Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 117

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 117 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 117); lieh der Fall ist, wie der Kläger behauptet, oder nicht, wie der Verklagte es bestreitet, kann dahingestellt bleiben, weil der Anspruch des Klägers auch bei Richtigkeit seiner Behauptung unbegründet ist. Die Reichsstelle für Kleidung und verwandte Gebiete hatte ebenso wie andere Reichsstellen als juristische Person, und zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts den Verkehr mit den von ihr betreuten Waren zu regeln und zu überwachen (vgl. § 8 I der Verordnung über den Warenverkehr in der Fassung vom 11.12.1942, RGBl. 1942 I S. 686). Dabei konnte nach § 38 der Anordnung 11/44 des Reichsbeauftragten für Kleidung und verwandte Gebiete über Bezug und Lieferung von Spinnstoffwaren vom 1. 4. 1944 (Deutscher Reichsanzeiger 1944 Nr. 85) Unternehmen die Verpflichtung auferlegt werden, bestimmte Lager zu halten oder ihre Lagerbestände in einer bestimmten Art und Menge, die vom Reichsbeauftragten oder einer von ihm damit betrauten Stelle angeordnet wurde, zum Verkauf zu bringen. Auch konnte die Ablieferung bestimmter Waren an den Reichsbeauftragten oder die von ihm bestimmte Stelle verlangt werden. Solche wirtschaftlichen Vorgänge haben, als sie das erstemal.im ersten Weltkrieg unter dem Stichwort „Zwangswirtschaft“ auftauchten, der Systematik des bürgerlichen Rechts, das im Schuldrecht ganz auf dem Gedanken der Vertragsfreiheit beruht, getrotzt. Angesichts der dem libe-ralistischen Zeitalter eigenen scharfen Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Recht gab man zwar die öffentlich-rechtliche Wurzel einer solchen Zwangsbewirtschaftung zu, versuchte aber mit der Konstruktion eines privatrechtsgestaltenden Verwaltungsaktes die Regeln des bürgerlichen Rechts auf die neuartigen wirtschaftlichen Vorgänge anzuwenden. Hedemann sprach von diktiertem Vertrag und Nipperdey von Kontrahierungszwang. Auch Haupts faktisches Vertragsverhältnis ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Otto Maier hat sich zwar gegen den Verwaltungsakt mit privatrechtlicher Wirkung ausgesprochen; nach ihm ist die von einem Verwaltungsakt ausgehende Wirkung ein Teil des Rechtsinstituts, die nicht anderer Natur als dieses sein kann (Deutsches Verwaltungsrecht, 3. Auflage, Band I S. 116). Aber andere, wie Huber (Wirtschaftsverwaltungsrecht 1932 S. 93) oder Bürckner (Der privatrechtsgestaltende Staatsakt 1930 S. 63), erklärten, daß der Entstehungstatbestand eines Verwaltungsaktes noch nichts über seinen Inhalt aussage. Das Zeitalter des Monopolkapitalismus, sowohl in der Phase der Weimarer Republik wie in der Phase des Faschismus, hat eine Menge weiterer Vorgänge gezeitigt, in denen die öffentliche Gewalt Rechtsbeziehungen schuf, die im Früh- und Hochkapitalismus nur durch freie Vereinbarung entstehen konnten. Um ein einziges Beispiel anzuführen: Der Dienstverpflichtungsbescheid der Arbeitseinsatzbehörde schuf zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber ein arbeitsrechtliches Verhältnis (Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer staatspoiitischer Bedeutung vom 18. 2.1939, RGBl. 1939 I S. 206). Mit der Unterscheidung zwischen Vertragsabschluß, auf den die Vorschriften des bürgerlichen Rechts (z. B. über Willensmängel) nicht anwendbar seien, und Vertragsverhältnis, auf dessen Inhalt alle einschlägigen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden seien, glaubten Schrifttum und Rechtsprechung die unerschütterte Geltung des bürgerlichen Rechts retten zi können. Wir sehen heute unter dem Prinzip der Wirtschaftsplanung rückblickend klarer. Such (vgl. u. a. Neue Justiz 1948 S. 203) weist in seinen Vorträgen mit Recht darauf hin, daß das Verhältnis zwischen Lieferer und Empfänger der Ware in solchen Fällen kein Vertrag nach bürgerlichem Recht ist. Es fehlt die Einigung sowohl über die Gegenleistung wie über die Modalitäten der Erfüllung. Die Lieferanweisung geht davon aus, daß eine solche Einigung entweder nicht vorliegt oder höchstens nachträglich zustande kommt. Selbst wenn der Lieferer nicht liefern möchte, ist er doch dazu gezwungen. Es handelt sich beim „Lieferverhältnis“ wie es Such nennt, um eine Rechtsflgur eigener Art. Sie muß als wirtschaftliche Einheit erfaßt werden und darf rechtlich demgemäß nicht in öffentlich-rechtliche und in privatrechtliche Bestandteile aufge- spalten werden. Sie darf auch nicht in Bausch und Bogen den Regeln eines bestimmten Vertragstypus des bürgerlichen Rechts unterstellt werden. Wirtschaftliche Betrachtungsweise ergibt, daß das von der Planungsstelle geschaffene Lieferverhältnis zwischen den Prozeßparteien den Zweck hatte, die Damenmäntel vom Kläger über den Verklagten als Gruppenverteiler so rasch wie möglich zu den Einzelhändlern und zu den Verbrauchern, und zwar denen eines bestimmten Bezirks, zu bringen. § 42 b Absatz 4 der Anordnung Nr. 3 zur Änderung der Anordnung Nr. 1 zur Durchführung der Anordnung 11/44 vom 24. 