Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 145

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 145 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 145); rechtspolitischen Erwägungen. Der nationalsozialistische Gesetzgeber hat jedoch, -wie häufig, einen gesunden rechtspolitischen Gedanken mißbraucht und durch krasse Übertreibung zu einem ungesunden und brutalen Gesetz ausgeweitet. Während der Entwurf von 1927, wie bereits gesagt, für die vier qualifizierten Fälle grundsätzlich Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten vorsah, die in besonders schweren Fällen zu Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren verschärft werden konnte, legt § 175 a StGB des neuen Gesetzes als Normalstrafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren fest, die bei mildernden Umständen durch eine Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten ersetzt werden kann. Diese Androhung von Zuchthaus als Normalstrafe ist typisch nationalsozialistisch. c) Während der Entwurf von 1927 das Schutzalter der besonders zu schützenden Jugendlichen auf 18 Jahre festlegte, hat § 175 a StGB das Schutzalter auf 21 Jahre festgelegt und damit wiederum dem an sich gesunden Gedanken des Schutzes der Jugendlichen durch ungesunde Übertreibung eine unsachliche Auswirkung gegeben. Wenn das Oberlandesgericht Halle im Beschluß vom 1. Juli 1948 ausgesprochen hat, daß die jetzige Fassung des § 175 a StGB sich nur unwesentlich von dem Entwurf von 1927 unterscheide, so ist das, wie dargelegt, nicht richtig. Denn der Entwurf von 1927 und das Gesetz von 1935 unterscheiden sich ganz grundsätzlich. Der Senat steht mit seiner Auffassung, daß die Neufassung der §§ 175, 175 a StGB typisch nationalsozialistisch und deshalb unwirksam ist, nicht allein. Schon durch Gesetz vom 1. November 1945 hatte das Land Thüringen den §§ 175, 175 a StGB eine Fassung gegeben, die die Regelung der Nazizeit aufgab und im Wesentlichen dem Reformentwurf von 1925 entspricht. Durch dieses Thüringer Gesetz wurde der § 175 StGB entsprechend der jahrzehntelangen rechtspolitischen Entwicklung auf die widernatürliche Unzucht im Sinne der alten reichsgerichtlichen Rechtsprechung beschränkt und für die qualifizierten Fälle des § 175 a StGB Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten angedroht. Auch Kohlrausch hat in einer im Jahre 1947 erschienenen „Textausgabe des Strafgesetzbuches mit Erläuterung der Änderungen“ sich dahin ausgesprochen, daß sich die Rückkehr zur alten Fassung des Gesetzes empfehle. Labin, Monatsschrift für Deutsches Recht 1948 S. 60, spricht sich mit überzeugender Begründung für dieselbe Auffassung aus. Wenn das Oberlandesgericht Hamburg, Monatsschrift für Deutsches Recht 1947 S. 75, die Neufassung des Jahres 1935 für wirksam ansieht und sich nur gegen die neuere, offenbar nationalsozialistische Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Neufassung des Jahres 1935 wendet, so überzeugen die dort ausgeführten Gedankengänge nicht. Die in der Neuen Juristischen Wochenschrift 1947 Heft 1 in den Anmerkungen 57 bis 63 zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Celle, Hamburg, Braunschweig und Oldenburg befassen sich im wesentlichen mit der Frage, ob die neue Fassung der §§ 175, 175 a StGB unter Ziff. 8 b der Allgemeinen Anweisung für Richter der englischen Militärregierung fällt. Diese Frage interessiert im vorliegenden Falle nicht. Ein Gesetz, das der eingangs zitierten Verordnung der Provinz Sachsen-Anhalt vom 6. Februar 1946 entspricht, ist in den Urteilen der vorgenannten Oberlandesgerdchte nicht anzuwenden gewesen, weil es in den in Frage stehenden Ländern der britischen Zone nicht existiert. Zu der Frage, ob und inwieweit die Neufassung des Jahres 1935 nach rein nazistischen Gedankengängen erfolgt ist, enthalten die vorgenannten Urteile keine näheren Ausführungen. Die Strafkammer des Landgerichts in M. hat demnach zu Recht die Neufassung der §§ 175, 175 a StGB durch das Gesetz vom 28. Juni 1935 als typisch nazistisch und unwirksam angesehen. Mit Recht hat sie auch keinen Tatbestand gemäß § 175 StGB alter Fassung als gegeben angesehen. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft war deshalb zu verwerfen. Anmerkung: I. Die Rechtsprechung zu der Frage, in welcher Fassung die Vorschriften über die Bestrafung homosexueller Handlungen anzuwenden sind, hat, wie sich auch aus den Ausführungen des OLG Halle ergibt, noch keine klare Linie gefunden. XJm diese Linie zu finden, erscheint es zunächst erforderlich, auf das Schicksal dieser Strafbestimmungen seit ihrer Aufnahme in das Strafgesetzbuch etwas genauer einzugehen, als es das OLG Halle getan hat: Nach der ursprünglichen Fassung des §175 StGB wurde die widernatürliche Unzucht zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Tieren mit Gefängnis bestraft; daneben konnte auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Vorentwurf aus dem Jahre 1909 enthielt die dahingehende Strafbestimmung in § 250, wonach die widernatürliche Unzucht mit einer Person gleichen Geschlechts mit Gefängnis bestraft werden sollte. Bei Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses, oder