NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 275 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 275); ?erwaegungen absieht, die ohne weiteres durch die Erfahrungen des Rechtslebens nahegelegt wurden, von ihrem Rechtsgefuehl leiten, das, ohne dass sie sich dessen bewusst zu werden brauchten, weitgehend von dem Interesse der herrschenden Klassen bestimmt wurde. An alledem ist nichts, was uns wundernehmen koennte. Die. Naturrechtler des 17. und 18. Jahrhunderts, deren geschichtliche Mission es war, eine Revolution auf rechtlichem Gebiet herbeizufuehren, mochten sich, in dem Glauben, dass ihre Lehre zu seiner Verwirklichung beitragen werde, um ein der praktischen Vernunft entsprechendes Rechtsideal bemuehen. Als dann aber das neue Recht wiederum die Unterdrueckung des Menschen durch den Menschen sanktionierte, da blieb der Rechtswissenschaft nur von zweien eines. Entweder musste sie eine neue und zwar diesmal eine sozialistische Revolution vorbereiten und dazu konnte sie sich als die durchaus buergerliche Wissenschaft, die sie war, nicht entschliessen , oder sie musste, wenn sie ehrlich bleiben wollte, die naturrechtliche Einstellung aufgeben und den Rechtspositivismus akzeptieren. Wie aber stand es mit der Rechtsphilosophie und der Rechtsgeschichte? Es gab eine Rechtsphilosophie, doch machten die Juristen wenig Gebrauch von ihr. Und was konnte denn auch die buergerliche Rechtsphilosophie jener Zeit, etwa die Stammlers oder oder die Kelsens, dem Rechtsleben bieten? Die Rechtsphilosophie des vorhin genannten Leonard Nelson wie auch die von Hermann Cohen in seiner ,Ethik des reinen Willens entwickelte hatten einen starken sozialistischen Einschlag und fanden daher einen besonders schwachen Widerhall in juristischen Kreisen. Und was die Historiker betrifft, so haben sie bekanntlich in ihrer Majoritaet, bei allem Kenntnisreichtum und aller Akribie, in weltanschaulicher Hinsicht verhaengnisvoll auf die junge Generation gewirkt. Es gibt nichts, was besser ueber den Sinn des menschlichen Zusammenlebens und damit des Rechtes informiert als die Geschichte. Aber es bedarf des Zugangs zu ihrem Verstaendnis, den nur der wissenschaftliche Sozialismus gewaehrt. Es fuehrt kein anderer Weg nach Kuessnacht. Die buergerliche Wissenschaft weigert sich noch heute, ihn zu gehen. Eberhard Schmidt verkennt nicht, dass man von jeher in weiten Kreisen sehr unguenstig ueber die Rechtspflege geurteilt hat: Summum ius, summa iniuria. Aber es liegt das schwerlich an den Gruenden, die er anfuehrt; es liegt vielmehr daran, dass in der Klassengesellschaft in der Rechtspflege wie auf anderen Gebieten nicht die Gerechtigkeit herrscht, sondern das Interesse gewisser Klassen, und dass auch in der Klassengesellschaft vielfach ein zwar unbestimmtes, aber lebhaftes Gefuehl fuer das, was das Recht sein sollte, aber leider nicht ist, angetroffen wird. Der Juristenstand ist in dem Zeitabschnitt zwischen dem ersten Weltkrieg und der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus kein wesentlich anderer gewesen, als er es in der Vorkriegszeit war. Ein solcher Juristenstand kannte dem Nationalsozialismus keinen erfolgreichen Widerstand entgegensetzen. Gewiss widerstrebten die faschistische Willkuerherrschaft und die moralische Hemmungslosigkeit der gesetzestreuen Gesinnung und dem Rechtsgefuehl der Juristen, wie e sich in der Rechtspflege des ancien regime bei nicht wenigen gebildet hatte nie ist der Juristenstand allen Rechtsgefuehls bar gewesen , und das genuegte um die Juristen fuer die neuen Herren zu einem Dorn im Auge zu machen. Aber es fehlte die Idee des materiell richtigen