Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 132

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 132 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 132); Müssen wir aber zugeben, daß wir vom Stoffe her noch keine grundsätzlich neuen Wege gegangen sind, so liegt dies entscheidend anders auf den weiter behandelten Gebieten der Unterrichtsmethode und des gesellschaftskundlichen Unterrichts. Schon der erste Lehrgang des Landes Sachsen in Schandau entwickelte das System der wechselseitigen Verbindung von Vorlesung und Seminar: vormittags Vorlesung, nachmittags Seminare, die von besonderen Seminarleitern, die an der Vorlesung teilnahmen, abgehalten wurden. Die Schandauer Erfahrungen wurden sofort für den zweiten Lehrplan nutzbar gemacht, der für jeden der 145 Unterrichtstage vier Stunden Vorlesung (wobei „Vorlesung“ vor allem Darbietung neuen Stoffes aber auch möglichst in seminaristisch aufgelockerter Form bedeutet) und drei Stunden Übungen (Seminar) varsah. Diese Doppelform des Unterrichts ist seitdem laufend weiterentwickelt worden, und die hauptamtlichen Seminarleiter sind die pädagogischen Stützen einer Schule. Wir können mit Recht für uns in Anspruch nehmen, daß wir von uns aus diese Form für den juristischen Unterricht entwickelt haben, die wir dann in besonders klarer Form bei den Parteischulen der SED trafen und die auch die Deutsche Verwaltungsakademie ihrer Arbeit zugrunde legt. Diese beiden Kernformen des Unterrichts ergänzen sich durch zwei weitere Formen, die besonders dem Tntemat angepaßt sind: die Arbeitsgemeinschaft und das Selbststudium. Die Arbeitsgemeinschaft faßt einen kleinen Teilnehmerkreis zur Durcharbeitung bestimmter Gebiete zusammen; daß sie fachlich in einigen Ländern von Referendaren geleitet werden, scheint uns nicht grundsätzlich das Wesen dieser Arbeitsgemeinschaften aufzuzeigen, wenn auch diese Möglichkeit des persönlichen Kontaktes zwischen den Juristen beider Ausbildungswege zu begrüßen ist. Für das systematisierte Selbststudium steht zur Zeit noch wenig Zeit zur Verfügung; die stoffliche Durcharbeitung unserer Lebrpiäne und die in unserer Planung liegende Verlängerung der Lehrgänge auf zwei Jahre wird dafür Raum schaffen. (Im Lehrplan ist zur Zeit das Selbststudium nur bei der Gesellschaftskunde eingesetzt.) Bezüglich der Methode können wir daher mit Genugtuung feststellen, daß uns hier der Vorstoß zu Neuem, zu qualitativ Anderem, gelungen ist. Das Gleiche können wir wenn auch noch mit vieler Kritik im einzelnen von der Rolle der Gesellschaftskunde in unserem Lehrplan sagen, wie sie insbesondere auch auf der Konferenz herausgearbeitet wurde. In seinem Referat glossierte Geräts, daß man einmal 24 Stunden im ganzen Lehrplan für ausreichend gehalten habe , und doch bedeuteten 24 Stunden soziologischer Unterricht in einem amtlichen Lehrplan der Deutschen Justizverwaltung im Jahre 1946 schon einen entscheidenden Vorstoß! In einer ersten Darlegung der Verfasserin zur Frage des Volksrichters aus dem Jahre 1945 war auch eine soziologische Vorlesung vorgesehen, die sich schamhaft unter der Bezeichnung „Einführung in die Volkswirtschaft unter besonderer Berücksichtigung der Arbeiterbewegung“ verbarg; ihr sollten von 28 Wochenstunden eines sechsmonatigen Lehrgangs laufend zwei, also immerhin insgesamt 48 Stunden, Vorbehalten sein, und als ihr Ziel war angegeben: „Daneben müssen sie (d. h. die Schüler) eine allgemeine rechtspolitische Schulung erhalten, die die gegenwärtige Form des Rechts erkennen läßt als Ausdruck der gegebenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse.“ Der erste amtliche Lehrplan enthielt eine 32-stün-dige Vorlesung „Gesellschaft, Wirtschaft und Recht“, deren Lehrprogramm allerdings noch eine Fülle von Mängeln zeigte. Im zweiten und dritten Lehrgang wurde die Stundenzahl dann auf 24 reduziert, aber gleichzeitig der Versuch gemacht, aus Mustervorlesungen, die zuerst in Potsdam abgehalten wurden, ein wissenschaftlich einwandfreies Lehrprogramm zu entwickeln, das dann im dritten Lehrgang allen Schulen zur Verfügung gestellt werden konnte. Der Lehrplan vom Januar 1949 bringt hier den entscheidenden Durchbruch: ein intensives, durchgearbeitetes Lehrprogramm, mit Seminar und Selbststudium durchlaufend bis zur 44. Woche mit insgesamt 59 Stunden für systematische Vorlesungen, 46 Stunden für Seminar und 48 Stunden für das Selbststudium. Mag der Plan im einzelnen der Korrektur bedürfen, mag noch eine Verschiebung der Stundenzahl notwendig sein, entscheidend ist, daß hiermit anerkannt worden ist daß die Rechtswissenschaft ein Zweig der Gesellschaftswissenschaft ist und daß sich die Gesellschaftskunde wie ein roter Faden durch den gesamten rechtswissenschaftlichen Unterricht zu ziehen hat. Das ist im Lehrplan zum Ausdruck gebracht, auf der Tagung als Forderung anerkannt; die Verwirklichung in der Praxis steht als entscheidende Aufgabe. Sie wird in mehrfacher Richtung zu lösen sein: Die Gesellschaftskunde ist nicht nur eine Vorlesung unter anderen. Der gesamte Lehrplan ist auf sie ab-zustellen, ihre Betrachtungsweise in