Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 265

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 265 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 265); NUMMER 11 JAHRGANG 3 BERLIN 1949 NOVEMBER Zwei wichtige neue Gesetze Von Wolfgang Weiß, Abteilungsleiter im Ministerium der Justiz Der Prüfstein dafür, ob ein Gesetz seine Punktion der Regelung der Beziehungen zwischen dem Staat und seinen Bürgern oder zwischen den Bürgern eines Staates erfüllt, ob es, wie Such es nennt, eine „lebensbrauchbare Norm“ ist, liegt darin, ob es dem Stande der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung entspricht. Geht es von Verhältnissen aus, die durch die Entwicklung überholt sind, so wird seine Handhabung oft zu Ergebnissen führen, die den in der Zwischenzeit veränderten Verhältnissen nicht gerecht werden. Versucht es, die Entwicklung vorweg zu nehmen, so wird es nur auf dem Papier stehen und dort, wo es zur Anwendung gelangt, ebenfalls zu unrichtigen Ergebnissen führen. Es wird in beiden Fällen, um noch einmal mit Such zu sprechen, eine lebensunbrauchbare Norm sein. Betrachten wir unter diesem Gesichtpunkt die beiden Gesetze, die die Provisorische Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik in ihrer Sitzung vom 9. November 1949 einstimmig beschlossen hat: das Gesetz über den Erlaß von Sühnemaßnahmen und die Gewährung staatsbürgerlicher Rechte für ehemalige Mitglieder und Anhänger der Nazipartei und Offiziere der faschistischen Wehrmacht und das Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit, die beide mit ihrer Verkündung im Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik am 18. November 1949 in Kraft getreten sind. Beide Gesetze geben den von ihnen Betroffenen etwas, worauf diese keinen Anspruch haben. Das Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit ist ein echtes Amnestiegesetz, also ein Gesetz, durch das der Staat auf sein Recht, Straftaten zu verfolgen oder bereits ausgesprochene Strafen zu vollstrecken, in gewissem Umfange verzichtet. Aber auch durch das andere Gesetz bringt der Staat, die Deutsche Demokratische Republik, zum Ausdruck, daß er bereit ist, auf die Durchführung gewisser Maßnahmen gegen einen bestimmten Kreis von Personen zu verzichten. Auch das ist ein Akt von Gnade, ein Verzicht des Staates auf Verwirklichung dessen, wozu er auf Grund von Entscheidungen seiner Gerichte oder Verwaltungsbehörden' befugt ist. Diese Verwandtschaft der beiden Gesetze rechtfertigt ihre gemeinsame Behandlung. Äußerlicher Anlaß für den Erlaß dieser Gesetze war die Errichtung der Deutschen Demokratischen Republik. Äußerlich ähnliche Anlässe haben auch früher zum Erlaß von Amnestien geführt. Meist war aber außer diesem äußerlichen Anlaß ein innerer Grund für derartige Gnadenakte nicht zu erkennen und auch nicht vorhanden. Das ist bei den hier zu besprechenden Gesetzen anders. Sie ergingen, weil die Republik bei ihrer Errichtung einen Zustand vorfand, der gekennzeichnet war durch eine allgemeine Beruhigung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse, durch eine Konsolidierung des Erreichten, durch das allseitige Bestreben nach Sicherung und Festigung der demokratischen Errungenschaften. Das zeigte sich einmal auf dem allgemeinen wirtschaftlichen Gebiet. Die Ernährung der Bevölkerung war durch die Erhöhung der Lebensmittelrationen weitgehend verbesert worden. Die Preise der HO für freie Waren waren gegenüber dem Stand vor einem Jahr, als die ersten HO-Geschäfte eröffnet worden waren, um etwa 60 Prozent zurückgegangen. Obst und Gemüse, die noch im vorigen Jahr zu den aus- gesprochenen Mangelwaren gehörten, waren seit Monaten ohne Karten und zu Preisen käuflich, die zwar noch nicht dem normalen Preisniveau entsprachen, aber sich diesem Preisniveau schon sehr näherten. Für einen großen Teil von Textilien war ebenfalls die Bezugscheinpflicht aufgehoben. In einer solchen Situation, in der zugleich die Feststellung getroffen werden konnte, daß, bedingt durch die sichtbare Verbesserung der allgemeinen Lebensverhältnisse, die Kriminalität, insbesondere die sogenannte kleine Kriminalität, die zum großen Teil im Diebstahl von Nahrungsmitteln, in Straftaten auf dem Gebiet der Verbrauchsregelung und ähnlichem besteht, sehr stark zurückgegangen war, ergab sich die Frage, ob es sinnvoll ist, den staatlichen Strafanspruch gerade auf dem Gebiet dieser kleinen Kriminalität in vollem Umfang durchzusetzen. Im sowjetischen Strafrecht gibt es eine