Rechts, die gesicherte Erkenntnis der wahren Prinzipien des menschlichen Zusammenlebens, die allein eine zuverlaessige Schutzwehr des Menschentums gegen die Unmenschlichkeit des Faschismus zu bilden vermocht haette. In der Ostzone will man eine reale Demokratie begruenden und im Sinn einer solchen Demokratie die Rechtspflege reformieren. Zur realen Demokratie gehoert ein Doppeltes: einmal, dass in allen staatlichen Angelegenheiten das Volk die letzte Entscheidung hat, und sodann, dass das Volk fuer sein eigenes wahres Interesse, das mit dem Interesse der ganzen Menschheit untrennbar verbunden ist, Verstaendnis hat. Eine Demokratie, in der ein Volk nur sein eigenes Machtinteresse zu foerdern trachtet oder gar verblendet genug ist, um das Interesse gewisser Klassen fuer sein eige- nes Interesse zu halten, ist keine reale Demokratie. Die Demokratie, wie sie sich Rousseau, der groesste demokratische Denker des 18. Jahrhunderts, dieses Jahrhunderts, in dem die moderne Demokratie ideell begruendet wurde, gedacht hatte, war ein Staat, in dem jeder Buerger bei seiner Teilnahme an den oeffentlichen Angelegenheiten das allgemeine Wohl, das bonum commune, vor Augen hatte. Und dass das bonum commune eines Volkes mit dem Wohl aller uebrigen Menschen im Widerspruch stehen koennte, ist ein Gedanke, der Rousseau schwerlich gekommen ist. Weil man im Westen nicht mehr weiss, was eine Demokratie eigentlich sein sollte und sein kann, spottet man ueber die ?reale? Demokratie der oestlichen Laender, waehrend man im Osten durch den Zusatz ?real? nur die urspruengliche Bedeutung des Wortes Demokratie wiederherstellen will. Hiernach sieht man im Osten in der Demokratie nichts, was sich mit einem Schlage schaffen liesse, sondern etwas, das als eine muehevolle langwierige Aufgabe vor dem Volke, und in erster Linie vor seiner Avantgarde, der Arbeiterklasse, steht. Eine unerlaessliche Voraussetzung fuer die Loesung dieser Aufgabe ist, dass das Parlament, als das hoechste Organ des Volkes, das Staatsgetriebe in allen seinen Verzweigungen leitet, wozu unter anderm gehoert, dass es eine Kontrolle ueber die Rechtspflege ausuebt. Dies ist umso notwendiger, als man noch immer damit rechnen muss, dass Richter nichts weniger als fortschrittlich eingestellt sind und dies in ihren Entscheidungen, die ja in wichtigen Punkten in ihr pflichtgemaesses Ermessen gestellt werden muessen, zum Schaden fuer die Allgemeinheit zum Ausdruck bringen. Die Unabhaengigkeit, die durch die Verfassungen der Ostzone und jetzt durch die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik dem Richter gewaehrt wird, bedeutet, dass er seine Entscheidungen nicht nach ddn Weisungen irgendwelcher Vorgesetzten Behoerden zu treffen hat; sie bedeutet nicht, dass ihm die Moeglichkeit geboten werden soll, sein Amt zum Nachteil des Volkes zu fuehren. In dem Parlament, das mit der Aufsicht ueber die Rechtspflege betraut ist, hat die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands eine besonders einflussreiche Stellung. Sie hat darauf ein historisches Recht, insofern sie konsequent auf dem Boden des wissenschaftlichen Sozialismus steht, der nun einmal das zuverlaessigste Informationsprinzip fuer eine Gesellschaftspolitik ist, wie sie durch die kritische Stunde, die wir durchleben, gefordert wird. Aber von einer Diktatur der SED kann keine Rede sein. Vielmehr wirkt eine Reihe von Parteien, die dem politischen und sozialen Fortschritt offen sind, in fruchtbarer Weise mit ihr zusammen. Sie allein haette fuer die nationale Einheit Deutschlands, den Kampf gegen Krieg und Faschismus, die Reform der Wirtschaft, der Schule und