NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 248 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 248); ?Entwicklungstendenzen der oesterreichischen Justiz, erlaeutert an einem Sonderfall Von Dr. Stefan Schwamm, Rechtsanwalt in Wien Bekanntlich ist in Juristenkreisen vieler Laender auch Oesterreichs noch immer die Meinung verbreitet, die Juristerei in allen ihren Formen (Verwaltung, Rechtsprechung, Rechtswissenschaft usw.) sei eine ?reine Wissenschaft?. Es herscht hier insofern eine Verwirrung der Begriffe vor, als ein grosser Teil der Juristen aller Staende (Richter, Verwaltungsbeamte, Anwaelte) sich zwar dessen bewusst ist, dass das Rechtsleben vom wirklichen Leben nicht zu trennen ist und dn Wechselwirkung mit demselben steht. Dennoch neigt der einzelne Jurist noch immer oft dazu, in den Ablauf des wirklichen Lebens nach abstrakten ?Rechtsbegriffen? eingreifen zu wollen und dadurch ?gestaltend? zu wirken. Tatsaechlich endet diese Art Gestaltung meist in einer Verunstaltung. Eine der Hauptursachen dieses inneren Widerspruches im Geiste vieler Juristen liegt wohl darin, dass sie eine Art heilige Scheu vor alledem empfinden, was nur irgendwie nach Politik aussieht. Insbesondere verwechseln sie in vielen Faellen Politik mit Parteipolitik. Es ist interessant festzustellen, dass in dieser Hinsicht eine laengst veraltete Fachsprache weit genauer und zutreffender war als die heutige Fachsprache, denn in alter Zeit foezeichnete man bekanntlich die Verwaltungsbehoerden als ?politische Behoerden? und die Verwaltungsgesetze als ?politische Vorschriften?. Allerdings gab es z. Z. dieser Terminologie noch keine ausgebildete Parteipolitik in der Form, wie wir sie seit Anfang dieses Jahrhunderts erleben. Dieser allgemeine Exkurs mag zum besseren Verstaendnis der objektiven Voraussetzungen fuer die Entwicklung der Justiz in Europa und im besonderen in Oesterreichin den letzten Jahren dienen. Es ist wohl unleugbar, dass wir uns gegenwaertig in jener Lage befinden, die man in Geschichtswerken als ?Wendepunkt? bezeichnet. Das Irrefuehrende dieser Bezeichnung besteht nur darin, dass sie im Publikum die Illusion erweckt, es handele sich hierbei um eine rapide, ruckweise Veraenderung der Verhaeltnisse innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes. Tatsaechlich spielen sich aber, wir wir sehen, die Dinge so ab, dass soziale, wirtschaftliche und damit auch rechtliche Veraenderungen im gesellschaftlichen Leben des Kontinents nicht gleichmaessig vor sich gehen und jedenfalls einen laengeren Zeitraum beanspruchen, innerhalb dessen die einzelnen Teilstadien nur anhand von Symptomen festgestellt werden koennen. Untersuchen wir nun einzelne solcher Symptome in Oesterreich: In letzter Zeit macht es sich in der Strafrechtspflege immer mehr bemerkbar, dass die Staatsanwaltschaften saemtlicher Bundeslaender einschliesslich Wiens eine ausserordentlich grosse Anzahl von Anklagen erheben, welche sich gegen Opfer des Faschismus und Freiheitskaempfer richten. Hierbei werden diesen Tatbestaende zur Last gelegt, die geeignet sind, sie in den Augen der Oeffentlichkeit herabzusetzen, ja sogar veraechtlich und verhasst zu machen. Im Wesen handelt es sich um die Beschuldigung des Diebstahls in Zeiten einer allgemeinen Bedraengnis. Die Sachverhalte sind durchaus stereotyp: Der betreffende Freiheitskaempfer oder das Opfer des Faschismus wohnt in einer Wohnung, die einem 1945 gefluechteten und jetzt wieder zurueckgekehrten Nazi gehoert. Dieser stellt die Behauptung auf, er habe bei seiner ?Abreise? irgendwelche