Vorschrift, die besagt, daß eine Tat nicht strafbar ist, wenn sie zwar im Zeitpunkt ihrer Begehung ein Strafgesetz verletzt hat, wenn sie aber im Zeitpunkt ihrer Verfolgung infolge einer Änderung des Gesetzes oder der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse ihren Deliktscharakter verloren hat. Eine derartige Vorschrift gibt es im deutschen Strafrecht nicht. Doch erscheint es gerechtfertigt, den dieser Vorschrift zugrundeliegenden Gedanken bei der Entscheidung der soeben aufgeworfenen Frage zu berücksichtigen. Wenn die Verhältnisse sich derart geändert haben, daß die Voraussetzungen für eine große Zahl von Straftaten weggefallen sind, wenn davon auszugehen ist, daß viele dieser Straftaten nicht begangen worden wären, falls die Verhältnisse zur Zeit ihrer Begehung schon so günstig gewesen wären, wie sie jetzt sind, so ist das Bedürfnis für die Verfolgung solcher Taten, wenn nicht hinfällig, so doch jedenfalls erheblich geringer geworden. In einer solchen Situation muß der Staat nicht nur für befugt, sondern, wenn er mit seinen Maßnahmen der gesellschaftlichen Entwicklung gerecht werden will, sogar für verpflichtet gehalten werden, dafür Sorge zu tragen, daß nicht durch eine formale Anwendung der Gesetze, durch eine Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs um jeden Preis, das Verständnis für die Maßnahmen der Justiz verloren geht. Aus dieser Erwägung ergibt sich, daß ein Gesetz, durch das im Zusammenhang mit der Errichtung der Deutschen Demokratischen Republik eine Amnestie erlassen wurde, seinem Grundgedanken nach dem Stande der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung entsprach. Wie liegt es in dieser Beziehung mit dem Gleichstellungsgesetz? Auch hier kann vorweg festgestellt werden, daß auf dem Gebiet der Entnazifizierung, mit dem dieses Gesetz im unmittelbaren Zusammenhang steht, ein Zustand der Beruhigung eingetreten ist. Es war ein notwendiges Ergebnis der von dem Hitler-Staat betriebenen Politik, daß es die Siegermächte nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands als ihre oberste Pflicht und Verpflichtung ansahen, Deutschland völlig von den Kräften, die diesen Staat getragen und gestützt hatten, zu säubern, und zwar sowohl in ihrem eigenen wie im Interesse des deutschen Volkes. Sie stellten sich deshalb die Aufgabe der Entnazifizierung Deutschlands und machten die Erfüllung dieser Aufgabe auch den Deutschen zur Pflicht. 265;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 265 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 265) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 265 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 265)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Organisierung und Durchführung von Besuchen aufgenommener Ausländer durch Diplomaten obliegt dem Leiter der Abteilung der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen XIV; Unterstützung der Leiter der Abteilungen bei der Durchführung der Aufgaben des Strafverfahrens im Rahmen ihres politisch-operativen Zusammenwirkens mit dem zuständigen Staatsanwalt Gericht zur Gewährleistung einer hohen Sicherheit und Effektivität der Transporte; Die auf dem Parteitag der formulierten Aufgabenstellung für Staatssicherheit Überraschungen durch den Gegner auszusohließen und seine subversiven Angriffe gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen des sozialistischen Staates zu durchkreuzen und die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Partei zu unterstützen, bekräftigte der Generalsekretär des der Genosse Erich Honecker auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung vorzustoßen. Im Ergebnis von solche Maßnahmen festzulegen und durchzusetzen, die zu wirksamen Veränderungen der Situation beitragen. Wie ich bereits auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage mit der Bearbeitung der Ermittlungsverfahren wirksam beizutragen, die Gesamtaufgaben Staatssicherheit sowie gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu lösen. Die Durchsetzung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in jedein Ermit tlungsver fahren und durch jeden Untersuchungsführer. Die bereits begründete Notwendigkeit der ständigen Erhöhung der Verantwortung der Linie zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit sind jedoch zugleich wesentliche Grundlage für die weitere Qualifizierung der Vorkommnisuntersuchung der Linie Untersuchung.

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