Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 138

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 138 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 138); AG zugunsten -der Eröffnung des sogenannten objektiven Verfahrens aufgehoben. Diese voneinander abweichenden Rechtsansichten des AG und des LG Leipzig zwingen zu einer kritischen Stellungnahme, die soll eip einwandfreies Ergebnis erzielt werden nicht in einer bloßen Beurteilung des Inhalts der §§ 40, 42 StGB bestehen kann. Vielmehr müssen nachstehende Unterfragen beantwortet werden: a) Welche strafgesetzlichen Normen sind von dem Beschuldigten durch die Entwendung und Verwertung der Pakete verletzt worden? b) Erlauben diese Normen eine Einziehung des dem Beschuldigten durch die Veräußerung des Inhalts der Pakete zu Überpreisen zugeflossenen Erlöses? Die Frage zu a soll hierbei als bloße Vorfrage lediglich ergebnismäßig beantwortet werden. 2. Unter welche Normen das Verhalten des Beschuldigten strafrechtlich zu subsumieren ist, ist dabei in zweifacher Hinsicht zu prüfen. Zur Beurteilung stehen nämlich a) die reine Entwendung der Pakete durch den Beschuldigten aus dem Postgewahrsam, b) die zeitlich danach liegende Verwertung der Paketinhalte durch den Beschuldigten. Die Entwendung der Pakete ist strafrechtlich als Verbrechen bzw. Vergehen gemäß §§ 133 II, 348 II, IV, 350, 354, 358, 359 StGB zu bewerten. Eine (idealkonkurrierende) Beurteilung nach § 1 I Ziff. 1, § 2 I Ziff. 1 VerbrRStrVO steht nicht in Frage, ebensowenig ein Verstoß gegen § 1 I KrWiVO2) und gegen Art. I KontrRGes. Nr. 50 vom 20. 3.1947. Für die Zeit nach dem 14.10.1948 ist zu beachten, daß die Entwendung der Pakete nicht unter eine der Strafnormen der WiStrVO fällt, insbesondere deren § 1 I Ziff. 3 nicht zum Zuge kommt, weil die in den Paketen befindlichen Bedarfsgüter bereits vor der Absendung aus dem „ordnungsmäßigen Wirtsehaftsab-lauf“ ausgeschieden waren, dieser Ablauf also durch die Entwendung nicht mehr gefährdet werden konnte. Die Veräußerung des Inhaltes der Pakete zu Überpreisen bedeutet strafrechtlich einen Verstoß gegen § 1 I Ziff. 1 VerbrRStrVO3) und gegen § 1 I, V Preis-strafRVO. Im Bereich der WiStrVO bedeutet die Veräußerung der Paketinhalte zu Überpreisen einen Verstoß gegen § 4 I Ziff. 1 WiStrVO und (idealkonkurrierend) § 1 I, V PreisstrafRVO. 3. Das LG Leipzig begründet nun, ohne in eine sorgfältige Tatbestandsprüfung einzutreten, wie sie hier als notwendig angesehen und vorgenommen worden ist, die Einziehung der Forderungen aus den beiden Guthaben des Beschuldigten (zugunsten des Justizfiskus) damit, daß die §§ 40, 42 StGB unter dem Ausdruck „Gegenstände“ auch Forderungen umgreifen, und daß die „jetzigen Ausnahmezeiten“ gebieten im Einklang mit neuerlichen Verfügungen und Erlassen des Justizministeriums“ den „Erlös von Diebesgut unter keinen Umständen an die Täter“ fallen zu lassen. Wenn dabei das LG Leipzig für seine Auffassung die Ausführungen Stählins in „Deutsche Justiz“ 1939 S 915 herbeizieht, so muß vorweg bemerkt werden, daß diese Auslassungen a) nicht zuletzt die Anwendung der §§ 40, 42 StGB auf Verstöße gegen das sogenannte Sammlungsgesetz vom 5. 11. 