NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 205 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 205); ?waltungsrechtsraete?, also juristisch vorgebildeter beruflicher Sonderanwaelte, wieder belebt. Diese stichwortartige Darstellung der wichtigsten Vorschriften ueber die personelle Zusammensetzung der Verwaltungsgerichte kennzeichnet ihren Charakter und ihre Aufgabe eindeutig. Diese Gerichte sind angesichts des in Westdeutschland bei der heutigen wirtschaftlichen Situation mehr denn je gesicherten Bildungsmonopols der besitzenden Klassen durch das Erfordernis akademischer Ausbildung fuer alle hauptamtlichen Richter schon klassenmaessig eine eindeutige Interessenvertretung der wirtschaftlich herrschenden Schicht. Die weitaus meisten der jetzt amtierenden Richter waren ueberdies in dieser oder jener Form mit dem nazistischen Staatsapparat eng verbunden und kommen aus dessen Gedankenwelt. Darueber hinaus isoliert die soziale Privilegierung und scheinbare Loesung der Richter aus der Tagespolitik diese voellig von den unter den Folgen der alliierten Politik in Westdeutschland schwer leidenden und um ihre nationale und soziale Existenz kaempfenden Massen des Volkes. Diese Isolierung bringt die Richter aber gleichzeitig zwangslaeufig in eine ihre innere Freiheit ausschliessende wirtschaftliche und geistige Abhaengigkeit von den wahren aus- und inlaendischen Machthabern des von diesen erstrebten westdeutschen Separatstaates, den Exponenten des USA-Imperialismus. Es mag mancher dieser Richter sich subjektiv ehrlich einbilden, nur dem Gesetz oder einer abstrakten Gerechtigkeit zu dienen; objektiv wird er sich angesichts seiner wirtschaftlichen und politischen Loesung von dem seinen nationalen Befreiungskampf gegen diese Machthaber kaempfenden Volk diesen Zwangslaeufigkeiten nicht entziehen koennen. Das bedeutet aber, dass die letzte Kontrolle aller oeffentlichen Verwaltungstaetigkeit und damit auch die letzte politische und wirtschaftliche Entscheidungsbefugnis einer dem Volk und seinem Schicksal entfremdeten und letzten Endes nur dem ueber Westdeutschland herrschenden Besatzungsregime verpflichteten Richterkaste uebertragen werden, die infolge ihrer privilegierten Stellung jeder persoenlichen und politischen Verantwortung gegenueber dem Volk entzogen ist. Man mag im Bonner Verfassungsrecht manche scheindemokratische Regelung eingebaut haben, hier ist einer der Hebel, durch den nach dem Willen der Bonner Gesetzgeber und ihrer Auftraggeber jedes scheinbare demokratische Zugestaendnis aus den Angeln gehoben werden kann. In der Statuierung der Generalklausel fuer eine derartige Verwaltungsgerichtsbarkeit liegt eine staats- und verwaltungsrechtliche Garantie fuer die Kolonisierung Westdeutschlands, die durchaus ebenbuertig neben ihren voelkerrechtlichen Garantien durch Ruhrstatut, Besatzungsstatut und Statut der Hohen Alliierten Kommission fuer Deutschland genannt zu werden verdient. IV. Es mag zur Kennzeichnung der politischen Rolle so mancher Vertreter westdeutscher Justiz und westdeutscher Juristen am Rande erwaehnt sein, dass es in Rechtsprechung und Schrifttum Westdeutschlands Tendenzen gibt, diese durch die VO Nr. 165 begruendete antidemokratische Herrschaft der Justiifouerokratie im Wege der Auslegung noch ueber den Wortlaut der Verordnung hinaus auszudehnen. So versucht man, die Anwendbarkeit der Generalklausel ueber den Termin des 1.4.1948 hinaus zurueckzudatieren, den die der VO Nr. 165 vorausgehende VO Nr. 141 der Brit. Mil.-Reg.19) fuer die bnit. Zone festgesetzt hatte. Man ist weiter bemueht, vor dem 1.4.1948er-gangene Verwaltungsakte, die an diesem Stichtag nur noch im Rechtsmittelverfahren oder auch bloss im Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren schwebte, mit der Begruendung vor den Verwaltungsgerichten noch anfechtbar zu machen, dass eine nach dem 1.4.1948 in einem solchen Verfahren ergehende Entscheidung einen neuen, jetzt nach der VO Nr. 165 anfechtbaren Verwaltungsakt darstelle. Oder man vertritt die Ansicht, die Nichtigkeit von Verwaltungsakten koenne jederzeit, also auch ohne Ruecksicht auf den Stichtag des 1. 