Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 107

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 107 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 107); Käufer in dem konstruierten Fall, daß das übermittelte Geld und die übersendete Sache bei der Beförderung zufällig untergehen, den Kaufpreis zweimal zu zahlen hätte und keine Ware erhielte. Die lediglich durch die Marktlage des Verkäufers in der progressiven Phase der kapitalistischen Warenproduktion bestimmte Regelung des BGB offenbart sich hier in ihrer Unsinnigkeit. 2. Im Recht der Wirtschaftsplanung ist die Sachlage eine ganz andere. In der kapitalistischen Produktionsweise ist die Regelung der Gefahrtragung bestimmt von den privaten Interessen des Käufers und Verkäufers. In ihren Interessen wird ihnen nur ihre Stellung in den Austauschbeziehungen bewußt, die ihre objektive Grundlage in dem Aufeinanderangewiesensein infolge der gesellschaftlichen Arbeitsteilung haben. In ihren „zufälligen“ Interessen wirkt sich das objektive ökonomische Wertgesetz der kapitalistischen Warenproduktion aus, denn die Kosten der Gefahrtragung und des Versandes sind Bestandteile des Warenpreises. Das Recht der Wirtschaftsplanung ist dagegen das Recht einer Übergangsform der kapitalistischen in die sozialistische Produktionsweise, das im Keim, im Ansatz schon die Rechtsformen der sozialistischen Produktionsweise enthält, das jedoch daneben zum Teil noch mit dem Recht der kapitalistischen Produktionsweise inhaltlich gleich ist. Das Lieferverhältnis ist kein Vertrag11), was nicht ausschließt, daß einzelne Vorschriften des Vertragsrechts angewendet werden können. Der entscheidende Unterschied der Sachlage im Versendungslieferverhältnis gegenüber dem Versendungskauf liegt darin, daß Lieferer und Bedarfsträger „Beauftragte“, Funktionäre im Rahmen der Planung sind, die die Weisungen der Planungsstellen zu befolgen haben, daß sie nicht mehr voneinander unabhängige, nur durch die gesellschaftliche Arbeitsteilung aufeinander angewiesene Einzelne sind. Das Austauschverhältnis kann in der Planung in den Köpfen der Beteiligten nicht mehr als private Beziehung erscheinen, sondern es wird ihnen als das bewußt, was es ist, als gesellschaftliches Verhältnis. Das private Interesse des Einzelnen kann nur im Rahmen der Planung, in der. der gesellschaftliche Zusammenhang juristisch geformt wird, berücksichtigt werden. Gegen die Ausführungen Brunns ist der grundsätzliche Einwand zu erheben, daß er das Austauschverhältnis in der Planung, das Lieferverhältnis, vom Standpunkt des „Kaufvertrags“, d. h. vom Standpunkt der kapitalistischen Produktionsweise aus betrachtet. Die Basis seiner Ausführungen ist das „Vertragsdenken“, d. h. die isolierende Betrachtungsweise* 12), die unserem Schuldrecht zugrunde liegt, die eben das Austauschverhältnis lediglich als private Beziehung, als das von den privaten Warenbesitzern durch ihre Willenserklärungen begründete und inhaltlich bestimmte Rechtsband sieht eine der planlosen Herstellung und Verteilung durchaus adäquate, in der Planung jedoch ungeeignete Methodik. Die der Regelung des § 447 zugrunde liegende Interessenlage ist keineswegs unverändert geblieben. Bedarfsträger und Lieferer sind Funktionäre geworden. Aus ihrem Eigentum an den Waren ist die Verfügungsbefugnis13) herausgenommen und an die Planungsstellen übergegangen. Sie können nicht mehr autonom bestimmen, an wen sie liefern, von wem sie beziehen wollen. Ihre privaten Interessen können nicht mehr alleinige Grundlage der Entscheidung sein. Es ist daher eine sorgfältige Prüfung der Frage erforderlich, ob § 447 noch angewendet werden kann. In welcher Weise Brunn noch dem im BGB geschulten Denken verhaftet ist, zeigt sein Argument14), daß eine vom § 447 abweichende Regelung uns „in Gegensatz zu den meisten ausländischen Rechtsordnungen“, d. h. den kapitalistischen, bringen würde. Der Gegensatz zu diesen Rechtsordnungen ist durch Boden-, -Industrie-, Bank-, Versicherungs- und Schulreform entstanden und bereits vorhanden. Diese tatsächliche Veränderung der ökonomischen Struktur bedingt auch die Veränderung und den Gegensatz in dem l) Such, a. a. O., S. 66. 12) de Boor, Kollision von Forderungsrechten, 1928, S. 17. 