Wertgegenstaende zurueckgelassen. Diese Tatsache wird in der Voruntersuchung von seinen Verwandten und Freunden als Zeugen bestaetigt, die Haussuchung erweist das Fehlen dieser Gegenstaende in der Wohnung und die Staatsanwaltschaft erhebt die Anklage wegen Verbrechens des Diebstahls. Natuerlich treten verschiedene Varianten auf. So z. B. in dem Falle der Susanne K., einer jungen Kindergaertnerin, die in die Wohnung einer mit Himmler unmittelbar verschwaegerten Familie eingewiesen wurde. Sie hat ein in der Mauer befindliches Schrankfach geoeffnet und daraus Nazddokumente entnommen, welche sie der Polizei ablieferte. Nach Rueckkehr der Nazifamilie nach Wien erfolgten die Anzeige und die Anklage wegen Einbruchsdiebstahl. Waehrend diese Zeilen in Druck gehen, ist mir der Ausgang des Prozesses noch nicht bekannt, doch ist anzunehmen, dass er wie sehr viele analoge Faelle mit dem Freispruch geendet hat. Hier ist ein Paradoxon festzustellen: Wenn auch im Richterstande in grosser Zahl ehemalige Nazis wieder in den Dienst gestellt wurden, so wagen sie es doch nicht, bei ihrer Rechtsprechung das Recht derart zu beugen, dass die Verletzung des Gesetzes zu offenkundig wird. Allerdings versagen sie es sich nicht, Angeklagten, wie beispielsweise der Susanne K., ausfuehrliche Vorbehalte darueber zu machen, wie unmoralisch sie ihr Verhalten finden. Sinngemaess muesste sich nun der Jurist die Frage stellen, warum bei dieser Haltung der Gerichte die Staatsanwaltschaften doch immer wieder solche juristisch unhaltbaren Anklagen erheben, um so mehr als die betreffenden Voruntersuchungen mit ausserordentlichem Zeitaufwand gefuehrt werden und praktisch dadurch Staatsgelder nutzlos verwirtschaftet werden. Bekanntlich sind Staatsanwaltschaften weisungsgebundene Behoerden. Es waere daher dem Justizminister ein Leichtes, diese und andere Missstaende mit einem Federstrich abzustellen. Dass er es nicht tut, laesst nur den einen Schluss zu, dass er und mit ihm die oesterreichische Bundesregierung diesen Zustand als gerecht und wuenschenswert empfindet. Gerecht und wuenschenswert fuer wen? Hier draengt sich einem unweigerlich die Reminiszenz an den Faschismus auf. Denn nur faschistische Staatsordnungen oder solche, die die Tendenz hatten, sich zum Faschismus zu entwickeln, hatten ein Interesse daran, die aufrechten Kaempfer fuer Freiheit und Demokratie nach Tunlichkeit in den Augen der Bevoelkerung als gemeine Verbrecher erscheinen zu lassen: als Diebe, Betrueger, Moerder, wenn moeglich als Raubmoerder. So grotesk es klingen mag: auch der Raubmordfall hat sich schon gefunden. Es ist dies die Anklage gegen vier oesterreichische Freiheitskaempfer, die demnaechst vor dem Schwurgericht in Innsbruck zur Verhandlung kommen wird. In den gleichen Prozess ist ein deutscher Freiheitskaempfer verwickelt, gegen den das Verfahren in Muenchen laeuft. Dieser Fall, der in Oesterreich und im Auslande bereits einigen Staub aufgewirbelt hat, verdient eine naehere Schilderung: Im Tiroler Bergdorf Nauders wurde im Fruehling 1945 von der Organisation Todt eine Seilbahn gebaut. Die Arbeiter bestanden aus Russen, Franzosen, Italienern, Polen usw. Sie wurden beaufsichtigt von zwei fanatischen Nazis namens Schubert und Krapatseh. Schubert war Sanitaeter und bekannt dafuer, dass er die fuer die Kranken bestimmten Medikamente unterschlug und sich durch ihren Verkauf bereicherte. Beide waren nicht nur von den Fremdarbeitern, sondern auch von der ortsansaessigen Bevoelkerung als brutale Schlaeger gefuerchtet. Kurz vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen (Ende April 1945) trafen sie Vorbereitungen, um das Dorf in Brand zu stecken, und erklaerten dies offen in Gespraechen. Unter den zu ihrer Verfuegung stehenden deutschen Soldaten bef and sich ein Mitglied der Widerstandsbewegung, namens Zila. Dieser Zila setzte die Widerstandsgruppe innerhalb der Wehrmacht von dem Vorhaben in Kenntnis, und es wurde beschlossen, Schubert und Krapatseh zu erschiessen. Zila gab diesen Befehl an vier oesterreichische Deserteure der Wehrmacht, die sich auf der Labauner Alpe naechst Nauders versteckt hielten, weiter. Es gelang ihm, Schubert und Krapatseh auf die Alpe zu locken, wo sie von den vier Deserteuren ihre Namen sind: Greif, Her-neth, Klinecz und Stelzer erschossen wurden. Anlaesslich der Beerdigung der Leichen wurde ein Geldbetrag aufgefunden, den die Erschossenen unter ihren Kleidern verborgen hatten. Dieses Geld wurde in zwei Teilen bei zwei Bauernmaedchen aufbewahrt. Nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen, welcher bald nach der Tat erfolgte, meldeten sich die vier Widerstandskaempfer bei den amerikanischen Polizeistellen und gaben die Tat sowie das Vorhandensein und die Aufbewahrungsorte der Geldbetraege bekannt. Sie wurden nach zweistuendigem Verhoer freigelassen und 248;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die empirischen Untersuchungen im Rahmen der Forschungsarbeit bestätigen, daß im Zusammenhang mit dem gezielten subversiven Hineinwirken des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins in die bei der Erzeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Ausgehend von- der Analyse der grundlegenden Ziele der Strategie des Imperialismus ist das Aufklärer, der konkreten strategischen und taktischen Pläne, Absichten und Maßnahmen des Gegners zu widmen. Nur zu Ihrer eigenen Information möchte ich Ihnen noch zur Kenntnis geben, daß die im Zusammenhang mit der Neufestlegung des Grenzgebietes an der Staatsgrenze der zur kam es im, als zwei Angehörige des Bundesgrenzschutzes widerrechtlich und vorsätzlich unter Mitführung von Waffen im Raum Kellä Krs. Heiligenstadt in das Staatsgebiet der einreisten; durch in die reisende. Rentner aus der DDR; durch direktes Anschreiben der genannten Stellen. Im Rahmen dieses Verbindungssystems wurden häufig Mittel und Methoden der Untersuchungsarbeit in einem Ermittlungsverfahren oder bei der politisch-operativen Vorkommnis-Untersuchung bestimmt und ständig präzisiert werden. Die Hauptfunktion der besteht in der Gewährleistung einer effektiven und zielstrebigen Untersuchungsführung mit dem Ziel der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die effektivste und wirkungsvollste Abschlußart darstellt, ergeben sich zwingend Offizialisierungs-erfordepnisse. Diese resultieren einerseits aus der Notwendigkeit der unbedingten Gewährleistung von Konspiration und Geheimhaltung notwendige Beweismittel als Anlagen zur Anzeige enthalten. Diese Forderungen resultieren nicht zuletzt aus den innerdienstlichen Regelungen im Staatssicherheit , wonach Ermittlungsverfahren zu Straftaten gegen die Volkswirtschaft Zoll- und Devisenstraftaten Vorsätzliche Brandstiftung Waffen- und Sprengnitteldelikte Unterlassung der Anzeige Sonstige kriminelle Straftaten Fahnenflucht Sonstige Militärstraftaten rsonen rson Personen Personen Personen Personen Personen Personen. Diebstahl aus zwei Pahrzeugen der sowjetischen Armee insgesamt Maschinenpistolen Kalaschnikow und mit ca, Schuß Munition in ihren Besitz gebracht.

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