NJ 1949 Jhg. 3, Neue Justiz 1949 Jahrgang 3, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 328, Januar - Dezember 1949.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 62 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 62); ?sagt vyird, verneint der Eifersuechtige auch dem Nebenbuhler, und indem er sich durch die Toetung von der umstrittenen Person trennt, trennt er sie bewusst auch von dem Gegner.? In seiner positiven Auswirkung treibt der Sexualtrieb zu Toetungen, die die Vereinigung mit dem Partner ermoeglichen sollen (Toetung des Ehegatten, um die Frau fuer sich zu gewinnen). Typische Faelle sexueller Toetungen werden durch die bei sexuellen Vergewaltigungen beim Taeter eintretenden sexuellen Rauschzustaende, die zur Toetung treiben, ausgeloest. ?Zur Tat kam ich, um einmal wieder Geschlechtsverkehr zu haben. Wie ich zur Toetung kam, ist, mir selbst ein Raetsel.? (Gummersbach, a. a. O.) Als nicht unmittelbar auf Geschlechtstrieb beruhend sind anzusehen Toetungen, die anlaesslich eines Sexualverbrechens gegen hinzukommende Personen aus Angst oder Rache veruebt werden. Toetung aus Sexualtrieb und Toetung aus M o r d 1 u s t duerften sich teilweise ueberschneiden. Jedoch gibt es auch eine spezifische Lust am Toeten, die mit sexuellen Motiven nichts zu tun haben muss. Den gewohnheitsmaessigen Moerder kann ueberdies eine Art von Berufsbesessenheit oder sportlicher Leidenschaft ergreifen. Auch kann das Beduerfnis nach Sensation und Nervenaufno:tschung zum Mord fuehren und wird dann als Mordlust zu werten sein. Unter Habgier ist das ueber die blosse Existenzsicherung hinausgehende Gewinnstreben zu verstehen. OGH fuer die britische Zone, Urteil vom 24. August 1948, fuehrt aus, Habgier bedeute nicht ?hemmungslose Raffsucht?, wie die Revision ausfuehre, sondern ?Streben nach Gewinn um jeden Preis?, und gibt damit eine Definition, mit der im Grunde genommen nicht allzuviel gewonnen ist. Die Habgier kann in der Form der Sammelleidenschaft die seltsamsten Formen annehmen. In der Kriminalgeschichte ist der Fall des Magisters Tinius, des Massenmoerders aus Buechersammelleidenschaft, der sich in Leipzig um die Mitte des 19. Jahrhunderts abspielte, beruehmt. Die Einfuegung des gemeingefaehrlichen Mittels unter die Mordmerkmale erscheint gesetzgeberisch nicht unbedenklich. Es erlangt dadurch ein Umstand Bedeutung, der mit der Toetung als solcher, die sich zwischen dem Taeter und seinem Opfer abspielt, eigentlich verhaeltnismaessig wenig zu tun hat, und vom Wesentlichen, naemlich der Vernichtung desjenigen Menschenlebens, gegen das sich die Toetung richtet, ablenkt. Ausserdem koennte unter diesem Gesichtspunkte die Lebensmuede, die Gas ausstroemen laesst, um sich und ihre Kinder zu toeten, als Moerderin gelten, was sicherlich nicht beabsichtigt ist. Der Schweizer Entwurf ist hier in der Formulierung klarer, indem er von Mitteln spricht, die geeignet sind, Leib und Leben vieler zu gefaehrden, und indem er beispielgebend Feuer und Sprengstoff anfuehrt. Andererseits ist es vielleicht ein zeitgemaesser Gedanke, fuer die Bestrafung der Toetungsdelikte, die sonst fast voellig auf die Psychologie des Individuums abgestellt ist, einen solchen, das Gemeininteresse beruehrenden Gesichtspunkt heranzuziehen. Das Oberlandesgericht Dresden hat in einem meines Erachtens nicht besonders gluecklichen Urteil die Entscheidung darueber, ob eine Maschinenpistole ein gemeingefaehrliches Mittel ist, darauf abgestellt, ob der Schuetze im Gebrauch dieser Waffe ausgebildet war und hat die Gemeingefaehrlichkeit im Falle der Ausbildung verneint (NJW 1948, S. 274). Der niedrige Beweggrund, bei dem es an jeder tatbestandsmaessig deskriptiven Grundlage gebricht und alles auf die ethische Bewertung und die Verwerflichkeitseinstufung des einzelnen Falles ankommt, wird ebenfalls von der Rechtsprechung wenig eroertert. Ein Urteil des Kammergerichts vom 29. Dezember 1945 (DRZ 1947, S. 418) hat entschieden, dass die Wahrung des Parteiprestiges und die Parteiverbohrtheit die Niedrigkeit des Beweggrundes nicht ausschliesst. Dagegen hat im Frankfurter Aerzteprozess das Oberlandesgericht Frankfurt bei den sogenannten Euthanasietoetungen den niedrigen Beweggrund verneint. Mit Recht hat man hervorgehoben, dass es in vielen Faellen unmoeglich ist, einen bestimmten Beweggrund aus dem der Tat zugrundeliegenden Motivationszusammenhang sauber herauszuschaelen. Den Handlungen pflegen meist ?Motivbuendel? (Kretschmer) zu- grundezuliegen. Hier ist es Sache richterlicher Bewertung, die Wichtigkeit der einzelnen zusammentreffenden Beweggruende abzuschaetzen und demgemaess die Tat unter dem Kriterium der ?Niedrigkeit des Beweggrundes? zu beurteilen. Stock (SJZ 1947, S. 529 ff.) weist darauf hin, dass, wie die Tiefenpsychologie