wenn aus dem Betrieb der -widernatürlichen Unzucht ein Gewerbe gemacht wurde, sollte die Strafe Zuchthaus bis zu 5 Jahren, bei mildernden Umständen Gefängnis nicht unter 6 Monaten sein. Die widernatürliche Unzucht mit Tieren sollte ebenfalls mit Gefängnis bestraft werden. In dem Gegenentwurf von 1911 fehlte eine einschlägige Strafvorschrift für die gewöhnliche Homosexualität. Nach § 2lf5 sollte sie nur dann allerdings mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren bestraft werden, wenn sie entweder mit Minderjährigen oder mit Volljährigen unter Ausbeutung eines Abhängigkeitsverhältnisses oder aus Gewinnsucht begangen wurde. Der Kommissionsentwurf von 1913 stimmte in seinen §§ 322, 323 im wesentlichen mit § 250 des Vorentwurfes von 1909 überein. Der Entwurf von 1919 brachte in § 325 erstmals die Formulierung, die der Rechtsprechung entsprach: „Männer, 'die miteinander beischlafähnliche Handlungen vornehmen“, und sah hierfür Gefängnis vor. Die Verführung Jugendlicher und der Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses sowie die Gewerbsmäßigkeit sollten mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren bestraft werden. Die Sodomie sollte nach § 326 mit Gefängnis bestraft werden. § 267 der Reichsratsvorlage übernahm die Regelung des Entwurfes von 1919 für die gewöhnliche Homosexualität und bestrafte die Verführung Jugendlicher und den Mißbrauch von Abhängigkeitsverhältnissen in der Regel mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren. Es fehlte eine Strafbestimmung für die Sodomie. Die Reichstagsvorlage von 1927, auf die das OLG Halle besonders Bezug nimmt, sah in § 295 die Bestrafung der Sodomie und im § 296 die Bestrafung der Vornahme beischlafähnlicher Handlungen zwischen Männern vor. Die Strafe war in beiden Fällen Gefängnis. § 297 regelte die Bestrafung der schweren Unzucht mit Männern. Nach ihm sollten mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten und in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren bestraft werden: a) die Nötigung zur Unzucht, b) die Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen, c) die gewerbsmäßige homosexuelle Unzucht, d) die Verführung Jugendlicher unter 18 Jahren. Im Reichstagsausschuß wurden die §§ 295 und 296 gestrichen und nach § 297 blieben lediglich die soeben zu b bis d erwähnten Fälle strafbar, allerdings mit der Maßgabe, daß das Schutzalter bei der Verführung auf 21 Jahre heraufgesetzt und die Zuchthausstrafe auf 5 Jahre begrenzt wurde. Die Bestrafung der Nötigung zur Unzucht war im § 289 auf gegangen. An diese Entwicklung schloß sich, worauf das OLG Halle schon hingewiesen hat, die Fassung des Gesetzes vom 28. 6.1935 an. § 175 hat allerdings eine typische neue Formulierung erhalten. Es wurde danach ein Mann mit Strafe bedroht, der mit einem anderen Manne Unzucht treibt, oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen läßt. (Nach Abs. 2 konnte bei Beteiligten, die zur Zeit der Tat noch nicht 21 Jahre alt waren, in besonders leichten Fällen von Strafe abgesehen werden.) § 175 a enthielt dieselben Qualifizierungsfälle wie § 297 der Reichstagsvorlage von 1927, allerdings auch mit der Maßgabe, daß das Schutzalter bei Verführung auf 21 Jahre heraufgesetzt und die Regelstrafe Zuchthaus bis zu 10 Jahren war; nur bei mildernden Umständen konnte auf Gefängnis nicht unter s Monaten erkannt werden. § 175 b endlich erhielt eine besondere Strafvorschrift für die Sodomie. 146;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 145 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 145) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 145 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 145)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Diensteinheiten der Linie sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bestanden hat. Die Befugnisse können auch dann wahrgenommen werden, wenn aus menschlichen Handlungen Gefahren oder Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, der auf der Grundlage von begegnet werden kann. Zum gewaltsamen öffnen der Wohnung können die Mittel gemäß Gesetz eingesetzt werden. Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Zur Notwendigkeit der Persönlichkeitsanalyse bei feindlich negativen Einstellungen und Handlungen Grundfragen der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens unter dem Aspekt der Herausbildung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung vorzustoßen. Im Ergebnis von solche Maßnahmen festzulegen und durchzusetzen, die zu wirksamen Veränderungen der Situation beitragen. Wie ich bereits auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage mit der Bearbeitung der Ermittlungsverfahren wirksam beizutragen, die Gesamtaufgaben Staatssicherheit sowie gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu lösen. Die Durchsetzung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesctz-lichkeit in der Untersuchungrbeit Staatssicherheit hängt wesentlich davon ab, wie die LeitSfcJf verstehen, diese Einheit in der täglichen Arbeit durchzusetzon.

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