NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 79 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 79); ?f bung; dort die Suche nach neuen Formen des gesellschaftlichen und staatlichen Lebens, hier die saubere Systematisierung der bestehenden Formen; dort die Ergruendung der wirklichen Lebensgrundlage der Menschen, hier die subtile Analyse der Organisationsformen und Rechtsinstitutionen der bestehenden staatlichen Verhaeltnisse. Das theoretische Bewusstsein gleicht sich den bestehenden Verhaeltnissen an, ordnet sich ihnen unter; der Kultus der bestehenden Machtverhaeltnisse setzt ein. Die jeweils herrschende Staatsordnung gilt als hoechste und ausschliessliche Herrschaftsorganisation. In ihrem Rahmen hat sich das Leben der Menschen abzuspielen. Der Staat wird zum reinen Herrschaftsinstrument ueber die Menschen. Er wird Apparat, ein bestimmter, dem Einzelnen mehr oder weniger Spielraum gewaehrender Mechanismus. Wer sich heute als Student der Jurisprudenz vor die Aufgabe gestellt sieht, die Staatswissenschaften zu studieren, dem schweben im allgemeinen als Studienobjekt dieser Mechanismus, sein Raederwerk und seine Institutionen vor. Von der Staatswissenschaft erwartet er, dass hier die bestehenden staatlichen Einrichtungen genau beschrieben und uebersichtlich systematisiert werden. So verfahren auch unsere heute allgemein benutzten und dem Universitaetsunterricht zugrunde liegenden Lehrbuecher; so wird auch im Universitaetsunterricht selbst verfahren. Man setzt die herrschende Staatsgewalt als eine existente Groesse, als eine Himmelsmacht voraus, und macht sich dann ans Werk, diese Macht in ihren Erscheinungsformen zu beschreiben und zu analysieren. Die kleinen Geister unserer amtlichen Staatslehre wissen eben nur von dem bestehenden Staat zu berichten, unter dem sie leben, weil ihr Bewusstsein selbst diesen staatlichen Verhaeltnissen ganz untergeordnet ist. Staatswissenschaft ist fuer sie nur noch das Wissen von dem Bestehen dieser Staatsmacht; Erkenntnis des Staates nur noch die Kenntnisnahme von den herrschenden staatlichen Einrichtungen und ihrem Funktionieren. Jenseits der bestehenden staatlichen Verhaeltnisse scheint es keinen Lebensraum fuer die Menschen mehr zu geben. War es doch polizeiwidrig und staatsfeindlich, die Frage zu stellen: was, wenn dieser Staat nicht waere? Schon seit Bismarcks Zeiten sorgte die Unterrichtsverwaltung dafuer, dass diese Frage weder von den Kathedern der Universitaeten noch in den amtlichen Lehrbuechern je gestellt wurde. Die Moeglichkeit des Sturzes, der Beseitigung, des Verschwindens der herrschenden Staatsmacht lag nicht im Bereich der Denkbarkeiten. Diese Entwicklung findet ihren hoechsten Ausdruck im Positivismus. Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts begannen die grossen systematischen Darstellungen des Staatsrechts des Deutschen Reiches zu erscheinen. Laband eroeffnete mit seinem vielbaendigen Werk diese Periode. Ihm folgte sein Schueler Jel-linek. Diese beiden Forscher bestimmten die neue Methode. Sie fordern von der Staatslehre die Darstellung dessen, was ist. Die bestehenden staatlichen Verhaeltnisse und deren organisatorische Formen sind fuer sie die einzig moegliche Basis, auf der die Staatswissenschaft auf bauen kann: daher hat im Zentrum der Staatswissenschaft die Darstellung und Systematisierung eben dieses Zustandes zu stehen. Aus der philosophischen Staatslehre wird das juristisch-dogmatische Staatsrecht! Ein gewaltiger Turmbau spitzfindigster Ueberlegungen und Konstruktionen wird um die bestehende staatliche Machtorganisation, um diesen Staat, errichtet. Angefangen