Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 26

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 26 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 26); III. Hier mag man einwenden, daß die Reform lediglich eine Verlagerung der Überlastung erzielen könne und sich nunmehr die Amtsgerichte als der Engpaß erweisen würden, an dem der glatte Ablauf der Justizgeschäfte ins Stocken geraten werde. Diese Befürchtung verkennt die Wirkung der mit der Neuordnung verbundenen Dezentralisierung. Die statistischen Erhebungen haben ergeben, daß die Verteilung einer für das einzelne Landgericht nicht mehr tragbaren Last auf die Amtsgerichte des Bezirks sich bei diesen im Durchschnitt als eine durchaus tragbare Mehrbelastung erweisen wird. Das gilt insbesondere für die Amtsgerichte der ländlichen Bezirke; in den großen Städten freilich mit ihrer Konzentration von Eheprozessen wird es erforderlich sein, einen Teil der beim Landgericht freiwerdenden Eherichter nunmehr beim Amtsgericht zu verwenden, was keine Schwierigkeiten bereiten kann, da beide Gerichte ja am gleichen Ort sind. Das mag, so wird weiter eingewandt, izutreffen, aber die Mehrbelastung ergebe sich ja nicht so sehr aus der Zahl der auf das einzelne Amtsgericht entfallenden Prozesse, wie aus der Art und Weise, in der sie sich im Gegensatz zum bisherigen Zustande abspielen würden, d. h. insbesondere aus dem Wegfall des Anwaltszwanges. Der Anwalt, argumentiert man, sichtet das Material und scheidet alles unerhebliche Vorbringen aus; diese erhebliche Arbeit müsse im Parteiprozeß das Gericht selbst leisten und das bedeute eine große Mehrbelastung in jeder einzelnen Sache. Wie steht es mit diesem Argument? Zweifellos ist es richtig, daß der pflichtbewußte Anwalt in dieser Form zur Entlastung des Gerichts beiträgt (wenn auch die Fälle, in denen die Information der Partei wahllos in den Schriftsatz aufgenommen wird, bekanntlich leider keine Seltenheit sind). Aber ist denn die Konzentrierung des Streitstoffes die einzige Folge der anwaltlichen Mitwirkung? Macht sie sich auf der anderen Seite nicht häufig genug besonders, wenn einer Partei an einer Verzögerung des Verfahrensfortgangs gelegen ist durch die Erhebung von Einwendungen, das Vorbringen tatsächlicher Behauptungen oder rechtlicher Ausführungen, auf die die Partei selbst niemals kommen würde, durch die Komplizierung der Beweisaufnahme, oft auch durch eine Vielfalt von unnötigen Schriftsätzen auch in Richtung einer Verlängerung des Verfahrens, d. h. einer erhöhten Belastung des Gerichts geltend? Was für den Eheprozeß gilt, das muß grundsätzlich auch für jeden anderen Prozeß zutreffen und man frage einmal den Zivilprozeßrichter am Amtsgericht, wo er schneller zum Ziele kommt: da, wo ein Prozeß direkt mit den Parteien verhandelt wird oder da, wo in einem gleichen Prozeß Anwälte auftreten. In 90 von 100 Fällen wird die Antwort zugunsten des Parteiprozesses lauten. Übrigens wäre es verkehrt, die Frage der Zweckmäßigkeit des Wegfalls des Anwaltszwanges für die erste Instanz der Ehesachen infolge ihrer Übertragung an das Amtsgericht allein oder auch nur vorwiegend vom Standpunkt der damit verbundenen Be- oder Entlastung der Gerichte, also einem äußerlichen Faktor, zu beurteilen, dessen Bedeutsamkeit zeitbedingt ist. Es darf nicht verkannt werden, daß es sich hier um einen Schritt handelt, der von ernster wirtschaftlicher Bedeutung für die Anwaltschaft ist auf ihren verständlichen Widerstand ist es in erster Linie zurückzuführen, daß die früheren Bestrebungen in dieser Richtung scheiterten und die Deutsche Justizverwaltung hat diesen Schritt nicht leichten Herzens getan. Er wäre gerade im Hinblick auf jene Folgen allein um der Entlastung des Justizapparates willen nicht gegangen worden, hätte sich nicht eben die Überzeugung durchgesetzt, daß das Eheverfahren in seiner bisherigen Form im Widerspruch mit den Erfordernissen einer volksnahen Rechtspflege stand. Dieser Widerspruch resultiert nicht allein aus der örtlichen und gefühlsmäßigen Entferntheit des Landgerichts und seines Verfahrens von der Masse der Rechtsuchenden, er liegt zu einem großen Teil gerade im Anwaltszwange begründet, der, mag man über seine sonstige Berechtigung streiten, in dem rechtlich meist einfach gelagerten Eheverfahren jedenfalls zu entbehren ist. Hören wir, was eine Autorität auf unserem Gebiet, Professor Heinrich Lehmann, Köln, in seinem zu dem erwähnten Juristentage erstatteten Gutachten über die Frage einer „grundsätzlichen Änderung in der Behandlung von Ehestreitsachen“ zu diesem Punkte sagt: Hinsichtlich des Herstellungsprozesses: „Der Anwaltszwang ist ferner wenig geeignet, die Herstellung der ehelichen Gemeinschaft zu fördern. Je mehr Menschen in einen derartigen Streit hineingezogen werden, um so schwerer wird nachher für die unmittelbar Beteiligten das Vergessen und Vergeben. Der persönliche Verkehr des Richters mit den Parteien wird dadurch geschmälert, daß der Richter von vornherein einen juristisch hergerichteten, auf das Ziel des Prozeßgewinns eingestellten Tatbestand vorgelegt bekommt.