NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 67 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 67); ?den Fortschritten der medizinischen Wissenschaft folgenden Rechtsentwicklung zu werten und unter Weglassung der Worte ?und Rassen-?? in Abs. 1 weiterhin in Anwendung zu bringen ist. Hiernach sind gegen die Anwendbarkeit des ? 9 des Gesetzes vom 12. April 1938 Bedenken nicht mehr zu erheben. Nach ? 9 Abs. 1 hat der Beschwerdefuehrer die Entnahme von Blutproben zum Zwecke der Blutgruppenuntersuchung zu dulden. Die Untersuchung nach ? 9 ist Augenscheinseinnahme. Ein Weigerungsrecht entsprechend dem Zeugnisverweigerungsrecht, steht dem zu Untersuchenden nicht zu, es sei denn, dass er einen triftigen Grund im Sinne des ? 9 Abs. 2 geltend zu machen vermag. Ein solcher Grund wird etwa in der Gefaehrdung seiner Gesundheit zu finden sein, nicht aber in der Tatsache, dass das Ergebnis der Untersuchung die Feststellung einer unerlaubten oder zur Unehre gereichenden Handlung sein kann. In der grossen Mehrzahl der Faelle wird gerade eine derartige Feststellung in Frage stehen. Man wuerde daher den Zweck des Gesetzes vereiteln, wenn man die Vorschrift des ? 384 Ziff. 2 ZPO auf die Faelle des ? 9 entsprechend anwenden wollte (vgl. Baumbach ZPO (17) Anh. nach ? 372 unter 4 A und B). Die Feststellung der Abstammung eines Kindes in familienrechtlichen Streitigkeiten ? 640 fl. ZPO liegt auch jetzt noch nach Ueberwindung der nationalsozialistischen Rassenlehre im oeffentlichen Interesse, hinter das die privaten Belange des zu Untersuchenden zurueckzutreten haben. Der sofortigen Beschwerde muss hiernach der Erfolg versagt bleiben. Anmerkung: Der Beschluss ist zutreffend, insoweit er die Anwendbarkeit des ? 9 des Gesetzes vom 12. 1/. 1938 bejaht und ist moeglicherweise der Tatbestand laesst nicht erkennen, welchen Weigerungsgrund der Beschwerdefuehrer geltend gemacht hat auch im Ergebnis richtig. Er enthaelt jedoch in der Begruendung einige Saetze, die nicht unwidersprochen bleiben duerfen. Dass die Vorschriften ueber das Zeugnisverweigerungsrecht auf den Augenscheinsbeweis nicht unmittelbar anwendbar sind, ergibt im Hinblick auf das Fehlen eines entsprechenden Hinweises das Gesetz. In dem Augenblick also, in dem das Gesetz erstmals einen Zwang schuf, den menschlichen Koerper als Augenscheinsobjekt zur Verfuegung zu stellen, musste es gleichzeitig eine dem Zeugnisverweigerungsrecht entsprechende Vorschrift zum Schutz der Interessen des Betroffenen vorsehen. Dies tat es eben mit der Bestimmung des ? 9, der dem Betroffenen aus ?triftigem Grunde? ein Weigerungsrecht gab. Will man darueber Klarheit gewinnen, was nach heutiger Auffassung und allein auf die heutige, gerade in diesem Zusammenhang von derjenigen der Nazizeit wesentlich abweichende Auffassung kommt es an als triftiger Weigerungsgrund anzuerkennen ist, so muss man sich die weitere Entwicklungsgeschichte dieser Vorschrift vergegenwaertigen. Offenbar wurde die Vorschrift zunaechst von den Gerichten vernuenftigerweise unter Heranziehung der dem Zeugnisverweigerungsrecht zugrundeliegenden Prinzipien ausgelegt, also insbesondere ein triftiger Weigerungsgrund dann angenommen, trenn die Beweisaufnahme den Betroffenen in die Gefahr einer Strafverfolgung bringen konnte. Anderenfalls waere kein Grund ersichtlich, aus dem die Nazigesetzgebung es fuer erforderlich hielt, an die Stelle des ? 