Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 178

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 178 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 178); 1. Wenn sie (d. h. die Besatzungsmächte) dies als wesentlich ansehen aus Sicherheitsgründen oder zur Aufrechterhaltung der demokratischen Regierungsfarm in Deutschland. Diese Bestimmung klingt weitestgehend an die Artikel 4 und 5 des Atlantikpaktes an. Bei der Interpretation dieser beiden Artikel stellte die außenpolitische Kommission des amerikanischen Senates fest, daß demokratische und nationale Unabhängigkeitsbewegungen in den Atlantikpaktländern eine militärische Intervention der USA und ihrer Partner auslösen könnten, da solche Bewegungen eine „Kriegsgefahr“ im Sinne des Artikel 4 des Atlantikpaktes bilden. Der obige Tatbestand des Punktes III des Besatzungsstatutes ist eine besondere Form der Artikel 4 und 5 des Atlantikpaktes, abgestellt auf die speziellen deutschen Verhältnisse. Das Besondere besteht darin, das Westdeutschland bereits von den Truppen der Atlantikpaktpartner besetzt ist und diese Truppen die eigentliche Grundlage für die Ausübung der dortigen staatlichen Gewalt abgeben. Es genügt also die Annullierung der den westdeutschen Verwaltungen eingeräumten juristischen Kompetenzen, um einen Kriegs- und Belagerungszustand herzustellen. Gegen wen sind aber diese Kriegsmaßnahmen gerichtet? Punkt III des Besatzungsstatutes ist hierzu unmißverständlich: es ist die Bewegung der Deutschen für nationale Unabhängigkeit und Einheit; denn diese Bewegung richtet sich gegen die Aufrechterhaltung einer autoritären, westdeutschen Separatregierung. Das bedeutet, daß die Errichtung eines einheitlichen und unabhängigen deutschen Staates eine „Gefährdung der Sicherheit“ im Sinne des Punktes III des Besatzungsstatutes ist. 2. Wenn dies „im Verfolg der internationalen Verpflichtungen ihrer Regierungen (d. h. der Regierungen der westlichen Besatzungsmächte) unumgänglich ist“. Solche internationalen Verpflichtungen sind z. B. der Atlantikpakt, die militärischen Vereinbarungen auf Grund des Atlantikpaktes usw. Das bedeutet, daß die Besatzungsregierungen unter Ausschaltung der Kompetenzen der westdeutschen Regierungen alle Maßnahmen im Gefolge des Atlantikpaktes durchführen können, auch wenn der westdeutsche Staat formell nicht Vertragspartner des Atlantikpaktes ist. Das Besatzungsstatut schafft damit einen Zutand, der für die Einbeziehung Westdeutschlands in die Kriegsvorbereitungen den formellen, vertragsmäßigen Beitritt Westdeutschlands zum Atlantikpakt nicht unbedingt notwendig macht. Dieser innere Zusammenhang, der zwischen dem Atlantikpakt und dem Besatzungsstatut für Westdeutschland besteht, tritt auch im Organisationsgesetz des Besatzungssitatutes, offiziell „Satzung der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland“ genannt, in Erscheinung. Das „Abkommen über Dreimächtekontrolle“, das ebenfalls auf der Washingtoner Konferenz zustande kam, führt in seinem Punkt 2 aus, daß „Art und Ausmaß der von der Alliierten Hohen Kommiss,on ausgeübten Kontrollen mit dem Besatzungsstatut und internationalen Abmachungen in Einklang stehen sollen“. Internationale Abmachungen im Sinne dieses Abkommens sind weder die Viermächtevereinbarungen über Deutschland, noch die internationalen Übereinkünfte über die Kompetenzen des Kontrollrates. Hierzu hätte es keiner besonderen Separaitbeschlüsse der Westmächte bedurft. Gemeint sind die Exklusivabkommen unter den Westmächten selbst, in erster Linie der Atlantikpakt, der Marshallplan und das Ruhrstatut. Das „Abkommen über Dreimächtekontrolle“ ist das juristische Bindeglied zwischen dem Atlantikpakt einerseits und dem Besatzungs- und dem Organisationsstatut andererseits. Dies geht deutlich aus der „Verwaltungsanordnung Präsident Trumans über die Errichtung des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinigten Staaten für Deutschland“ vom 6. Juni 1949 hervor. In Punkt 3 dieser Verwaltungsanordnung heißt es: „Auf Verlangen des Hohen Kommissars trifft der Befehlshaber die notwendigen Maßnahmen für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung und sonstige Maßnahmen, die zur Unterstützung der Politik der Vereinigten Staaten in Deutschland erforderlich sind.“ Da die Politik der Vereinigten Staaten in Deutschland bekanntlich darin besteht, die westdeutschen Gebiete in ein militärisches Gelände zu verwandeln, besteht die außenpolitische Funktion des Hohen Kommissars in der Durchführung entsprechender Maßnahmen. Die zitierte Verwaltungsanordnung des Präsidenten Truman geht aber noch weiter. Sie bestimmt: „Im Falle eines Notstandes, der die Sicherheit der Streitkräfte der Vereinigten Staaten in Europa berührt, kann der Befehlshaber jede Maßnahme ergreifen, die er für die Sicherheit seiner Truppen als erforderlich erachtet.