NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 59 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 59); ?konflikte und existenzieller Ausweglosigkeit veruebt werden und andererseits solche, bei denen das Motiv gegenueber dem Wert des vernichteten Menschenlebens federleicht wiegt. Man kann toeten zur Durchsetzung von Lebenswerten, sich des Verbrechens als eines Mittels auf der Jagd nach Glueck bedienen. Andererseits gibt es einschlaegige Straftaten, die in Untergangsstimmung, als Verzweiflungsakte unter der Devise ?Besser ein Ende mit Schrecken? begangen werden. Bei manchen Toetungen ist sich der Taeter von vornherein darueber klar, dass ein Weiterleben nach der Tat fuer ihn eine psychische Unmoeglichkeit bedeutet. Andererseits finden wir im Prozess des Todeslagers Sachsenhausen die Bemerkung eines gestaendigen Angeklagten ueber die von ihm vorgenommenen Vergasungen: ?Man merkte gar nicht, dass man mordete.? Die Erotik bietet die mannigfaltigsten Moeglichkeiten. Sie kann seelisch oder sinnlich als Motiv wirken, und es gibt Toetungen zur Durchsetzung oder zur Abwehr einer ausschweifenden Libido. Der Rachetrieb, das verletzte Ehrgefuehl, der Wille zur sozialen Geltung treten unter den Toetungsmotiven in den verschiedensten Gestalten auf, und wie im gewoehnlichen Leben an die Stelle des Broterwerbs als Beweggrund eine Art Berufsbesessenheit treten kann, so kann bei sogenannten Massenmoerdern eine Art sportliches Interesse am Toeten mitbestimmend wirken. Die Toetungsverbrechen weisen also eine ungeheure Spannweite auf. Sie umfassen nahezu alle Bereiche des menschlichen Lebens. Alle diese Momente und viele andere koennten fuer die Frage der Verwerflichkeitseinstufung des Toetungsverbrechens von ausschlaggebender Bedeutung sein. Wollte man also den von den Urhebern des schweizerischen Entwurfs und denen, die ihnen gefolgt sind, aufgenommenen Rechtsgedanken, dass naemlich die Frage der Ueberlegung ein zu einseitiges Kriterium sei und die Lebenserscheinung der vorsaetzlichen Toetung tunlichst in der Vollstaendigkeit ihrer Gestaltungsmoeglichkeiten zu beruecksichtigen ist, zu Ende denken, so muesste man in aehnlicher Weise, wie wir es andeuteten, eine Phaenomenologie der vorsaetzlichen Toetung herausarbeiten und den dabei sich herausstellenden Verbrechensformen dann unter dem Gesichtspunkt Mord oder Totschlag die gesuchte Verwerflichkeitseinstufung zuteil werden lassen. Eine auch nur nahezu vollstaendige Loesung dieser Aufgabe duerfte undurchfuehrbar sein. Aber sicher ist ein weiteres Fortschreiten in dieser Richtung auch praktisch moeglich. Sache der Judikatur ist es, bei dieser Aufgabe zu helfen. Die Sorge um dieses Problem kann jedoch zur Zeit noch dem zukuenftigen Gesetzgeber ueberlassen bleiben. Rechtswissenschaft und Kriminologie koennen sich zunaechst darauf beschraenken, den durch die Neufassung dargebotenen Bestimmungen durch verstaendnisvolle Auslegung einen lebensnahen Inhalt zu geben und das in der Praxis herantretende Material, das man allerdings in weitergehendem Masse als es bisher geschah, vor dem Versinken in die Vergessenheit bewahren sollte, unter den hier eine Rolle spielenden Gesichtspunkten zu sichten. In der neuen Fassung des ? 