Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 274

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 274 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 274); I Uber die Rechtspflege in der Ostzone Von Prof. Dr. Arthur Baumgarten, Berlin Im Novemberheft (1948) der westdeutschen Monatsschrift für Deutsches Recht hat Professor Eberhard Schmidt, Heidelberg, unter der Überschrift „Berufsjurist und staatliche Rechtspflege“ einen Aufsatz erscheinen lassen, der sich nicht nur mit den für sein Thema in Betracht kommenden Verhältnissen in der Westzone, sondern auch mit denen der Ostzone beschäftigt. Seine Ausführungen, die als typisch für die im Westen herrschenden Auffassungen angesehen werden können, machen ein Wort der Aufklärung über das, was in der Ostzone vor sich geht, erforderlich. Die tiefgreifenden staatsrechtlichen Veränderungen in Deutschland, die die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Zeit mit sich gebracht hat, legen es besonders nahe, daß wir uns angelegentlichst bemühen, unseren westlichen Landsleuten zur Einsicht in das Wesen des Gesellschaftslebens und damit des Rechtslebens in der Ostzone zu verhelfen. Wie Schmidt den Unterschied zwischen der West-und der Ostzone Deutschlands sieht, geht am deutlichsten aus den folgenden Sätzen hervor: „Im Gegensatz zu den nach dem Muster des SED-Entwurfs geschaffenen Länderverfassungen der Ostzone sind die westlichen Verfassungen nicht nur formal, d. h. dem Worte nach, sondern im höchst realen Sinn antifaschistisch. Sie wollen nicht, wie die östlichen Verfassungen, das totalitäre faschistische System der Vergangenheit durch ein neues totalitäres Machtstaatsystem ersetzen, das sich von jenem alten nur in der ideologischen Bemäntelung unterscheidet, dafür aber in den Methoden polizeistaatlicher Vergewaltigung des Einzelnen mit jenem alten haargenau übereinstimmt. Sie wollen dem trostlosen Experiment des rechtsfeindlichen nationalsozialistischen Machtstaates nicht ein zweites gleiches, nur anders benanntes folgen lassen.“ Weil Schmidt die Ideologie des Nationalsozialismus und die gesellschaftlichen Ideen, die heute in der Ostzone zu maßgeblichem Einfluß gelangt sind, in einen Topf wirft, beide für Bemäntelungen und den Unterschied zwischen ihnen für einen lediglich nominellen ansieht, geht ihm der Blick ab für die Verschiedenheit der Methoden, und kann er überhaupt kein Verständnis dafür gewinnen, daß das heutige Regime der Ostzone das gerade Gegenteil des faschistischen ist. Auf die Ideologien kommt es an in dem Sinn, daß sie, wenn schon nicht die letztlich ausschlaggebenden gesellschaftlichen Kräfte, so doch die deutlichsten Erkennungszeichen der großen gesellschaftlichen Bewegungen sind. Die Weltanschauung, von der Eberhard Schmidt annimmt, daß sie die Bemäntelung der in der Ostzone betriebenen Politik sei, ist die des wissenschaftliche Sozialismus. Der Sozialismus ist nicht eine von irgendwelchen Demagogen erfundene Ideologie, sondern eine politische, soziale und alle Gebiete des geistigen Lebens erfassende historische Erscheinung, die sich in der Neuzeit unter Beteiligung der besten Köpfe allmählich entwickelt hat. Das Ziel, das die Gesellschaftsdenker der Aufklärung vor Augen hatten: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit aller, ist auch das Ziel des Sozialismus. Die Gesellschaftslehre der Aufklärung ist noch nicht Sozialismus, weil sie die Wirtschaft, wiewohl nicht gänzlich ignoriert, so doch nicht in ihrer zentralen Bedeutung erfaßt. Erst als die in ihren Ergebnissen durchaus bürgerlich-kapitalistische französische Revolution die fortschrittlichsten Geister aufs tiefste enttäuscht hatte, gewann eine Elite die Einsicht, daß es einer tiefgreifenden Umgestaltung der Wirtschaft bedürfte, um die Ideale der Aufklärung zu verwirklichen. Der Frühsozialismus trat auf den Plan. Der Frühsozialismus war utopischer Sozialismus, insofern seine Begründer und Anhänger der Meinung waren, daß ein Appell an das vernünftige Denken und den guten Willen der Herrschenden genüge, um den Übergang von der kapitalistischen zu einer sozialistischen Wirtschaftsordnung zu bewerkstelligen. Bei Marx und Engels wird der Sozialismus realistisch, indem die These in ihm aufgenommen und eingehend begründet wird, daß nur auf dem Wege einer proletarischen Revolution und über das Zwischenstadium einer proletarischen Diktatur die neue Wirtschaftsordnung und mit ihr zugleich eine Gesellschaftsordnung, in der alle zu freien und gleichen Mitgliedern einer umfassenden Arbeitsgemeinschaft werden, begründet werden kann. Das Bürgertum hat in seinen Gesellschaftslehren liberali-stischer und romantischer Prägung, die es dem Sozialismus entgegensetzte und die es anfänglich mit einem nicht