von seinen Grundlagen Staatsgebiet, Staatsvolk, Staatsgewalt geht es weiter zu den Formen der Machtausuebung, den Institutionen der Regierung, der Verwaltung, des Rechts, der Justiz, der Polizei, der gemeindlichen Selbstverwaltung, des Steuerwesens, der Schulverwaltung, der Feuerwehr, des Strassenwesens usw., bis alle nur denkbaren Zweige des oeffentlichen Lebens erfasst sind. Man hiess durchaus nicht alles gut, konstatierte hier und dort erhebliche Luecken, ?rechtsleere Raeume?, wie man so schoen sagte. Aber Sinn und Aufgabe der Staatswissenschaft war Erfassung all der bestehenden Einrichtungen des Staatlichen Mechanismus, war deren Beschreibung und die Analyse der sie regulierenden Gesetze und Rechtsinstitutionen. Mit der Vollstaendigkeit dieser Darstellung glaubte man auch die Vollstaendigkeit der Staatswissenschaft erreicht zu haben. Das ist das Fundament der dogmatischen, formaljuristischen Staatslehre. , Ihr erschien jede andere Staatsbetrachtung abwegig. Fuer sie waren die Staatsgeschichte, die Staatssoziologie, die Staatsphilosophie nur noch schmueckendes Beiwerk. Solche ?Nebengebiete? der Staatslehre, so meinte man, koennten zwar betrieben werden, die Staatslehre aber verliere nichts, wenn sie nicht betrieben wuerden. Es schien ganz gleichgueltig zu sein, welche Gedanken die Menschen sich ueber den Staat machten. Der Staat wurde als unabwendbares Faktum hingenommen, ueber dessen Herkunft und Wesen zu philosophieren muessig sei. Laband war es, der das bekannte Wort von der ?normativen Kraft des Faktischen? praegte, das das Grundprinzip des Positivismus ist. Das ?Faktische, d. h. die bestehenden Machtverhaeltnisse schaffen die Normen? und die Gesetze des Staates, in denen dieser seine Macht aeussert, sind die einzige Quelle des Rechts; auf ihnen hat die Wissenschaft von Staat und Recht aufzubauen. Damit sind alle philosophischen Fragen nach Herkunft, Sinn und Funktion des Staates im Leben der Menschen und der Entwicklung der Gesellschaft ausgeschaltet. Das Bewusstsein dieser Wissenschaftler hat sich unter die bestehenden Machtverhaeltnisse gebeugt. Sie alle waren treue Anhaenger des jeweils herrschenden Staates. Keiner von ihnen, die so glaenzend die aeussere Form des Bismarekschen Reiches, der Weimarer Republik oder des Hitlerstaates darzustellen wussten, hat das wirkliche Wesen dieser Staatsgebilde, ihre innere Hohlheit begriffen oder aufgedeckt. Keiner von ihnen warf die Fragen auf: Welche gesellschaftliche Konstellation hat Bismarck, die erste Republik oder Hitler auf den Plan gerufen und solche Staatsgebilde wie das Kaiserreich, die Weimarer Republik oder die Hitlerdiktatur moeglich gemacht? Welche Existenzchancen hatte diese Staatsmacht? Gegen welche Kraefte musste sie errichtet werden und auf welche Kraefte konnte sie stich stuetzen? Zu welchen Manoevern muessen die Diktatoren greifen, um ihr Dasein zu erhalten? Welche ideologischen und organisatorischen Formationen bringen diese Widersprueche aus sich hervor? Man sah nur den augenblicklichen Zustand der bestehenden Machtverhaeltnisse und war durch ihn gebannt. Man lebte in der Illusion, dass die Staatsgewalt, einmal konstituiert, aus sich selbst weiter existiere, der Staat also ein selbstaendiges Wesen darstelle, machtvoller als alle anderen Kraefte, die im Zusammenleben der Menschen wirken. Die bestehende Staatsorganisation verselbstaendigt sich im Bewusstsein der Menschen und im gesellschaftlichen Bewusstsein der Zeit. Der Staat erscheint als eine grosse Kuppel, die sich ueber das gesellschaftliche Ganze woelbt, Grenzen und Wirkungsbereich dieses Ganzen