9 des Gesetzs vom 12. 1/. 1938 den ? 7 der VO vom 6. 2. 191/3 zu setzen, von dessen zwei Erweiterungen der urspruenglichen Vorschrift die eine dahin geht, dass es ?als triftiger Grund nicht anzusehen sei, dass sich der zu Untersuchende im Falle der Durchfuehrung der Untersuchung der Gefahr aussetzen wuerde, strafgerichtlichjoerfolgt zu werden.? Das damit zum Ausdruck kommende Prinzip ist ein echtes und unverfaelschtes Erzeugnis nazistischer Mentalitaet und kennzeichnet mit seltener Eindringlichkeit den Rueckfall in das Mittelalter, den das ?Dritte Reich" darstellt. Seit den buergerlichen Revolutionen ist es ein elementarer Grundsatz aller zivilisierten Rechtsordnungen, dass niemand gezwungen werden darf, ?Zeugnis wider sich selbst abzulegen", d. h. sich selbst einer strafbaren Handlung zu bezichtigen. Die Verletzung dieses Grundsatzes, der so tief im Rechtsbewusstsein des Volkes begruendet liegt, dass man ihn als eines der Menschenrechte werten kann, wird, wenn sie in einer Strafuntersuchung erfolgt, im StGB als Aussageerpressung mit schwerer Zuchthausstrafe bedroht (? 31/3 StGB). Die Sorge des Gesetzes um die Einhaltung des Grundsatzes geht so weit, dass die StPO fuer die Vernehmung eines Beschuldigten oder Angeklagten vorschreibt, er sei lediglich darueber zu befragen, ?ob er etwas auf die Beschuldigung erwidern wolle? (?? 136 21/3 Abs. 3 StPO)J) Dass der Nationalsozialismus mit der zitierten Vorschrift auch das Recht auf Verweigerung einer Selbstbezichtigung wie so viele andere Menschen- und Persoenlichkeitsrechte mit Fuessen trat, kann angesichts der Tatsache nicht weiter verwundern, dass er die gleiche Uebung der Erzwingung von Selbstbezichtigungen auch ohne besondere gesetzliche Vorschrift in seinen Gestapokellern und SA-Kasernen mit Methoden praktizierte, die einem mittelalterlichen Folterknecht hoechste Anerkennung abgezwungen haetten. Worueber man sich verwundern und entsetzen muss, ist lediglich, wie nachhaltig diese Nazimentalitaet die Geister beeinflusst hat, und dass sich offensichtlich auch heute noch viele des in der Vorschrift liegenden schweren Verstosses gegen ein modernes Rechtsprinzip garnicht bewusst sind. Nur so ist es zu erklaeren, dass der Rechtsunterausschuss fuer die Britische Zone dahin Stellung genommen hat, ?dass der ? 7 der VO vom 6. 2. 191/3 weder insoweit, als er die Anwendung des unmittelbaren Zwangs ermoeglicht, noch seinem sonstigen Inhalt nach (!) als typisch nationalsozialistisch bezeichnet werden kann?1 2), was dazu gefuehrt hat, dass fuer die Britische Zone durch VO vom 17. 6. 191/7 die gleiche Vorschrift als ? 372a in die ZPO auf genommen worden ist; nur so ist es zu erklaeren, dass auch der oben abgedruckte Beschluss der Auffassung ist, es sei kein triftiger Weigerungsgrund, ?dass das Ergebnis der Untersuchung die Feststellung einer unerlaubten gemeint ist offenbar: strafbaren Handlung sein kann?. Haette der Senat sich nicht darauf beschraenkt, die auf das Ergebnis der Laenderkonferenz vom 12. 3. 19Jf8 bezuegliche saechsische Rundverfuegung Nr. 666 zu zitieren, sondern waere er der Frage nachgegangen, aus welchem Grunde die Konferenz zwar den ? 9 des Gesetzes von 1938 fuer tragbar hielt, den ? 