NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 222 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 222); ?zuvorzukommen, um sich und Fraeulein P. wenigstens noch ein Wohnungsrecht im Hause zu sichern. Unter diesen Umstaenden kann dahingestellt bleiben, ob die Anregung zum Abschluss des Kaufvertrages wie die Klaegerin behauptet vom Beklagten ausgegangen ist, oder ob die Initiative auf Seiten der Eltern der Klaegerin gelegen hat, wie er einwendet. Denn in jedem Fall war der Verkauf des Hauses fuer Frau R. ein erzwungener. Die Zwangsmethoden des Naziregimes richteten sich seit dem 8.11.1938 gegen die Juden in Deutschland ganz allgemein und waren nicht speziell gegen einzelne Personen gerichtet, wie es im Regelfaelle zutrifft, auf den die Bestimmung des ? 123 BGB gemuenzt ist. Der kollektive Charakter der judenfeindlichen Massnahmen des dritten Reichs stellte eine Kollektivdrohung dar. Dass auch solcher Kollektivzwang eine widerrechtliche Noetigung im Sinne des ? 123 Abs. 1 BGB bedeutete, hat das Kammergericht in dem angefuehrten Urteile vom 29.11. 1946 ueberzeugend dargelegt; der jetzt erkennende Senat teilt den dort vertretenen Standpunkt. Die Kollektivgemeinschaft veraendert nicht den psychischen Zwangscharakter der Drohung. Denn die durch die Einsatzverordnung in ganz bestimmter Art angedrohten Zwangsmassnahmen verfehlten ihre Wirkung auf die juedischen Grundeigentuemer nicht, die, wie die Eltern der Klaegerin, zahlreich dem Zugriff des Staates allerdings zumeist erfolglos zuvorzukommen versuchten. Eine Kollektivdrohung aber, die wie hier im Einzelfall die Entscheidung des Bedrohten tatsaechlich bestimmt, unterscheidet sich nicht in ihrer Wirkung von einer Einzelbedrohung. Sie kann daher auch nicht mit anderen rechtlichen Folgen als jene ausgestattet werden und verleiht demgemaess dem von ihr Betroifenen ein Anfechtungsrecht aus ? 123 Abs. 1 BGB. Die Klaegerin hat nun zwar sicheren Beweis dafuer, dass ihre Eltern tatsaechlich nur unter dem Drude der Zwangsmassnahmen des dritten Reichs das Grundstueck verkauft haben, nicht erbringen koennen. Grundsaetzlich trifft den Anfechtenden die Beweislast fuer den von ihm behaupteten Tatbestand. Angesichts des gesamten Sachverhalts kehrt sich jedoch hier bei verstaendiger Wuerdigung des Falles die Beweisfuehrungspflicht um. Denn die gesamten Verhaeltnisse, unter denen die Eltern der Klaegerin damals lebten, rechtfertigen die Annahme, dass die Grundstuecksverkaeufe, die in jener Zeit nach dem 3.12.1938 von Juden in Deutschland getaetigt worden sind, durch die Kollektivdrohung verursacht worden sind. Wie sehr aber darueber hinaus die Eheleute R. allen Grund hatten, die den Juden angedrohten Zwangsmassnahmen ernst zu nehmen, geht daraus hervor, dass sie spaeter sogar verschleppt worden und aller Wahrscheinlichkeit nach in einem Konzentrationslager umgekommen sind. Diesem Beweis des ersten Anscheines haette der Beklagte nur mit dem Einwand wirksam begegnen koennen, die Eltern der Klaegerin haetten den Vertrag nicht auf Grund der Kollektivdrohung des Hitlerstaates abgeschlossen, sondern aus irgend welchen auf einem freien Willensentschluss beruhenden Gruenden. In dieser Richtung hat aber der Beklagte nicht das geringste vorgetragen. Der Hinweis des Beklagten auf sein Entgegenkommen gegenueber den Eheleuten R. ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrages war zwar bei Pruefung einer Anwendung des ? 138 bedeutsam, vermag aber im Falle des ? 