NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 192 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 192); ?Justiz in Brandenburg ein Rueckblick Es sind jetzt mehr als vier Jahre verflossen, seit die Rote Armee in das Land Brandenburg einrueckte und der deutsche Widerstand bedingungslos zusammenbrach. Mit der Wehrmacht geriet auch die deutsche Verwaltung in voellige Aufloesung. Das Chaos schien unentwirrbar. Und dennoch gelang es allerorten kleinen und kleinsten Gruppen entschlossener Antifaschisten im Zusammenwirken mit der Roten Armee ueberraschend schnell, wieder Ordnung im Lande herzustellen. Dazu gehoerte auch die Einrichtung von Gerichten; sie wurden sogar im Uebermass eingerichtet. Bald wimmelte es von Dorfgerichten, Stadtgerichten, Amtsgerichten, Kreisgerichten, Bezirksgerichten, Volksgerichten usw. Im wesentlichen uebernahmen Laienelemente die Funktionen des Richters und Staatsanwalts; teilweise wirkten aber auch fruehere Justizbeamte mit, unter denen sich nicht wenige ehemalige Pgs. befanden. Es war ein schweres Stueck Arbeit, in dieses bunte und unorganische Gemisch von Justizbehoerden planmaessige Ordnung hineinzubringen und gleichzeitig diese Behoerden von allen faschistischen, reaktionaeren und aus sonstigen Gruenden ungeeigneten Elementen zu saeubern. Im Oktober 1945 konnte dieser organisatorische und personelle Neuaufbau als vorlaeufig abgeschlossen gelten. Die Gliederung der Justiz in rund 70 Amtsgerichte, 4 Landgerichte und 1 Oberlandesgericht war durchgefuehrt. Saemtliche Mitglieder der NSDAP oder ihrer Gliederungen waren aus dem Justizdienst entfernt. Von den verbliebenen Fachkraeften war ein grosser Teil stark ueberaltert, vor allem aber fehlte vielen von ihnen das politische Bewusstsein. Andererseits waren die fachlichen Qualitaeten der fuer den Justizdienst eingesetzten Laienelemente verstaendlicherweise oft nicht ausreichend. Die wichtigste Aufgabe der Justizverwaltung war deshalb die sch?eunige Heranbildung eines Nachwuchses und die Umerziehung der frueheren Beruf s-beam+en zu politischem Denken. In unserer Richterschule bilden wir seit Februar 1946 politisch bewusste, -fortschrittliche Demokraten, vor allem Maenner und Frauen aus den werktaetigen Sch?chten der Bevoelkerung fuer das Amt des Richters und Staatsanwalts heran. Fuer den mittleren Justizdienst haben wir eine grosse Anzahl von Justizschuelern und Rechtspflegeranwaertern eingestellt, die heute bereits einen erheblichen Teil der Bueroarbeiten selbstaendig erledigen. Die politische Fortbildung der Justizangehoerigen erfolgte durch Runderlasse. Tagungen und Vortraege Alle diese Massnahmen haben unverkennbar Erfolg gehabt. Ein paar Beispiele moegen das erhaerten: 1. Das politische Bewusstsein der akademisch vorgebildeten Richter hat sich grundlegend verstaerkt: Im Jahre 1944 wurde in Wittenberge ein Arbeiter zu drei Monaten Gefaengnis verurteilt, weil er in einem kriegswichtigen Betrieb die Arbeit verweigert hatte. Ende 1945 (!) stellte ein Wittenberger Richter fest, dass diese Strafe noch nicht vollstreckt sei, und forderte den Verurteilten zum Strafantritt auf. Der Arbeiter nahm diese Aufforderung nicht ernst und kam ihr nicht nach. Darauf erliess ein zweiter Wittenberger Richter in Vertretung seines Kollegen Haftbefehl, und der Arbeiter wurde eingesperrt. Der Stadtkommandant erfuhr dies und veranlasste die Freilassung des Inhaftierten. Jetzt schaltete sich der dritte Richter ein, naemlich der Aufsichtsrichter. Er schickte mir den Amtsanwalt nach Potsdam mit der Bitte, bei der SMA gegen diesen unzulaessigen Eingriff in die deutsche Rechtspflege zu protestieren! Der Amtsanwalt war sehr verbluefft, als ich ihm sagte, er solle dem Aufsichtsrichter bestellen, man koenne dem Kommandanten nur dankbar sein, dass er diesen Schildbuergerstreich wieder gut gemacht habe. So geschehen Ende 1945. Dass die drei Richter und auch der Amtsanwalt nicht mehr im Justizdienst taetig sind, wird niemanden wundern. Und nun das Urteil eines frueheren Oberlandesgerichtsrats aus dem Jahre 1948: Eine Frau aus der Gemeinde E. unweit Berlins liess beim Einmarsch der Roten Armee ihre Wohnung im Stich und begab sich nach Quedlinburg. Die Wohnung nebst Einrichtung wurde vom Wohnungsamt auf Grund des Reichsleistungsgesetzes einem Opfer des Faschismus zum Ge- brauch ueberlassen. Als die Eigentuemerin der Moebel im Jahre 1948 von dem Wohnungsinhaber diese Moebel herausverlangte, verwies dieser sie auf die Verfuegung des Wohnungsamts. Daraufhin beantragte die Eigentuemerin beim zustaendigen Kreiswohnungsamt die Aufhebung jener Verfuegung, und diesem Antraege wurde tatsaechlich stattgegeben! Nunmehr klagte die Eigentuemerin auf Herausgabe der Moebel. Der Richter aber wies die Klage mit der Begruendung ab, dass die Herausgabe der Moebel fuer den jetzigen Besitzer eine ihm z. Z. nicht zumutbare Unbilligkeit bedeuten wuerde. Der Beklagte sei OdF., besitze keinen eigenen Hausrat und sei daher auf die Moebel der Klaegerin angewiesen; die Klaegerin aber habe, um sich den Kriegsereignissen zu entziehen, ihr Eigentum im Stich gelassen und wolle sich jetzt, nachdem ruhigere Verhaeltnisse eingetreten seien, wieder in den Besitz der Sachen setzen. Ein solches Verhalten wuerde eine als sittenwidrig zu empfindende Schaedigung des Beklagten herbeifuehren. Ein wahrhaft zeitnahes und volksnahes Urteil! 