1934 (RGBl. I S. 1086) prüfen, also auf Vergehen, die rein tatsächlich oftmals das Zur-Verfügung-Stellen von Guthaben-Forderungen auf weisen; b) den Rechtsschutz des Einzelnen („Individuums“) als anti-nationalsozialistisch kennzeichnen; c) die Analogie des § 2 n. F. StGB zu Hilfe nehmen. Wie schon angedeutet, macht das LG Leipzig mit dieser Begründung den zweiten Schritt vor dem ersten, eine Methode, die wie sich noch zeigen wird das Analogieverbot zu umgehen droht. Die Frage der Einziehbarkeit der Sparguthaben des Beschuldigten muß vielmehr getrennt für die einzel- 2) Die nähere Begründung hierfür braucht hier nur angedeutet zu werden: In den angezogenen Vorschriften der VerbrRStrVO umfaßt der Begriff des „Beziehens" nicht das Erlangen durch strafbare Handlungen; für die Normen der KrWiVO fehlt bei dem Beschuldigten das subjektive Moment der Böswilligkeit, weil er nicht die Bedarfsdeckung angreifen, sondern nur seine eigene Lage verbessern wil'. 3) Erfüllt ist die Tatbestandsmodalität: „abgibt“. nen oben erwähnten Deliktstatbestände beantwortet, werden. Denn diese Antwort ergibt sich nicht durchweg aus den §§ 40, 42 StGB; die VerbrRStrVO und die: PreisstrafRVO enthalten insoweit vom StGB stark abweichende Sondernormen. 4. Für das StGB bestimmen die §§ 40, 42 StGB, daß „dem Täter“ gehörige „Gegenstände“ „eingezogen werden“ können, sofern sie „durch“ das Delikt „hervorgebracht“ oder „zur Begehung“ des Delikts „gebraucht oder bestimmt“ sind. Die Sparkassenguthaben sind durch die Unterschlagung der Pakete nicht unmittelbar hervorgebracht worden, um so weniger als diese Voraussetzung nicht, einmal für die entwendeten Pakete selbst erfüllt wird. Denn „hervorgebracht“ durch eine Straftat sind nur die durch die Straftat entstandenen Sachen, die producta sceleris, nicht die durch die Straftat erlangten Gegenstände4), die scelere quaesita. Auch der für die Auslegung maßgebende Wort-s i n n läßt eine andere Auffassung nicht zu. Ebensowenig sind die entwendeten Pakete oder gar die Forderungen zur Begehung der Unterschlagung gebraucht worden oder bestimmt gewesen (instrumenta sceleris). Soweit ein Verstoß gegen § 1 Ziff. 1 VerbrRStrVO zur Aburteilung gestanden hätte, erlaubt deren § 9 I, II zwar die Einziehung der bezugsbeschränkten Erzeugnisse, auf die sich die strafbare Handlung bezieht. Abgesehen von der auch für § 9 aaO. geltenden Son-demorm des § 10 III VerbrRStrVO5), tritt dabei aber der Warenwert nicht an die Stelle der Ware. Unter dem Geltungsbereich der WiStrVO besagt deren § 16 dasselbe wie § 9 VerbrStrRVO; und der den § 10 VerbrRStrVO ersetzende § 17 WiStrVO kennt für die hier zu beantwortende Frage dieselben Grenzen. Auf diesem Wege ist daher die Einziehung der Sparguthaben nicht zulässig. Für die Verletzung des § 1 I, V PreisstrafRVO stehen als Einziehungsgrundlage die §§ 3, 4 aaO. zur Verfügung. § 3 PreisStrRVO erlaubt die Einziehung aller Gegenstände, auf die sich die strafbare Handlung bezieht oder die durch die strafbare Handlung erlangt sind. Unter den Begriff „Gegenstände“ fallen hier, im Gegensatz zu §§ 40, 42 StGB5), Sachen (= körperliche Gegenstände) und Rechte aller Art?). „Durch die strafbare Handlung erlangt“ ist zunächst der Barerlös, den der Beschuldigte durch die Veräußerung der Paketinhalte eingenommen hat, selbstverständlich aber auch die durch die Einzahlung des Barerlöses auf die Sparkasse dem Beschuldigten erwachsenen Guthabenforderungen. Denn die Art der Aufbewahrung des Erlöses in bar oder als Sparkonto bedeutet keinen Unterschied. Diese Auslegung wird ohne irgendwelchen Zwang durch den Wortlaut des § 3 PreisstrafRVO gedeckt. § 4 PreisstrafRVO würde zu demselben Ergebnis führen. Ergebnis: Der von dem Beschuldigten aus der Veräußerung der unterschlagenen Pakete gezogene Erlös kann in voller Höhe zugunsten des Justizfiskus eingezogen werden, §§ 1 I, V, 3 I , VI PreisstrafRVO. 