123 die hiier anzunehmende Kausalitaet zwischen Drohung und Willenserklaerung nicht in Frage zu stellen. Auch die Widerrechtlichkeit der Drohung ist gegeben. Was zunaechst die zahlreichen Gewaltakte gegenueber der juedischen Bevoelkerung anbetrifft, die diese staendig unter Zwang hielten, so ist an ihrer Rechtswidrigkeit nicht zu zweifeln. Sie verstiessen gegen die elementarsten Grundsaetze der Anstaendigkeit und Menschlichkeit und waren dazu nicht einmal durch den Schein der Legalitaet gedeckt. Aber auch die Einsatz-Verordnung, obwohl sie ordnungsgemaess erlassen worden ist, muss als unwirksam angesehen werden, weil sie ihrem Inhalt nach den allgemein anerkannten Grundsaetzen jeglichen Rechts widersprach und daher als unsittlich zu betrachten ist, so dass ihr eine Rechtsverbindlichkeit nicht zukommen kann. Da mithin die Anfechtung der Klaegerin aus ? 123 BGB durchgreift, sind Verkauf und Auflassung vom 31. 3.1939 gern. ? 142 als von Anfang an nichtig anzusehen. Es fehlt somit auch an einer wirksamen Uebereignung des Grundstuecks auf den Beklagten. Die Mutter der Klaegerin war infolgedessen Eigentuemerin geblieben, und nach ihrem Tode hat die Klaegerin im Erbgange das Eigentum erworben. Da das Grundbuch den Beklagten als Eigentuemer ausweist, ist es unrichtig, und die Klaegerin hat den Berichtigungsanspruch gern. ? 894 BGB gegen den Beklagten, welchen sie auch hilfsweise geltend gemacht hat. Es kommt aber auf diesen Hilfsanspruch nicht an, da auch der Hauptanspruch auf Rueckauflassung gemaess ? 812 in diesem Falle zulaessig ist. Denn wenn der wirkliche Eigentuemer vom Bucheigentuemer im Klagewege anstelle der Zustimmung zur Berichtigung die Auflassung verlangt, so ist in der Regel nur er selbst, nicht aber der Beklagte der Benachteiligte. Denn im Falle des Obsiegens muss der Klaeger mit dem Urteil vor dem Grundbuchamt erscheinen, um seinerseits die Auflassungserklaerung abzugeben, waehrend im Gegensatz dazu der Beklagte sich passiv verhalten kann, weil seine Auflassungserklaerung gern. ? 894 ZPO mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt (vgl. RGZ Bd. 139 Seite 335, RG Warn. 29, 44). ? 138 BGB ? 53 GBO. Zur Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs zugunsten eines juedischen Grundstueckseigentuemers, der im Zuge der sog. ?Arisierung? im Jahre 1939 sein Grundstueck weit unter Preis verkauft und aufgelassen hat. OLG Potsdam, Beschluss vom 7. Maerz 1949 1 W 248/48. Aus den Gruenden: Als Eigentuemer des bezeichneten Grundstuecks sind die Eheleute Fleischermedster Adolf B. und Hedwig B. geb B. in B. eingetragen. Die Eintragung Ist auf Grund eines am 25. Mai 1939 zwisenen aem Vater der Beschwerdefuehrerin, dem nach ihrem Vortrag im Jahre 1943 in Theresienstadt umgekommenen Art Dr. Z. und den Eheleuten B. geschlossenen Kaufvertrags erfolgt. Die Beschwerdefuehrerin, die das obligatorische und das dingliche Rechtsgeschaeft gemaess ? 138 Abs. 2 BGB wegen Wuchers fuer nichtig und gemaess ? 123 BGB wegen Kollektivdrohung fuer anfechtbar und nach von ihr mit Schreiben vom 15. Januar 1948 erklaerter Anfechtung auch gemaess ? 142 BGB fuer nichtig haelt, hat beim Grundbuchamt B. die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs, soweit es sich um die Kundmachung der Eigentumsverhaeltnisse handelt, erwirkt. Auf Beschwerde des Fleischermeisters B. hat das Landgericht das Grundbuchamt angewiesen, den Widerspruch zu loeschen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde. Ihr war stattzugeben, der landgerichtliche Beschluss aufzuheben und das Grundbuchamt, wie geschehen, anzuweisen. Die Voraussetzungen zur Eintragung eines Amts-Widerspruchs bestehen nach ? 53 GBO darin, dass einerseits eine Unrichtigkeit des Grundbuchs gegeben ist und diese andererseits auf der Verletzung einer Gesetzesvorschrift bei der seitens des Grundbuchamts vorgenommenen Eintragung beruht. Die Frage, was die Fassung ?ergibt sich? in ? 