13) Such, a. a. O., S. 69. i*) Brunn, a. a. O., unter V. „ungeheuren Überbau“, d. h. hier in den einzelnen Normen und der juristischen Betrachtungsweise. Darin liegt der zwingende „rechtspolitische Grund“ für die Überprüfung der Vorschriften des BGB. Die Argumentation Brunns birgt in ihrer Konsequenz die Gefahr in sich, mit den Mitteln des „bürgerlichen Rechts“ die Durchführung der Planung zu hemmen. Ferner äußert sich die alte juristische Methodik Brunns in der Beibehaltung der Unterscheidung zwischen öffentlich- und privatrechtlichen Vorschriften. Er will die privatrechtliche Bedeutung der Versandverpflichtung als Transportplanungsmaßnahme, die öffentlich-rechtlichen Charakter habe, untersuchen. Auch diese grundlegende Unterscheidung hat ihre Grundlage in der Realität der kapitalistischen Produktionsweise. Sie spiegelt nur den Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Arbeitsteilung und Privateigentum wider. Dieser Widerspruch ist jedoch mit der Durchführung der Planung, die die Verfügungsbefugnis dem Eigentümer entzieht und an die Planungsstellen überträgt, praktisch im Ansatz, theoretisch im Prinzip aufgehoben. Er entspricht nicht mehr der ökonomischen Struktur der gesellschaftlichen Beziehungen in der Ostzone und die von dieser Unterscheidung ausgehende Betrachtungsweise ist nicht mehr sachgemäß. Sachlich richtig ist an den Ausführungen Brunns, daß die Einführung der gesetzlichen Versandverpflichtung nicht zu einer Aufhebung des § 447 zwingt. Die Verpflichtung zur Versendung bestand schon vorher, als eine durch Brauch sich aus der Sachlage ergebende Norm. In der Terminologie der Rechtstheorie war sie Nebenverpflichtung. Die Verwendung des Begriffes Hauptverpflichtung ist lediglich ein begriffsjuristischer, kryptosoziologiseher Kunstgriff, Man will für die Praxis die Regelungdaß der Verkäufer die Gefahr bis zur Übergabe zu tragen habe, und tut so, als ob sich dies logisch aus dem Begriff der Hauptverpflichtung ergäbe. An dieser Argumentation kann man die Trugschlußtechnik des Reichsgerichts studieren, das in einen Begriff hineinlegt, was nachher erst aus ihm erschlossen werden soll. Das beabsichtigte Resultat, die Gefahrtragung des Verkäufers, kann sich logisch nur aus einer Inhaltsänderung der Verpflichtung ergeben, aber niemals aus der Charakterisierung der inhaltsgleichen Pflicht als Haupt- oder Nebenverpflichtung. Soll sich aus der Hauptverpflichtung schlüssig ergeben, daß der Verkäufer die Gefahr zu tragen hat, dann muß die „Beförderung noch im Rahmen der Leistung des Ver- * käufers“15) liegen. Damit wird die Verpflichtung des Verkäufers zur Bringschuld und damit der Beförderer zu seinem Erfüllungsgehilfen oder zumindest zur Schickschuld. Die Versandverpflichtung der AO der DWK hat, wie Brunn bereits ausführt, einen anderen Sinn als die bisherige Nebenverpflichtung oder eine vom Verkäufer übernommene Hauptverpflichtung. Sie dient der Transportraumplanung. Sie verpflichtet den Lieferer nicht, wie Brunn meint, zu einer Geschäftsbesorgung für den Bedarfsträger. Das würde voraussetzen, daß die Versendung stets im Interesse des Bedarfsträgers liegt, was aber in der geplanten Wirtschaft nicht der Fall ist. Damit entfällt der tragende Grund der Regelung des § 447 BGB. Der Lieferer muß auch leisten, wenn er nicht will. Im Interesse der Realisierung der Lieferverpflichtung, die durch die Planungsstelle begründet wird, hat er die Sache auch zu versenden, wenn der Bedarfsträger an einem anderen Orte wohnt oder seine Niederlassung hat. Die Versendung ist erforderlich, damit der Bedarfsträger seiner Produktionsauflage oder den ihm erteilten Handels„auftrag“ nach-kommen kann. Die Verpflichtung zur Versendung ergibt sich aus dem dem Austauschinteresse übergeordneten Zweck der Planung. Für die Entscheidung der Frage, wer die Gefahr zu tragen hat, ist dagegen dem Planungszweck nichts zu entnehmen. Brunn hat recht, wenn er ausführt, daß sich aus der Versandverpflichtung hierfür nichts ergibt, Da es sich um zufälligen Untergang oder zufällige Verschlechterung der Sache handelt, kann das Verhalten der beiden Beteiligten nicht Entscheidungsgrundlage sein. Pflichten sind nichts anderes als das 15) Brunn, a. a. O., S. 12. 107;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 107 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 107) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 107 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 107)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

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