“3) Hinsichtlich des Scheidungsprozesses: „Das Gericht steht den Parteien zu fern und kennt ihre persönlichen Verhältnisse nicht. Es kann die Parteien infolgedessen auch persönlich wenig nach der Richtung beeinflussen, daß sie unnötige Schärfe fernhalten. Das Gericht erhält zudem einen von den Anwälten juristisch hergerichteten Tatbestand vorgelegt; seine persönliche Einvernehmung der Parteien erfolgt zu spät Es erhält kein richtiges Gesamtbild und erfährt die wahren Ursachen der Entfremdung nicht Die Scheidungsprozesse werden dank der Mithilfe der Anwälte kunstgerecht aufgebaut und mit allen Mitteln der juristischen Technik durchgeführt Der Wegfall des Anwaltszwanges würde den unmittelbaren Einfluß des Gerichts auf die Parteien stärken und die menschliche Seite mehr hervortreten lassen. Manchmal würde ein Vergleich möglich sein ,“4) Zusammenfassend: „Das heutige Scheidungsverfahren ist für eine gute und schmerzlose Erledigung der Scheidungsprozesse insofern wenig geeignet, als das Landgericht den Parteien zu fern steht und keinen ausreichenden persönlichen Einfluß auf die Austragung des Prozesses ausüben kann, und als der Anwaltszwang die erbitterte rücksichtslose Führung des Kampfes mit allen Mitteln der juristischen Technik noch befördert.“5) Diese Erkenntnisse wurden 1928 ausgesprochen es bedurfte weiterer 20 Jahre, ehe wenigstens in einem Teile Deutschlands die Folgerung aus ihnen gezogen wurde! Wenn also das Gesamtinteresse der Rechtspflege und damit des Volksganzen die Reform erheischte und die dringende Not des Tages ihren weiteren Aufschub verbot, so konnte gleichzeitig gerade auch im wohlverstandenen Interesse der Anwaltschaft für die unabweisbare Operation wohl kein günstigerer als der gegenwärtige Augenblick gewählt werden, wie sich aus den wirtschaftlichen sowohl wie den politischen Umständen ihrer heutigen Situation ergibt. Zur wirtschaftlichen Seite ist zunächst zu vermerken, daß sich die geldliche Einbuße der Anwälte als nicht so schwer heraussteilen wird, wie man auf den ersten Blick vielleicht anzunehmen geneigt ist. Der Wegfall des Zwanges zu anwaltlicher Vertretung bedeutet nicht den Wegfall der Möglichkeit zur freiwilligen Beauftragung eines Anwalts; Das Publikum ist gerade in Familienrechtssachen durch die jahrzehntelange Übung so sehr an die Anwaltsvertretung gewöhnt, daß es in der Mehrzahl der Fälle wahrscheinlich noch auf Jahre hinaus von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird. Die Praxis der „Amtsgerichtsanwälte“ wird zweifellos sogar zunehmen. Die Anwälte in den Landgerichtsorten werden einen gewissen Ausgleich durch die ihnen bisher nicht zugänglichen Berufungssachen erhalten, für die der Anwaltszwang ja fortbesteht. Gleichwohl läßt sich natürlich nicht leugnen, daß eine Einschränkung des anwaltlichen Beschäftigungsgrades eintreten wird, aber diese Einschränkung ist in der heutigen Situation nicht nur tragbar, sondern sogar erwünscht. Zu keiner Zeit in der Geschichte der deutschen Anwaltschaft bestand eine derart geradezu katastrophale Überlastung der zugelassenen Rechts- 3) Verhandlungen des 35. Deutschen Juristentages, Band I Seite 411. 4) a.a.O. S. 418 f„ 421. 5) a.a.O. S. 422. 26;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 26 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 26) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 26 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 26)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die subversiven Angriffe des Feindes und zur Durchsetzung der Politik der Partei im Kampf zur Erhaltung des Friedens und zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ausgeht. Dabei gilt es zu beachten, daß selbst- Insbesondere Artikel der Verfassung der Deutschen Demokratische Republik., des Gesetzes über den Ministerrat, des Gesetzes über die Bildung des Ministeriums für Staatssicherhe., des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen kann. für die Zusammenarbeit ist weiterhin, daß die abteilung aufgrund der Hinweise der Abtei. Auch die Lösung der Aufgaben nicht gefährdet wird, eine andere Möglichkeit nicht gegeben ist, die Zusammenarbeit darunter nicht leidet und für die die notwendige Sicherheit gewährleistet ist. Die ist gründlich vorzubereiten, hat in der Regel persönlich zu erfolgen, wobei die Mentalität Gesichtspunkte des jeweiligen Inoffiziellen Mitarbeiters berücksichtigt werden müssen. Der Abbruch der Zusammenarbeit. Ein Abbrechen der Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit erwarten lassen. Der Feststellung und .Überprüfung des Charakters eventueller Westverbindungen ist besondere Bedeutung beizumessen und zu prüfen, ob diese Verbindungen für die politisch-operative Arbeit vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung and Bekämpfung der Versuche des Feindes aum Mißbrauch der Kirchen Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Grandfragen der Einleitung und Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit in der Reoel mit der für die politisch-operative Bearbeitung der Sache zuständigen Diensteinheit im Staatssicherheit koordiniert und kombiniert werden muß.

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