“ Hier ist besonders beachtlich, daß nicht-mehr allein von Westdeutschland die Rede ist, sondern von „Europa“. Die in Westdeutschland stationierten amerikanischen Besatzungstruppen sollen in Durchführung des Atlantikpaktes zur militärischen Intervention gegen die nationalen Unabhängigkeitsbewegungen in den europäischen Marshall-Ländern, gegen die volksdemokratischen Staaten und gegen die Sowetunion eingesetzt werden. Angesichts der tatsächlichen Stärke der in Westdeutschland stationierten amerikanischen Truppen richtet sich diese Anordnung gegenwärtig in erster Linie gegen die Unabhängigkeitsbewegungen in Westdeutschland und Westeuropa, namentlich in Frankreich und Italien. So ist das Besatzungsstatut nicht nur das Mittel zur Unterjochung und Vasallisierung der Deutschen im Westen, sondern auch die Grundlage für die ständige Gefahr einer militärischen Intervention in die inneren Angelegenheiten der westeuropäischen Staaten. (Fortsetzung in der nächsten Nummer) Recht und Rechtswissenschaft im Zweijahresplan Von Dr. Heinz Such, Lehrbeauftragter an der Universität Leipzig ' In der bekannten 1814 veröffentlichten Schrift Savignys: „Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“ ist im Abschnitt über Gesetze und Rechtsbücher ausgeführt, daß das Gesetzbuch, da es einzige Rechtsquelle zu sein bestimmt sei, in der Tat für jeden vorkommenden Fall im voraus die Entscheidung enthalten solle. Savigny gibt zu, daß dieses Unternehmen fruchtlos bleiben müsse, weil es für die Erzeugung der Verschiedenheiten wirklicher Fälle schlechthin keine Grenze gäbe. Er meint aber, eine solche Vollständigkeit ließe sich in anderer Art erreichen und versucht dies mit einem Vergleich aus der Geometrie zu verdeutlichen: „In jedem Dreieck nämlich gibt es gewisse Bestimmungen, aus deren Verbindung zugleich alle übrigen mit Notwendigkeit folgen: durch diese, z. B. durch zwei Seiten und den zwischenliegenden Winkel, ist das Dreieck gegeben. Auf ähnliche Weise hat jeder Teil unseres Rechts solche Stücke, wodurch die übrigen gegeben sind: wir können sie die leitenden Grundsätze nennen.“ Diese zu finden, bezeichnete er als die schwerste Aufgabe der Rechtswissenschaft; sie seien jedoch die „wahrhaft regierende Rechtsquelle“. Uns interessiert hier weder, wie diese Auffassung von den Grundbegriffen des Rechts als einer logischmathematischen Kategorie entstanden ist, welche praktische politische Bedeutung sie einst hatte und später erhielt, noch interessiert uns hier die Beziehung dieser Auffassung des Rechts zu den kategorischen Denkformen der Kantschen Philosophie, noch endlich die aufschlußreiche Tatsache, wie auf diese Weise das von Savigny bekämpfte Naturrecht sich in den Lehren der historischen Rechtsschule erhielt und weiter entwickelt wurde; uns interessiert hier nur die 178;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 178 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 178) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 178 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 178)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Vergangenheit bereits mit disziplinwidrigen Verhaltens weisen in der Öffentlichkeit in Erscheinung traten und hierfür zum Teil mit Ordnungsstrafen durch die belegt worden waren. Aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig ist. Alle auf der Grundlage des Gesetzes durchgeführten Maßnahmen sind somit zu beenden, wenn die Gefahr abgewehrt oder die Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit einhergeht. Fünftens ist in begründeten Ausnahmefällen eine Abweichung von diesen Grundsätzen aus politischen oder politisch-operativen, einschließlich untersuchungstaktischen Gründen möglich, wenn die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Ausweisungsgewahrsams gegeben und wird im Ergebnis der Prüfung von möglichen anderen Entscheidungen, der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Abstand genommen, so ordnet der Leiter der Hauptabteilung oder der Leiter der Bezirksverwaltung Verwaltung den vorläufigen Ausweisungsgewahrsam. Diese Möglichkeit wurde mit dem Ausländergesetz neu geschaffen. In jedem Fall ist aber zu sichern, daß der betreffende Jugendliche eine unmittelbare staatliche Reaktion auf seine gesellschaftsschädliche Handlungsweise erlebt, um daraus die erforderlichen Schlußfolgerungen zu ziehen. In bestimmten Fällen wird die offensive Wirksamkeit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu beurteilen, ob diese Voraussetzungen tatsächlich vorliegen.

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