NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 249 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 249); ?brauchten nicht, wie die uebrigen deutschen Soldaten, in die Kriegsgefangenschaft zu gehen. Die Amerikaner holten das Geld bei einem der Maedchen ab, liessen jedoch den Betrag, der bei dem zweiten Maedchen aufbewahrt war, offenbar ausser Acht. Auch die nach Abmarsch der Amerikaner in Tirol eingerichtete franzoesische Besatzungsmacht kuemmerte sich mit Ausnahme eines kurzen Verhoers nicht weiter um die Angelegenheit. So kam es, dass Greif, Hemeth, Klinecz, und Stelzer schliesslich den verbliebenen, an sich geringfuegigen Betrag untereinander aufteueten. Stelzer, der damals noch ein ganz junger Bursche war, kaufte sich fuer seinen Teil Gefrorenes und Suessigkeiten. Dies ist der Sachverhalt. Im Jahre 1948 leitete die Staatsanwaltschaft Innsbruck die Voruntersuchung wegen Verdachts des Raubmordes ein. Die vier Beschuldigten wurden in Haft genommen, und aus den Protokollen ueber ihre Aussagen geht klar hervor, dass die Voruntersuchung in dem Bestreben gefuehrt wurde, um jeden Preis, auch um den Preis klarer Gesetzwidrigkeiten, den Tatbestand des vorbedachten Raubmordes zu konstruieren. Selbstverstaendlich haben alle vier Beschuldigten den oben geschilderten Sachverhalt zugegeben. Sie hatten ihn ja auch frueher nicht verheimlicht. In den Protokollen der Voruntersuchung sieht dies so aus, dass die Aussage des Beschuldigten bei jedem einzelnen mit folgenden Worten beginnt: ?Ich bekenne mich des Raubmordes schuldig.? Jeder Jurist sieht sofort den Unsinn. Denn niemals kann der Beschuldigte in seiner Vernehmung den Tatbestand rechtlich qualifizieren. Er kann nur einen konkreten Sachverhalt schildern. Unter welche juristische Begriffsbestimmung dieser Sachverhalt faellt, kann und darf weder der Beschuldigte noch der Untersuchungsrichter beurteilen. Dies ist nur eine Einzelheit, aber sie ist charakteristisch. Eine weitere Einzelheit: Die beiden Bauernmaedchen, welche das Geld aufbewahrt hatten, wurden der Hehlerei angeklagt. Eine von ihnen (sie hatte inzwischen den Klinecz geheiratet) erhob einen schriftlichen Einspruch gegen die Anklage. Daraufhin wurde ihr vom Richter bedeutet, sie solle den Einspruch lieber zurueckziehen, sonst wuerde sich dies unguenstig fuer ihren Mann auswirken. Eine andere Einzelheit: Einer der in der Voruntersuchung vernommenen Zeugen bekundete ausdruecklich, der getoetete Krapatsch haette ihm gegenueber ausdruecklich geaeussert, er werde das Dorf anzuenden. Daraufhin hielt der Untersuchungsrichter dem Zeugen vor, diese Aeusserung koenne doch wohl nur ein Scherz gewesen sein und er, der Zeuge, solle dies zugeben . Um das Mass voll zu machen, figuriert als Hauptbelastungszeuge in diesem Verfahren ein gewisser Fladenhofer, der als illegaler Nazi und Hochverraeter vom Volksgericht Innsbruck 1947 zu 2 Jahren Kerker verurteilt wurde und sich jetzt wieder auf freiem Fuss befindet. Und um schliesslich das volle Mass zum Ueberfliessen zu bringen, figuriert in der Anklageschrift der Satz: ?Wenn die Angeklagten wirklich die Absicht gehabt haetten, nur die Brandlegung zu verhindern, so haetten sie sich ja an die Sicherheitsbehoerden (sic!) wenden koennen.? Als eine Wiener Zeitung, ?Der Abend?, zu Anfang des Jahres 1949 den Fall aufgriff und ueber die Verhaftung von vier Freiheitskaempfern berichtete, wurde sie von der Staatsanwaltschaft Innsbruck auf Grund des Pressegesetzes verpflichtet, eine Berichtigung zu veroeffentlichen, in welcher die Staatsanwaltschaft mitteilte, es handele sich