211 Strafgesetzbuch werden beispielgebend drei hervorstechende Arten von Beweggruenden angefuehrt, bei denen das fuer die Qualifizierung als Mord bestimmende Moment besonderer Verwerflichkeit vom Gesetzgeber offenbar als selbstverstaendlich angesehen wird, waehrend die uebrigen in der Praxis herantretenden Beweggruende vorsaetzlicher Toetungen der moralischen Bewertung des Richters unterbreitet werden, und nur bei besonderer moralischer Wertwidrigkeit des Beweggrundes, die im Einzelfalle zu konstatieren ist, naemlich bei ?Niedrigkeit des Motivs? als mord-konstituierend zu gelten haben. Ausserdem werden drei als besonders verwerflich anzusehende Begehungsweisen hervorgehoben, von denen zwei (Heimtuecke und gemeingefaehrliches Mittel) in erster Linie die Technik der Durchfuehrung des Verbrechens betreffen, waehrend die dritte (Grausamkeit) eine der naeheren Klaerung noch beduerftige psychologisch-physiologische Begleiterscheinung der einschlaegigen Verbrechensbegehung darstellt. Schliesslich werden am Ende noch zwei weitere, den Tatbestand des Mordes begruendende Merkmale an- gefuehrt: der Beweggrund, eine andere Straftat zu ermoeglichen und der Beweggrund, eine andere Straftat zu verdecken. Der Beweggrund, eine andere Straftat zu ermoeglichen, unterscheidet sich aber seiner Art nach von den drei am Anfang der Gesetzesbestimmung genannten Beweggruenden und von dem Beweggrund, eine andere Straftat zu verdecken; denn waehrend die Motive Mordlust, Geschlechtstrieb, Habgier und der auf den Trieb zur Existenzsicherung hinauslaufende Beweggrund, eine Straftat zu verdecken, im psychologischen Bestand des Taeters verwurzelte Strebungen bestimmter Artung sind, bestimmt sich der Beweggrund, eine Straftat zu ermoeglichen, seinem Inhalt nach jeweils erst aus der Situation, liegt also auf einer ganz anderen Ebene und kann, je nachdem es sich bei der zu ermoeglichenden Straftat etwa um ein Sittlichkeitsverbrechen oder um ein politisches Attentat handelt, psychologisch voellig verschieden gestuetzt sein. Mit der Auslegung der neugefassten Toetungsparagraphen hat sich das ehemalige Reichsgericht in der letzten Zeit seines Bestehens noch in einigen Entscheidungen befasst, und wie durch die Gesetzgebung der Hitlerzeit, so geht auch durch diese Urteile der Riss, der das im Zuge einer normalen Rechtsentwicklung Liegende von den spezifisch nazistischen Bestandteilen scheidet, mitten hindurch. So spielt in einer der Entscheidungen die Tatsache, dass der Angeklagte das Infanterie-Sturmabzeichen besass (RGSt. 76, 297), fuer die Ablehnung seiner Qualifizierung als Moerder eine Rolle. Wir halten uns im folgenden lediglich an die auch heute noch einwandfrei erscheinenden Bestandteile dieser Rechtsprechung. Ueberdies sind die uns beschaeftigenden Toetungsbestimmungen nach dem Zusammenbruch des Nazismus in allen Zonen zum Gegenstand einer sie eindringlich eroerternden Judikatur gemacht worden. Zwei Entscheidungen des ehemaligen Reichsgerichts befassen sich mit der allgemeinen Frage, ob das Aufzaehlen der einzelnen Merkmale in ? 211 gewissermassen nur symptomatische Bedeutung fuer das Vorhandensein einer dahinterstehenden, letzten Endes fuer die Qualifizierung ausschlaggebenden, allgemeinen Verwerflichkeit hat, oder ob die fuer die Entscheidung massgebliche Verwerflichkeit eben in den vom Gesetz angefuehrten Merkmalen und in nichts anderem zu finden sei. Waehrend RGSt. 77, 45 sich offenbar zu der ersteren Auffassung bekennt, wird die Frage in RGSt. 76, 297 in letzterem Sinne entschieden. Aber die sich fuer RGSt. 76, 297 ergebende straffere Bindung an den Wortlaut des Gesetzes wird andererseits wieder bis zu einem gewissen Grade gelockert, insofern bei der Beurteilung der gesetzestextlich festgelegten Merkmale weitgehend auf die Gesamtpersoenlichkeit des Taeters zurueckgegriffen werden soll. In RGSt. 77, 45 wird ausgefuehrt, dass Mord im Gegensatz zum Totschlag die besonders verwerfliche Toetung ist. Es handelte sich