11. 1944 (Deutscher Reichsanzeiger 1944 Nr. 271) schrieb vor: „Die nach Absatz 2 und 3 meldepflichtigen Unternehmen dürfen vom 7.12.1944 ab verkaufsfertige Gewebe nur nach Freigabe durch die Reichsstelle für Kleidung und verwandte Gebiete verkaufen. Verkauf und Lieferung der Gewebe haben nach Erlaß der Freigabeverfügung unverzüglich zu erfolgen.“ Die Versendung der Ware und ihre Auslieferung werden damit zur Hauptpflicht des Lieferers, also des Klägers. Die durch Bombenangriff bedarfshungrig gewordene Bevölkerung sollte schleunigst versorgt werden. Bereits das frühere Reichsgericht hatte für solche Fälle, in denen die Versendung der Ware die Hauptpflicht des Verkäufers war, angenommen, daß die Regel des § 447 BGB (Gefahrübergang auf den Empfänger mit der Auflieferung bei der Beförderungsanstalt) nicht gilt (vgl. RGZ Bd. 88 S. 37 und Krekels in Neue Juristische Wochenschrift 1947/48 S. 93). Der Verklagte als Empfänger der Ware war nur Gruppenverteiler und hatte demnach nur ein mittelbares Interesse an dem. Geschäft. Ihn mit dem Risiko des Transports zu verschonen, entspricht seiner geringeren Gewinnchance. Anm.: Vgl. zu dieser Entscheidung den Aufsatz von Such S. 105 dieses Heftes. D. Red. § 24 ZPO. Der ausschließliche Gerichtsstand des § 24 ZPO ist auch bei Geltendmachung eines gesetzlichen Vorkaufsrechtes an einem Grundstück gegeben. OLG Dresden, Beschl. v. 16.12. 48 1/2 U (VZS) 22/48. Aus den Gründen: Nach dieser Bestimmung (§ 24 ZPO) besteht eine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtes der be-legenen Sache, wenn mit der Klage das Eigentum an einem Grundstück oder eine dingliche Belastung geltend gemacht wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser Anspruch unmittelbar oder mittelbar verfolgt wird, oder ob er auf einem Rechte beruht, das auf dem für das in Frage kommende Grundstück geführten Grundbuch verlautbart oder lediglich durch Gesetz verliehen worden ist. Unstreitig stützt die Klägerin ihren Klageanspruch auf die Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufrechtes. Die Verfolgung dieses Rechtes richtet sich gegen den Beklagten als Eigentümer eines bestimmten Grundstückes und erstrebt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Belastung nach der negativen Seite die Unwirksamkeit des Eigentumsüberganges vom Beklagten auf die Nebenintervenienten, und nach der positiven Seite den Übergang des Eigentums vom Beklagten unmittelbar auf die Klägerin. Das genügt, um die Anwendung des § 24 Abs. 1 ZPO zu rechtfertigen. Demgegenüber ist es verfehlt, aus der Bestimmung des § 24 Abs. 2 ZPO gegenteilige Schlußfolgerungen zu ziehen, da die Bedeutung dieser Bestimmung auf einer gänzlich anderen Linie liegt. Sie bezweckt nichts weiter als die Klarstellung für die Sonderfälle, in denen es sich um Rechte handelt, die auf Grund des Eigentums an einem Grundstück in Hinsicht auf ein anderes Grundstück geltend gemacht werden. Hier soll für die Frage der Zuständigkeit die Lage des belasteten Grundstückes maßgeblich sein. Diese Bestimmung besagt also nichts nach der Richtung, daß § 24 ZPO nicht für die Geltendmachung eines nicht im Grundbuch eingetragenen Rechtes gelten soll. 117;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit sind alle Möglichkeiten zur Unterstützung der Realisierung des europäischen Friedensprogramms der sozialistisehen Gemeinschaft zielstrebig zu erschließen. Es sind erhöhte An-strengungen zur detaillierten Aufklärung der Pläne, Absichten und Maßnahmen des Feindes gegen die territoriale Integrität der die staatliche Sicherheit im Grenzgebiet sowie im grenznahen Hinterland. Gestaltung einer wirksamen politisch-operativen Arbeit in der Deutschen Volkspolizei und der Verwaltung Strafvollzug, miß auf der Grundlage bestehender dienstlicher Bestimmungen und Weisungen sowie der Gewährleistung der Konspiration und Geheimhaltung strikt duroh-gesotzt und im Interesse einer hohen Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der geltenden Befehle und Weisungen im Referat. Bei Abwesenheit des Leiters der Abteilung und dessen Stellvertreter obliegt dem diensthabenden Referatsleiter die unmittelbare Verantwortlichkeit für die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Untersuchungsarbeit als politische Arbeit verstanden, organisiert und durchgeführt wird und auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet. In Fällen bestätigte sich der Verdacht nicht. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Untersuchungsarbeit bestand auch in einer straftatenvorbeugenden und schadens-verhütenden Arbeit.

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