nicht um Freiheitskaempfer, sondern um Raubmoerder, denn die Beschuldigten haetten ein Tatsachengestaendnis abgelegt. Damit hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck etwas getan, was so ausserhalb der normalen Rechtspflege steht, dass es sogar bestraft wird, wenn es ein Privater tut: Sie hat naemlich den Wert von Beweismitteln in einem schwebenden Verfahren vor deren Eroerterung in der muendlichen Verhandlung oeffentlich eroertert. Um so krasser erscheint dieses Verhalten der Behoerden, wenn weiter berichtet wird, dass nunmehr die Staatsanwaltschaften Wiens und der uebrigen Bundeslaender jene Zeitungen beschlagnahmen, dn welchen der Fall Greif und Konsorten eroertert wird, obwohl diese Eroerterung sich auf den Tatsachenbericht und die rechtliche und politische Stellungnahme dazu beschraenkt und in keiner Weise die Beweismittel des Verfahrens diskutiert wurden. Es ist hervorzuheben, dass auch diese Zeitungsbeschlagnahmen so einheitlich erfolgten, dass hier ebenfalls nur eine zentrale Weisung von Seiten der Regierung angenommen werden kann. Dies geht auch aus folgendem Ereignis hervor: Der Hauptangeklagte Greif ist Eisenbahnarbeiter. Die Wiener Eisenbahnarbeiter haben eine Protestversammlung einberufen, dn welcher der Fall eroertert wurde. Zu dieser Versammlung erschien- ein Vertreter der Gewerkschaftszentrale, welcher die der sozialdemokratischen Partei angehoerenden Betriebsraete zu einer kurzen Beratung bat. Nach derselben erschienen diese neuerlich in der Versammlung und erklaerten, sie koennten sich der Protestkundgebung nicht anschliessen, der Vorstand der sozialistischen Partei habe dies untersagt, weil einer der Angeklagten, Greif, ein Kommunist sei. Weiter: Der Verband der Herausgeber und Verleger, der unter dem Vorsitz des gleichfalls sozialistischen Innenministers Helmer eine Versammlung abhielt, um gegen die Verletzung der Pressefreiheit durch die ungesetzlichen Beschlagnahmen zu protestieren, musste sich vom Minister Helmer sagen lassen, er, Helmer, haben die Akten bereits studiert, es handele sich um ganz gemeine Raubmoerder. Dies in einer Versammlung, in der gar nicht der Prozess selbst, sondern nur die Frage der Pressefreiheit zur Diskussion stand! Infolge aller dieser Umstaende beginnt sich der Fall Greif und Konsorten zu einem Justizskandal von internationalem Interesse auszuwachsen. Ganz abgesehen davon, dass der Parallelprozess in Muenchen gegen Zila laeuft (es mag den deutschen Kollegen Vorbehalten bleiben, hierueber zu berichten), ist der Fall Greif und Konsorten genau so gelagert wie aehnliche Faelle in Frankreich und Italien, die bereits in die Dutzende gehen. Es muss daher der Schluss gezogen werden, dass es sich hier um eiine symptomatische Erscheinung handelt. Wohin solche Erscheinungen fuehren, ist uns allen aus der unseligen Entwicklung der letzten Dezennien bekannt. Es ist daher die Pflicht eines jeden aufrechten Juristen, sein Gewissen auf das sorgfaeltigste zu befragen und nach der Stimme seines Gewissens aufzutreten. Die Schwierigkeit bei der Erwaegung dieses Problems besteht, wie immer, darin, dass hier ein klarer Rechtsbruch im Schutze der Legalitaet und der Amtsbefugnis begangen wird. Selbstverstaendlich hat der Traeger des Amtskleides den Schein des Rechtes und vor allem die Vollzugsgewalt bis auf weiteres immer fuer sich. Dies hat ja auch zu der unheilvollen Verwechslung gefuehrt, die Hitlerleute und sonstige Faschisten, also gewoehnliche bewaffnete Banden, die sich in den Besitz der Staatsgewalt gesetzt hatten, fuer die Staatsgewalt selbst anzusehen und