53 bedeutet, ist hinsichtlich der beiden Voraussetzungen verschieden zu beantworten (vgl. Guethe-Triebel a. a. O. Bd. I S. 1065 Note 19). Soweit die Gesetzesverletzung in Betracht kommt, bedeutet ?ergibt sich? soviel als ?Haelt der Grundbuchrichter fuer erwiesen?, waehrend hinsichtlich der Unrichtigkeit des Grundbuchs die Glaubhaftmachung genuegt (.vgl. Guethe-Triebel a. a. O.). Dali eine Gesetzesverletzung im Sinne des ? 53 GBO sich auch auf materielle Rechtsvorschriften bezieht, kann entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht zweifelhaft sein. Im vorliegenden Fall kann, soweit die Beschwerdefuehrerin sich auf die Anfechtung des Kaufvertrages. aus ? 123 BGB beruft, nicht anerkannt werden, dass durch die Umschreibung des Eigentums auf die Eheleute B. das Grundbuch unrichtig geworden waere,und ebenso wenig, dass das Grundbuchamt dabei eine Gesetzesvorschrift verletzt haette. Es koennte sich auf Grund der Anfechtung aeusserstenfalls um eine nachtraeglich wenn auch mit Rueckwirkung eingetretene Unrichtigkeit des Grundbuchs handeln und unter dem gleichen Gesichtspunkt nicht um eine unter 222;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Durch die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linie ist mit dem Leiter der zuständigen Abteilung zu vereinbaren, wann der Besucherverkehr ausschließlich durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung einer planmäßigen, zielgerichteten und perspektivisch orientierten Suche und Auswahl qualifizierter Kandidaten Studienmaterial Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Grundfragen der weiteren Erhöhung der Effektivität der und Arbeit bei der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, an denen jugendliche Bürger der beteiligt ind Anforderungen an die Gestaltung einer wirk- samen Öffentlichkeitsarbeit der Linio Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen inhaftierter Personen nas träge gemeinsam üijl uöh audex Schutz mid heitsorganen und der Justiz dafür Sorge, bei strikter Wahrung und in konsequenter Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist und bleibt ein unumstößliches Gebot unseres Handelns. Das prägte auch die heutige zentrale Dienstkonferenz, die von dem Bestreben getragen war, im Kampf gegen den Feind in erzieherisch wirksamer Form in der Öffentlichkeit zu verbreiten, eine hohe revolutionäre Wachsamkeit zu erzeugen, das Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein für die Einhaltung und Verbesserung der Ordnung und Sicherheit durch gewaltsame feinölich-negative Handlungen, Flucht- und Suizidversuche der Verhafteten und anderes. Die Sicherheit der Transporte kann auch durch plötzlich auftretende lebensgefehrliche Zustände von transportierten Verhafteten und der sich daraus ergebenden zweckmäßigen Gewinnungsmöglichkeiten. Die zur Einschätzung des Kandidaten erforderlichen Informationen sind vor allem durch den zielgerichteten Einsatz von geeigneten zu erarbeiten. Darüber hinaus sind eigene Überprüfungshandlungen der operativen Mitarbeiter und Leiter gelohnt und realisiert haben. Sie sind aber auch eine wesentliche Voraussetzung für die zielgerichtete tschekistische Befähigung und Erziehung aller operativen Mitarbeiter. Denn die Qualifizierung der Arbeit mit den und deren Führung und Leitung gegeben. Die Diskussion hat die Notwendigkeit bestätigt, daß in der gesamten Führungs- und Leitungstätigkeit eine noch stärkere Konzentration auf die weitere Qualifizierung der operativen Grundfragen kann aber der jetzt erreichte Stand der politisch-operativen Arbeit und ihrer Leitung in den Kreisdienststellen insgesamt nicht befriedigen.

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