4.1948, geltend gemacht werden. Alle derartigen Auffassungen lassen deutlich die Absicht erkennen, nach Moeglichkeit alle seit 1945 vorgenommenen Ver- 5) VOBl. f. 3. Brit. Zone 1948, a 111 ff. waltungsakte durch die vorstehend charakterisierten Verwaltungsgerichte neu ueberpruefen zu lassen. Hierdurch sollen offenbar selbst die bescheidenen westdeutschen Demokratisierungsmassnahmen teilweise revidiert werden. Es ist jedenfalls sehr bezeichnend, wenn selbst in der Hamburger Zeitschrift ?Deutsche Verwaltung?1) mitgeteilt wird, dass in Niedersachsen in den ersten Monaten nach dem Inkrafttreten der VO Nr. 165 ?ein Ansturm von Klagen? einsetzte, ?die die Aufhebung lange zurueckliegender, nach dem damaligen Rechtszustand endgueltig abgeschlossener Entscheidungen zum Ziele hatten?, und dass die Verwaltungsgerichte selbst hiergegen einen entschiedenen Kampf fuehren mussten. V. Die Richtigkeit der im Vorstehenden gezogenen Schlussfolgerung, dass die Einfuehrung der Generalklausel fuer die Zustaendigkeit der Verwaltungsgerichte in Westdeutschland eine gewollt antidemokratische Massnahme ist, wird bereits durch einige bisher bekannt gewordene Urteile westdeutscher Verwaltungsgerichte bestaetigt. Charakteristisch dafuer, welche weitgehenden Befugnisse jetzt den Verwaltungsgerichten in Westdeutschland eingeraeumt werden, ist die Tatsache, dass diese das Recht fuer sich in Anspruch nehmen koennen, beamtenrechtliche Anstellungs- und Entlassungsakte zu ueberpruefen. Das Recht der Weimarer Republik kannte lediglich eine Geltendmachung vermoegensrechtlicher Ansprueche von Beamten vor den ordentlichen Gerichten, entzog aber die solchen vermoegensrechtlichen Auswirkungen zugrundeliegenden beamtenrechtlichen Akte, abgesehen von dem kaum je beweisbaren Fall der Willkuer, jeder richterlichen Nachpruefung. Die westdeutschen Verwaltungsgerichte koennen jetzt auf Grund der Generalklausel erheblich weiter gehen. Das Hamburger Verwaltungsgericht erkannte bereits die Klage eines entlassenen Beamten auf Wiedereinstellung in den Dienst an* 17), und der Hessische Verwaltungsgerichtshof hielt die Anfechtung einer beamtenrecht-lichen Entlassungsverfuegung fuer zulaessig18). An diesen Faellen zeigt sich deutlich, in welchem Umfang die Befugnis zur letzten Entscheidung bei der Ausuebung staatlicher Hoheitsrechte statt von demokratischen Vertretungskoerperschaften oder von diesen gewaehlten oder wenigstens kontrollierten Organen von den politisch voellig unverantwortlichen Verwaltungsgerichten in Anspruch genommen wird. Das zuletzt erwaehnte hessische Urteil ist auch insoweit aufschlussreich, als es in einem Nebensatz die Wiederherstellung der deutschen Einheit, wenigstens fuer absehbare Zeit, kurzerhand abschreibt. In solchen Feststellungen offenbart sich der soziale Charakter und die politische Funktion der westdeutschen Justizbuerokratie ebenso deutlich wie in jenem, selbst von offiziellen westdeutschen Kommentatoren abgelehnten skandaloesen Urteil desselben Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7.1.194919), durch das diese antidemokratische Justizbuerokratie einen der wirklich fort-; schriftlichen Verfassungsgrundsaetze der hessischen Verfassung kurzerhand aufhob. In diesem Urteil ging es um die Frage, ob ein hessischer Buerger unter Berufung auf Art. 59 Abs. 1 der hessischen Verfassung, nach dem der Unterricht in allen Schulen unentgeltlich ist, Schulgeldfreiheit fuer seine Kinder bei Besuch eines Realgymnasiums verlangen koenne. Das Gericht stellt in seinem Urteil entgegen dem klaren Verfassungswortlaut fest, dass die hessische Verfassung mit diesem Artikel kein unmittelbar geltendes Recht habe setzen, sondern vielmehr ?die endgueltige Normierung dem Gesetzgeber habe ueberlassen und nur dessen Bindung an einen programmatischen Grundsatz habe schaffen? wollen. Dieses sozial untragbare Ergebnis wird in geradezu grotesker Weise damit begruendet, dass nach der Verfassung nicht nur der Unterricht, sondern auch die Lernmittel kostenlos gegeben werden sollten und dass deshalb angesichts der grossen praktischen Tragweite und Auswirkung dieser Regelung ihr Charakter als unmittelbar geltendes Recht nicht angenommen werden koenne. ?) 1349, S. 202. 17) Urtei v. 10. Juni 1948 in ?Monatsschrift fuer Deutsches Recht? 1948, S. 261. ls) Urteil v. 7. Januar 1948 in ?Deutsche Verwaltung" 1948. S 18 lfl) ?Deutsche Verwaltung? 1949, S. 103. 306;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und vielfältige, mit der jugendlichen Persönlichkeit im unmittelbaren Zusammenhang stehende spezifische Ursachen und begünstigende Bedingungen zu berücksichtigen sind, hat dabei eine besondere Bedeutung. So entfielen im Zeitraum von bis einschließlich durch die Linie Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren der Personen wegen des Verdachts der Begehung von Staatsverbrechen und der Personen wegen des Verdachts der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Wiedergutmachung schriftlich vereinbart werden. Dem Verhafteten ist zu gewährleisten die Wahrnehmung seiner strafprozessualen Rechte, insbesondere das Recht auf Verteidigung und auf Einlegung von Beschwerden und Rechtsmittel.

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