lehrt, oft die wahren Beweggruende nur im Unterbewusstsein vorhanden sind, so dass der Taeter selbst ueber sie keine Auskunft geben kann. Im Zusammenhang damit wirft er die Frage auf, ob die zum Vorsatz erforderliche Kenntnis aller Tatbestandsmerkmale auch das niedrige Motiv umspannen muesse. Der Ansicht Stocks, dass man diese Frage ?streng genommen? zu bejahen habe, vermag ich mich nicht anzuschliessen. Es liegt im Wesen des Vorsatzes, dass er die aus ihm hervorgehende Handlung, einschliesslich aller zu ihr gehoerenden Modalitaeten umfasst. Dagegen ist es abwegig, fuer die Schuldfeststellung zu verlangen, dass der Vorsatz sich gewissermassen rueckwaerts wende und sich dem Motivationszusammenhang, also demjenigen psychischen Geschehen, aus dem der Vorsatz selbst erst hervorgegangen ist, zukehre. Praktisch duerften uebrigens Faelle, wo dieses Thema aktuell wird, selten sein. Streitig ist die Frage, wie die Tatbestandsmerkmale des Mordes im Hinblick auf ? 50 Abs. 2 StGB zu beurteilen sind. Diese Gesetzesbestimmung besagt, dass, wenn das Gesetz bestimmt, dass besondere Eigenschaften oder Verhaeltnisse die Strafe schaerfen, mildern oder ausschliessen, diese im Falle einer Mehrheit von Beteiligten nur fuer denjenigen Taeter oder Teilnehmer, bei dem sie vorliegen, zu gelten haben. Das Oberlandesgericht Braunschweig (Urteil vom 1. November 1947, MDR 1948, S. 182) vertritt den Standpunkt, beim Gehilfen komme es darauf an, ob er gewusst habe, dass das Tatbestandsmerkmal der Grausamkeit in der Person des Taeters vorhanden ist, nicht darauf, ob es in der Person des Gehilfen vorliegt, und beruft sich darauf, dass RGSt. 56, 52 auch das Tatbestandsmerkmal der Ueberlegung (nach altem Recht) in gleicher Weise behandelt habe. Die Grausamkeit sei ebenso wie die Ueberlegung ein Tatbestandsmerkmal und keine persoenliche Eigenschaft. Figge (a. a. O. S. 184) widerspricht dieser Auffassung sowohl bezueglich der Grausamkeit wie der Ueberlegung. Der Begriff der Grausamkeit betreffe nicht nur Fragen des aeusseren Tatbestandes, sondern ausserdem auch die Frage nach der Schuld des Taeters im Sinne von ? 50 Abs. 1 StGB, wonach von mehreren Beteiligten jeder ohne Ruecksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld strafbar sei. Die endgueltige Entscheidung dieser schwierigen Frage muss die Praxis an Hand der herantretenden Faelle herausbilden. Eine Sichtung der juristischen und rechtspolitischen Sit-ation hinsichtlich der vorsaetzlichen Toetungsdelikte ergibt, dass die Probleme und Entscheidungen hier noch in weitgehendem Masse auf die Psychologie des Individuums abgestellt sind und die auf eine Neugestaltung der Gesellschaftsordnung gerichteten Tendenzen der Zeit dabei kaum zum Zuge gelangen. Dies mag in der Eigenart der uns beschaeftigenden Straftaten begruendet sein, und sie moegen diesen Charakter mit gewissen anderen Strafrechtsgebieten teilen. Eine Umstellung des Rechtsdenkens laesst sich in dieser Hinsicht nicht nach Belieben beschleunigen; es muss vielmehr alles von der Entwicklung der Praxis und dem spontanen Hervortreten rechtspolitischer Antriebe erwartet werden. Jedoch liegt uns die Aufgabe ob, mit wachem Auge etwaige Ansaetze zur Weiterbildung in der bezeichneten Richtung zu beobachten und die gebotenen Konsequenzen zu ziehen, wo sich fuer eine nicht mehr die Einzelperson, sondern die Gesellschaft in den Mittelpunkt stellende Betrachtungsweise ein Betaetigungsfeld bietet. In diesem Zusammenhang waere zu bemerken, dass bei den vorsaetzlichen Toetungsdelikten die sogenannte soziale Prognose in den meisten Faellen verhaeltnismaessig eindeutig auszufallen pflegt, d. h. dass sich in der Regel mit ziemlicher Sicherheit Voraussagen laesst, ob fuer den Taeter im Falle der Rueckkehr in die Gesellschaft die Straftat das einzige Toetungsdelikt in seinem Leben bleiben wuerde, oder ob von ihm weitere solche Taten zu gewaertigen sind.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Pläne, Absichten und Maßnahmen zum Mißbrauch des Transitverkehrs zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitwegen; Abwicklung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens für Aus- und Einreisen und der Kontrolle der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin und ihres Aufenthaltes in der und der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten mißbraucht. Das geschieht insbesondere durch Entstellungen, falsche Berichterstattungen, Lügen und Verleumdungen in westlichen Massenmedien und vor internationalen Organisationen. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter, für Suicidversuche unduWarMchtung von Beweismaterial sind unbedingt ausbusnüält-nn, was bei der Ausgestaltung grundsätzlich Beachtung finden muß.

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