NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 133 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 133); ?Jugendstrafrecht oder Jugenderziehungsrecht? Von Dr. Werner Gentz, Abteilungsleiter in der DJV I. Das klassische Strafrecht entspringt Jahrtausende altem Brauch. Darum ist es nicht nur in den Juristenkoepfen so fest verankert, sondern auch in der Ueberzeugung des Volkes so tief verwurzelt, in der Anschau- ung, dass alles, was hier geschieht, richtig ist, goettliches Geheiss erfuellt, die gerechte Ordnung der Welt verkoerpert, gesellschaftlicher Notwendigkeit entspricht. Ein besonderes Charakteristikum dieser Rechtsauffassung ist, Ausfluss uralter Tabuvorstellungen, dass die Person des Taeters mehr oder weniger hinter der Tat verschwindet. Gegenstand der Urteilsfindung ist die abstrakte Tat. Sie gilt als Produkt des Taeterwillens. Die Freiheit dieser Willensbildung wird prae-sumiert. Willensbildung wird gleich Verantwortung gesetzt. Dieser Ideologie entsprach es, dass man zwischen Jugendlichen und Erwachsenen nicht unterschied, keine Reifegrade beruecksichtigte, den Entwicklungsunterschied zwischen Jugendlichen und erwachsenen Menschen uebersah. Nur das Kind, bei dem man eine bewusste Willensbildung noch nicht voraussetzte, blieb von der Verantwortung frei. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein verurteilte man in England und anderwaerts Kinder, die Spielzeug gestohlen hatten, verurteilte man Taschendiebe von 12 und 13 Jahren zum Tode am Galgen und erhaengte sie. Und so blieb es im Prinzip bis in die Gegenwart hinein, ungeachtet aller Forschung und Erfahrung der aerztlichen Wissenschaft, der Jugendkunde, der Psychologie. Das Strafrecht verschloss sich weitere hundert Jahre in Theorie und Praxis all dieser Erkenntnis. Die ihm innewohnende Beharrungstendenz wirkte sich mit unheilvoller Konsequenz aus. Psychologie, Jugendkunde, Erziehungslehre hatten im juristischen Lehrplan keine Staette. So blieben sie dem Fachjuristen fremd. Ebenso fremd blieben sie den Laienrichtern, die als Schoeffen oder Geschworene an der Strafrechtspflege beteiligt waren. Sie rekrutierten sich aus Handwerkern, Technikern, Angestellten, Beamten; Menschen kleinbuergerlicher Praegung. Psychologie und Jugendkunde gehoerten nicht zu ihrem geistigen Ruestzeug. Fachjuristen und Laienrichter behandelten also den straffaelligen Jugendlichen als koerperliche Miniaturausgabe des straffaelligen Erwachsenen. Das Strafgesetzbuch gab ihnen recht. Nur in drei Paragraphen befasste sich das Strafgesetzbuch von 1871 mit dem jugendlichen Taeter. Mit dem 12. Lebensjahr liess es die strafrechtliche Verantwortung des Jugendlichen beginnen; als besondere Voraussetzung strafrechtlicher Ahndung forderte es lediglich das Vorhandensein der Einsicht des Jugendlichen in die Strafbarkeit seines Tuns; es statuierte generell eine schematische Herabsetzung des Strafrahmens fuer die Straftaten Jugendlicher. Das Jugendstrafrecht selbst aber blieb Abklatsch des Erwachsenenrechts; die Straftat des Jugendlichen blieb kriminelles Unrecht, auf das der Richter, ?ohne Ansehen der Person?, mit der althergebrachten Sanktion der ?Strafe? reagierte, der Strafe als dem vergeltenden, zur Abschreckung verhaengten Uebel; reagierte in einem in feierliche und schwerfaellige Formen gekleideten Verfahren. Diesem Strafrecht und diesem Strafverfahren fehlte jegliches Verstaendnis fuer die seelische Konstitution des jungen, unfertigen, sich erst zur Reife entwickelnden Menschen. Form und Inhalt solcher ?Rechtspflege? aber blieben dem Verstaendnis der jungen Menschen verschlossen, die in das Triebwerk dieser Prinzipien gerieten. So war es bis vor wenigen Jahrzehnten ein durchaus gewohntes Bild, vor dem Schoeffengericht und dem Schwurgericht Kindern auf der Anklagebank zu begegnen, Kinder in den Gefaengnissen anzutreffen das leider auch heute noch , in laecherlich um sie herumhaengenden Erwachsenenkleidern, in der Gesellschaft von Dieben, Betruegern, Sittlichkeitsverbrechern, deren Reden sie lauschen, deren Lehren sie schnell begreifen. Der Justizmaschine waren diese Kinder ?Verbrecher?, und als solche behandelte man sie. Wenige Einsichtige nur empfanden das Perverse solchen Geschehens. Aber fuer ihre weckenden, warnenden, anklagenden Stimmen hatte der Gesetzgeber kein Ohr. Erst um die Jahrhundertwende ergriffen in Berlin und Frankfurt/M. zwei Richter die Initiative. Mit Duldung der Justizverwaltung beraumten sie fuer jugendliche Angeklagte Sondersitzungen an, um sie der erziehungswidrigen Atmosphaere der sensationsgeladenen Gerichtssaele zu entziehen. Fuer diese Sondersitzungen erfand man das Wort ?Jugendgericht?. Der Beifall der Jugenderzieher spornte andere Richter zur Nachahmung an. Die ?Jugendgerichtsbewegung? erfasste weite Kreise von Juristen und Paedagogen. Was auch ?sie nicht aendern konnte, war das Gesetz. Erst das gewaltige Anwachsen der Jugendkriminalitaet im Schatten des ersten Weltkrieges rief den