NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 269 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 269); ?sehen Gewalten koennen in der Epoche des Herrschendwerdens der buergerlichen Gesellschaft die Kraft zum Kampf gegen diese Gesellschaft nicht mehr aufbringen. In der Idee moegen Wohlmeinende sich den alle Freiheit und Sittlichkeit vernichtenden Lebensverhaeltnissen der buergerlichen Gesellschaft entgegenstemmen. Die Wirklichkeit selbst aber geht ueber solche Ideen und Wuensche hinweg ihren Weg. Das gesellschaftliche Dasein ist staerker als solche politischen Potenzen. Die auftauchende buergerliche Gesellschaft zieht mehr und mehr alle politischen Kraefte in ihren Bann, zwingt ihnen ihren Willen auf und durchdringt allseitig das Bewusstsein und die Praxis der Menschen. Der Uebergang zur buergerlichen Gesellschaft, stellt Marx fest, ist ein geschichtlicher Prozess, der mit der Notwendigkeit eines Naturprozesses ablaeuft. Es ist das Schicksal der Menschheit, in dieses. Entwicklungsstadium treten zu muessen. Die Erloesung aus der buergerlichen Gesellschaft kann nur an ihrem Ende stehen. Daher muss sie mit sich selbst fertig werden, sie muss aus sich selbst die Kraefte zu ihrer Ueberwindung entwickeln. Marx erkennt, dass die Kraft, die die Geschichte ins Rollen bringt und in Bewegung haelt, nicht, wie Hegel glaubte, in dem Widerspruch zwischen traditionellen staatlichen Maechten und Gesellschaft liegt, sondern in der Gesellschaft selbst. Die buergerliche Gesellschaft, einmal zur Macht gekommen, stagniert nicht, sie entwickelt Sich. Die Entwicklung der buergerlichen Gesellschaft macht die Zeit aus, ist die konkrete Lage, in der sich die Menschheit befindet. Marx stellt dem falschen Zeitbewusstsein Hegels, das an der Vergangenheit klebt, das wahre Bild der politischen Verhaeltnisse, die auf sich selbst gestellte buergerliche Gesellschaft entgegen. Er sieht, dass diese Gesellschaft in sich einen Widerspruch traegt und dass dieser Widerspruch das Moment ihrer Entwicklung ?ist. 3. Marx? Schrift ?Zur Judenfrage? In der Erfassung der politischen Stroemungen und Gegensaetze seiner Zeit entfaltet sich nun Marx? Genie. Er lebt ganz in diesen politischen Gegensaetzen. Die wirklichen politischen Kraefte, nicht die Ideen und Vorstellungen, sind fuer ihn der Gegenstand der Forschung. Diese Tendenz auf die gesellschaftliche Wirklichkeit der Zeit zeigt sich schon bei dem fruehen Marx. Was den Studenten Marx bei den Junghegelianern von Anbeginn nicht befriedigt, ist ihre allzu spekulative, bloss theoretische Haltung. Sie denken allzusehr an das und ueber das, was sein soll, untersuchen aber nicht die realen Kraefte der Zeit, die realen politischen Bewegungen. Marx erkennt frueh, dass durch willkuerlich gesetzte Ideen die Verhaeltnisse nicht gebessert werden koennen, die Welt nicht veraendert werden kann. Der Uebergang von der Idee zur Wirklichkeit, von der Theorie zur Praxis, ist das Problem, mit dem er ringt. Nicht ?erloesende Ideen? will er predigen, sondern eine ?heilende Praxis? entdecken und entfalten. Er steht noch ganz unter dem Einfluss der Hegelschen Analyse der buergerlichen Gesellschaft, dieses ?sich in sich bewegenden Lebens des Toten?, das nichts Positives aus sich heraus zu bringen vermag, als er schon sehr viel deutlicher als Hegel konkretisiert, worin das Negative dieser buergerlichen Gesellschaft besteht. So schreibt er: ?Das System des Erwerbes und Handels, des Besitzes und der Ausbeutung der Menschen fuehrt aber viel schneller als die Vermehrung der Bevoe kerung zu einem Bruch innerhalb der jetzigen Gesellschaft, den das alte System nicht zu heilen vermag, weil es ueberhaupt nicht heilt und schafft, sondern existiert und geniesst.? Die Heilung, d. h. die Loesung der Widersprueche, kann seiner Ansicht nach nur von dem ?leidenden Teil der Menschheit? kommen, der sich aber der kritischen Philosophie bedienen muesse. Der junge Marx will ein Buendnis der ?leidenden mit der denkenden Menschheit?. Er schreibt: ?Je laenger die Ereignisse der denkenden Menschheit Zeit lassen, sich zu besinnen, und der leidenden, sich zu sam-me n, um so vollendeter wird das Produkt in die Welt treten, welches die Gegenwart in ihrem Schosse traegt. ?20 Diese Erkenntnis, dass die politische Praxis der buergerlichen Gesellschaft (eben, weil diese Gesellschaft nicht den leidenden Teil der Menschheit repraesentiert, darum nichts schaffen, sondern nur geniessen koenne) 20J ebenda. nicht in der Lage sei, die Wunden der Menschheit zu heilen, bringt ihre erste Frucht in einer der bedeutsamsten Arbeiten des jungen Marx, die ein Markstein auf dem Wege zur Entwicklung des Marxismus ist, in seinem Aufsatz ?Zur Judenfrage?21). Das Problem, das Marx hier behandelt, lautet dahin: kann die Menschheit (also auch die Juden es ging hier insbesondere um die Frage der Emanzipation der Juden) durch die Prinzipien der buergerlichen Demokratie befreit werden? Koennen die alten Grundsaetze der franzoesischen Revolution von der Freiheit, der Gleichheit und der Bruederlichkeit zu den hoechsten politischen, staatlichen und rechtlichen Prinzipien erhoben die Widersprueche loesen, die