5. Wenn dieses Ergebnis dem des LG Leipzig entspricht, so ist das nur eine scheinbare Übereinstimmung. Der Unterschied liegt in folgendem: Die hier gefundene Lösung stützt sich ohne Überbeanspruchung des gültigen Gesetzestextes auf diesen unmittelbar und bleibt damit im Rahmen der durch die Kontrollratsproklamation Nr. 3 gezogenen Grenzen. 4) Ebermayer usw. (6), §40 Anm. II 4a; Olshausen (12.), §40 Anm. B9; Frank (18.) §40 Anm. II 2a; Schwarz = StGB, 13. Aufl. 1949, §40 Anm. 3 A; auch Schönke, der sich sonst zu Stählin bekennt, § 40 Anm. III 3 a. Als producta sceleris erscheinen z. B. die Falschurkunden des § 267 StGB, das Falschgeld der §§ 146 ff. StGB, die in un’auterem Wettbewerb hergestellten Maschinen (§ 17 II UnlWettbewG). 5) An die Stelle des Erzeugnisses tritt der Erlös, wenn das Erzeugnis wegen der Gefahr des Verderbs von Amts wegen veräußert worden ist. 0) Ebermayer usw. (6), §40 Anm. II 2; Olshausen (12.), §40 Anm. B 7; Frank, § 40 Anm. II 2; RGSt. 67/341, 57/127; Schwarz, § 40 Anm. 2; anderer Ansicht: Schönke, § 40 Anm. Ill 1. 7) Fuhrmann, Wirtschafts-Strafverordnungen, 1943, S. 101 Anmerkung 2; Schütz, Preisstrafrecht, 1939, S. 10 Anm. 15; Pfundt-ner-Neubert, Bd. III e 13, S. 231 Anm. 1 zu § 3. 138;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 138 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 138) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 138 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 138)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft. Oie Durchführung wesentlicher strafprozessualer Ermittlungshandlungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache - Studienmaterial Grundfragen der Einleitung und Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit gemäß Gesetz. Das Betreten von Grundstücken, Wohnungen oder anderen Räumen gemäß Gesetz. Der Gewahrsam gemäß Gesetz. Die Nutzung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung von Maßnahmen nach dem Gesetz durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit. Die Beendigung der auf der Grundlage des Gesetzes durchgeführten Maßnahmen Rechtsmittel und Entschädigungsansprüche bei Handlungen der Untersuchungsorgane Staatssicherheit auf der Grundlage der Strafprozeßordnung und des Gesetzes vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu konzentrieren, da diese Handlungsmöglichkeiten den größten Raum in der offiziellen Tätigkeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit , rechtspolitischer Prämissen, wie die Gewährleistung der Rechtssicherheit der Bürger durch einheitliche Rechtsanwendung sowie in Widerspiegelung tatsächlicher Ausgangs lagen erscheint die in der Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der zu erwartenden feindlichen Aktivitäten gesprochen habe, ergeben sic,h natürlich auch entsprechende Möglichkeiten für unsere. politisch-operative Arbeit in den Bereichen der Aufklärung und der Abwehr. Alle operativen Linien und Diensteinheiten häufig vor komplizierte Probleme. Nicht alle Beweise können allein im Rahmen der operativen Bearbeitung erarbeitet werden. Nach wie vor wird deshalb für die Diensteinheiten der Linie Untersuchung in ahrnehnung ihrer Verantwortung als politisch-operative Diensteinheiten Staatssicherheit und staatliche Untersuchungsorgane ergebenden Aufgaben zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher sind auch unter den spezifischen politisch-operativen und untersuchungstaktischen Bedingungen einer Aktion die Grundsätze der Rechtsanwendung gegenüber Ougendlichen umfassend durchzusetzen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X