festlegt, mit einem Worte, als die Macht, die alles Leben bestimmt, der sich der Einzelne, ob er will oder nicht, zu beugen hat. Die Staatswissenschaft, die solcher Bewusstseinshaltung entspringt, muss notwendig eine enge, bloss beschreibende, bloss ordnende, und kann nicht eine erkennende, gestaltende sein. Wir werden noch auf das Aufkommen dieser deskriptiv-dogmatischen Methode der buergerlichen Staatswissenschaft (insbesondere in der 2. Haelfte des 19. Jahrhunderts), die das Versumpfen der Staatswissenschaft in die juristische Formenlehre bedeutet und auf die Rolle, die diese formal-juristische Staatslehre fuer die Entwicklung des gesellschaftlichen Bewusstseins unserer Zeit spielt, eingehen. Nur soviel sei bereits hier bemerkt: das Umschlagen der gesellschaftlich-analytischen Methode der Klassiker, deren Wesen darin besteht, durch Bewusstmachung der bestehenden Zustaende diese zu ueberwinden und bessere Verhaeltnisse zu schaffen, in diese dogmatisch-deskriptive Methode hat ihren letzten Grund in der Veraenderung der Lage der buergerlichen Klasse (um deren Wissenschaft es sich ja handelt), in der Gesamtentwicklung der menschlichen Gesellschaft. Solange die buergerliche Klasse an der Umgestaltung der bestehenden Verhaeltnisse interessiert war, also in der Feudalzeit bis zur Durchfuehrung der buergerlichen Revolution, entwickelte sie aus sich heraus eine auf die Erfassung und Umwaelzung der herrschenden feudal-absolutistischen Zustaende gerichtete Staatslehre. In dem Zeitpunkt aber, in dem sie die Macht errungen und die Gesellschaft nach ihren Intentionen gestaltet hatte, hoert fuer sie die Notwendigkeit der Umgestaltung der bestehenden Verhaeltnisse * 79;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksver-waltungen und dem Leiter der Abteilung Besuche Straf gef angener werden von den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Tenaltun-gen und den Kreisdienststellen an die Stellvertreter Operativ der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zur Entscheidung heranzutragen. Spezifische Maßnahmen zur Verhinderung terroristischer Handlungen. Die Gewährleistung einer hohen Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit während des Strafverfahrens notwendig sind, allseitige Durchsetzung der Regelungen der üntersuchungs-haftvollzugsordnung und der Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte bei ständiger Berücksichtigung der politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich sowie unter Berücksichtigung der ooeraiiv bedeutsamen Regimebedingungen im Operationsgebiet auf der Grundlage langfristiger Konzeptionen zu erfolgen. uen est-. Die Vorgangs- und. personc-nbez.ogene Arbeit mit im und nach dem Operationsgebiet hat mit folgenden Zielstellungen zu erfolgen: Erkennen und Aufklären der feindlichen Stellen und Kräfte sowie Aufklärung ihrer Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der gegnerischen Zentren, Organe und Einrichtungen sowie der kriminellen Menschenhändlerbanden und anderer subversiver Kräfte zur Organisierung und Durchführung der politisch-ideologischen Diversion, der Kontaktpolitik und Kontakttätigkeit., der Organisierung und Inspirierung politischer Untergrundtätigkeit, der Schaffung einer sogenannten inneren Opposition, der Organisierung und Inspirierung von Bürgern der zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem aufgeklärten Diebstahl von Munition und Sprengmitteln aus dem Munitionslager des Panzerregimentes Burg umfangreiche Maßnahmen Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit eingeleitet.

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