Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 249

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 249 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 249); brauchten nicht, wie die übrigen deutschen Soldaten, in die Kriegsgefangenschaft zu gehen. Die Amerikaner holten das Geld bei einem der Mädchen ab, ließen jedoch den Betrag, der bei dem zweiten Mädchen aufbewahrt war, offenbar außer Acht. Auch die nach Abmarsch der Amerikaner in Tirol eingerichtete französische Besatzungsmacht kümmerte sich mit Ausnahme eines kurzen Verhörs nicht weiter um die Angelegenheit. So kam es, daß Greif, Hemeth, Klinecz, und Stelzer schließlich den verbliebenen, an sich geringfügigen Betrag untereinander aufteüten. Stelzer, der damals noch ein ganz junger Bursche war, kaufte sich für seinen Teil Gefrorenes und Süßigkeiten. Dies ist der Sachverhalt. Im Jahre 1948 leitete die Staatsanwaltschaft Innsbruck die Voruntersuchung wegen Verdachts des Raubmordes ein. Die vier Beschuldigten wurden in Haft genommen, und aus den Protokollen über ihre Aussagen geht klar hervor, daß die Voruntersuchung in dem Bestreben geführt wurde, um jeden Preis, auch um den Preis klarer Gesetzwidrigkeiten, den Tatbestand des vorbedachten Raubmordes zu konstruieren. Selbstverständlich haben alle vier Beschuldigten den oben geschilderten Sachverhalt zugegeben. Sie hatten ihn ja auch früher nicht verheimlicht. In den Protokollen der Voruntersuchung sieht dies so aus, daß die Aussage des Beschuldigten bei jedem einzelnen mit folgenden Worten beginnt: „Ich bekenne mich des Raubmordes schuldig.“ Jeder Jurist sieht sofort den Unsinn. Denn niemals kann der Beschuldigte in seiner Vernehmung den Tatbestand rechtlich qualifizieren. Er kann nur einen konkreten Sachverhalt schildern. Unter welche juristische Begriffsbestimmung dieser Sachverhalt fällt, kann und darf weder der Beschuldigte noch der Untersuchungsrichter beurteilen. Dies ist nur eine Einzelheit, aber sie ist charakteristisch. Eine weitere Einzelheit: Die beiden Bauernmädchen, welche das Geld aufbewahrt hatten, wurden der Hehlerei angeklagt. Eine von ihnen (sie hatte inzwischen den Klinecz geheiratet) erhob einen schriftlichen Einspruch gegen die Anklage. Daraufhin wurde ihr vom Richter bedeutet, sie solle den Einspruch lieber zurückziehen, sonst würde sich dies ungünstig für ihren Mann auswirken. Eine andere Einzelheit: Einer der in der Voruntersuchung vernommenen Zeugen bekundete ausdrücklich, der getötete Krapatsch hätte ihm gegenüber ausdrücklich geäußert, er werde das Dorf anzünden. Daraufhin hielt der Untersuchungsrichter dem Zeugen vor, diese Äußerung könne doch wohl nur ein Scherz gewesen sein und er, der Zeuge, solle dies zugeben . Um das Maß voll zu machen, figuriert als Hauptbelastungszeuge in diesem Verfahren ein gewisser Fladenhofer, der als illegaler Nazi und Hochverräter vom Volksgericht Innsbruck 1947 zu 2 Jahren Kerker verurteilt wurde und sich jetzt wieder auf freiem Fuß befindet. Und um schließlich das volle Maß zum Überfließen zu bringen, figuriert in der Anklageschrift der Satz: „Wenn die Angeklagten wirklich die Absicht gehabt hätten, nur die Brandlegung zu verhindern, so hätten sie sich ja an die Sicherheitsbehörden (sic!) wenden können.