in den gesellschaftlichen Verhaeltnissen da sind? Marx antwortet darauf: Nein, sie koennen es. nicht! Und weshalb koennen sie es nicht? Weil diese in der buergerlichen Revolution gesetzten politischen Prinzipien in der Wirklichkeit der buergerlichen Gesellschaftsver-haeltnisse gar nicht da sind. Die Struktur der buergerlichen Gesellschaft hat weder mit Freiheit noch mit der Gleichheit noch mit der Bruederlichkeit etwas gemein, die Verhaeltnisse, die durch sie herrschend werden, sind von ganz anderer Natur. Gegenueber diesen Verhaeltnissen, die mit der buergerlichen Gesellschaft zur Wirklichkeit selbst werden, koennen die Prinzipien der politischen Demokratie nichts ausrichten, denn sie waelzen die Grundlagen der buergerlichen Gesellschaft nicht um. Solange das aber nicht geschieht, werden die gesellschaftlichen Verhaeltnisse sich immer wieder durchsetzen und Politik, Staat, Recht usw. nach ihrem Willen gestalten. Das zeigt Marx an Hand der hoechst entwickelten Demokratie buergerlicher Praegung, der Demokratie, die alle ehrlichen, buergerlichen Revolutionaere als das grosse Vorbild heroischer, revolutionaerer Machtentfaltung an-sehen, an Hand der Jacobinerdiktatur der franzoesischen Revolution. Marx zeigt den geschichtlichen Widerspruch der konsequenten buergerlichen Demokratie. Sie erstrebte unter den Losungen der Freiheit, Gleichheit und Bruederlichkeit die Emanzipation des Menschen von ihn bedrueckenden gesellschaftlichen Zustaenden. Das menschliche Wesen wollte, in Freiheit gesetzt, sich selbst bestimmen und die Verhaeltnisse sich anpiassen. Darum zerbrach die Jacobinerdiktatur die Fesseln der alten Staats- und Gesellschaftsordnung und schickte sich an, unter den Prinzipien der Gleichheit und Gerechtigkeit den Staat zu formieren. Aber in dem Augenblick, als sie sich zue dieser Macht emporreckte, als also ein politischer Wille sich ueber die buergerliche Gesellschaft erhob und ihr das Gesetz ihres Handelns vorschreiben wollte, da stand ein grosser Gegner gegen sie auf, die buergerliche Gesellschaft selbst. Marx sieht hierin als erster den Sinn und die geschichtliche Be-wandnis der Katastrophe des 9. Thermidor, des Sturzes Robespierres und der Jacobiner. Das Pendel der Revolution, die bis zu diesem Zeitpunkt im Aufstieg war, beginnt hier zurueckzuschlagen. Der politische Wille war in der Jacobinerdiktatur bis zu seinem hoechsten Punkte angespannt, es wurde mit der alten Feudalgesellschaft aufgeraeumt. Diese gewaltige politische Kraftaeusserung konnte aber geschichtlich nur den Sinn haben, der buergerlichen Gesellschaft den Weg freizumachen. Die Jacobinerdiktatur war der Versuch, durch politische Willkuer die Widersprueche der buergerlichen Gesellschaft zu meistern er misslang und musste misslingen. Die Jacobinerdiktatur haette nur siegen koennen, wenn alle Menschen ihr Sonderinteresse dem allgemeinen Interesse, dem Gemeinwesen geopfert haetten. Solche Erwartung aber ist unter den Bedingungen der buergerlichen Gesellschaft eine Illusion. Der Mensch der buergerlichen Gesellschaft kann nicht der freie, politische Mensch sein, wenn die buergerliche Gesellschaft auf Schacher und Eigennutz aufgebaut ist. Die buergerliche Gesellschaft hat den Menschen nicht vom Egoismus des Gewerbes befreit, sie gewaehrte ihm vielmehr eine Gewerbefreiheit, setzt also den Schacher und den Eigennutz in Freiheit eben die Eigenschaften, von denen sich die Juden befreien wollten. Will in der Epoche der buergerlichen Gesellschaft der Mensch frei und nur seiner mensch- 21) Siehe Marx-Engels-Gesamtausgabe, Abt. I, 1. Halbband S. 576 ft. 269;
Dokument Seite 269 Dokument Seite 269

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen känp, -sk?;i. Aus dieser und zli . Auf gabenstellung ergibt sich zugleich auch die Verpflichtung, die Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und ist für die Zusammenarbeit das Zusammenwirken mit den. am Vollzug der Untersuchungshaft beteiigten Organen verantwortlich. Der Leiter der Abteilung der zugleich Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist, nach dem Prinzip der Einzelleitung geführt. Die Untersuchungshaftanstalt ist Vollzugsorgan., Die Abteilung der verwirklicht ihre Aufgaben auf der Grundlage des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei, der Instruktionen und Festlegungen des Leiters der Verwaltung Strafvollzug im MdI, des Befehls. des Ministers für Staatssicherheit sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sind planmäßig Funktionserprobunqen der Anlagen, Einrichtungen und Ausrüstungen und das entsprechende Training der Mitarbeiter für erforderliche Varianten durchzuführen. Die Leiter der Kreis- und Objektdienststellen ist entsprechend getroffener Vereinbarungen der Anschluß an die Alarmschleifen des Jeweiligen Volkopolizeikreisamtes herzustellen. Zur Gewährleistung der ständigen Einsatzbereitschaft der technischen Geräte und Anlagen haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit in unserer gesamten Arbeit zu gewährleisten. Das ist eine wichtige Voraussetzung für unser offensives Vorgehen im Kampf gegen den Feind.

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