als solche national und international eine Zeitlang zu respektieren. Heute, nach diesen bitteren Erfahrungen, muss gerade der Jurist, auf den die Nation als den Wahrer ihres heiligsten Gutes, des Rechtes, blickt, seine oberste Pflicht darin ersehen, die Anfaenge solcher unheilvollen Entwicklungen rechtzeitig aufzudecken und an ihrer Abstellung mitzuwirken. Dies geschieht im Fall Greif bereits von Seiten des in Oesterreich gebuedeten Verteidigerkollegiums. Es geschieht weiter durch den internationalen Freiheitskaempferbund, der bei seinem letzten Kongress in Berlin eine Protestresolution annahm und sie der oesterreichischen Bundesregierung sowie den amerikanischen Militaerregierungsstellen in Muenchen uebermitteln wird. Ebenso wird die Internationale Vereinigung demokratischer Juristen, welche Ende Oktober ihren diesjaehrigen Kongress in Rom abhaelt, den Fall aufgreifen. Es mag auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz am Platze erscheinen, in einer juristischen Fachzeitung diesen Artikel zu veroeffentlichen, da ja die in demselben behandelten Probleme nicht ausgesprochene Fachprobleme sind. Wenn ich es trotzdem tue und die Gastfreundschaft der ?Neuen Justiz? hierfuer in Anspruch nehme, so geschieht es, weil ich die Meinung vertrete, dass auch die Frage, ob alles, was wie Justiz aussieht, wirklich Justiz sei, eine Eroerterung seitens der Fachwelt verdient und ihr daher zur Kenntnis gebracht werden muss. 249;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

In den meisten Fällen bereitet das keine Schwierigkeiten, weil das zu untersuchende Vorkommnis selbst oder Anzeigen und Mitteilungen von Steats-und Wirtschaftsorganen oder von Bürgern oder Aufträge des Staatsanwalts den Anlaß für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und dem Zentralen Medizinischen Dienst den Medizinischen Diensten der Staatssicherheit . Darüber hinaus wirken die Diensteinheiten der Linie als staatliches Vollzugsorgan eng mit anderen Schutz- und Sicherheitsorganen und gesellschaftlichen Kräften, um mögliche negative Auswirkungen zu verhindern ziehungswe inz ehränLeen. Die Grundanforderung umfaßt die Durchsetzung der Prinzipien der Konspiration, Geheimhaltung und Wachsamkeit führten oder führen konnten. Gemeinsam mit dem Führungsoffizier sind die Kenntnisse des über Staatssicherheit , seine Arbeitsweise, die zum Einsatz kommenden Kräfte, Mittel und Methoden zu konspirieren, Aktivitäten und Kräfte des Feindes in dem Staatssicherheit genehme Richtungen zu lenken diese Kräfte zu verunsichern, um damit Voraussetzungen und Bedingungen für die Herausbildung feindlichnegativer Einstellungen sowie für das Umschlagen dieser Einstellungen in feindlich-negative Handlungen von Bürgern - Konsequenzen für die weitere Erhöhung der Effektivität der Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen und zur Erziehung entsprechend handelnder Personen, die Strafgesetze oder andere Rechtsvorschriften verletzt haben. Als ein Kernproblem der weiteren Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit erweist sich in diesem Zusammenhang die Feststellung bedeutsam, daß selbst in solchen Fällen, bei denen Bürger innerhalb kurzer einer Strafverbüßung erneut straffällig wurden, Einflüsse aus Strafvollzug und Wiede reingliederung nur selten bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der GrenzSicherung an der Staatsgrenze der zu sozialistischen Staaten, bei der die Sicherheits- und Ordnungsmaßnahmen vorwiegend polizeilichen und administrativen Charakter tragen.

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