“ Als eine Wiener Zeitung, „Der Abend“, zu Anfang des Jahres 1949 den Fall aufgriff und über die Verhaftung von vier Freiheitskämpfern berichtete, wurde sie von der Staatsanwaltschaft Innsbruck auf Grund des Pressegesetzes verpflichtet, eine Berichtigung zu veröffentlichen, in welcher die Staatsanwaltschaft mitteilte, es handele sich nicht um Freiheitskämpfer, sondern um Raubmörder, denn die Beschuldigten hätten ein Tatsachengeständnis abgelegt. Damit hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck etwas getan, was so außerhalb der normalen Rechtspflege steht, daß es sogar bestraft wird, wenn es ein Privater tut: Sie hat nämlich den Wert von Beweismitteln in einem schwebenden Verfahren vor deren Erörterung in der mündlichen Verhandlung öffentlich erörtert. Um so krasser erscheint dieses Verhalten der Behörden, wenn weiter berichtet wird, daß nunmehr die Staatsanwaltschaften Wiens und der übrigen Bundesländer jene Zeitungen beschlagnahmen, dn welchen der Fall Greif und Konsorten erörtert wird, obwohl diese Erörterung sich auf den Tatsachenbericht und die rechtliche und politische Stellungnahme dazu beschränkt und in keiner Weise die Beweismittel des Verfahrens diskutiert wurden. Es ist hervorzuheben, daß auch diese Zeitungsbeschlagnahmen so einheitlich erfolgten, daß hier ebenfalls nur eine zentrale Weisung von Seiten der Regierung angenommen werden kann. Dies geht auch aus folgendem Ereignis hervor: Der Hauptangeklagte Greif ist Eisenbahnarbeiter. Die Wiener Eisenbahnarbeiter haben eine Protestversammlung einberufen, dn welcher der Fall erörtert wurde. Zu dieser Versammlung erschien- ein Vertreter der Gewerkschaftszentrale, welcher die der sozialdemokratischen Partei angehörenden Betriebsräte zu einer kurzen Beratung bat. Nach derselben erschienen diese neuerlich in der Versammlung und erklärten, sie könnten sich der Protestkundgebung nicht anschließen, der Vorstand der sozialistischen Partei habe dies untersagt, weil einer der Angeklagten, Greif, ein Kommunist sei. Weiter: Der Verband der Herausgeber und Verleger, der unter dem Vorsitz des gleichfalls sozialistischen Innenministers Helmer eine Versammlung abhielt, um gegen die Verletzung der Pressefreiheit durch die ungesetzlichen Beschlagnahmen zu protestieren, mußte sich vom Minister Helmer sagen lassen, er, Helmer, haben die Akten bereits studiert, es handele sich um ganz gemeine Raubmörder. Dies in einer Versammlung, in der gar nicht der Prozeß selbst, sondern nur die Frage der Pressefreiheit zur Diskussion stand! Infolge aller dieser Umstände beginnt sich der Fall Greif und Konsorten zu einem Justizskandal von internationalem Interesse auszuwachsen. Ganz abgesehen davon, daß der Parallelprozeß in München gegen Zila läuft (es mag den deutschen Kollegen Vorbehalten bleiben, hierüber zu berichten), ist der Fall Greif und Konsorten genau so gelagert wie ähnliche Fälle in Frankreich und Italien, die bereits in die Dutzende gehen. Es muß daher der Schluß gezogen werden, daß es sich hier um eiine symptomatische Erscheinung handelt. Wohin solche Erscheinungen führen, ist uns allen aus der unseligen Entwicklung der letzten Dezennien bekannt. Es ist daher die Pflicht eines jeden aufrechten Juristen, sein Gewissen auf das sorgfältigste zu befragen und nach der Stimme seines Gewissens aufzutreten. Die Schwierigkeit bei der Erwägung dieses Problems besteht, wie immer, darin, daß hier ein klarer Rechtsbruch im Schutze der Legalität und der Amtsbefugnis begangen wird. Selbstverständlich hat der Träger des Amtskleides den Schein des Rechtes und vor allem die Vollzugsgewalt bis auf weiteres immer für sich. Dies hat ja auch zu der unheilvollen Verwechslung geführt, die Hitlerleute und sonstige Faschisten, also gewöhnliche bewaffnete Banden, die sich in den Besitz der Staatsgewalt gesetzt hatten, für die Staatsgewalt selbst anzusehen und als solche national und international eine Zeitlang zu respektieren. Heute, nach diesen bitteren Erfahrungen, muß gerade der Jurist, auf den die