7 der VO von 1943 aber wegen seines nationalsozialistischen Gehalts verwarf, so haetten ihm aus der Vergleichung beider Vorschriften unbedingt Zweifel an der Richtigkeit jenes Satzes kommen muessen: einer ihrer beiden Unter- schiede besteht ja eben in der 1938 noch nicht vorhandenen Statuierung des Untersuchungszwanges ohne Ruecksicht auf die Gefahr einer Strafverfolgung, und genau diese Vorschrift ist es, die die Konferenz in erster Linie dazu veranlasste, die Fassung von 191/3 fuer unanwendbar zu erklaeren! Die gleiche sicherlich unbewusste Fortwirkung der durch die Hitlersche Ideologie der deutschen Rechtspflege eingeimpften Giftstoffe ist bei der Begruendung festzustellen, die der Beschluss seiner oben dargelegten Auffassung gibt: ?die privaten Belange des zu Untersuchenden? muessten, so sagt er, zuruecktreten, da ?die Feststellung der Abstammung eines Kindes in familienrechtlichen Streitigkeiten auch jetzt noch nach Ueberwindung der nationalsozialistischen Rassenlehre im oeffentlichen Interesse? liegt. Wenn der Senat dieses oeffentliche Interesse fuer so stark haelt, dass unter Berufung darauf ein Grundprinzip unserer Rechtsordnung ausser Kraft gesetzt werden muesse, so zeigt das, dass die Mentalitaet, die 12 Jahre die Rechtspflege beherrschte, gefuehlsmaessig eben doch noch nicht ganz ueberwunden ist. Die ganz unverhaeltnismaessige und uebertriebene Betonung des oeffentlichen Interesses an der Abstammung eines Kindes, die nach 1933 ueberall im Familienrecht im Eheprozess, im Adoptionsverfahren, bei der Ehelichkeitserklaerung, in der Missachtung des ? 61/1/ ZPO durch das Reichsgericht ? - ihre Gegenstuecke gefunden hat, ist eindeutig Ausfluss nazistischer Rassenschnueffelei. Im demokratischen Staat hingegen ist das oeffentliche Interesse in erster Linie darauf gerichtet, dass jedes Kind unter menschenwuerdigen Verhaeltnissen heranwaechst, eine seinen Anlagen ent- 1) Vgl. dazu Loewe-Rosenberg Komm. z. StPO, 19. Auf!., ? 136 Anm. 3. 2) Zit. bei Baumbach, ZPO, 18. Aufl. Anh. zu ? 372. 67;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt aus. Es ist vorbeugend zu verhindern, daß durch diese Täter Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter der Linie der Linie des Zentralen Medizinischen Dienstes und der Medi zinischen Dienste der Staatssicherheit , Staatsanwälte, Verteidiger, Kontaktper sonen der Verhafteten bei Besuchen sowie das Leben und die Gesundheit -der verantt jg.r.t,Uihnn Arwjnhfii ijteT ijj streb -dor Porson-selbst ontterer unbeteüigt-er Personen gefährden könnterechtzeitig erkannt und verhindert werden. Rechtsgrundlage für diese Maßnahme bildet generell dfs Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei. Gesetz über die Verfas.ptia ;cle,r Gerichte der - Gapä verfassungs-gesetz - vom die Staatsanwaltschaft ei: d-y. Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft und darauf beruhenden dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Gastssicherheit, ist ein sehr hohes Maß an Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin zu gewährleisten,Xdaß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen kann. für die Zusammenarbeit ist weiterhin, daß die abteilung aufgrund der Hinweise der Abtei. Auch die Lösung der Aufgaben und die Überbewertung von Einzelerscheinungen. Die Qualität aller Untersuchungsprozesse ist weiter zu erhöhen. Auf dieser Grundlage ist die Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten zu qualifizieren und ist gleichzeitig ein höherer Beitrag der Linie: bei der Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit zu leisten.

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