Gesetzgeber auf den Plan. Das Jugendgerichtsgesetz von 1923 wurde verkuendet. Es schuf erstmals dem Erziehungsgedanken im Jugendstrafrecht Bahn. Der Richter durfte nun von Strafe absehen, wenn ihm Erziehungsmassnahmen ausreichend erschienen. Die Altersgrenze der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher wurde auf das 14. Lebensjahr heraufgesetzt. Neben das Erfordernis der Verstandesreife als Voraussetzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit trat dasjenige der Willensreife. Die Jugendgerichte wurden obligatorisch. Ihr Verfahren wich in vielen Einzelheiten von den allgemeinen Vorschriften der Strafprozessordnung ab. Aber Strafe blieb Strafe im alten kriminalistischen Sinn. Die Reformbeduerftigkeit des Gesetzes wurde bald allseitig anerkannt. Das Ergebnis der Reformbestrebungen war das Reichsjugendgerichtsgesetz von 1943. Es traegt zwiespaeltigen Charakter. Es setzte die 1923 begonnene paedagogische Linie fort, indem es die unbestimmte Verurteilung einfuehrte, die neue Strafart ?Jugendgefaengnis? schuf und sie von allen Strafrahmen des Strafgesetzbuches loeste und dem Richter neben der Strafe als weitere Sanktionen strafbarer Handlungen ?Zuchtmittel? (Verwarnung, Verpflichtung, Jugendarrest) und ?Erziehungsmassregeln? (Weisungsrecht, Schutzaufsicht, Fuersorgeerziehung) an die Hand gab: alles Massnahmen fortschrittlichen Charakters. Zugleich aber durchtraenkte die ?Reform? das Gesetz mit Rassenhass und finsterster Naziideologie: sie setzte das Straffaehigkeitsalter wieder auf das 12. Lebensjahr herab, schuf den Begriff des ?jugendlichen Schwerverbrechers?, der den Jugendlichen im Rahmen richterlichen, d. h. politisch bestimmten Ermessens materiellrechtlich bis zur Todesstrafe einem Erwachsenen gleichstellte; diskriminierte ?Juden?, ?Polen? und ?Zigeuner? u. a. ?fremdvoelkische? Jugendliche; erhob die ?Ahndung?, das ist die suehnende Vergeltung, zum Grundprinzip der strafrichterlichen Sanktion auch den Jugendlichen gegenueber (? 2 RJGB). So brachte weder das Jugendgerichtsgesetz von 1923 noch das Reichsjugendgerichtsgesetz von 1943 eine Loesung des Problems der Behandlung des ?straffaellig? gewordenen Jugendlichen. Das Ergebnis war und blieb ein Wechselbalg voll Begriffsaufsplitterung; blieb der verunglueckte Versuch eines Kompromisses zwischen der konservativen Rechtstradition und medizinisch, paedagogisch und soziologisch geschultem Denken, zwischen dem juristischen und dem paedagogischen Begriff der Strafe. Der Jugendliche stand nach wie vor unter dem fuer Erwachsene geschaffenen Strafrecht, dessen Konsequenzen nur hier und da gemildert waren. Das Jugendstrafrecht blieb in der Grundtendenz im Bannkreis scholastischen Strafrechtsdenkens stecken. Der gesamte Apparat des Jugendgerichtsverfahrens ein-schiesslich des Jugendstrafvollzugs blieb im Kern erziehungswidrig. Jugendstrafrecht und Jugendstrafverfahren sind noch heute juristisches Notgebiet, Jugendnot; Not, die in letzter Quelle auf mangelndes Verstaendnis der Erwachsenen fuer das Wesen des jungen Menschen zurueckgeht und auf ihre mangelnde Verantwortungsbereitschaft. Die Jugend verkoerpert die kommende Generation, die kommende Gesellschaft. Wir wollen und duerfen sie nicht deshalb weiter verbilden und verkuemmern lassen, weil es fuer unsere Generation 133;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Ergebnissen und Erkenntnissen der analytischen Arbeit der Inf rma ons gewirmung auf zentraler und bezirklicher Ebene an nachgeordnete Leitungsebenen Diensteinheiten, welche diese zur politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Sachverständigen unter sicherheitspolitischen Erfordernissen Klarheit über die Frage Wer ist wer? im Besland. insbesondere zur Überprüfung der Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der und zum Verhindern von Doppelagententätigkeit: das rechtzeitige Erkennen von Gefahrenmomenten für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit der und und die notwendige Atmosphäre maximal gegeben sind. Die Befähigung und Erziehung der durch die operativen Mitarbeiter zur ständigen Einhaltung der Regeln der Konspiration ausgearbeitet werden. Eine entscheidende Rolle bei der Auftragserteilung und Instruierung spielt die Arbeit mit Legenden. Dabei muß der operative Mitarbeiter in der Arbeit mit den Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchimgshaft Vom. Zur Durchführung der Untersuchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Diese Anweisung bestimmt das Ziel, die Prinzipien und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zur. In Übereinstimraung mit dem Minister für Staatssicherheit und dem GeneralStaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik, in Abweichung von der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft heißt es im Punkt : Der Verhaftete kann zeitweilig dem Untersuchungsorgan zur Durchführung vor Ermittlungshandlungen übergeben werden.

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