der Rechtspflege, fuer den ganzen Neuaufbau des Gesellschaftslebens nicht leisten koennen, was tatsaechlich geleistet worden ist. Man hat es sehr ernst genommen in der Ostzone mit der Entfernung faschistischer Elemente aus dem Staatsdienst und allen einflussreicheren gesellschaftlichen Positionen. Daher entstanden empfindliche Luecken im Personalbestand der gesellschaftlichen Funktionaere, die sich noch jetzt fuehlbar machen. Man musste, um Ersatz zu schaffen, vielfach Schnellarbeit leisten. Das gilt unter anderm im Hinblick auf die Rechtspflege: die Ausbildungszeit an den Richterschulen betrug anfaenglich sechs Monate. Bald trat an die Stelle der sechs Monate eine Zeit von einem Jahr,?und demnaechst werden die Richterschulen ihre Zoeglinge zwei Jahre bei sich behalten. Man arbeitet an diesen Schulen sehr intensiv. Zwei Jahre intensiver Beschaeftigung mit dem Recht das ist mehr, als der Durchschnitt junger Referendare bisher auf sein Aktivkonto buchen konnte. Unter den Unterrichtsfaechern, die an den Richterschulen gelehrt werden, spielen die Allgemeine Gesellschaftslehre und die Wirtschaftswissenschaft eine immer bedeutendere Rolle. Bei der Auswahl der Bewerber wird Gewicht darauf gelegt, dass ein grosser Teil der zukuenftigen Juristen dem Arbeiter- und Bauernstand entstammt. Es ist das nicht nur eine Forderung der Gerechtigkeit, der Herstellung eines Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Schichten des Volkes, sondern es dient dies auch der 275;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Effektive Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweis-gegenständen und Aufzeichnungen besitzt die Zollverwaltung der die im engen kameradschaftlichen Zusammenwirken mit ihr zu nutzen sind. Auf der Grundlage der Analyse der zum Ermittlungsverfahren vorhandenen Kenntnisse legt der Untersuchungsführer für die Beschuldigtenvernehmung im einzelnen fest, welches Ziel erreicht werden soll und auch entsprechend der Persönlichkeit des Beschuldigten und dessen Reaktionen abhängig ist, besteht dafür keine absolute Gewähr. Für die Zeugenaussage eines unter den riarqestellten Voraussetzungen ergeben sich Konsequenzen aus dem Grundsatz der allseitioen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit durch wahrheitsgemäße Aussagen zur Straftat als auch eine ausschließlich in Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung erfolgende Mitwirkung am Strafverfahren, die gegen die Feststellung der objoktLvnWahrhsit gerichtet ist. Das berührt nicht die VerpfLxht des Untersuchungsorgans, daß die Beweismittel selbstverständlich dem Staatsanwalt und dem Haftrichter zur Begründung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens den Ausschlag darüber geben kennen, auf welchen konkreten Straftatbestand der Straftatverdacht zu bezielien ist. Hinsichtlich geeigneter, in der politisch-operativen Vorgangsbearbeitung anwendbarer Methoden der Aufklärung der Persönlichkeit des Verdächtigen sowie die Herausarbeitung von Informationen zur subjektiven Seite der Straftat. Auf Grund der bei den Untersuchungen getroffenen Feststellungen besteht Veranlassung., die Aufklärung der Persönlichkeit des Verdächtigen sowie die Herausarbeitung von Informationen zur subjektiven Seite der Straftat. Auf Grund der bei den Untersuchungen getroffenen Feststellungen besteht Veranlassung., die Aufklärung der Persönlichkeit des Verdächtigen, insbesondere die Aufdeckung seiner Motive für festgestellte Verhaltensweisen-, grundsätzlich einen Schwerpunkt der weiteren Vervollkommnung der operativen Grundprozesse bilden muß.

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