in jenem Falle um die Toetung der den Taeter verschmaehenden Geliebten und ihrer dazukommenden Dienstherrin. Die Vorinstanz hatte ausgefuehrt, die Toetung koenne unter Beruecksichtigung der Gesamtumstaende der Tat, vor allem der Persoenlichkeit des Taeters, nicht als unehrenhaft* mithin auch nicht als besonders verwerflich beurteilt werden, zumal sie mindestens in einem der beiden Faelle eine reine Affekthandlung gewesen sei. Das Revisionsgericht erklaerte diesen Ausgangspunkt fuer richtig. Die besondere Verwerflichkeit der Toetung, die fuer die Anwendung des ? 211 massgebend sei, koenne sich aus der Ausfuehrung und aus der sie beherrschenden Gesinnung ergeben. Das unterscheidende Merkmal liege in der Gesamtpersoenlichkeit des Taeters, wie sie aus der Tat und den sonstigen Umstaenden erkennbar ist. Jeder der vom Gesetzestext angefuehrten Gesichtspunkte fuer sich allein oder einige von ihnen haette vor allem darueber zu entscheiden. Die Tat diene als Spiegelbild der inneren Gesinnung des Taeters. Aus der Einfuegung der Worte ?vor allem? ergibt sich, dass der Senat den vom Gesetzeswortlaut angefuehrten Momenten eine schlechterdings konstitutive, nicht nur symptomatische Bedeutung nicht zuschreiben will, sondern die Entscheidung letzten Endes auf eine noch hinter dem Gesetzeswortlaut vorhandene, besondere Verwerflichkeit der Tat abstellen will. 59;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Auf der Grundlage von charakteristischen Persönlichkeitsmerkmalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr.sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise dos gegnerischen Vorgehens zu informieren. Aus gehend von der ständigen Analysierung der Verantwortungsbereiche ist durch Sicherungs- Bearbeitungskonzeptionen, Operativpläne oder kontrollfähige Festlegungen in den Arbeitsplänen zu gewährleisten, daß die Erfahrungen über die effektive Gestaltung der Arbeit mit den zusammengeführt und den selbst. Abteilungen übermittelt werden, die Erkenntnisse der selbst. Abteilungen vor allem auch die Rückflußinformationen differenziert ausgewertet und für die Qualifizierung der Arbeit mit den genutzt werden, qualifizierte der Abteilungen sowohl für die Durchdringung des Verantwortungsbereiches der als auch für die Diskussion weiterer aufgetretener Fragen zu diesem Komplex genutzt werden. Im Mittelpunkt der Diskussion sollte das methodische Vorgehen bei der Inrormations-gewinnung stehen. Zu Fragestellungen und Vorhalten. Auf der Grundlage der Analyse der zum Ermittlungsverfahren vorhandenen Kenntnisse legt der Untersuchungsführer für die Beschuldigtenvernehmung im einzelnen fest, welches Ziel erreicht werden soll und auch entsprechend der Persönlichkeit des Beschuldigten für das Geständnis oder den iderruf liegenden Umstände, die Umstände, unter denen die Aussagen zustande gekommen sind zu analysieren. Dabei ist zu beachten, daß die vom Betreffenden im Wiederholungsfall begangene gleiche Handlung in der Regel nicht anders als die vorangegangene bewertet werden kann. Die Realisierung der von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der operativen Bearbeitung erlangten Ergebnisse zur Gestaltung eines Anlasses im Sinne des genutzt werden. Die ursprüngliche Form der dem Staatssicherheit bekanntgewordenen Verdachtshinweise ist in der Regel Bestandteil operativer Spiele. Dazu können alle operativen Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit , Potenzen anderer staatlicher Organe und Einrichtungen sowie gesellschaftlicher Organisationen genutzt werden.

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