2. Den Weg vom Laienrichter zum Volksrichter moegen zwei andere Entscheidungen auf zeigen: Ein Laienrichter leistet sich im Jahre 1945 folgendes Urteil: ?Der Angeklagte wird zu 4 Wochen Gefaengnis ver- urteili Gruende: Der Angeklagte hat eine strafbare Handlung begangen. Er musste daher bestraft werden. Das Urteil ist rechtskraeftig.? Als Gegenstueck das Urteil einer Volksrichterin aus dem Jahre 1948: Ein junges Ehepaar kauft 1933 von einer Siedlungsgesellschaft ein Gelaende von 33 Morgen. Im Kaufvertrag treten beide je zur Haelfte als Kaeufer auf Die Vermessung zieht sich jahrelang hin, und als es endlich zur Auflassung kommt, ist das nazistische Erbhofgesetz in Kraft getreten, und man drueckt hoeherenorts darauf, dass nur der Mann als -Erbhofbauer im Grundbuch eingetragen wird. Die Frau fuegt sich achselzuckend diesem Drude. So wird der Mann Alleineigentuemer der Siedlung. Die Eheleute bauen die Siedlung in gemeinsamer Arbeit auf und zahlen aus den Ertraegnissen der Wirtschaft den Kaufpreis ab. 1946 kommt es aber zur Scheidung der Ehe, und nun verlangt die Frau, dass ihr die Haelfte des Grundstuecks als Eigentum zugesprochen wird. Eine Richterin aus dem im September d. J. abgeschlossenen Richterlehrgang spricht ihr die Haelfte zu. und zwar mit ausfuehrlicher, alle einschlaegigen Rechtsprobleme eroerternder Begruendung, in der sie sich auch mit der Rechtsprechung des frueheren Reichsgerichts auseinandersetzt. 3. Die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Potsdam hat sich in wahrhaft demokratischem Geist entwickelt. Ende 1945 konnte es noch geschehen, dass das Oberlandesgericht dazu neigte, dem Beklagten in einem Scheidungsprozess das Armenrecht zu versagen, weil ihm von seinem Gehalt als Angestellter nach Abzug seiner Unterhaltsverpflichtungen ein Betrag von 62 RM monatlich fuer seinen Eigenbedarf verblieb. Man begruendete dies damit, dass doch viele Menschen von der Sozialrente die damals 45 RM betrug leben muessten. Man bedachte nicht, dass die Oeffentlichkeit eine solche Argumentation kaum billigen, sondern ihr entgegen halten wuerde, es sei den gelehrten Herren vom Oberlandesgericht, deren Gehalt den Betrag von 62 RM um ein Vielfaches uebersteige und die vom gruenen Tisch aus eine solche Entscheidung faellten, nur zu wuenschen, dass ihnen recht bald Gelegenheit gegeben wuerde, durch die Tat zu beweisen, wie man von der Sozialrente leben koenne. Dieser Hinweis fuehrte dann doch zur Bewilligung des Armenrechts an den Beklagten, wodurch eine bedenkliche Fehlentscheidung vermieden war. Aus der reichen Zahl der fortschrittlichen Entscheidungen des Oberlandesgerichts aus juengster Zeit sei die folgende hervorgehoben: Zwei Fleischermeister hatten illegal eine groessere Anzahl von Pferden im Kreise L. eingefuehrt, sie gegen Rinder, Schweine und Schafe eingetauscht und dieses Vieh dann zu Schlachtzwecken nach Berlin verschoben. Der Strafkammer lagen zahlreiche behoerdliche Schreiben vor, in denen den Angeklagten bescheinigt wurde, dass sie dadurch dem empfindlichen 192;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter müssen besser dazu befähigt werden, die sich aus der Gesamtaufgabenstellung ergebenden politisch-operativen Aufgaben für den eigenen Verantwortungsbereich konkret zu erkennen und zu verhindern bei entsprechender Notwendigkeit wirksam zu bekämpfen. Die Verantwortung für die sichere, und ordnungsgemäße Durchführung der Transporte tragen die Leiter der Abteilungen sowie die verantwortlichen Transportoffiziere. Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in der Untersuchungshaftanstalt und bei allen Vollzugsmaßnahmen außerhalb derselben notwendig. Sie ist andererseits zugleich eine Hilfe gegenüber dem Verhafteten, um die mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und wirksamen Bekämpfung der Feinetätigkeit und zur Gewährleistuna des zuverlässigen Schutzes der Staat-liehen Sicherheit unter allen Lagebedingungen. In Einordnung in die Hauptaufgabe Staatssicherheit ist der Vollzug der Untersuchungshaft den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten hat, daß jeder Inhaftierte sicher verwahrt wird, sich nioht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die tschekistischen Fähigkeiten der Mitarbeiter und Leiter. In Abhängigkeit vom konkret zu bestimmenden Ziel ist es zeitlich und hinsichtlich des Einsatzes spezifischer Kräfte, Mittel und Methoden im großen Umfang feindlich-negative Einstellungen zu erzeugen, feindlichnegative Handlungen zu inspirieren und zu organisieren und sich somit eine breite personelle Basis im Innern der zu schaffen.

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