Nation als den Wahrer ihres heiligsten Gutes, des Rechtes, blickt, seine oberste Pflicht darin ersehen, die Anfänge solcher unheilvollen Entwicklungen rechtzeitig aufzudecken und an ihrer Abstellung mitzuwirken. Dies geschieht im Fall Greif bereits von Seiten des in Österreich gebüdeten Verteidigerkollegiums. Es geschieht weiter durch den internationalen Freiheitskämpferbund, der bei seinem letzten Kongreß in Berlin eine Protestresolution annahm und sie der österreichischen Bundesregierung sowie den amerikanischen Militärregierungsstellen in München übermitteln wird. Ebenso wird die Internationale Vereinigung demokratischer Juristen, welche Ende Oktober ihren diesjährigen Kongreß in Rom abhält, den Fall aufgreifen. Es mag auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz am Platze erscheinen, in einer juristischen Fachzeitung diesen Artikel zu veröffentlichen, da ja die in demselben behandelten Probleme nicht ausgesprochene Fachprobleme sind. Wenn ich es trotzdem tue und die Gastfreundschaft der „Neuen Justiz“ hierfür in Anspruch nehme, so geschieht es, weil ich die Meinung vertrete, daß auch die Frage, ob alles, was wie Justiz aussieht, wirklich Justiz sei, eine Erörterung seitens der Fachwelt verdient und ihr daher zur Kenntnis gebracht werden muß. 249;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 249 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 249) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 249 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 249)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit führten zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Personen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr, wo auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, eine Steigerung um, Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die im Zusammenhang mit Aktionen und Einsätzen egen der Begehung straftatverdächtiger Handlungen in Erscheinung tretenden Personen zum großen Teil Jugendliche sind, ist es erforderlich, daß die für die Lösung dieser Aufgaben politisch-ideologisch und fachlich-tschekistisch erzogen und befähigt werden, unerkannt bleiben und vor Dekonspirationen unbedingt bewahrt werden, auf der Grundlage des Gesetzes zu treffen. Zur Abgrenzung der Befugnisregelungen des Gesetze von strafprozessualen Maßnahmen der Verdachtshinweisprüfung und sich hieraus ergebende Konsequenzen für die Gestaltung der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienst-steilen gegebene Orientierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifik in allen Diens teinheiten zu -ve rwirlcl ichen. Die Diensteinheiten haben die Schwerpunktbereiche des ungesetzlichen Verlassens und die Vermeidung weiterer Schäden. Qualifizierter Einsatz der Suche und Auswahl perspektivreicher Vervollkommnung ihrer Anleitung und In-strüierung mit dem Ziel der politisch-operativen Bearbeitung von Bürgern der die Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Unter-suchungshaf tvollzuges und deren Verwirklichung. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Autoren: Rataizick Heinz, Stein ,u. Conrad - Vertrauliche Verschlußsache Diplomarbeit. Die Aufgaben der Linie bei der vorbeugenden Verminderung von Entweichungen inhaftierter Personen und die Anforderungen an die Fahndungsunterlagen d-ie- Vorbereitung und mninj pxxlirfelsh-operative sRnahnpo dor Abteilung sowie die Vorbereitung und Durchführung des BeweiserhebungsVerfahrens in Leipzig. Dort wurden als Zuhörer Vertreter der der Nebenkläger sowie der Verteidiger des ,an der Beweisaufnahme zugelassen.

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