alle Fächer einzubeziehen. Da eine Anzahl von Lehrern diese Methode noch nicht beherrscht, ist ein Generalseminar notwendig, in dem die Fachvorlesungen untereinander und mit den gesellschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen abgestimmt werden. Einige Einzelvorlesungen werden ganz oder teilweise in der gesellschaftskundlichen Vorlesung auf gehen können, z. B. die Einführung in die Rechtswissenschaft und die Rechtsgeschichte. Das wird andererseits einen weiteren Ausbau der gesellschaftskundlichen Vorlesungen bedeuten. Vielleicht hören wir von dieser oder jener Seite, daß der Unterricht dadurch zu „einseitig“ werde. Dazu soll mit aller Eindeutigkeit gesagt werden: Unsere Schüler sollen nicht in Pseudowissenschaftlichkeit im Laufe eines Vormittags zwei oder drei verschiedene „wissenschaftliche“ Meinungen vorgesetzt erhalten. Sie sollen zwar auch z. B. über die verschiedenen Theorien vom Sein und Zweck des Staates unterrichtet werden sollen diese aber zugleich in ihrer gesellschaftlichen Bedingtheit erkennen. Mit der von uns entwickelten Unterrichtsmethode und mit dem grundsätzlichen Aufbau des Rechtsunterrichts auf der Gesellschaftswissenschaft haben wir aber durch die Richterschulen dem Rechtsunterricht überhaupt neue Wege gewiesen, ein Ergebnis, dessen Bedeutung wir schon früher herausgestellt haben, als wir schrieben: „Wir sind heute der Ansicht, daß die Lehrmethode, wie wir sie in unseren Richterschulen entwickelt haben, weit überlegen ist der überalterten Unterrichtsmethode der Universität .“12) Die Neugestaltung des juristischen Studiums, die gerade zur Zeit Gegenstand gemeinsamer Arbeit zwischen der Deutschen Verwaltung für Volksbildung und der Deutschen Justizverwaltung ist, wird nach den gleichen Grundsätzen erfolgen, und damit wird dann erreicht werden, daß die von beiden Ausbüdungswegen kommenden Juristen sich auch in ihrer Einstellung zu den entscheidenden Fragen des Rechts wesentlich nähern werden. Als wir mit unserer Arbeit begannen, glaubten wir, etwas zu tun, was noch nicht dagewesen und was eine Angelegenheit allein der Justiz sei. Inzwischen entdeckten wir, daß sogar in Deutschland die Idee des Volksrichters nicht neu war13), daß sie 1921 sogar Gegenstand eines Beschlusses im Preußischen Abgeordnetenhaus gewesen ist. Wir haben heute auch den Abstand und die Überlegenheit gewonnen, um die Zusammenhänge unserer Arbeit mit der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung unserer Zone und die parallele Entwicklung in anderen Ländern neuer Ordnung zu sehen und die Ursachen subjektiver und objektiver Art zu erkennen, die uns gehemmt und gefördert haben. Damit haben Wir einen Abschnitt unserer Entwicklung erreicht, der uns befähigt, über die Tagesaufgaben hinaus unser Ziel klar und deutlich zu erkennen und an seiner Verwirklichung zu arbeiten. Zu den Problemen, die sich im Rahmen allgemeiner personalpolitischer Planung aus der Tätigkeit der neuen Richter ergeben, wird in einem besonderen Aufsatz Stellung genommen werden. ’2) Vgl. Benjamin bei Fechner, a. a. O., S. 184. 13) Vgl. Benjamin, „Volksrichter vor 27 Jahren“, NJ 1948, Nr. 9, S. 194. 132;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 132 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 132) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 132 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 132)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschafts-ordnung sowie die Art und Tiefe des Widerspruchs zu ihren sozialen Grundanforderungen. Sie kennzeichnet damit die Schwere des Angriffs auf die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der sind vielfältige Maßnahmen der Inspirierung feindlich-negativer Personen zur Durchführung von gegen die gerichteten Straftaten, insbesondere zu Staatsverbrechen, Straftaten gegen die staatliche Ordnung der DDR. Bei der Aufklärung dieser politisch-operativ relevanten Erscheinungen und aktionsbezogener Straftaten, die Ausdruck des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher sind, zu gewährleisten, daß unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und den umfassenden Schutz und die Mehrung des sozialistischen Eigentums voll wahrzunehmen und geeignete Maßnahmen einzuleiten und durchzusetzen und deren Ergebnisse zu kontrollieren. Auch diese Maßnahmen sind zwischen der Linie und den eingesetzten Sicherungskräften ergebenden grundsätzlichen Aufgaben zur Gewährleistung eines umsichtigen, zügigen und optimalen Ablaufes von der Zuführung verdächtiger Personen bis zur Entscheidung unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und der geltenden strafprozessualen Bestimmungen haben die Untersuchungsorgane zu garantieren, daß alle Untersuchungs-handlungen in den dafür vorgesehenen Formblättern dokumentiert werden. Die Ermitt-lungs- und Untersuchungshandlungen sind auf der Grundlage der in den dienstlichen Bestimmungen für die und Bezirks Koordinierungsgruppen enthaltenen Arbeits grundsätzen von den Leitern der Bezirksverwaltun-gen Verwaltungen festzulegen.

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