellen Umständen kann ein Verstoß gegen dasselbe Strafgesetz entweder nur örtliche oder aber eine an die Wurzel des Staatslebens gehende Bedeutung haben, so daß auch das Forum differenziert werden muß, das derartige Straftaten aburteilt. 304;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 304 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 304) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 304 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 304)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl Personen Personen -Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesverräterische Nachricht enüb ermi lung, Land rrät sche Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-verletzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und der oder den zuständigen operativen Diensteinheiten im Vordergrund. Die Durchsetzung effektivster Auswertungs- und Vorbeugungsmaßnahmen unter Beachtung sicherheitspolitischer Erfordernisse, die Gewährleistung des Schutzes spezifischer Mittel und Methoden Staatssicherheit unter zielgerichteter Einbeziehung der Potenzen des sozialistischen Rechts tind der Untersuchungsarbeit fester Bestandteil der Realisierung der Verantwortung der Linie Untersuchung bei der Erfüllung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit , wie das prinzipiell bereits im Abschnitt der Arbeit dargestellt wurde. Zu : Der Schutz der inoffiziellen Mitarbeiter und die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung.

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