unerheblichen geistigen Aufwand aufbaute, im Lauf der Zeit zusehends abgenommen an Weisheit und Verstand vor Gott und den Menschen, bis es schließlich in der faschistischen Iedologie den Tiefpunkt der Barbarei erreichte. Der Absturz in diese Ideologie, der keineswegs nur in den sich mehr oder weniger offen faschisierenden Staaten erfolgte, steht damit in Zusammenhang, daß angesichts der drohenden Gefahr, die von der siegreichen Oktoberrevolution ausging, das Bürgertum zu extremen Mitteln greifen zu müssen glaubte. Nach dem Zusammenbruch des Faschismus im zweiten Weltkrieg hat die sozialistische Revolution auf eine Reihe von Ländern übergegriffen, hierbei verschiedenartige, aber im Resultat verhältnismäßig wenig gewaltsame Formen annehmend und im Ergebnis zunächst zu einer demokratischen Republik führend, die noch nicht Sozialismus ist, aber, sozialistisch inspiriert, zum Sozialismus hinüberleitet. Es ist ein komplizierter, langwieriger geschichtlicher Prozeß, in dem die sozialistische Revolution als Weltrevolution die „uni-tas actus“ nicht wahrt, sondern sich in eine Reihe von Stadien auseinanderlegt. Schließlich bleibt aber Revolution, auch wenn sie sich in milden Formen abspielt, immer Revolution, und so ist es begreiflich, wenn schon nicht verzeihlich, daß die Entwicklung in der deutschen Ostzone von manchen mit der faschistischen Gegenrevolution auf eine Stufe gestellt wird. Eine wesentliche Besserung der gesellschaftlichen Zustände ist nicht möglich ohne eine tiefgreifende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Beseitigung dies Monopolkapitalismus und des Großgrundbesitzes sowie die Einführung volkseigener Betriebe bilden die Grundlage der gesamten Gesellschaftsreform in der Ostzone. In der Westzone konnten solche Eingriffe in das privatkapitalistische Regime nicht vorgenommen werden, die dortigen Besatzungsmächte ließen es nicht zu. Nur solche Bestrebungen konnten in der Westzone bisher zu irgendwie greifbaren Ergebnissen führen, die darauf ausgingen, den alten, vorfaschistischen Staat wiedereinzuführen. Aus dem alten Staat, der alten Gesellschaftsordnung, ist der Faschismus hervorgegangen er ist nicht vom Himmel gefallen oder aus der Hölle zu uns heraufgeschickt worden , und aus ihrer Erneuerung wird notwendig ein Neofaschismus hervorgehen. Seit Eberhard Schmidt seinen Artikel schrieb, ist das Entstehen eines neuen Faschismus in der Westzone Deutschlands und in den kapitalistischen Ländern des Westens im allgemeinen jedermann sichtbar geworden. Zum alten Staat gehört auch die Rechtspflege, die Schmidt so sehr am Herzen liegt und von ihm so hoch gepriesen wird. Wie hätte die schlechte Gesellschaft' der Vorkriegszeit (der Zeit vor dem ersten Weltkrieg), die Spitteier in einem kleinen Gedicht, das diese Überschrift trägt, unübertrefflich geschildert hat, eine wirklich gute Rechtspflege haben sollen? Die Zeit des Naturrechts und seiner veritates aeternae in rechtlichen Dingen war längst vorüber. Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann die Rechtwissenschaft sich zum Rechtspositivismus zu bekennen und wurde schließlich zu dem, als was der Rechtsphilosoph Leonard Nelson sie im Anfang des 20. Jahrhunderts be-zeichnete, zu einer Rechtswissenschaft ohne Recht, d. h. ohne Rechtsidee. Der Auslegung und Systematisierung des positiven Rechts legte sie keine inhaltlich bestimmten, in kritischer Besinnung auf das „Richtige“ ermittelten allgemeinen Rechtsprinzipien zu Grunde. Soweit es Lücken im positiven Recht auszufüllen oder Vorschläge de lege ferenda zu machen galt, ließen sich die Juristen, wenn man von Zweck- 274;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 274 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 274) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 274 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 274)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die staatl und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, Jugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und dem Untersuchungsorgan wird beispielsweise realisiert durch - regelmäßige Absprachen und Zusammenkünfte zwischen den Leitern der Abteilung und dem Untersuchungsorgan zwecks Informationsaustausch zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen geschaffen. Das Wesen der politisch-operativen Hauptaufgabe der Linie. Die politisch-operative Hauptaufgabe der Linie besteht darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug durchzusetzen und insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben gemäß der vorliegenden Instruktion und den von der den zu überlebenden Informationsanforderungen, die ständig zu präzisieren und zu ergänzen sind.

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